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ID0106605700

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    Deutscher Bundestag. — 66. Sitzung. Bonn, Freitag, den 2. Juni 1950 2411 66. Sitzung Bonn, Freitag, den 2. Juni 1950. Geschäftliche Mitteilungen . . . 2412D, 2439A, D Anfrage Nr. 77 der Abg. Strauß, Dr. Jaeger u. Gen. betr. Relombardierung der zwischen der Bundesbahn und der bayerischen Staatsregierung getroffenen Abkommen Drucksachen Nr. 933 und 1005) . . . 2412D Anfrage Nr. 79 der Fraktion der SPD betr. Gewährung von Blindengeldern an Zivilblinde (Drucksachen Nr. 950 und 994) . 2413A Zur Tagesordnung 2413A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität über das Ersuchen des Landesministers der Justiz von Schleswig-Holstein vom 8. Mai 1950 betr. Aufhebung der Immunität des Abgeordneten Schröter (Drucksache Nr. 989) 2413A, 2447D Dr. Arndt (SPD), Berichterstatter . 2413B Gengler (CDU) 2415B Interpellation der Abgeordneten Leddin, Bazille, Diel, Geritzmann, Frau Dr. Hubert, Frau Schanzenbach, Pohle und Fraktion der SPD betr. Einstellung von Schwerbeschädigten (Drucksache Nr. 862) . . . 2415D Leddin (SPD), Interpellant 2415D Sauerborn, Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit 2416C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Gewerbesteuer für die Zeit vom 21. Juni bis 31. Dezember 1948 und für das Kalenderjahr 1949 (Drucksache Nr. 944) . 2417A Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP und DP eingebrachten Entwurfs eines Richterwahlgesetzes (Drucksache Nr. 955) 2417A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Erstreckung und zur Verlängerung der Geltungsdauer des GüterfernverkehrsÄnderungsgesetzes (Drucksache Nr. 956) . 2417B Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Senkung der Tabaksteuer für Zigarren (Drucksachen Nr. 940 und 856) 2417B Eickhoff (DP), Berichterstatter . . 2417B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen betr. Senkung der Tabak-, Kaffee- und Teesteuer (Drucksachen Nr. 964, 865, 868, 885, 538, 800, 877) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Etzel (Bamberg), Dr. Besold und Fraktion der Bayernpartei betr. Tabakbesteuerung (Drucksache Nr. 927) 2418B Scharnberg (CDU), Berichterstatter 2418B Dr. Etzel (Bamberg) (BP), Antrag- steller 2419B Schäffer, Bundesminister der Finanzen 2419D Herbig (SPD) 2420D Dr. Wellhausen (FDP) 2421D Kohl (Stuttgart) (KPD) 2421B Dr. Bertram (Z) 2422D Dr. Besold (BP) 2423B Dr. Richter (Niedersachsen) (DRP) 2424A Dr. Leuchtgens (DRP) 2424B Ewers (DP) 2424C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten betr. Besatzungslasten (Drucksachen Nr. 962, 8, 120, 148 und 201) in Verbindung mit dem Mündlichen Bericht des Haushaltsausschusses über den Antrag der Fraktion der FDP betr. Abgeltung von Besatzungsleistungen und Besatzungsschäden (Drucksachen Nr. 997 und 667) 2413A, 2425B Dr. Pfleiderer (FDP), Berichterstatter 2425C Erler (SPD), Berichterstatter . . . . 2427B Dr. Seelos (BP) 2427D Euler (FDP) 2431C Dr. Brill (SPD) 2433A Krause (Z) 2435B Kemper (CDU) 2435D Dr. Wuermeling (CDU) (zur Geschäftsordnung 2436C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Fragen des Gesundheitswesens über den Antrag der Abgeordneten Dr. Decker, Dr. Etzel (Bamberg), Dr. Baumgartner, Dr. Seelos und Fraktion der Bayernpartei betr. Vorlage eines Gesetzentwurfs zur Bekämpfung der Fälschung von Nahrungs- und Genußmitteln (Drucksachen Nr. 903 und 663) 2437A Ehren (CDU): als Berichterstatter 2437A als Abgeordneter 2438D Dr. Decker (BP) 2437D Arnholz (SPD) 2438A Unterbrechung der Sitzung . 2439A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Fragen der Presse, des Rundfunks und des Films über den Antrag der Abgeordneten Dr. Richter und Genossen betr. Vorlage eines Bundespressegesetzes (Drucksachen Nr. 934 und 560) 2439A Brunner (SPD), Berichterstatter . 2439B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Wirtschaftspolitik über den Antrag der Abgeordneten Paschek und Genossen betr. Hilfe für die Korbmacherindustrie in Oberfranken (Drucksache Nr. 945 und 763) 2439D Etzel (Duisburg) (CDU), Berichterstatter 2440A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Wirtschaftpolitik über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Umlegung von Grundsteuererhöhungen auf die Mieter (Drucksachen Nr. 946 und 772) 2441C Dr. Preusker (FDP) : als Berichterstatter 2441C als Abgeordneter 2444B Klabunde (SPD) 2442B, 2446D Paul (Düsseldorf) (KPD) 2443D Dr. Miessner (DRP) 2444D Etzel (Duisburg) (CDU) 2445B Ewers (DP) 2447A Kunze (CDU) 2447C Frau Thiele (KPD) 2429B Dr. Wahl (CDU) 2431A Erklärung nach § 85 der Geschäftsordnung betr. Aufhebung der Immunität des Abg Schröter 2447D Ritzel (SPD) 2447D Kunze (CDU) 2448C Dr. Arndt (SPD) 2448D Beratung des Interfraktionellen Antrags betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Drucksache Nr. 967) . . . 2449C Nächste Sitzung 2449C Die Sitzung wird um 9 Uhr 41 Minuten durch den Präsidenten Dr. Köhler eröffnet.
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    Rede von Dr. Gebhard Seelos


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, wir müssen zunächst dem Herrn Berichterstatter ein Wort des


    (Dr. Seelos)

    Dankes für die ausgezeichnete Arbeit über die Besatzungslasten sagen, die er zusammengestellt hat.

    (Bravo! bei der BP.)

    Eine solche Diskussion ist hier im Hause schon längst fällig; denn es handelt sich um ein Zentralproblem des deutschen Volkes, wenn man bedenkt, daß die halben unmittelbaren Bundeseinnahmen für Besatzungslasten wegfallen. 4 1/2 Milliarden DM! Das ist ein Posten, der schon wert ist, daß man sich etwas damit befaßt. Er ist jedenfalls so hoch, daß er ein Vielfaches der Einnahmen aus dem Marshallplan ausmacht.

    (Hört! Hört! bei der KPD.)

    Selbst die höchsten Zahlungen nach dem ersten Weltkrieg einschließlich Reparationen und Leistungen für die Besatzungsmacht haben 2,2 Milliarden nie überstiegen, so daß also die jetzigen Zahlen in der verkleinerten westdeutschen Republik das Doppelte ausmachen. Diese Zahlen muß man sich vergegenwärtigen, damit man das ganze Problem sine ira et studio betrachtet.
    Man hält uns von alliierter Seite hauptsächlich immer zwei Argumente entgegen, zum einen, daß wir keine Militärlasten haben, und zum andern, daß doch große Teile dieser Besatzungskosten wieder an deutsche Angestellte, an deutsche Gewerbetreibende usw. zurückfließen. Die Gegenargumente zu dem ersten Einwand stehen schon in dem Bericht von Herrn Pfleiderer.
    Was wir an Sonderbelastungen haben, das sind die 4 Millionen Toten und ihre Hinterbliebenen, die Witwen und Waisen, deren Versorgung uns ungeheure Kosten verursacht; das sind die 1 Million Vermißter — deren Angehörige auch versorgt werden müssen —, die noch immer in Rußland stecken, teilweise deshalb, weil die Armeen, als sie von den westlichen Mächten gefangengenommen worden sind, nicht aufgenommen, sondern gezwungen worden sind, sich in russische Gefangenschaft zu begeben. Es ist ferner der Faktor der 8 Millionen Heimatvertriebenen; ich brauche kein Wort darüber zu sagen. Es sind unsere zerstörten Großstädte, diese Kriegslast; es ist die Demontage, und es ist schließlich die Finanzierung der unmöglichen besatzungsmäßigen Konstruktion von Berlin, die uns 1 Milliarde im Jahr kostet, und letztlich die Halbierung Deutschlands, die zusammen mit der Notwendigkeit der Neuorganisierung der Industrie unsere ganze Wirtschaft zusätzlich belastet.
    Wenn man diese Faktoren zusammenzählt, dann ergibt sich, glaube ich, daß wir wohl mehr als die 30 % leisten, die in US oder England für Aufrüstung gezahlt werden müssen. Wir nehmen das als eine Folge des Krieges hin, aber wir können nicht sagen: Wir müßten darüber hinaus nochmals 30 % aus unserem Etat für Militärlasten zur Verfügung stellen. Das ist angesichts dieser Situation und dieser Faktoren einfach eine Unmöglichkeit.
    Das zweite Argument ist, daß doch sehr viel an die deutsche Wirtschaft zurückfließt. Nun, bei dem geringen Sozialprodukt, über das wir verfügen, muß es nach wie vor uns Deutschen überlassen bleiben, wie wir dieses Sozialprodukt verteilen wollen, und es geht nicht an, daß ein großer Faktor, also etwa 400 000 oder 500 000 Leute zu viel besseren Bedingungen versorgt und bezahlt werden als der Rest des Volkes. Sonst geht das aus seinem Sozialprodukt, und ferner
    würde auch eine gewisse Animosität gegen diejenigen entstehen, die bei der Besatzungsmacht arbeiten. Wir haben nichts dagegen, daß jemand bei der Besatzungsmacht arbeitet. Das ist eine selbstverständliche Folge der Besetzung. Aber man darf nicht eine Animosität dadurch schaffen, daß man diesen Personen einen erhöhten Anteil aus unserem furchtbar kleinen Sozialprodukt zuweist.
    Ich will noch insbesondere auf die Lasten in der Wohnraumfrage eingehen. Hier ist eine scharfe Kritik der Regierungsmaßnahmen am Platze. Aus den Debatten in diesem Hause — die Bayernpartei hat ihre ersten Anträge schon im Oktober vorigen Jahres gestellt - mußte es der Regierung ganz klar sein, daß die Frage hier zur Diskussion kommen würde und man Material schaffen müsse. Statt dessen sehen Sie aus dem Bericht des Berichterstatters, der doch über die Quellen der Regierung verfügt und das nicht selbst machen kann, daß fünf Jahre nach dem Krieg völlig ungenügende Schätzungsangaben über den Wohnraum zur Verfügung stehen. Bei Bayern steht darin: 50 000 Wohnräume, geschätzt. Ich kann dazu sagen: Bereits vor vier Monaten habe ich von der bayerischen Regierung die Zahl bekommen: 123 000 Wohnräume. Das sind also Differenzen, die doch ein völlig anderes Bild ergeben. Es sind also nicht bloß insgesamt 293 000 Wohnräume, sondern — wenn in dem Bericht auf Grund der Regierungsangaben noch mehr solche Irrtümer enthalten sind — über 400 000 besetzt.
    Wir müssen auf diesem Gebiete schon rein aus psychologischen Gründen zu einer Zusammenarbeit mit der Besatzungsmacht kommen. Wir müssen zu dem System der gemischten Kommissionen kommen, wie wir sie im Rheinland von 1919 an hatten. Dann, davon bin ich überzeugt, kann man ohne weiteres 100 000 Wohnräume einsparen. Das bedeutet für uns etwas! Das sind 400 Millionen DM, die wir an Wohnraumgeldern ersparen, und wir haben diese Wohnräume sofort zur Verfügung.
    Die Regierung muß also endlich diese Angaben beibringen. Dann kann man sich in Ruhe mit der Besatzungsmacht auseinandersetzen. Man müßte auch diese Unterlagen darnach staffeln, wieviel alleinstehende Personen in untergeordneter Stellung bei der Besatzungsmacht ganze Häuser mit 10 und mehr Wohnräumen oder mit 5 bis 10 Wohnräumen haben. Dies alles muß man statistisch sorgfältig erfassen. Ich bin überzeugt, daß man z. B. in Amerika einer tiefen Verärgerung Ausdruck geben würde, wenn bekanntwürde, wie weitgehend die Besatzung dieses Wohnrecht oft noch ausübt. Gerade von ziviler amerikanischer Seite würden wir jede Unterstützung finden. Es ist nun einmal so, daß jede Armee, gleichgültig welcher Nation, das, was sie einmal hat, behält, wenn nicht ein gewisser Druck von ziviler Seite ausgeübt wird. Ich weiß -aus Aussprachen mit amerikanischen Beamten, daß sie jederzeit bereit sind, uns zu helfen, wenn wir nur die nötigen hieb- und stichfesten Angaben bringen. Die haben wir noch nicht gebracht; also haben wir noch kein Recht, der Besatzungsmacht Vorwürfe zu machen. Wenn wir mit klaren Unterlagen an sie herantreten, dann werden wir bestimmt Abhilfe finden, davon bin ich überzeugt.
    Aber an der Regierung ist es, nach acht Monaten endlich etwas zu tun. Es ist doch ein psychologischer Faktor. Herr Müller oder Herr Schulze


    (Dr. Seelos)

    versteht nicht, was die unendliche Leistung Amerikas aus dem Marshallplan mit 350 Millionen Dollar bedeutet. Aber wenn er an einem Hause vorbeigeht, wo ein einzelstehender Mann zehn Zimmer und mehr hat, das weiß er und darüber ärgert er sich jeden Tag. Deshalb muß man im Interesse der Besatzungsmacht ebensosehr wie in unserem Interesse diese psychologischen Hemmungen beseitigen; denn wir müssen doch allmählich — fünf Jahre nach dem Kriege! — davon abkommen, daß wir die Besatzung etwa noch als Strafbesatzung betrachten. Nein, das soll eine Garantiebesatzung sein,

    (Hört! Hört! bei der KPD. — Zuruf von der KPD: Eine Garantie wofür?)

    eine Garantiebesatzung, die wir brauchen, eine
    Garantiebesatzung gegen jede russische Aggression.

    (Abg. Renner: Jetzt haben Sie die Katze aus dem Sack gelassen!)

    Wenn wir die „Besatzung" in diesem Sinne auffassen,

    (Abg. Renner: Dann zahlt ruhig weiter!)

    — jetzt halten Sie einmal den Mund! —, dann
    können wir ohne weiteres auch in den Häusern
    zusammenleben, dann können auch in den Zügen,
    die oft so schlecht besetzt sind, die Besatzungsangehörigen zusammen mit den Deutschen fahren. Das alles muß jetzt fünf Jahre nach dem
    Kriege doch eine Selbstverständlichkeit werde.

    (Abg. Renner: Ihr wolltet sie ja hier haben!)

    Ich richte deshalb an die Regierung die Aufforderung, diese Unterlagen schnellstens zu schaffen, damit wir hier die Erleichterungen, die jetzt fünf Jahre nach dem Kriege am Platze sind, baldmöglichst erhalten.


Rede von Dr. Hermann Schäfer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat Frau Abgeordnete Thiele.

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    Rede von Grete Thiele


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (KPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)

    Meine Herren und Damen! Die kommunistische Fraktion hat bei der Eröffnung des Bundestags mit Drucksache Nr. 8 zur Frage der Besatzungskosten einen entscheidenden Antrag eingereicht, und zwar den Antrag, die Bundesregierung zu beauftragen, bei den Hohen Kommissaren dahingehend vorstellig zu werden, daß sie künftig nur noch 50 % der in den Ländern erhobenen Besatzungskosten zahlen kann. Dieser Antrag hat achteinhalb Monate im Ausschuß gelegen und wird jetzt in der vorliegenden Drucksache Nr. 962 unter Ziffer 2 für erledigt erklärt.

    (Hört! Hört! bei der KPD.)

    Ich frage Sie: was ist von diesem Antrag erledigt?
    Sind etwa die Besatzungskosten gesenkt worden?

    (Abg. Renner: Sehr gut!)

    Diese Ziffer 2 verbunden mit Ziffer 4 veranlaßt uns, diesem Bericht die Zustimmung zu verweigern, weil er völlig unzureichend ist und die entscheidende Frage unseres Antrags außer acht läßt.
    Die Punkte unter Ziffer 1 stellen allerdings eine gewisse Verbesserung gegenüber dem jetzigen Zustand dar, sofern sie tatsächlich durchgesetzt und auch ernsthaft in Angriff genommen werden. Weil wir uns deshalb nicht gegen die gesamte Vorlage aussprechen wollen, werden wir uns dabei der Stimme enthalten. Ich mache allerdings darauf aufmerksam, daß wir zu Ziffer 1 c einen Abänderungsantrag und den vollständigen Entwurf eines Entschädigungsgesetzes eingereicht haben. Ich möchte hier fragen: Was ist aus diesem Entschädigungsgesetz geworden?
    Weiter haben wir jetzt dem Plenum den Abänderungsantrag eingereicht, die Regierung zu ersuchen, nicht nur dem Ausschuß für Besatzungsfragen - der so in etwa unter sich tagt —, sondern dem gesamten Bundestag und damit der Bevölkerung von dem Erfolg oder von dem Mißerfolg ihrer Bemühungen Bericht zu geben.
    Ich möchte bei dieser Gelegenheit auf einen weiteren Antrag aufmerksam machen, der dem Präsidium bereits vorliegt. Es handelt sich um den Antrag, den wir Ihnen unter Drucksache Nr. 8 vorgelegt haben. Dieser Antrag geht dahin, die Bundesregierung zu beauftragen, den Hohen Kommissaren der Besatzungsmächte mitzuteilen, daß sie nicht mehr in der Lage und nicht mehr gewillt ist, mehr als die Hälfte der Gesamtsumme der Besatzungskosten für das letzte Rechnungsjahr zur Verfügung zu stellen. Nun, meine Herren und Damen, möchte ich gerade Ihnen, da Sie soviel von Ihrer Freiheit reden und da Sie sich nach der gestrigen Debatte nicht als Untertanen fühlen
    bitte sehr, Sie haben Gelegenheit, durch die Zustimmung zu diesem Antrag tatsächlich Ihr Nein gegenüber dem provozierenden Luxus der Besatzungsmächte zu sagen, der sich in den Besatzungskosten und in allen übrigen Anforderungen ausdrückt, die in einer ganzen Reihe von Berichten der Länderregierungen dargelegt sind. Ich möchte hier an die Worte des Herrn Dr. Seelos anknüpfen. Es gibt authentische Berichte. Ich erinnere Sie nur an den Bericht des Finanzministers von Nordrhein-Westfalen, des Herrn Dr. Weitz. Aber was ist mit dieser Denkschrift geschehen? Sie mußte zurückgezogen werden.

    (Sehr gut! bei der KPD.)

    Wie sehr die Besatzungskosten systematisch die Finanzen des westdeutschen Separatstaates ruinieren, beweist die Tatsache, daß die Regierung Adenauer — entsprechend ihrem reaktionären Charakter natürlich - sich nicht in der Lage sieht, die sozialen Verpflichtungen zu erfüllen. Wir haben es heute sehr deutlich von dem Finanzminister gehört. Wer aber ehrlich für die Erfüllung dieser sozialen Verpflichtungen ist, für die Erhöhung der Renten für die Kriegsopfer und ihre Hinterbliebenen, für den sozialen Wohnungsbau, für die Hilfe für die Jugend, die Kriegssachgeschädigten, die Umsiedler usw. usw., der muß auch dafür eintreten, daß die ungeheuerlichen Besatzungslasten entfallen. Wer aber die Besatzungsmächte als Schutz gegen die berechtigten Forderungen des Volkes halten will, wer sie als eine Garantiemacht betrachtet, wie das Dr. Adenauer für mindestens 45 Jahre für sich und seine Millionärsregierung und deren Hintermänner gefordert hat,

    (Hört! Hört! bei der KPD. — Lachen in der Mitte und rechts)

    muß natürlich auch ja zu den Besatzungskosten sagen.

    (Beifall bei der KPD. — Unruhe.)

    Diese volksfeindliche Regierung braucht natürlich die Besatzungsmächte als Garantiemacht.

    (Abg. Kunze: Was ist das für ein Unsinn! — Abg. Rische: 150 Millionäre in Westdeutschland! — Gegenrufe rechts.)

    Diese volksfeindliche Regierung braucht die Besatzungsmächte als Garantiemacht gegen alle Tendenzen der Überführung der Grundstoffindustrien


    (Frau Thiele)

    in die Hände des Volkes, gegen die Durchführung einer wirklichen Mitbestimmung der Arbeiterschaft, als Sicherung gegen die Durchführung einer wirklichen Mitbestimmung der Arbeiterschaft, als Sicherung gegen die Durchführung einer demokratischen Bodenreform und einer Justizreform und gegen die Durchführung einer mit allen Privilegien brechenden Schulreform. Die SPD-Fraktion, die aus ihrer antikommunistischen Konzeption selbstverständlich die Besatzungsmächte ebenfalls als Garantiewall gegen die Kommunisten gebraucht, wird sich darüber klar werden müssen, daß sie dann selbstverständlich auch den Besatzungskosten zustimmen muß. Wer den Antikommunismus zu seinem entscheidenden Programmpunkt gemacht hat, gerät natürlich automatisch auf die gleiche Linie wie die Adenauer- und Blücher-Regierung, ist automatisch Vollstrecker der amerikanischen Monopolisten und der Kriegstreiber.
    Und nun gestatten Sie mir noch, den sehr vorsichtigen Bemerkungen des Berichterstatters einige Zahlen hinzuzufügen.

    (Lebhafte Zurufe.)

    Südbaden hat von seinem Gesamtaufkommen an Steuern 47 % für Besatzungskosten zu zahlen, Nordrhein-Westfalen 41 %. Der Bund hat 52% zu zahlen. Bei einer geschätzten Einnahme von 8,7 Milliarden sind das nach den neuesten Eröffnungen des Herrn Finanzministers Schäffer 4 Milliarden 555 Millionen. Dabei ist gar nicht berücksichtigt, was der Berichterstatter so vorsichtig angetippt hat, was ich aber ganz offen sagen möchte: die Entnahmen aus der Produktion, die Beschlagnahme unserer Patente, der Raub unseres Goldes und die Kontrolle unserer gesamten Industrie nach dem neuen Gesetz 24.

    (Erneute lebhafte Zurufe.)

    — Ich möchte Ihren Zwischenrufen zuvorkommen und dem die großzügige Haltung der Sowjetunion gegenüberstellen.

    (Schallendes Gelächter, stürmische Zurufe und Schlußrufe.)

    — Sie mögen lachen!

    (Anhaltendes Gelächter und weitere Zurufe. — Große Unruhe. — Glocke des Präsidenten.)