Rede von
Dr.
Hans
Wellhausen
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Meine Damen und Herren! Mein Herr Vorredner ist mit einigen Sätzen auf das „unsozialste aller unsozialen Gesetze", auf das Einkommensteuergesetz eingegangen.
Ich will darauf nur mit einem Satz erwidern. Aus den Zeitungen liest man, daß der anscheinend unsoziale Oberbürgermeister von Berlin, Prof. Reuter, in seiner Stadtverordnetenversammlung mit den Stimmen der SPD dieses Gesetz und die darin enthaltenen Einkommensteuersätze genehmigt hat.
Ich freue mich sehr über diese Rückkehr zur besseren Erkenntnis,
denn diese Erkenntnis war am 20. Juni 1948 im
Wirtschaftsrat in Frankfurt schon bei der SPD vor-
handen. Das ist von dieser Tribüne aus schon öfter mitgeteilt worden. Es ist erfreulich, daß diese gute Erkenntnis nun auch hier eingekehrt ist.
Nun komme ich zu den indirekten Steuern. Ich nehme an, daß der Herr Finanzminister, als er zu der Drucksache Nr. 964 sprach, nicht die Biersteuer gemeint hat. Diese Frage liegt ja auf einem anderen Gebiet, und darüber werden wir in Kürze ohnehin eine Vorlage der Regierung zu erwarten haben.
Was nun die Tabak-, Kaffee- und Teesteuer angeht, so glaube ich, daß man die Entschließung falsch verstehen würde, wenn man ihr den Tenor unterstellte: es geht halt doch nicht mit der Schmuggelbekämpfung, infolgedessen muß die Steuersenkung her. Wir sind der Auffassung — und ich glaube, das trifft für alle Fraktionen zu, die dieser Entschließung zugestimmt haben —, daß beides nebeneinanderlaufen muß und gleiche Bedeutung hat, daß wir aber die Gesundung, die wir auf diesem Gebiete erwarten, nur erreichen können, wenn wir beides machen. Wir sind deshalb weit davon entfernt, dem Herrn Finanzminister bei seinen Bestrebungen, die Hohe Kommission für seine Schmuggelbekämpfung zu interessieren und diesen Kampf dadurch zu intensivieren, Hemmungen aufzuerlegen. Im Gegenteil, wir möchten ihn ausdrücklich bestärken in seinen Bemühungen, die Hohe Kommission, ohne die wir mit der Schmuggelbekämpfung ganz bestimmt nicht zurechtkommen, auf seine Seite zu bringen. Wir glauben aber nicht, daß es möglich ist, die in Drucksache Nr. 964 vorgesehene Frist so lange zu erstrecken, bis sich etwa — was wir bei Gott nicht hoffen — die Erfolglosigkeit der Schmuggelbekämpfung herausgestellt hat. Wir würden nur einverstanden sein, aus rein technischen Gründen die Frist um einen Monat zu verlängern; denn es mag richtig sein, daß es aus technischen Gründen nicht möglich ist, in dem einen Monat, der jetzt nur zur Verfügung steht, die entsprechenden Gesetze vorzulegen. Wir wären also einverstanden, wenn in dem Ersuchen der Drucksache Nr. 964 der 1. Juli durch den 1. August ersetzt wird. Trotz der Ausführungen des Herrn Finanzministers sind wir heute schon der Meinung, daß ohne eine fühlbare Steuersenkung bei Kaffee, Tee und Zigaretten nicht auszukommen sein wird und daß diese Senkung auch — man braucht kein Hellseher zu sein — in der Linie des Herrn Finanzministers liegt, die er vertreten hat, als er das Einkommensteuergesetz hier einbrachte.