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    Deutscher Bundestag. — 71. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 22. Juni 1950 2555 71. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 22. Juni 1950. Geschäftliche Mitteilungen 2556A, 2586D Beantwortung der Interpellation der FDP betreffend Pressemeldungen über Gesetz zur Neuordnung der Treibstoffpreise (Drucksachen Nr. 880 und 1072) 2556B Anfrage Nr. 83 der Abg. Tichi, Fröhlich u Gen. betr. Krankenfürsorge der Soforthilfeempfänger (Drucksachen Nr. 1003 und 1073) 2556B Zur Tagesordnung 2556B Frau Niggemeyer (CDU) (zur Geschäftsordnung) 2556C Beratung der Interpellation der Fraktion der SPD betr. Verzögerung in der Ausführung des Wohnungsbauprogramms (Drucksache Nr. 948) 2556C Wildermuth, Bundesminister für Wohnungsbau 2556D, 2564C Klabunde (SPD), Interpellant 2559C, 2562B Dr. Preusker (FDP) 2561B Krause (Z) 2562A Paul (Düsseldorf) (KPD) 2562D Lücke (CDU) 2563C Erste Beratung des von der Fraktion der KPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Abgeltung von Besatzungsleistungen und Besatzungsschäden (Drucksache Nr. 978) 2565B Kohl (Stuttgart) (KPD), Antragsteller 2565B Dr. Pfleiderer (FDP) 2566D Dr. Vogel (CDU) 2567C Dr. Etzel (Bamberg) (BP) 2568A Fischer (SPD) 2568C Fisch (KPD), Interpellant 2569C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Ausübung von Mitgliedschaftsrechten aus Aktien während der Wertpapierbereinigung (Drucksache Nr. 985) 257013 Dr. Dehler, Bundesminister der Justiz 2570C Erste Beratung des von der Fraktion der BP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Zulassung neuer Krankenkassen (Drucksache Nr. 1019) 2570D Rahn (BP), Antragsteller 2571A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über Personalausweise (Drucksache Nr 1032) 2571B Dr. Dr. Heinemann, Bundesminister des Innern 2571C Arnholz (SPD) 2571D Ewers (DP) 2572D Frau Thiele (KPD) 2573A Dr. Bertram (Z) 2573B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Verkehr mit Vieh und Fleisch (Vieh- und Fleischgesetz) (Drucksache Nr 1034) 2573C Dr. Niklas, Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 2573C Dannemann (FDP) 2574A Kriedemann (SPD) 2574D Bauknecht (CDU) 2576A Eichner (BP) 2576D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Verkehr mit Zucker (Zuckergesetz (Drucksache Nr. 1035) 257713 Dr. Niklas, Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 2577B Dr. Dr. Müller (Bonn) (CDU) . . . 2578A Dr. Schmidt (Niedersachsen) (SPD) 2579A Rüdiger (FDP) 2579C Frau Thiele (KPD) 2579D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Erhebung von Abgaben auf dem Gebiete der Ernährungswirtschaft (Drucksachen Nr. 1051 und 922) in Verbindung mit der Zweiten und dritten Beratung des von den Abg. Lübke u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verlängerung der Geltungsdauer des Bewirtschaftungsnotgesetzes (Drucksachen Nr. 1052 und 992) . 2580B Schill (CDU), Berichterstatter . . . . 2580C Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Grubenkatastrophe auf Zeche „Dahlbusch" (Drucksache Nr. 980) 2581D Agatz (KPD), Antragsteller 2581D Dr. Nölting (SPD) 2582D Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Freigabe der von den Besatzungsmächten beschlagnahmten Erholungsstätten (Drucksache Nr. 981) 2583A Kohl (Stuttgart) (KPD), Antragsteller 2583A Schäffer, Bundesminister der Finanzen 2584A Tenhagen (SPD) 2584B Dr. -Ing Decker (BP) 2585C Strauß (CSU) 2585D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Beamtenrecht über den Antrag der Fraktion der BP betr. Art. 131 des Grundgesetzes (Drucksache Nr. 1043) 2556B, 2586C Böhm (SPD), Berichterstatter . . . 2586C Nächste Sitzungen 2587A Die Sitzung wird um 9 Uhr 10 Minuten durch den Präsidenten Dr. Köhler eröffnet.
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    Rede von Otto Arnholz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Meine Damen und Herren! Grundsätzlich begrüßt die Fraktion der SPD es, wenn Schritte unternommen werden, das Recht im Geltungsbereich des Grundgesetzes zu vereinheitlichen. Insofern erkennen wir die Absicht an, das Personalausweiswesen durch ein Rahmengesetz bundeseinheitlich zu regeln, dessen Entwurf uns in Drucksache Nr. 1032 vorliegt. Es muß unseres Erachtens aber ge-


    (Arnholz)

    prüft werden, ob überhaupt ein Ausweiszwang erforderlich ist. Die Bundesregierung hat anscheinend selbst Zweifel daran; denn in Abs. 4 ihrer Begründung zu dem vorliegenden Gesetzentwurf bejaht sie nicht unbedingt diesen Zwang, sondern sie sagt, die Beibehaltung des allgemeinen Ausweiszwanges wird bejaht werden müssen. Schon daraus ergibt sich, daß ein gewisser Zweifel wohl vorhanden ist.
    Uns will scheinen, daß ein Staat solche Maßnahmen nur dann ergreift, wenn er sich irgendwie innerlich bedroht fühlt. Dieses Verhalten ist die typische Furcht der „Diktatoren" und der Diktaturen. Im allgemeinen richten sich solche Maßnahmen gegen Illegalität, zu der ja zumal in einer Demokratie Veranlassung nicht bestehen sollte. Wenn sie im geringen Umfange vorhanden sein sollte, nun, dann glauben wir, ist die Bekämpfung auch auf anderem Wege als durch den Ausweiszwang möglich. Es ist nicht recht einzusehen, weshalb ein besonderer Personalausweis neben anderen gültigen Lichtbildausweisen eingeführt oder aufrechterhalten werden soll, z. B. neben einem gültigen Paß oder einem Führerschein. In diesem Punkt weichen wir von der Auffassung des Bundesrates ab, der den Paß nicht anerkennen will.
    Grundsätzlich abzulehnen ist, daß diese Frage, wie der Bundesrat es vorschlägt, in einem späteren Paßgesetz geregelt werden soll. Eine solche Verzettelung der Bestimmungen macht die Gesetzgebung unübersichtlich. Vorschriften über Personalausweise gehören in das Personalausweisgesetz und nicht in ein später zu erlassendes Paßgesetz.
    Dagegen teilen wir die Bedenken des Bundesrates gegen die Fingerabdrücke. Die Einführung dieser Fingerabdrücke bei den Personalausweisen hat seinerzeit fast allgemeinen Unwillen erregt. Im ) Bewußtsein der Bevölkerung verbindet sich mit dem Nehmen eines Fingerabdruckes die Vorstellung der Aufnahme in das sogenannte Verbrecheralbum. Daraus erklärt sich die innere Abneigung weitester Kreise der Bevölkerung gegen eine solche Maßnahme.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Wenn die Begründung der Bundesregierung sagt, daß ein tunlichst schlüssiger Nachweis der Identität nur durch Lichtbild und Fingerabdruck möglich sei, so beweist das Wort „tunlichst" schon, daß wohl auch die Bundesregierung einen absolut schlüssigen Nachweis der Identität auf diese Weise nicht als gegeben ansieht. Wir sollten nicht übersehen, daß die der Praxis näher als die Bundesregierung stehenden Mitglieder des Bundesrates die Meinung vertreten, daß durch die Aufnahme des Lichtbildes den praktischen Bedürfnissen hinreichend Rechnung getragen ist.
    Im übrigen ist die Auffassung der Bundesregierung nicht ganz überzeugend. Wer so raffiniert ist, daß er auf einem Paß das Lichtbild einer anderen Person durch sein eigenes ersetzt oder Stempelabdrücke anbringt, wird auch die Bundesregierung enttäuschen bezüglich ihrer Stellungnahme zu dem betreffenden Abänderungsvorschlag des Bundesrates. Die Bundesregierung behauptet, der Fingerabdruck sei die einzige nicht fälschbare, unveränderliche Unterschrift. Nun, unveränderlich dürfte sie wohl sein, da beim Fingerabdruck ja wohl eine Urkundenfälschung im engeren Sinne nicht möglich ist. Aber wie will man denn die Herstellung einer falschen Urkunde mit einem echten Fingerabdruck auf einem nachgemachten oder gestohlenen echten Vordruck mit dem richtigen Lichtbild des Inhabers und mit Stempelabdrücken verhindern, die etwa von einem echten Stempel her vervielfältigt oder die mit Hilfe von gestohlenen oder nachgemachten Stempeln angefertigt worden sind? Ich glaube also auch, es ist nicht ganz schlüssig, wenn von der Bundesregierung gesagt wird, daß der Fingerabdruck die einzige nicht fälschbare Unterschrift sei. Wir sind sehr skeptisch gegen diese Ansicht hinsichtlich der einzigen nicht fälschbaren Unterschrift.
    Nach unserer Meinung muß aber unter allen Umständen die Extra-Ausfertigung einer amtlich angeordneten Ausstellung eines Ausweises gebührenfrei sein. Die Regelung dieser Frage darf nicht, wie es der Bundesrat vorschlägt, den Ländern überlassen bleiben. Dadurch würde erneut eine Rechtszersplitterung ermöglicht werden, und die Bundesregierung ist meines Erachtens inkonsequent, wenn sie dem diesbezüglichen Vorschlag des Bundesrats zustimmt. Die Formulierung des Entwurfs müßte meinen Ausführungen entsprechend auch in Richtung einer zweifelsfreien Klarstellung der Gebührenfreiheit geändert werden. Die Erhebung einer Gebühr für die Erstausfertigung eines solchen Ausweises widerspräche dem allgemein anerkannten Grundsatz, daß für solche Amtshandlungen Gebühren nicht zu erheben sind, die überwiegend im öffentlichen Interesse vorgenommen werden. Wenn schon ein Ausweiszwang eingeführt oder aufrechterhalten wird, dann ist eben die Ausstellung der jeweils ersten Ausfertigung überwiegend im öffentlichen Interesse; insofern muß also die Gebührenfreiheit unter allen Umständen gewährleistet werden. Aber selbst wenn die Gebührenfreiheit aufrechterhalten wird, bleibt eine unnötige Belastung der Bevölkerung für die Beschaffung der Lichtbilder bestehen, wenn nicht der schlüssige Nachweis erbracht wird, daß die Aufrechterhaltung des Personalausweiszwanges unbedingt erforderlich ist.
    Die hier dargelegten Zweifel und Bedenken müssen unseres Erachtens zunächst geklärt werden. Ich beantrage daher namens meiner Fraktion die Überweisung der Vorlage an den Ausschuß für die Angelegenheiten der inneren Verwaltung.


Rede von Dr. Erich Köhler
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat Herr Abgeordneter Ewers. 3 Minuten bitte.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hans Ewers


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Daß bei dem gegenwärtigen Zustand der Bundesrepublik ein allgemeiner Ausweis sehr erwünscht ist, wird jeder einsehen, und ich möchte glauben, daß das Parlament insofern der Bundesregierung folgen kann. Daß man aber glaubt, bei solch allgemeinen Ausweisen Methoden anwenden zu müssen, die zunächst einmal vom Dritten Reich zum allgemeinen Erstaunen eingeführt wurden, und daß man sie nun übernehmen will, das setzt meine Fraktion in Erstaunen. Mag der Fingerabdruck für kriminalpolitische Zwecke anders geartet sein als der einfache Daumen- oder Zeigefingerabdruck auf einem Ausweis, so ist jedenfalls die Tatsache, daß man nur von solchen Leuten einen Fingerabdruck zu fordern pflegte, gegen die man irgendeinen Verdacht hat, nicht von der Hand zu weisen. Es liegt nichts dafür vor, daß man in Bausch und Bogen ganz allgemein jedem Staatsbürger zumutet, daß er mit seinem Ausweis mogeln würde, wenn er nicht kriminell erprobte Beweismittel beschaffe. Eine solche Auffassung haben wir von dem Wesen unserer Staatsbürger nicht.
    Ich habe für meine Fraktion — und dazu reichen drei Minuten vollkommen aus — zu erklären, daß für uns das ganze Gesetz unannehmbar ist, wenn


    (Ewers)

    diese Bestimmung des Fingerabdrucks erhalten bleibt.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Die übrigen Bemerkungen meines Herrn Vorredners haben wir mit Interesse gehört. Auf sie mag im Ausschuß näher eingegangen werden.

    (Beifall bei der DP.)