Meine Damen und Herren! Das Zuckergesetz gehört in den großen Rahmen der marktregelnden Gesetze, die jetzt zur Beratung im Ausschuß stehen bzw. in den nächsten Tagen kommen. Ich will auf die Aufgaben, die diese Marktregelung hat, nicht eingehen, nachdem der Herr Kollege Kriedemann nach dieser Richtung hin schon das Notwendigste gesagt hat. Ich muß aber im Zusammenhang mit dem Zuckergesetz unterstreichen, was der Herr Minister gesagt hat, daß der Rübenbau das Rückgrat unserer Viehhaltung und der intensiven Landwirtschaft ist. Es ist interessant, daß die Besatzungsbehörden sich schon im Herbst 1945 sehr intensiv um diesen Anbau kümmerten und einen eigenen Beauftragten aus England zur Arbeit in der Zuckerwirtschaft herüberschickten. Der Long-term-Plan hat ja als Ziel gestellt, daß mindestens im Jahre 1952/53 der Vorkriegsstand in der Agrarerzeugung erreicht wird; ich darf feststellen, daß der Zuckerrübenbau in der Bundesrepublik den Vorkriegsstand schon überschritten hat. Wir hatten im Jahr 1938/39 hier 138 000 Hektar, stehen in diesem Jahr auf 176 000 Hektar, und ich bin der Überzeugung, daß wir, wenn die Ernte gut ausfällt, nur noch ein Drittel unseres Bedarfs einzuführen haben. Damit unsere Freunde zur äußersten Linken eine kleine „Freude" haben, darf ich darauf hinweisen, daß der Anbau in der Ostzone 1938/39 220 000 Hektar und im letzten Jahr erst 210 000 Hektar betrug.
Eine entsprechende Regelung der Zuckerwirtschaft ist no wendig, um einen angemessenen Preis für die Rüben zu sichern und den Konsum zu angemessenen Preisen sicherzustellen. Notwendig ist der Schutz vor der ausländischen Einfuhr.
In der Weltzuckerproduktion sind die Dinge so verlaufen, daß die Rübenzuckerproduktion der Welt den Vorkriegsstand erreicht hat, daß aber die Rohrzuckerproduktion von 1938/39 von 17 600 000 t schon auf 21 Millionen t gestiegen ist, wobei zu beachten ist, daß Java in der Produktion ausgefallen ist. Wir werden — international gesehen — nicht daran vorbeikommen, daß wir wieder zu dem System zurückkehren, das wir im Jahre 1933 in dem internationalen Zuckerabkommen, in dem Chadbourneplan geschaffen haben, in dem die Produktion, der Verbrauch und die Einfuhr der einzelnen Länder festgelegt worden sind. Dieser Schutz der
deutschen Zuckerwirtschaft und des Rübenbaus soll durch die in § 9 vorgesehene Einfuhrstelle erreicht werden.
Leider müssen wir feststellen, daß ein Sachberater der amerikanischen Militärregierung gegenüber den ganzen Marktgesetzen eine Stellung bezogen hat, die wir nicht unwidersprochen lassen können. Er erklärte nämlich, daß mit diesen Gesetzen der deutsche Handelsliberalismus umgestoßen, daß ein Warenimportmonopol geschaffen werde, wobei die Importeure gezwungen würden, zum Selbstkostenpreis zu verkaufen.
Ich stelle fest, in dem Zuckergesetz ist festgelegt, daß der Importeur als Preis seinen Einstandspreis frei Grenze zuzüglich der üblichen Handelsspanne erhält.
Es wird weiter darauf hingewiesen, daß die Trennung des einheimischen Preisgefüges von den internationalen Märkten verlassen und eine Machtkonzentration durch Kartelle geschaffen werde. Wer alle diese Gesetze sorgfältig durchliest, wird nichts finden, was nach Kartellen aussieht, sondern er wird eine Mitarbeit der Wirtschaft finden; er wird aber auch feststellen, daß letzten Endes die Entscheidung über diese Dinge absolut in der Hand der Regierung liegt.
Meine Damen und Herren, wenn wir ein reiches Volk wären, dann würden wir die Dinge bei uns landwirtschaftlich regeln können, wie das die Vereinigten Staaten tun, die jedes Jahr Millionenbeträge an Dollars zur Stützung ihrer landwirtschaftlichen Produktion aufwenden. Dagegen hat man anscheinend nichts einzuwenden, das scheinen auch keine kartellähnlichen Gebilde zu sein. Aber wir sind ein armes Volk, und wir müssen unsere Wirtschaft nach den uns gegebenen Möglichkeiten ordnen; wir müssen versuchen, ohne Aufwendung von besonderen Mitteln unsere Wirtschaft auf diesem Gebiet in Ordnung zu bringen. Wenn man uns schon vorwirft, daß wir Einfuhrstellen schaffen, dann darf ich darauf hinweisen, daß z. B. Holland, das ja auch zu den Marshalländern gehört, eine sogenannte Mehlstelle als Einfuhrschleuse hat und daß dort sogar der Reis durch diese Einfuhrschleuse geht. In einem Memorandum von dem Bipartite Control Office vom 9. 6. 1948 ist darauf hingewiesen worden, daß gewünscht wird, die Fähigkeiten der deutschen Kaufleute und Industrie in die Regelung dieser Dinge einzuschalten. Wenn man demgegenüber die Äußerungen des Herrn Hanes sieht, dann kann man nur sagen: Das Leben ist vielgestaltig, aber die Gedanken der Menschen sind oft konfus.
Meine Damen und Herren, ein paar Bemerkungen zu dem Gesetz. Im großen und ganzen billigen wir das Gesetz. In § 8 hat der Bundesrat eingeschoben, daß dem Marktverband keine hoheitlichen Aufgaben übertragen werden können, ohne zu erklären, was hoheitliche Aufgaben sind. Ich habe mich bemüht, das einmal festzustellen. Wir wissen aus der Vergangenheit, daß sich jeder Pimpfenführer als Hoheitsträger fühlte und daß der Ortsgruppenleiter glaubte, einen Hoheitsakt zu vollziehen, wenn er irgend jemanden der Gestapo überlieferte. Ich habe versucht, von ein paar Staatsrechtslehrern eine ganz klare Begriffsbestimmung des Begriffes „Hoheitsaufgaben" zu erhalten, weil auf diesem Gebiet mit diesem Wort von seiten der Verwaltung oft Unfug getrieben wird.