Rede von
Dr.
Ludwig
Erhard
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Anfrage lautet zuerst dahin:
Ist es richtig, daß in den letzten Monaten eine Reihe von Auslandsaufträgen für den Bau von Hochseeschiffen bei deutschen Werften eingegangen ist?
Die Frage ist zu bejahen.
Es wird dann gefragt:
Um welche Aufträge handelt es sich im einzelnen?
Dazu ist zu sagen, daß erstens Fruchtschiffe für Frankreich von 3000 BRT und 16,5 Knoten Geschwindigkeit angefragt worden sind, dann 7 Tanker für Brasilien, und zwar 3 von 11 600 BRT mit 15 Knoten Geschwindigkeit, 4 von 1600 BRT mit 10,75 Knoten Geschwindigkeit, ferner ein Frachtmotorschiff für Aden von 2500 BRT mit 12 Knoten, ein Schwimmbagger für Siam von 3500 BRT und 10,5 Knoten Geschwindigkeit, ein Schiffsrumpf für Schweden von 17 000 t ohne Maschinenausrüstung, ein Motortankschiff für Frankreich von 12 400 BRT und 13,5 Knoten, 4 Rhein-Motorgüterschiffe für die Schweiz von je 980 t Ladefähigkeit, ein Doppelschrauben-Donau-Motorschlepper mit 2 Maschinen von 650 PS für die Tschechoslowakei, 3 Tanker für Norwegen, und zwar zwei mit je 12 400 BRT und 12 Knoten und 1 Tanker mit 11 000 BRT und ebenfalls 12 Knoten, ferner 2 Tanker für Norwegen mit je 10 000 BRT und 14 Knoten und schließlich 2 Motortanker für Norwegen mit je 11 300 BRT und 14,5 Knoten.
Es wird dann weiter gefragt:
Ist es richtig, daß 12 solcher Exportaufträge den Hohen Kommissaren vorgelegt worden sind, ohne daß bisher in auch nur einem Falle eine Genehmigung erfolgt ist?
Dazu ist zu sagen: Hinsichtlich der eben genannten Aufträge mit Ausnahme des Schwimmbaggers für Siam, der 3 Tanker für Norwegen mit 12 400 und 11 000 BRT sowie der 2 Motortanker für Norwegen sind bei den Hohen Kommissaren in Form von Noten und Memoranden Anträge auf Genehmigung der Exportaufträge mit folgendem Ergebnis gestellt worden: Das Fruchtschiff für Frankreich ist unter dem 13. 2. 1950 genehmigt worden, jedoch unter der Bedingung der Anrechnung dieses Schiffes auf die der Bundesrepublik nach dem Petersberger Abkommen zugestandenen 6 Spezialschiffe. In einer weiteren Note ist darum gebeten worden, von dieser Bedingung Abstand zu nehmen, da die 6 Spezialschiffe für den deutschen Bedarf benötigt werden. Eine Antwort auf diese letzte Note liegt noch nicht vor. Das Frachtmotorschiff für Aden von 2500 BRT und 12 Knoten Geschwindigkeit ist durch Schreiben vom 31. 5. 1950 inzwischen genehmigt worden. Das gleiche gilt für die 4 Rhein-Motorschiffe, die ebenfalls, unter dem 21. 4. 1950, genehmigt worden sind. Der Antrag auf Genehmigung für die 2 Tanker für Norwegen ist durch Schreiben vom 3. 4. 1950 abgelehnt worden, da die Größe und Geschwindigkeit dieser Schiffe außerhalb der im Petersberger Abkommen enthaltenen Beschränkungen liegen. Hinsichtlich der übrigen Anträge liegt eine Stellungnahme der Hohen Kommissare noch nicht vor.
Die vierte Frage der Interpellation lautet:
Wann sind die Anträge den Hohen Kommissaren vorgelegt worden?
Die Anträge erstrecken sich über den ganzen Zeitraum. Ich sagte Ihnen schon: mit Ausnahme des Schwimmbaggers für Siam, der 3 Tanker für Norwegen und der 2 Motortanker für Norwegen sind den Hohen Kommissaren jeweils sofort nach der Aufnahme der Verhandlungen entsprechende Anträge zugeleitet worden. In den Fällen, in denen keine Anträge gestellt worden sind - ich habe sie eben genannt -, wurde aus folgenden Gründen davon Abstand genommen: Bei dem Schwimmbagger für Siam deswegen, weil laut Schreiben der Hohen Kommissare vom 21. 4. 1950 in Kürze mit einem Gesetz der Alliierten zu rechnen ist, wonach für die im Petersberger Abkommen genannten Schiffstypen und innerhalb der in diesem Abkommen festgelegten Begrenzungen eine vorherige Genehmigung durch die alliierten Behörden nicht mehr erforderlich sein wird. Inzwischen sind das Gesetz Nr. 24 und die 7. Durchführungsverordnung veröffentlicht worden, die für den Schiffbau am 1. Juli 1950 in Kraft treten. Nach der 7. Durchführungsverordnung bedarf es einer besonderen Genehmigung für den Bau und die Ausfuhr dieses Schwimmbaggers nicht mehr. Wegen der 3 Tanker für Norwegen von 12 400 bzw. 11 000 BRT und wegen der 2 Motortanker für Norwegen von je 11 300 BRT ist deshalb auf einen Antrag verzichtet worden, weil nach der vorher erwähnten Mitteilung der Hohen Kommissare vom 21. 4. 1950 die Frage des Baues von besonderen Schiffen für die Ausfuhr den alliierten Regierungen inzwischen zur Entscheidung unterbreitet worden ist.
Die vierte Frage lautet, wie gesagt: Wann sind die Anträge den Hohen Kommissaren vorgelegt worden? Die Daten sind: der 10. 1. 1950, noch einmal der 10. 1. 1950, der 25. 4. 1950, der 7. 2. 1950, der 16. 3. 1950, der 19. 3. 1950, der 21. 4. 1950 und noch einmal der 24. 1. 1950, also alles in den Monaten Januar bis April. Soweit direkte Antworten noch nicht vorliegen, ist das wohl darauf zurückzuführen, daß sich in der Zwischenzeit die alliierten Regierungen mit dem Gegenstand befaßt haben.
Die fünfte Frage der Interpellation lautet:
Was gedenkt die Bundesregierung in dieser für
die Devisenlage und die Arbeitsbeschaffung
gleich wichtigen Frage zu tun, um eine Genehmigung für die gekennzeichneten Exportaufträge zu erzielen?
Die grundsätzliche Frage des Exportneubaues ist mit Rücksicht auf ihre Bedeutung für die Devisenlage und die Arbeitsbeschaffung zum Gegenstand zweier grundsätzlicher Noten an die Hohen Kommissare vom 24. Februar 1950 und vom 19. März 1950 gemacht worden. Die Hohen Kommissare haben in einem Schreiben vom 21. April 1950 geantwortet, daß in Kürze von den Alliierten ein Gesetz erlassen wird, wonach für die im Petersberger Abkommen genannten Schiffstypen und innerhalb der in diesem Abkommen festgelegten Begrenzung eine vorherige Genehmigung durch die alliierten Behörden nicht erforderlich sein wird und daß sie die Frage des Baues von besonderen Schiffen für die Ausfuhr ihren Regierungen vorgelegt haben, deren Entscheidung zunächst abzuwarten ist.
Das Gesetz Nr. 24 und die 7. Durchführungsverordnung sind in der Zwischenzeit veröffentlicht worden. Nach Auffassung der deutschen Stellen gelten demnach für Exportneubauten außerhalb der Beschränkungen des Washingtoner und Petersberger Abkommens dieselben Bestimmungen wie für den deutschen Inlandsbedarf, so daß für die Exportneubauten außerhalb dieser Grenzen eine
besondere Genehmigung des Sicherheitsamtes erforderlich ist. Über die Handhabung dieser Bestimmungen schweben zur Zeit noch Verhandlungen mit dem Sicherheitsamt.