Rede von
Albert
Walter
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(DP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DP)
Meine Damen, meine Herren! Nach vielen mehr oder weniger schönen Reden über Bierpreise und Kinderspielzeuge dürfen wir uns heute auch einmal über die Seeschiffahrt unterhalten. 60 Minuten lang zwar nur, aber immerhin: das Eis ist gebrochen!
Ich möchte gleich auf die Ausführungen eingehen, die Herr Gundelach hier machte, als er die Forderung stellte, daß bei der Anwendung des Gesetzes über die Seeschiffahrt die Betriebsräte mit gehört werden müssen, und er die Andeutung machte, daß der Betriebsrat der Howaldt-Werke in Hamburg unrechtmäßig entlassen worden sei, weil er sich für seine Belegschaft eingesetzt habe. Wenn sich Herr Gundelach über die Ursachen der Entlassung genau erkundigen würde, würde er feststellen müssen, daß selbst das Schiedsgericht in Hamburg der Entlassung, und zwar der fristlosen Entlassung zugestimmt hat,
weil der Betriebsrat sich nicht für die Belegschaft eingesetzt hat, sondern für etwas ganz anderes. Wenn solche Betriebsräte bei der Anwendung des Gesetzes zum Aufbau unserer Seeschiffahrt mitzusprechen haben würden, dann könnte die Sache leicht einen ganz anderen Weg nehmen, als vorgesehen ist.
Ein paar Worte zu den Ausführungen bei der Einbringung der Interpellation. Der Herr Abgeordnete Meyer bemängelte die Initiative der Regierung, besonders des Verkehrsministeriums, und behauptete, daß die Einbringung der Vorlage viel zu lange Zeit gebraucht habe. Nun, es wird auch dem Herrn Kollegen Meyer kein Geheimnis sein, daß es gerade
seine internationalen Freunde gewesen sind, die dem Wiederaufbau unserer Seeschiffahrt die allergrößten Hindernisse in den Weg gelegt haben,
und diese Freunde sind es heute noch, die uns nicht erlauben, unsere Seeschiffahrt so aufzubauen, wie wir es im Interesse unserer Wirtschaft und unseres Volkes tun müssen. Ich weiß, daß der große Vorwurf,
den der Herr Abgeordnete Meyer hier dem Verkehrsministerium machte, nicht berechtigt ist. Im
Gegenteil: die Vorlage für das Schiffahrtsgesetz ist eingebracht worden, und diese Vorlage ermöglicht es nun endlich, an den Aufbau unserer Seeschiffahrt heranzugehen; keine leichte Aufgabe!
Immerhin: es ist geschafft worden. Ich habe immer das sehr merkwürdige Empfinden : wenn gegen das Verkehrsministerium losgezogen wird, dann merkt man eine gewisse Absicht, und man ist verstimmt. In diesem Falle trifft es bestimmt nicht zu, daß das Verkehrsministerium seine Pflicht nicht erfüllt habe, sondern es hat die Schwierigkeiten, die Hindernisse, die ihm bei der Fassung dieses Gesetzes entgegenstanden, zu beseitigen gewußt. Der Regierung ist meiner Ansicht nach — und unsere Seeleute und Werftarbeiter verstehen es — Dank dafür zu sagen, daß wir endlich mit dem Aufbau unserer Handelsflotte beginnen können.
In diesem Zusammenhang habe ich nun noch einige Wünsche vorzutragen. Zunächst einmal sollten wir nie vergessen, daß wir noch eine Walfangflotte aufzubauen haben. Im Zusammenhang mit. der Seeschiffahrt, im Zusammenhang mit der Großschiffahrt müssen wir immer wieder darauf hinweisen, daß uns der Bau einer Walfangflotte erlaubt werden muß und daß die Mächte, die dem jetzt noch entgegenstehen — es sind dieselben, die uns bei dem Aufbau unserer Handelsflotte die Schwierigkeiten machen —, endlich einsehen sollten, daß es nicht nur im Interesse der deutschen Wirtschaft, sondern im Interesse der gesamten Weltwirtschaft liegt, wenn unsere Walfangflotte wieder hinausfahren kann, um das für uns notwendige Öl heranzuschaffen.
Weiter habe ich einen Wunsch vorzutragen, den unsere Seeleute besonders hegen. Da möchte ich die Bundesregierung und das Verkehrsministerium ersuchen, nach der Fertigstellung des Gesetzes für den Aufbau der Handelsflotte an die Ausarbeitung eines neuen Seemannsgesetzes, einer neuen Seemannsordnung heranzugehen. Denn die alte vom Jahre 1902 ist wirklich schon überlebt. Sie war der Grund und die Ursache dafür, daß unsere Seeleute immer als Menschen zweiter Klasse behandelt wurden. Das muß aufhören. Wir haben allen Grund, in unserer Bundesrepublik auch eine Seemannsordnung zu schaffen, die unserem neuen Bundesstaat gerecht wird, und ich hoffe, meine Bitte nicht vergebens auszusprechen; denn ich spreche sie im Interesse und im Auftrage unserer Seeleute aus.
Das sind die Wünsche, die vorzutragen wären. Im übrigen bin ich auch der Meinung, daß wir keine Zeit verlieren dürfen, sondern dieses Gesetz so schnell wie nur möglich zu verabschieden haben. Unsere Seeleute und unsere gesamte Wirtschaft, unsere Werftarbeiter und unsere Werften warten darauf, daß sie beginnen können. An uns liegt es, diese Beschlüsse schnell zu fassen.