Rede von
Wilhelm
Rahn
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(BP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte den vorliegenden Antrag der Bayernpartei kurz begründen. In der Verordnung vom 10. Oktober 1934 verbot der Nationalsozialismus die Errichtung neuer Krankenkassen. Grund und Zweck war, auch in der Krankenversicherung die Gleichschaltung vorzubereiten; die Verordnung unterdrückt insbesondere das Selbstbestimmungsrecht der Gemeindeverbände, der Betriebsunternehmer und der Innungen, neue Landkrankenkassen, Betriebskrankenkassen und Innungskrankenkassen zu errichten — §§ 231, 245 und 250 der RVO —, und mißachtet das Mitwirkungsrecht der beteiligten Arbeitnehmer. Die bezeichneten Sonderkassen berücksichtigen die arteigenen Bedürfnisse ihrer Versicherten und sind zugleich geeignet, auch auf anderen Gebieten das Zusammenwirken von Arbeitgebern und Arbeitnehmern zu fördern; der mißbräuchlichen Gründung von Sonderkassen treten die allgemeinen Vorschriften der Reichsversicherungsordnung über die Errichtung von Krankenkassen entgegen —§§ 225 ff. RVO —.
Im besonderen Auftrage des bayerischen Landtages hat die bayerische Staatsregierung schon vor längerer Zeit beim Bundesarbeitsministerium die Aufhebung des Verbotes beantragt.
In der französischen Besatzungszone hat die Militärregierung durch ihre Verordnung vom 9. Juni 1949 die Art. 8 und 9 ihrer Verordnung vom 27. April 1946, die neben den Allgemeinen Ortskrankenkassen und den knappschaftlichen Krankenkassen die anderen Kassenarten löschte, wieder aufgehoben und den gesetzgebenden Körperschaften der französischen Zone die Freiheit des Handelns zurückgegeben; von dieser Befugnis hat das Land Württemberg-Hohenzollern Gebrauch gemacht.
Da die Bundesregierung die berechtigten und dringenden Erwartungen der Gemeindeverbände, der Betriebsunternehmer, der Innungen und der beteiligten Arbeitnehmer nicht erfüllt, ist eine Gesetzesvorlage aus der Mitte des Bundestags notwendig.
Ich bitte das Haus, unseren Antrag zu unterstützen.