Rede von
Hugo
Paul
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(KPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)
Meine Damen und Herren! Die Erklärungen des Bundeskanzlers Adenauer, die zur Auslösung der heutigen Debatte geführt
haben, waren zweifellos, von ihm gesehen, ein Wahltrick,
um die Wahlen in Nordrhein-Westfalen zu seinen Gunsten zu beeinflussen.
Wenn aber heute von dem Herrn Minister für Wohnungswesen auf den „ungeheuren Fortschritt" im Wohnungsbau hingewiesen wird, so stehen doch seinen Erklärungen anderslautende Pressemeldungen gegenüber. Ich habe hier zum Beispiel die „Wirtschaftsrevue" vom 21. Juni. Sie bringt eine amtliche Meldung, aus der sich ergibt, daß bis Ende Juni von der Bundesregierung erst 87 Millionen DM an die Länder zugeteilt sind. Diese Zahl steht in keinem Verhältnis zu der Zahl, die der Herr Minister heute morgen genannt hat. Aber hier wird das amtlich belegt, und diese Zahlen scheinen doch aus dem Bundesministerium zu kommen.
Des weiteren habe ich hier die „Frankfurter Rundschau" vom gestrigen Tage mit einer Zuschrift. Danach ergibt sich aus dem Haushaltsplan der Stadt Frankfurt, daß im letzten Jahr 8 675 Wohnungen gebaut wurden; in diesem Jahre sollen es in Frankfurt nur 5 000 Wohnungen sein. Da kann man doch wirklich nicht von einem „Fortschritt" im Wohnungsbau reden.
Ich kann Ihnen jedenfalls nur eines sagen: daß diese Meldungen keineswegs mit jenen optimistischen Darstellungen im Einklang stehen, wie sie der Minister gegeben hat.
Es ist doch Tatsache, daß bis zur Zuteilung der amtlichen Gelder an die Bauherren viel zu viel Zeit vergeht. Hier ist ein toller Formularkrieg ausgebrochen. Ich habe mir selber einige solche Dinge angesehen. Was da alles von den einzelnen Bauherrn und von dem kleinen Mann ausgefüllt werden soll! Um alle diese Anforderungen erfüllen zu können. braucht er einen besonderen Finanzberater und Rechtsanwalt.
Solche systematischen Verzögerungen treten immer wieder auf, und mir scheint, daß der Wohnungsbau hier in die Räder der parteipolitischen Konzeptionsmaschine geraten ist.
— Jawohl, ich war auch mal Minister, aber ich kann Ihnen eins sagen: daß ein solcher Formularkrieg zu meiner Zeit nicht vorhanden war, und das kann man beweisen!
Auf jeden Fall muß der Wohnungsbau zügiger vorwärtsgetrieben werden als bisher!
Wenn der Herr Minister weiter sagt, daß die Arbeitslosigkeit auch unter den Bauarbeitern zurückgegangen ist, so kann ich auf eine Meldung verweisen, wonach zum Beispiel in Schleswig-Holstein bis heute noch 9000 Maurer arbeitslos sind. Danach kann man also wirklich nicht von einem zügigen Wohnungsbau reden.
Nun ein Wort zum Herrn Kollegen Klabunde. Ich wundere mich darüber, daß er heute über die Miethöhe spricht und bereits einen Antrag der Sozialdemokratie wegen der Miethöhe ankündigt. Als wir bei der Beratung des Wohnungsbaugesetzes darauf hinwiesen, daß die festgelegten Mieten zu hoch seien, konnte sich der Herr Kollege Klabunde und seine Fraktion nicht für eine Festsetzung niedrigerer Mieten für die Bauten im sozialen Wohnungsbau entscheiden. Wir Kommunisten sind der Meinung, daß man den Wohnungsbau zügig vorwärtstreiben muß. Bei der gesamtwirtschaftlichen Situation aber haben wir kein Vertrauen, daß der Notlage entsprechend der Wohnungsbau so vorwärtsgetrieben wird, wie es erforderlich wäre.