Rede von
Dr.
Herwart
Miessner
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(DRP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Meine Damen und Herren! Die Deutsche Reichspartei ist sich der Tatsache sehr wohl bewußt, daß es viel mehr Mieter als Vermieter gibt. Das soll besagen, daß man sich in Anbetracht der bevorstehenden Landtagswahlkämpfe in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein äußerst unpopulär macht, wenn man für die Überwälzung der Grundsteuererhöhung auf die Mieter in Form einer etwa 4%igen Umlage eintritt. Man muß jedoch auch einmal den Mut zu unpopulären Dingen haben, besonders dann, wenn es — wie hier — um das vielleicht vordringlichste Gegenwartsproblem, das Wohnungswesen, geht. Wir stimmen hier ausnahmsweise den Regierungsparteien zu, nicht um diesem oder jenem Herrn Hausbesitzer eine höhere Rente zu verschaffen, sondern weil diese Dirige an die Ursachen der Wohnungsnot überhaupt rühren.
Den stark erhöhten Ausgaben für die Unterhaltung des _Hausbesitzes — Reparaturen, Handwerkerlöhne, Materialien — stehen gestoppte Mieteinnahmen gegenüber. Daß dieses Exempel auf die Dauer nicht aufgeht, dürfte jeder Einsichtige inzwischen wohl bemerkt haben. Aber das ist nicht das Schlimmste; denn schließlich haben die Hausbesitzer an sich ihre Sachwerte ganz gut über die Abwertung hinübergebracht. Doch diese rein vermögensrechtlichen Fragen berühren den Lastenausgleich und stehen hier nicht zur Debatte.
Hier steht in der Tat allein die Rentabilitätsrechnung zur Debatte, die von dem SPD-Abgeordneten Klabunde bereits angeschnitten worden ist. Es ist ihm schon von Dr. Preusker mit Recht entgegengehalten worden, daß bei der Frage des Erlasses der Zinsen für die Umschuldungsgrundschuld die Verzinsung des Eigenkapitals nicht berücksichtigt wird. Das heißt: ein Erlaß der Zinsen der Umschuldungsgrundschulden tritt erst dann ein, wenn die Rentabilität des Eigenkapitals unter Null ist. Die Rentabilität im eigentlichen Sinne ist aber bereits nicht mehr gegeben, wenn die Verzinsung etwa 1 oder 2 oder .3 % beträgt, also unter dem normalen Sparkassenprozentsatz liegt.
Aber alle diese Dinge sind für die Entscheidung der Deutschen Reichspartei nicht allein ausschlaggebend gewesen, vielmehr folgendes: Verheerend wirken solche Tendenzen, wie sie der SPD-Antrag aufweist, auf die Neubautätigkeit! Denn ein Mietshaus zu bauen, ist heute ein absolut sicheres Verlustgeschäft. Zur Zeit werden noch einige Häuser mit unverzinslichen Mieterzuschüssen finanziert. Das dürfte noch eine Zeitlang, einige Monate vielleicht, gut gehen; dann sind auch diese Mittel erschöpft. Wie aber soll bei dieser Situation cier Wohnungsbau organisch in Gang kommen? Sie wissen genau, auch die Hühner legten bei gestoppten Preisen keine Eier. Wie glauben Sie bei dieser Sachlage die Herren Finanzgewaltigen dazu zu bringen, Häuser zu bauen?
Wir können aber bei einer solch wichtigen Angelegenheit, wie sie das Wohnungswesen darstellt, auf die Privatinitiative ebensowenig verzichten wie auf anderen Gebieten des Wirtschaftslebens.
— Ja, da ist ein faules Ei. Staatliche Subventionen nämlich! Sie sind immer zeitbedingter Natur und belasten den öffentlichen Haushalt so sehr, daß man sie auf die Dauer nicht als alleintragendes Element in Rechnung stellen darf. Bei solchen Besorgnissen wäre es geradezu verantwortungslos, aus Effekthascherei einer weiteren Belastung des Hausbesitzes das Wort zu reden. Die Deutsche Reichspartei wird daher gegen den SPD-Antrag stimmen.