Rede von
Willy Max
Rademacher
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Meine Damen und Herren! Zum zweiten Male habe ich die Ehre, vor diesem Hause von der „christlichen Seefahrt" zu sprechen. Das erste Mal hatte ich das Vergnügen, die Einheit des Hauses — bis auf ganz wenige Ausnahmen — zur Verabschiedung des ersten Gesetzes über den Aufbau der deutschen Seeschiffahrt zu erreichen. Ich darf im Anschluß an meine Herren Vorredner die Hoffnung aussprechen, daß das Darlehensgesetz, das wir jetzt behandeln, auch die gleiche Einmütigkeit und Billigung des Hohen Hauses finden wird.
Zu den vielen Zahlen, die Ihnen von meinen Vorrednern, insbesondere vom Herrn Bundesverkehrsminister, genannt wurden, möchte ich nur einige, ganz wenige hinzufügen: im Jahre 1937 hat die deutsche Seeschiffahrt 714 Millionen Mark an Seefrachten eingefahren. Davon betrug der Netto-Überschuß nach Abzug der natürlichen Ausgaben im Auslande immer noch 453 Millionen Mark.
Noch eine weitere Zahl, die außerordentliche Beachtung verdient; die Handelsbilanz der beiden Jahre 1937 und 1938 war mit 20 Millionen Mark passiv. In dieser Bilanz waren aber Aktiven von 850 Millionen Mark enthalten, die die deutsche Seeschiffahrt eingefahren hat.
In einem zweiten Bericht, den die OEEC 1950 herausgegeben hat, finden wir folgenden Satz, den ich mit Genehmigung des Herrn Präsidenten verlesen darf:
Dollarbeträge aus Seefrachten bilden einen großen Teil des Dollareinkommens der Teilnehmerländer. Zum Zwecke der von ihnen erstrebten Lebensfähigkeit ist es daher wichtig und für gewisse Länder sogar entscheidend, daß ihnen jede Möglichkeit zur Vergrößerung dieser Einnahmen geboten wird.
Meine Damen und Herren, ich glaube, diese Feststellung der OEEC trifft auf kein Land in solchem Ausmaße zu wie auf die deutsche Bundesrepublik.
Wir hatten 1939 ungefähr 70 000 bis 80 000 Seeleute in Lohn und Brot. Nach dem Zusammenbruch — mit den uns auferlegten Einschränkungen und den inzwischen wieder erfolgten wenigen Vergrößersingen der deutschen Handelsflotte — war es uns möglich, 10 000 Seeleute wieder in Lohn und Brot zu bringen. Das hier für das Jahr 1950/51 vorgesehene Programm, das ja in diesem Gesetz ziffernmäßig nicht enthalten ist, würde es uns ermöglichen, 4000 Seeleute wieder in Beschäftigung zu bringen, ganz abgesehen von der Ausnutzung unserer Werften, deren Kapazität nach den Feststellungen des Ausschusses für Verkehrswesen, der bereits Hamburg, Lübeck, Bremen und Cuxhaven bereist hat, es durchaus erlaubt, das Programm, wie es für das Haushaltsjahr vorgesehen ist, durchzuführen.
Meine Damen und Herren, auch ich möchte nicht weiter auf die Einzelheiten des Gesetzes eingehen, das wird Angelegenheit der zweiten und dritten Lesung sein. Ich darf nur noch einmal auf die Notwendigkeit hinweisen, so schnell wie möglich ein Gesetz zu verabschieden, das den Ländern den Rückfluß der Mittel ermöglicht, die sie dankenswerterweise zur Erhaltung der Arbeit auf den Werften bereits vorgestreckt haben.
Ich darf aber auch noch auf eines hinweisen und mich besonders an diejenigen Damen und Herren des Hauses wenden, die nicht aus den Küstenländern stammen. Es ist nicht so, daß der überwiegende Teil zum Wiederaufbau einer Seeschiffahrt den KüstenLindern anfällt. Genaue Untersuchungen haben ergeben, daß im Durchschnitt rund 40 % in den Küstenländern verbleiben. Es entfallen beispielsweise durchschnittlich 22 % auf das Land Nordrhein-Westfalen, ja es kommen 21 % für die Zulieferungsindustrie auf das Land Bayern. Ich glaube, diese Prozentsätze beweisen einwandfrei die ungewöhnliche Bedeutung für die gesamte deutsche Volkswirtschaft, nicht nur was das Einfahren von Devisen, sondern auch was die Arbeit innerhalb der deutschen Fabriken aller Länder usw. betrifft.
Der Ausschuß für Verkehrswesen hat bereits eine ausgezeichnete Vorarbeit bei diesem Gesetz geleistet. Ich habe Ihnen schon gesagt, daß er die Brennpunkte des deutschen Seeschiffahrtsbaues bereits bereist hat. Er hat bereits heute morgen sich mit diesem Gesetz erneut befaßt und ist bis auf eine ganz geringe Ausnahme mit seiner Meinungsbildung bereits fertig, um das zu erreichen, was der Herr Bundesverkehrsminister hier zum Ausdruck gebracht hat, nämlich unter allen Umständen Verabschiedung dieses Gesetzes in der zweiten und dritten Lesung, noch bevor das Parlament in die Ferien geht. Es handelt sich um ein Rahmengesetz, also um ein Gesetz, in dem, soweit es den Haushalt des Bundes betrifft, nicht eine einzige Ziffer enthalten ist. Es genügt also vollkommen, wenn das Hohe Haus meinem Antrage folgen würde, dieses Gesetz dem Ausschuß für Verkehrswesen zu überweisen, damit wir Ihnen unter allen Umständen in der letzten Woche vor den Ferien das Gesetz zur zweiten und dritten Lesung vorlegen können.