Rede von
Dr.
Hermann
Etzel
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(BP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben mit Befriedigung aus den Ausführungen des Herrn Vertreters des Bundesinnenministeriums gehört, daß die Abteilung des Ministeriums, die sich mit der Propaganda der
mokratischen Ideen zu befassen haben wird, die also insbesondere auch Unterlagen für den staatsbürgerlichen Unterricht zu liefern haben dürfte, sich vollkommen objektiv abseits der wechselnden Mehrheit dieses Hohen Hauses und abseits der jeweiligen parteipolitischen Zusammensetzung der Regierung halten werde.
Die Aufgaben, die der ausschließlichen Gesetzgebung des Bundes in Art. 73 Nr. 10 des Grundgesetzes gesetzt sind, umfassen ein dreifaches Feld: erstens die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in der Kriminalpolizei und in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes, zweitens die Einrichtung eines Bundeskriminalpolizeiamtes und drittens die internationale Verbrechensbekämpfung. Wir haben es hier mit der ersten Aufgabe zu tun, mit der notwendigen Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in den Fragen des Verfassungsschutzes.
Wir erkennen gerne an, daß im § 3 Abs. 2 das Mißverständnis vermieden ist, als ob hier ein Übergriff auf die Polizeibefugnisse der Länder, ihre Hoheitsbefugnisse, beabsichtigt wäre. Eine Frage taucht aber sofort auf, wenn es darum geht, zu untersuchen und zu entscheiden, ob für die Wahrnehmung der gestellten Aufgaben trägerschaftlich eine Abteilung innerhalb des bestehenden Bundesinnenministeriums oder aber ein selbständiges Bundesamt als Bundesoberbehörde geschaffen werden soll. Ich möchte vor der Verlockung warnen, für Spezialaufgaben und -gebiete, die dem Bund verfassungsrechtlich zugeteilt sind, jeweils besondere Bundesoberbehörden einzurichten. Eine solche Atomisierung in der Verwaltung würde zu nichts Gutem führen können, sondern notwendigerweise zu einer Aufblähung der entsprechenden Apparate führen. Wir haben an und für sich eine solche IN eigung schon erkennen können, als es darum ging, die Bundesstelle für den Warenverkehr im Bereich der gewerblichen Wirtschaft einzurichten, und es war ursprünglich beabsichtigt, auch ein Bundesbesatzungsamt zu schaffen. Der Entwurf ist inzwischen, wie wir heute gelesen haben, von der Bundesregierung zurückgezogen worden. Ich möchte also dringend zur Erwägung geben, ob es zweckmäßig ist, ein besonderes Bundesamt als Bundesbehörde hier einzurichten.
Wenn es sich darum handelt, den Verfassungsschutz in Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern zu verwirklichen, zu organisieren und durchzuführen, so müssen die Zuständigkeiten, die zwischen den beiden Hoheitsträgern durch das Grundgesetz aufgeteilt sind, peinlich genau beobachtet werden. Vor allem gilt das hinsichtlich des § 5, der in weitgehendem Maße ein Weisungsrecht für den Bund vorsieht. Ich bin durchaus nicht sicher, ob dieses Weisungsrecht sich in den Zuständigkeitsgrenzen der Artikel 30, 84 und 85 des Grundgesetzes hält. Ich bin daher der Meinung, daß der Ausschuß, dem dieser Gesetzentwurf wohl überwiesen werden soll — wahrscheinlich der Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht —, sehr sorgfältig zu prüfen haben wird, daß die Zuständigkeitsgrenzen in diesem Gesetz genau gewahrt werden, damit nicht später Konflikte verursacht werden.