Rede:
ID0107405200

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    Deutscher Bundestag. - 74. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. Juli 1950 2663 74, Sitzung Bonn, Donnerstag, den 13. Juli 1950. Geschäftliche Mitteilungen . . . . 2664A, 2686C Schreiben des Bundeskanzlers Dr. Adenauer betr. Erholungsurlaub und Vertretung durch Bundesminister Blücher 2664A Erhöhung der Zahl der Schriftführer . . 2664A Anfrage Nr. 70 der Fraktion der DP betr. Hilfe für die Handwerksbetriebe in Schleswig-Holstein und Niedersachsen (Drucksachen Nr. 866 und 1142) 2664B Interpellation der Abg. Dr. Arndt. Zinn, Freidhof und Fraktion der SPD betr. Hilfsmaßnahmen der Bundesregierung für das Kurhessische Kupfer-SchieferBergwerk in Sontra (Nr. 1027 der Drucksachen) 2664B, 2685D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften des Verschollenheitsrechts (Nr. 1100 der Drucksachen) 2664B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Vertrieb jugendgefährdender Schriften (Nr. 1101 der Drucksachen) . . . 2664C Dr. Dr. Heinemann, Bundesminister des Innern 2664C Kemmer (CSU) 2666B Hennig (SPD) 2667B Farke (DP) 2669A Gaul (FDP) 2669B Frau Thiele (KPD) 2670B Freiherr von Aretin (BP) 2671C Ribbeheger (Z) 2672B Dr. Vogel (CDU) 2673A Zur Geschäftsordnung: 011enhauer (SPD) 2673D Mayer (Stuttgart) (FDP) 2674B Frau Dr. Weber (Essen) (CDU) . . 2674B Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Einwirkung von Kriegssachschäden an Gebäuden auf Miet- und Pachtverhältnisse (Nr. 507 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verf assungsrecht (23. Ausschuß) (Nr. 1105 der Drucksachen) 2674D Dr. Etzel (Bamberg) (BP), Berichterstatter 2675A Meyer (Bremen) (SPD) . . . 2676B, 2677C Dr. Brönner (CDU) 2677A Ewers (DP) 2677B Beratung des Antrags der Fraktion der FDP betr. Vorlage eines Gesetzentwurfs über die Vereinigung des Zahnärzte- und Dentistenberufes (Nr. 1091 der Drucksachen) 2678B Dr. Hammer (FDP), Antragsteller . . 2678C Beratung des Antrags der Abg. Dr. Horlacher u. Gen. betr. Vorlage einer Denkschrift über außerdeutsche Maßnahmen zur Förderung der Landwirtschaft (Nr 1092 der Drucksachen) 2679A Dr. Horlacher (CSU), Antragsteller 2679A Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Hilfsmaßnahmen für die Bundesbahn (Nr. 1106 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Abg. Rümmele, Rademacher, Ahrens, Donhauser u. Gen. betr. Auftragserteilung der Deutschen Bundesbahn an die deutsche WaggonIndustrie (Nr. 1108 der Drucksachen) und mit der Beratung des Antrags der Abg. Rümmele, Rademacher, Ahrens, Donhauser u. Gen. betr. Auftragserteilung der Deutschen Bundesbahn an die deutsche LokomotivIndustrie (Nr. 1109 der Drucksachen) . . 2679C Rümmele (CSU), Antragsteller . . . 2679D Dr. Bleiß (SPD), Antragsteller . . . . 2680D Dr. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 2682B Rademacher (FDP) 2684D Nächste Sitzung 2686C Die Sitzung wird um 14 Uhr 40 Minuten durch den Präsidenten Dr. Köhler eröffnet.
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    Rede von Oskar Rümmele


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist bekannt, daß die Reichsbahn der größte Auftraggeber auf dem industriellen Sektor in Deutschland ist.

    (Zuruf von der SPD: Gibt es d i e noch? — Heiterkeit.)

    Über eine Milliarde DM wird im Jahre 1950 von der Bundesbahn ausgegeben, und damit wird natürlich ein Stück Wirtschaftspolitik betrieben. Die Wirtschaftsbelebung hängt ja auch von diesen Dingen ab. Von dieser Milliarde Mark an Aufträgen der Bundesbahn sind über 350 Millionen Mark Aufträge für Kohlen, etwa ein Drittel des Auftragsbestandes, etwa 100/o der gesamten Einnahmen der Bundesbahn. Daneben werden große Aufträge vergeben für Schwellen, für Schotter, für Eisen, für Stahl, für Werkzeuge, für Maschinen, für Fahrzeuge, für Rohstoffe und Materialien aller Art.
    Zwei Industriezweige, die wesentlich von den Aufträgen der Bundesbahn mit abhängen, sind die Lokomotivindustrie und die Waggonindustrie. Die Lokomotivindustrie zählte in Deutschland normalerweise 12 000 bis 14 000 Arbeiter. Sie hat die Bundesbahn, früher die Länderbahnen, ehemals die Reichsbahn, mit den modernsten Lokomotiven versorgen können und hat durch diesen Auftrag, den sie dauernd von den Bahnen hatte, gleichzeitig ihre Konkurrenzfähigkeit auf dem Auslandsmarkt behalten und erweitern können. Dadurch wurde sie auch zur Devisenbringerin für die deutsche Wirtschaft.
    Nun ist es bei dieser Industrie so, daß momentan, glaube ich, noch 12 000 Arbeiter beschäftigt sind, daß aber die Gefahr besteht, daß noch im Laufe dieses Jahres mehrere Tausend Arbeiter entlassen werden müssen, wenn die Bundesbahn nicht mit Aufträgen einspringt, die etwa eine Summe von 9,6 Millionen für dieses Jahr erreichen sollen und die dann im Laufe des Jahres durch den Wirtschafts-


    (Rümmele)

    plan der Bundesbahn eine Ergänzung finden müßten, damit der Anschluß für das Jahr 1951 rechtzeitig gefunden werden kann. Diese Industrie ist darauf angewiesen, daß die Aufträge recht frühzeitig kommen, weil diese Aufträge gleichzeitig große Planungsprobleme aufwerfen. Wenn diese 9,6 Millionen Mark von der Bundesbahn an Aufträgen dazugegeben werden könnten, würde die Industrie in diesem Jahr ihre Kapazität einigermaßen aufrechterhalten und weitere Entlassungen vermeiden können, die nicht erwünscht sind, auch nicht vom Standpunkt der Bundesbahn, vor allem der Wirtschaft und der Konkurrenzfähigkeit der Lokomotivindustrie gegenüber, dem Ausland.
    Es stand nun vor kurzer Zeit in der Zeitung, daß erfreulicherweise die Südafrikanische Union für 21 Millionen DM Aufträge an die Lokomotivbetriebe der Firma Krupp gegeben habe. Aber bis diese Aufträge zum Laufen kommen und sich verteilen, ist oft nicht genügend Arbeitsmöglichkeit vorhanden, so daß die Mitglieder des Verkehrsausschusses als Bundestagsabgeordnete, soweit sie nicht der SPD angehören, diese beiden unter Punkt 7b und 7c aufgeführten Anträge, die ich hier vertrete, gestellt haben.
    Wir wünschten, wir hätten insgesamt für alle Parteien einen interfraktionellen Antrag einreichen können, denn auch 7a sagt ja im Grunde genommen, soweit die Summen in Frage kommen, dasselbe. Leider ist das nicht möglich gewesen, so daß diese Anträge in drei verschiedenen Unterabteilungen erscheinen.
    Nun hat die Bundesbahn selbstverständlich bei ihren 31/2 Milliarden Einnahmen und Ausgaben Mittel vergeben. Aber die Bundesbahn selber leidet darunter, daß infolge des schlechten Einnahmeeinganges und rückläufiger Bewegungen, auf die ich nicht näher einzugehen brauche, zusätzliche Mittel von ihr aus nicht gegeben werden können. Man darf dabei nicht vergessen, daß die Bundesbahn Ausgaben pro Kopf eines Beschäftigten von 140 DM hat, daß sie aber Ausgaben für Materialbeschaffung jeder Art, vor allem für Kohlenbeschaffung, von 200 DM leisten muß. Man darf dabei auch nicht vergessen, daß die Einnahmen der Bahn frachtmäßig und tarifmäßig aus den Verkehrssparten etwa 142 oder 143 DM betragen. Aus diesem Unterschied, aus dieser auseinanderklaffenden Schere läßt sich ein Teil des Mangels an Kapital bei der Bundesbahn erklären.
    Die Verhältnisse bei der Waggonindustrie liegen ähnlich. Diese Industrie könnte von der Bundesbahn sicher auf ein Jahrzehnt und noch darüber hinaus vollbeschäftigt werden, wenn man den Wagenpark erneuerte, verbesserte, ergänzte und die alten Wagen aus dem Verkehr nehmen könnte, um die neuen, leichteren und besseren Wagen einstellen zu können. Aber auch das ist hier nicht der Fall. Die Waggonindustrie beschäftigt zur Zeit etwa 9000 Menschen. Sie hat damit nur etwa 40% ihrer Kapazität ausgenutzt. Sie wird aber auch noch etwa 3000 entlassen müssen, wenn diese 6,4 Millionen, die in dem einen Antrag gefordert werden, nicht bereitgestellt werden können. Auch hier dasselbe wie bei der Bundesbahn. Die Bundesbahn hat diese Mittel leider nicht. Sie sieht aber ein, daß diese Aufträge vergeben werden sollten; denn es liegt, wie ich schon betonte, im Interesse der Bahn genau so wie im Interesse der Wirtschaft, daß wir leistungsfähige Waggon- und Lokomotivindustrien erhalten.
    Ich darf dabei noch einen Satz einschalten. Neuerdings ist die Aluminiumindustrie, die Leichtmetallindustrie, ebenfalls auf den Plan getreten und wünscht etwa 500 000 Mark Kredit, um bestimmte Waggontypen in einer geringen Anzahl entwickeln zu können, einen sogenannten Entwicklungskredit. Ein Antrag darüber liegt nicht vor, die Männer des Verkehrsausschusses werden sich vielleicht auch damit demnächst befassen müssen. Es ist also so, daß die beiden Industrien Geld brauchen und daß die Bundesbahn keins hat. Deswegen die Anträge in dem Sinne, daß wir die Bundesregierung ersuchen, der Deutschen Bundesbahn und den Südwestdeutschen Eisenbahnen zur Erteilung von Aufträgen an die Waggonindustrie aus dem zweiten Arbeitsbeschaffungsprogramm folgende langfristigen Kredite rechtzeitig zur Verfügung zu stellen:
    1. 9,8 Millionen DM zusätzlich über die bereits erteilten Aufträge hinaus für das Jahr 1950 und
    2. einen ausreichenden Betrag nach dem Plan der Deutschen Bundesbahn vom 1. Juni 1950 und dem Plan der Südwestdeutschen Eisenbahnen zur Sicherung des Anschlußprogramms für das Jahr 1951.
    Es ist zweitens so, daß für die Lokomotivindustrie der Antrag etwa gleich lautet, nur daß da die Dinge so sind, daß 6,4 Millionen eingesetzt sind. Ich habe mich, glaube ich, vorhin einmal versprochen und die Lokomotivindustrie mit der Waggonindustrie verwechselt. Also Lokomotivindustrie 6,4 Millionen, die Waggonindustrie 9,8 Millionen; sonst ist der Wortlaut unserer Anträge einheitlich. Ich will ihn wegen der Kürze der Zeit auch nicht verlesen.
    Ich darf noch einen Satz anfügen. Wir bitten das Hohe Haus, diesen beiden Anträgen zuzustimmen und sie eventuell direkt dem Haushaltsausschuß zu überweisen; denn den Verkehrsausschuß brauchen wir, da alle Mitglieder dieses Ausschusses aus den verschiedenen Fraktionen ja an der Antragstellung als Abgeordnete beteiligt sind, nicht mehr zu bemühen. Dagegen wird der Haushaltsausschuß wahrscheinlich die gegebene Stelle sein.
    Und noch eine Schlußbemerkung. Die Bundesbahnen sind ja doch in den zwei Teilen Südwestdeutsche Eisenbahnen und bizonale Eisenbahnen zur Zeit in einer gewissen Selbständigkeit begriffen. Wir wünschen ausdrücklich, daß auch die Südwestdeutschen Eisenbahnen sich an der Auftragsvergebung beteiligen und auch in dem eingeschaltet sind, was in der Zukunft zu geschehen hat. Wir wünschen aber auch, daß bei den Aufträgen, die dann vergeben werden können, wenn aus dem Arbeitsbeschaffungsprogramm diese Mittel zur Verfügung gestellt werden, alle Fabriken der Lokomotiv- und Waggonindustrie, auch im südwestdeutschen Raum, also in der französischen Zone, eine gewisse Berücksichtigung finden, die Verteilung also gerecht gestreut wird.

    (Bravo! bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Bleiß.

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    Rede von Dr. Paul Bleiß


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit der Drucksache Nr. 1106 legt die sozialdemokratische Fraktion dem Hohen Hause einen Antrag vor, der die Durchführung von Hilfsmaßnahmen für die Bundesbahn und für die Südwestdeutschen Eisenbahnen zum Gegenstand hat. Es handelt sich hier um Hilfsmaßnahmen, die den Fahrzeugpark der Bundesbahn und der Südwestdeutschen Eisenbahnen betreffen.


    (Dr. Bleiß)

    Das Hohe Haus hat sich schon einmal mit der gleichen Materie im Februar dieses Jahres beschäftigt, und ich darf kurz in Ihr Gedächtnis zurückrufen, daß die sozialdemokratische Fraktion Anfang dieses Jahres beantragt hatte, der Bundesbahn ausreichende Mittel zur Verfügung zu stellen, damit sie ihren Fahrzeugpark ordnungsgemäß erneuern kann, und damit sie in der Lage ist, veraltete und unwirtschaftliche Wagen und Lokomotiven allmählich aus dem Verkehr zu ziehen. In der Begründung unseres damaligen Antrages war von uns ausgeführt worden, daß die Erneuerung der Fahrzeuge nicht nur ein betriebstechnisches, sondern vor allem ein betriebswirtschaftliches Problem ist, das gelöst werden muß; denn die Bundesbahn verfügt heute nicht mehr über ein Verkehrsmonopol im Landverkehr, sondern steht in einem schweren Konkurrenzkampf mit den Kraftfahrzeugen. Wenn die Bundesbahn sich in diesem Wettbewerb behaupten will, dann muß sie neue, leistungsfähigere Fahrzeugtypen einstellen. Nur dadurch können die Betriebskosten gesenkt werden, und auch nur dadurch kann der Reiseverkehr, und vor allem der Berufsverkehr, etwas bequemer und angenehmer gestaltet werden. Wenn diese Anschaffungen aber unterbleiben, dann sind wir der Meinung, daß sich die Betriebskosten laufend erhöhen und daß das Verkehrsvolumen bei der Bundesbahn weiter schrumpfen wird. Die Folgen solcher Unterlassungssünden müssen nach unserer Auffassung dazu führen, daß sich das Defizit, das aus Haushaltsmitteln beglichen werden muß, weiter erhöht.
    Meine Damen und Herren, wir hatten im Februar auch darauf hingewiesen, daß nach unseren Informationen und Berechnungen das Beschaffungsprogramm ein Auftragsvolumen von mindestens 220 Millionen DM im Jahr umfassen muß; und in der Zwischenzeit ist uns mehrfach bestätigt worden, daß Aufwendungen mindestens in dieser Höhe notwendig sind. um die gröbsten Schäden zu beseitigen.
    Wir hatten weiterhin im Februar verlangt, daß die Bundesbahn bei ihrer Auftragsvergebung auch insofern wieder zu normalen Verhältnissen zurückkehrt, daß sie die Waggon- und Lokomotivindustrie grundsätzlich mit Neubauaufträgen beschäftigt und daß alle Reparaturen von den Werkstätten der Bundesbahn ausgeführt werden sollen, weil wir annehmen, daß bei einer Konzentration der Arbeit in den Werkstätten der Bundesbahn auch von dieser Seite her eine Senkung der Betriebskosten und damit eine Verbesserung der finanziellen Lage der Bundesbahn möglich ist.
    Aber, meine Damen und Herren, wie Ihnen bekannt ist, sind ja diese Anträge der sozialdemokratischen Fraktion im Februar dieses Jahres von den Regierungsparteien abgelehnt worden. Die damalige Ablehnung wurde mit dem Hinweis begründet, daß der Herr Bundesverkehrsminister von sich aus beabsichtigte, für das Jahr 1950 einen Kredit in Höhe von 210 Millionen DM für Reparaturen und für Neubeschaffungen zur Verfügung zu stellen. Wir haben in den verflossenen fünf Monaten leider feststellen müssen, daß der Herr Bundesverkehrsminister diese dem Hohen Hause gegebene Zusage nur zu einem bescheidenen Teil realisiert hat. Von der Bundesbahn ist uns kürzlich eine Übersicht über vergebene oder in Aussicht genommene Aufträge vorgelegt worden. In dieser Aufstellung war aber nicht mehr von 210 Millionen, sondern nur von 152 Millionen DM die Rede. Bei einer kritischen Betrachtung dieser Aufstellung haben wir feststellen müssen, daß in dem Betrag von 152 Millionen
    DM eine Reihe von Summen sind, die nicht hereingehören; so zum Beispiel Aufwendungen für Lastkraftwagen, Aufwendungen für Zulieferteile und, was besonders merkwürdig war, Beträge von Aufträgen, die schon in, den Jahren 1948 und 1949 vergeben worden sind und die jetzt erst zur Auslieferung kommen, also Auftragsüberhänge aus den vorhergehenden Jahren. Nach Vornahme der notwendigen Korrekturen ergibt sich, daß nicht 210 Millionen DM vergeben worden sind, sondern daß sich die vergebenen oder in Aussicht genommenen Aufträge in einer Größenordnung von nur etwa 95 Millionen DM bewegen. Wir glauben, Herr Bundesverkehrsminister, daß mit einer solchen Methodik der Bundesbahn und den einschlägigen Industriezweigen sehr wenig gedient ist.
    Inzwischen hat sich die Beschäftigungslage, wie auch eben schon von dem Herrn Kollegen Rümmele ausgeführt wurde, besonders in der Lokomotivindustrie weiter zugespitzt. Wenn nicht sofort etwas geschieht, werden beispielsweise bei der Firma Henschel & Sohn in Kassel schon in den nächsten Monaten etwa 1400 Arbeiter entlassen werden müssen. Das ist etwa ein Viertel der gesamten Belegschaf t.
    Nun, meine Damen und Herren, darf ich kurz auf die Anträge Nr. 1108 und 1109 zu sprechen kommen. In diesen Drucksachen wird beantragt, für das laufende Jahr einen Kredit von 16,2 Millionen DM zur Verfügung zu stellen, um damit die Überbrückungsmaßnahmen zu finanzieren. Über diesen Kredit ist ja im Verkehrsausschuß ausführlich gesprochen worden; und obwohl die Maßnahmen keineswegs unseren Vorstellungen entsprechen, schließen wir uns ihnen an, weil wir der Meinung sind, daß Eile not tut, und daß sofort etwas geschehen muß. Wir haben deshalb die gleichen Beträge auch in unserem Antrag eingestellt.
    Völlig anderer Meinung aber sind wir hinsichtlich des kommenden Jahres. Wir können uns nicht damit zufrieden geben, wie es in den Anträgen Nr. 1108 und 1109 heißt, daß ein ausreichender Betrag nach dem Plan der Bundesbahn vom 1. 6. 50 zur Sicherung der Anschlußprogramme zur Verfügung zu stellen ist. Wir sind hinsichtlich der sogenannten Anschlußprogramme und der allgemeinen Fixierung etwas mißtrauisch geworden. Der Plan vom 1. 6. 50 sieht insgesamt ein Auftragsvolumen von 150 Millionen DM vor, von denen 114 Millionen DM auf die Waggonindustrie und 36 Millionen DM auf die Lokomotivindustrie entfallen. Diese Beträge sind nach unserer Auffassung zu niedrig. Ich möchte Ihnen zum Beweis dafür zwei Beispiele bringen.
    Nach unseren Informationen müssen auf dem Güterwagen-Sektor wöchentlich 350 Wagen, die nicht mehr reparaturfähig sind, wegen Altersschwäche ausgemustert werden. Auf das Jahr umgerechnet sind das 18 000 Wagen, die unbedingt neu bestellt werden müssen, wenn man auch nur den niedrigen Bestand der Bundesbahn an Güterwagen aufrechterhalten will. Der Aufwand hierfür beläuft sich auf mindestens 110 Millionen Mark.
    Von dem Personenwagenbestand gehören zwei Drittel zu der Holzbauklasse; von diesen Wagen müssen jährlich 500 ausgemustert werden. Wenn man sie ersetzen will — und das ist unumgänglich notwendig —, dann sind hierfür weitere 60 Millionen Mark erforderlich.
    In diesen beiden Kategorien allein haben wir also einen Aufwand von 170 Millionen Mark, der bereits über die gesamte hier genannte Summe weit hinausgeht. Dabei ist von keiner Lokomotive, von keinem Triebwagen bisher die Rede.


    (Dr. Bleiß)

    Deshalb halten wir in diesen Punkten die Anträge der Drucksachen Nr. 1108 und 1109 für unzureichend und haben unsererseits den Antrag gestellt, daß die Bundesbahn bis zum 30.September dieses Jahres dem Bundestag eine Übersicht über die Beschaffungsmaßnahmen vorlegt, die für 1951 erforderlich sind, um die notwendige Modernisierung des Fahrzeugparkes sicherzustellen. Es ist nach unserer Auffassung dringend erforderlich, daß sich das Hohe Haus endlich einmal einen Überblick darüber verschafft, was die Bundesbahn wirklich braucht, wenn sie insbesondere betriebstechnisch und betriebswirtschaftlich völlig auf der Höhe sein will. Die bisher herrschende Gepflogenheit, die Bundesbahn als ein Stiefkind der Arbeitsbeschaffung zu betrachten, ist nach unserer Auffassung zu einem erheblichen Teil mit schuld daran, daß die Einnahmen der Bundesbahn immer weiter zurückgehen, daß der Etat ein Defizit aufweist und daß die Verkehrsrelationen zwischen Schiene und Straße ungesund sind. Wir erheben erneut die Forderung, daß das vorzulegende Beschaffungsprogramm für 1951 die Beschäftigung der Waggon- und Lokomotivindustrie mit Neubauten berücksichtigen soll und daß man aus Gründen der Rationalisierung die Reparaturen nur bei den Werkstätten der Bundesbahn ausführen läßt. In der Übergangszeit wird allerdings eine solche Beschränkung auf die Werkstätten der Bundesbahn noch nicht möglich sein, weil nach unseren Informationen der Reparaturanfall demnächst schon so groß sein wird, daß die zur Zeit bei den Werkstätten vorhandene Kapazität gar nicht ausreichen kann, um sämtliche Reparaturen aufzuarbeiten.
    Allerdings müssen wir uns in diesem Zusammenhange fragen, warum man in diesem Jahr bei der Bundesbahn Kurzarbeit eingeführt hat, wenn doch vorauszusehen war, daß schon in Kürze der Reparaturanfall nicht mehr zu schaffen ist. Wir glauben, daß die Bundesbahn ein typisches Beispiel dafür bietet, wie notwendig eine vernünftige Planung ist und welche wirtschaftlichen Spannungen und sozialen Ungerechtigkeiten eintreten, wenn man diese vernünftige Planung immer wieder konsequent ablehnt. Wir sind der Meinung, daß nur durch eine ernstgemeinte Aktion der Bundesbahn wirklich geholfen werden kann und eine Beseitigung des Defizits möglich ist. Deshalb bitte ich Sie im Namen meiner Freunde, unserer Formulierung in dem Antrag auf Drucksache Nr. 1106 zuzustimmen.

    (Beifall bei der SPD.)