Rede von
Fritz
Schäffer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Darf ich zu den gestellten Abänderungsanträgen Stellung nehmen!
Zunächst darf ich auf den Grundgedanken des Gesetzesvorschlages verweisen, über den Sie jetzt zu beraten und abzustimmen haben. Es ist der Gedanke gewesen, ein Lebensmittel, das für den einfachen Mann; für die breitesten Massen bestimmt ist, durch eine Steuersenkung zu verbilligen, den Absatz dieses Lebensmittels zu steigern und diese Steuersenkung in einem Rahmen zu halten, daß die Länder, denen das Erträgnis dieser Steuer zufließt, einen etwaigen Steuerausfall, der vorübergehend eintreten würde, tragen können.
Um dieses Ziel zu erreichen, war es selbstverständlich nötig, Verhandlungen zu führen, und zwar erstens mit den Ländern, die ja die Bezieher der Steuererträge sind und die die Verantwortung dafür haben, daß ihre Haushaltsvoranschläge durch dieses neue Gesetz und die Änderung der Tarife nicht zu stark beeinflußt werden. Zweitens mußte mit den Wirtschaftsverbänden verhandelt werden, um sicherzustellen, daß zusätzlich zu der Steuersenkung auch über ihren Rahmen hinaus eine Preisermäßigung erzielt wird, und zwar in einem Umfange, daß man damit rechnen kann, diese Preisermäßigung werde den Verbrauch steigern und den Steuerausfall, mit dem man in der ersten Zeit rech-
nen müßte, zum großen Teil ausgleichen und damit das ganze Gesetz in seiner wirtschaftlichen Wirkung für die Länder erträglich machen. Diese Verhandlungen haben Zeit beansprucht, und in der Öffentlichkeit ist schon Klage erhoben und gefragt worden, ob das Biersteuergesetz und die Senkung der Tarife nicht für diesen Sommer bereits zu spät kommen.
Das Gesetz ist in dem Ausschuß allen Parteien, auch denen, die heute Abänderungsanträge gestellt haben, zur Debatte gestellt gewesen, und in den Ausschüssen — das darf ich feststellen — sind Abänderungsanträge, die damals in Ruhe hätten debattiert werden können, nicht gestellt worden.
Diese Abänderungsanträge kommen nun heute in der letzten Stunde.
Die Abänderungsanträge sind in ihrer Wirkung so einschneidend und überschreiten die Grenzen, die einem Gesetz — auch in der Abschätzung der Ausgeglichenheit der volkswirtschaftlichen Wirkungen — gezogen sind, vielleicht mehr, als sich die Antragssteller selbst bewußt sind. Es wäre nicht günstig, wenn so wesentliche Änderungen eines Gesetzentwurfes, ohne daß die Gelegenheit von Ausschußberatungen und eines Erwägens der Gründe für und wider genützt worden ist, in der letzten Stunde jeweils rasch und vielleicht vorschnell zum Beschluß erhoben würden.
— Herr Dr. Baumgartner, stören Sie mich nicht!
Ich darf nun auf die einzelnen Abänderungsanträge eingehen. Ich darf zunächst zu den Abänderungsanträgen einen Grundgedanken wieder hervorstellen. Alle Abänderungsanträge haben die große Gefahr, daß der Gesetzentwurf überhaupt nicht oder zumindest sehr verspätet in Kraft tritt.
Es handelt sich um eine Steuer, deren Ertrag den Ländern zufließt. Es handelt sich um eine Steuer, bei der die letzte Entscheidung loyalerweise in der Hand der Länder liegen muß. Mit den beteiligten Ländern ist bisher verhandelt worden, und der ganze Gesetzentwurf entspricht den Wünschen, die die Länder, auch das hauptbeteiligte Bierland Bayern, ausgesprochen haben. Wenn nun über die Länder hinweg plötzlich Änderungen erfolgen, ist es loyal, daß mit den Ländern neuerdings verhandelt werden muß. Und ich kann bei allen Abänderungsanträgen sagen: ich habe den Eindruck, daß es den Ländern unmöglich sein wird, diesen Abänderungsanträgen zuzustimmen, was zur Folge haben würde, daß das Gesetz, wenn überhaupt, sehr verspätet in Kraft tritt.
Zu den einzelnen Änderungen darf ich folgendes sagen. In Drucksache Nr. 1183 ist die Frage der Hausbrauer angeschnitten worden. Die Frage der Hausbrauer ist meiner Überzeugung nach eine örtlich begrenzte, ausgesprochen bayerische Angelegenheit. Es ist eine Angelegenheit, die nach den örtlichen landsmannschaftlichen Verhältnissen zu erwägen und zu prüfen ist, eine Angelegenheit, die aus einem alten Recht und aus alten Gewohnheiten stammt. Ich glaube, es wäre nicht Sache dieses hohen Hauses, ohne genaue Kenntnis in die Verhältnisse eines Landes einzugreifen und gegen den Wunsch des Landes alte Rechte und alte Gewohnheiten zu beseitigen.
Ich möchte daher schon aus diesen Überlegungen
bitten, es bei dem zu belassen, was das beteiligte
Land auf diesem Gebiete dringend gewünscht hat.
— Dringend gewünscht hat!
Was nun den Antrag, § 3 des Biersteuergesetzes abzuändern, betrifft, so darf ich einmal eines erwähnen: Es scheint mir nicht richtig, wenn man annimmt, daß die Beschränkung dieses Antrages auf Vollbier mit einem Stammwürzegehalt von nicht mehr als 1,5 % praktisch bedeuten würde, daß es sich nur um eine bayerische Angelegenheit handelt, weil nur in Bayern dieses Bier üblich sei. Meiner Unterrichtung nach ist das nicht richtig. Meiner Unterrichtung nach spielt das Bier mit diesem Stammwürzegehalt in anderen Ländern auch eine ausschlaggebende Rolle.
Und nun zum Grundsätzlichen, meine Herren! Über die Frage, ob die Biersteuergesetzgebung in die Hand der Länder gelegt werden kann, ist in diesem Hause, wenn ich mich recht erinnere, bereits dreimal abgestimmt worden, und die Mehrheit des Hauses hat dreimal diesen Gedanken abgelehnt, und zwar aus einer sehr naheliegenden Erwägung. Es ist unmöglich, daß in einem Wirtschaftsgebiet, in dem die Wirtschaftszweige und die wirtschaftlichen Einzelbetriebe miteinander in Konkurrenz stehen — Dortmunder Bier wird in Bayern und bayerisches Bier wird in Dortmund getrunken —, der friedliche Wettbewerb der einzelnen Betriebe, durch eine verschiedenartige Steuergesetzgebung gestört wird.
Es ist der Grundsatz jeder Steuergesetzgebung, ein Grundsatz, den ich auch, nebenbei bemerkt, dem Ausland gegenüber vertrete, wenn Bevorzugungen für Ausländer im deutschen Steuerrecht verlangt werden, daß die Steuergesetzgebung nicht den einen Wettbewerber zuungunsten des andern Wettbewerbers begünstigen darf. Das ist nicht Aufgabe der Steuergesetzgebung.
Wenn nach diesem Grundsatz ein Ausgleich geschaffen werden soll — und jedes Land wird das Bedürfnis haben, sich gegen einen steuerlichen Vorteil zu schützen, der im Wettbewerb den Betrieben eines anderen Landes gegeben wird —, dann kommen wir wieder zu dem, was wir früher einmal hatten und was kein wünschenswerter Zustand ist: zu Ausgleichsabgaben unter den verschiedenen Ländern, zu einer Art verschiedener Zollsysteme innerhalb des deutschen Bundesgebietes.
Ich kann Sie versichern, meine Damen und Herren, daß die Länder selbst das nicht mehr wünschen und daß die Länder selbst infolgedessen Bedenken dagegen hätten, wenn auf einem solchen Gebiet eine verschiedene Steuergesetzgebung innerhalb der einzelnen Länderwirtschaftsgebiete im deutschen Bund herrschen würde. Dieses Bedenken gilt also nicht nur gegen den Antrag Drucksache Nr. 1183, sondern es gilt genau so gegen den Eventualantrag auf Drucksache Nr. 1192.
Meine Damen und Herren, ich möchte aber wegen der Steuersätze, die hier genannt sind, noch auf folgendes hinweisen. Ich habe schon erwähnt, daß der Grundgedanke des Regierungsentwurfs gewesen ist, über die Steuersenkung hinaus eine Preisermäßigung zu sichern. Diese Sicherung der Preisermäßigung ist mit dem Regierungsentwurf verbunden. Mit den Abänderungsanträgen ist eine
solche Sicherung der Preisermäßigung nicht verbunden. Es wäre die Gefahr vorhanden, daß nur die Steuer gesenkt wird, daß die Steuersenkung nur dem beteiligten Erzeuger zugute kommt und der Verbraucher keinen Vorteil davon hat, und das kann heute in unserer Haushaltslage und unserer volkswirtschaftlichen Situation nicht der Sinn einer Gesetzgebung sein, die die Verbrauchsteuer ermäßigen will. Der Sinn einer solchen Gesetzgebung muß immer sein, den breiten Massen, dem Verbraucher, und nicht einem einzelnen Wirtschaftszweig einen Vorteil zu verschaffen.
Ich muß also auch aus diesem Grunde gegen die Abänderungsanträge Bedenken erheben.
Ich erhebe auch insbesondere gegen den Abänderungsantrag Drucksache Nr. 1184 Bedenken, der unterschrieben ist „Loritz und Fraktion". Es ist in allen Dingen, auch beim Bier, eine große deutsche Tugend, Maß zu halten.
Es scheint mir, daß das Maß — nicht „die Maß" —,
daß das Maß auch bei diesem Antrag nach zwei Seiten hin nicht gehalten ist. Der neue Tarif, der hier vorgeschlagen wird, würde einen Ausfall an Steuern zur Folge haben, ohne daß unmittelbar der Vorteil für den Verbraucher, die darüber hinausgehende Preisermäßigung, gesichert wäre. Wenn der Antrag angenommen wird, ist damit zu rechnen, daß wohl die jetzt vereinbarte Preissenkung, aber keine Preissenkung darüber hinaus für den Verbraucher erfolgt. Sicherungsmaßnahmen liegen nicht vor. Der reine Steuerausfall, der hier in Frage käme, würde für die Länder 150 Millionen DM jährlich bedeuten.
Einen solchen Ausfall können die Länder nicht tragen, und ich halte es für ausgeschlossen, daß die Länder die Verantwortung dafür durch Zustimmung zu einer solchen Änderung des Gesetzes im Bundesrat übernehmen und ihre Haushaltslage damit vor der Welt günstiger darstellen, als sie in Wirklichkeit ist. Das Maß ist hier weit überschritten.
Das Maß ist ebenso in dem zweiten Teil des Antrages bei Starkbier überschritten,
wo an Stelle des Zuschlags von 50%, der nach der jetzigen Gesetzgebung vorgesehen ist, ein Zuschlag von 125 % beantragt wird.
Das würde zur Folge haben, daß die Steuer — nach den Sätzen des Gesetzentwurfes — bereits in der niedrigsten Stufe von 18 DM auf 27,50 DM gesteigert werden würde.
Das wäre eine Prohibitivsteuer. Das würde zur Folge haben, daß Starkbier für die breiten Massen praktisch überhaupt nicht in Frage kommt und infolgedessen wohl in der Herstellung überhaupt zurückgedrängt und wahrscheinlich eingestellt werden würde.
Das würde zur Folge haben, mein lieber Herr Loritz, daß jeder Verdacht, der Ihnen in diesem Hause vielleicht fälschlich vorgeworfen wird, mit dem Antrag seien wahlagitatorische Absichten verbunden, vollkommen schwindet; denn wenn Sie bei der nächsten bayerischen Landtagswahl in München als der Mörder des Starkbieres Wahlreden halten würden, dann würden Sie ja keine Erfolge erzielen.
Meine Damen und Herren! Ich wünsche und bitte, daß der Gesetzentwurf, den die Regierung Ihnen vorgelegt hat, möglichst rasch verabschiedet wird. Ich hätte gewünscht, daß er früher als heute, am 19. Juli, hätte verabschiedet werden können.
Ich möchte bitten, alles zu tun, um diesen Gesetzentwurf beschleunigt in Kraft treten zu lassen, und ich muß die Überzeugung aussprechen, daß alle Abänderungsanträge zum wenigsten eine sehr starke Verzögerung des Gesetzentwurfs zur Folge hätten. Das hätte vermieden werden können, wenn die Abänderungsanträge im Ausschuß gestellt worden wären, und es könnte jetzt noch vermieden werden, wenn die Antragsteller ihre Anträge nicht mit dem Gesetz verbinden, sondern sich vorbehalten, sie später als selbständige Anträge einzubringen. Ich bitte Sie also, den Gesetzentwurf möglichst heute und möglichst unverändert anzunehmen.