Rede von
Grete
Thiele
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(KPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)
Meine Herren und Damen! Diesem Gesetz liegt die Absicht zugrunde, der Zuckerrübenindustrie ein absolutes Monopol, insbesondere bei der Preisgestaltung, zu sichern.
— Herr Dr. Müller, die Vaterschaft für dieses Gesetz liegt wahrscheinlich nicht weit von Ihnen entfernt.
Ich bin der Auffassung, daß die Regierung der sogenannten freien Marktwirtschaft, wenn es um die Profitinteressen einer bestimmten Gruppe geht, eine Beherrschung des Marktes gesetzlich festlegt.
Im übrigen ist auch durch dieses Gesetz die Kontrollmöglichkeit und die Beschlußmöglichkeit jeder parlamentarischen Körperschaft ausgeschaltet und der Regierung über sogenannte ständische Körperschaften uneingeschränkt Vollmacht gegeben. Diese Tendenz der Ausschaltung der parlamentarischen Körperschaften, der Verbraucherschaft und der Gewerkschaften läuft durch alle vorliegenden Gesetze auf dem Gebiete der Ernährungswirtschaft.
Hier bedient sich zum Beispiel die Bundesregierung eines Marktverbandes, der mindestens zu drei Vierteln aus Interessengruppen zusammengesetzt ist, wobei der Verbrauchergruppe nur zwei Vertretungen zukommen. Zuckerrübenanbau, Zuckerfabriken, Raffinerien und Rohzuckerimporteure!
— Aber die Minister haben uneingeschränkt Vollmacht ohne die Kontrolle des Parlaments — das ist die entscheidende Frage —. und die Verbindungen der Minister zu diesen Interessengruppen sind Ihnen genau so wie mir bekannt. Das gleiche gilt für die Einfuhrstelle. Beide Organe
sind als Anstalten des öffentlichen Rechts vorgesehen. Wir sind der Auffassung. daß auf dem Gebiete der Ernährungswirtschaft die entscheidende Funktion den staatlichen, d. h. den durch das Parlament gewählten Organen und insbesondere auch der Verbraucherschaft zukommt. Sie hat ein entscheidendes Wort dabei mitzusprechen.
Auch wir sind der Auffassung, daß es notwendig ist, möglichst schnell die Zuckersteuer zu senken oder ganz abzuschaffen, damit die Bevölkerung dieses wichtigste Nahrungsmittel tatsächlich in größerem Umfange kaufen kann, als es heute der Fall ist.
Wir lehnen also dieses Gesetz ab, weil es ein Mittel der Monopolbildung, ein Mittel zur Beherrschung des Marktes im Interesse einer bestimmten Interessengruppe darstellt.