Rede von
Dr.
Karl Georg
Pfleiderer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe die Ehre, im Namen der Fraktionen der CDU, der DP und der FDP zu dem soeben eingebrachten Gesetzesantrag einige Worte zu sagen. Der Herr Abgeordnete Kohl hat soeben bemängelt, daß keine von den großen Parteien es bisher für nötig befunden habe, hier ein Gesetz vorzulegen. Ich darf auf diesen Punkt nachher zu sprechen kommen.
Der Entwurf, der uns vorgelegt worden ist, mutet uns alle sehr vertraut an; denn er ist eine Ausarbeitung der Arbeitsgemeinschaft der Landesverbände der Besatzungsgeschädigten.
Der Gesetzentwurf befaßt sich mit der Abgeltung aller Art von Leistungen — Dienstleistungen, Sach-
und Werkleistungen — für die Besatzungsmächte. Im Mittelpunkt steht jedoch die Abgeltung für die Nutzungsleistungen, und zwar insbesondere für die zur Verfügung gestellten Grundstücke. Ich glaube, es ist seit langer Zeit wohl das erste Mal, daß sich
die Fraktion der KPD so sehr der Interessen der Hausbesitzer annimmt, wie es in diesem Fall geschehen ist.
Wir sind hierüber sehr erfreut, und ich glaube, auch die Hausbesitzer sind erfreut, und wir wünschen, daß die Hoffnungen, die wir daran knüpfen, in der Zukunft nicht enttäuscht werden.
Der Entwurf, der vorgelegt worden ist, ist ein Interessentenentwurf. Er ist jedoch sehr sorgfältig ausgearbeitet. Es wird die Frage sein, ob er so, wie er ist, geltendes Recht würde werden können. Es ist eine Tatsache, daß auf diesem Gebiete, besonders auf dem Gebiete der Nutzungsleistungen, unendlich viel Beschwerden von seiten der betroffenen Deutschen vorliegen, und es hat sich als außerordentlich störend erwiesen, daß noch kein bundeseinheitliches Recht hier vorliegt. Wir werden jedoch prüfen müssen, ob es möglich ist, die Abgeltung so weitgehend vorzunehmen, wie es hier vorgeschlagen worden ist, und ob die Auszahlungen auch so rasch erfolgen können, wie es in § 32 des Gesetzentwurfs empfohlen wird. Denn wir müssen ja das eine berücksichtigen: die Besatzungsgeschädigten sind eine Gruppe von Geschädigten, und ganz Deutschland ist heute ein Staat von Geschädigten. Wir können nicht an die Schäden der Besatzungsgeschädigten herangehen, ohne nicht gleichzeitig an die Fliegergeschädigten und an die anderen Gruppen zu denken. Es wird also wahrscheinlich eine Begrenzung und eine zeitliche Verteilung Platz greifen müssen.
Aber ein Mangel haftet dem Entwurf an, denn dort ist die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Nach dem Besatzungsstatut, Art. 2 e, haben sich die Besatzungsmächte Sonderbefugnisse auf diesem Gebiet orbehalten, und man kann nicht über diese internationalen Bestimmungen einseitig hinweggehen. Das ist ja auch der Einwand gewesen, den man damals gegen den Antrag der Kommunistischen Partei gern ß Drucksache Nr. 8 zu erheben hatte, wo sie betreffend Besatzungskosten den Antrag stellte, den Alliierten mitzuteilen: „Wir können nicht mehr bezahlen, wir müssen eben um 50 % herunter". Solche einseitigen Maßnahmen sind unmöglich und unzweckmäßig, denn sie würden uns auf dem Wege zur allgemeinen Befriedung der Verhältnisse wieder zurückwerfen und nicht fördern.
Soviel ich unterrichtet bin, ist im Bundesfinanzministerium ein Referentenentwurf in Ausarbeitung begriffen, und es sind auch schon Besprechungen mit dem Petersberg aufgenommen worden. Man hat dort erklärt, diese deutschen Vorschläge entgegenzunehmen.
Das eine möchte ich aber hier — ich glaube, da darf ich im Namen aller Deutschen sprechen — offen sagen, daß auf dem Gebiete der Nutzungsleistungen politisch ein wunder Punkt in den ganzen Beziehungen zu den Besatzungsmächten noch vorliegt und daß wir alle dringend wünschen möchten, daß hier bald eine Beruhigung eintritt und daß der sich wandelnde Charakter der Besatzung sich eines Tages hier ausdrücken möge. Wir wünschen, daß die Besatzungslasten insgesamt gesenkt werden, daß diejenigen Einsparungen möglich sind, die wir brauchen, um diese Nutzungsleistungen angemessen entschädigen zu können. Ich glaube, alles, was dieses Hohe Haus tun konnte, hat es getan, indem es seinerzeit dem Antrag des Ausschusses für Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten zustimmte, Es ist damals beantragt worden, die Regierung zu ersuchen, Verhandlungen mit der Hohen
Kommission aufzunehmen, um ein einheitliches deutsches Gesetz für die Regelung des Vergütungs-
und Entschädigungsrechts herauszubringen. Damals hat das Hohe Haus zugestimmt, nur hat sich leider die kommunistische Fraktion damals nicht für die Besatzungsgeschädigten ausgesprochen.