Rede von
Dr.
Adolf
Arndt
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Ausführungen des Herrn Kollegen Schneider haben mich doch überrascht. Herr Kollege
Schneider ist, wie er selber hier ausgeführt hat, Rechtsanwalt in Hessen. Infolgedessen sollte dem Herrn Kollegen Schneider bekannt sein, daß es seit Dezember 1946 im Lande Hessen — in Westdeutschland nur im Lande Hessen — Klagen aus Eigenbedarf überhaupt nicht gibt.
Ich kann Herrn Kollegen Ewers auch nicht darin zustimmen, daß man sich hier nicht auf das Grundrecht an der eigenen Wohnung berufen dürfte. Das Grundgesetz legt mit Recht Gewicht darauf, daß der Mensch eine Wohnung haben muß, und sagt deshalb ja auch in Absatz 3 von Artikel 13, daß in diese Wohnung nur unter gewissen Umständen eingegriffen werden darf. Sehen Sie, Herr Kollege Ewers, wenn dem Mieter sogar ein einzelner Raum im Wege der Zwangsbewirtschaftung nur unter besonderen Verhältnissen abgenommen werden darf, um wieviel weniger darf ihm dann auch gerade nach dem Sinn des Grundgesetzes die ganze Wohnung abgenommen werden, weil der Vermieter einen vermeintlichen Eigenbedarf hat.
Die „guten Gründe" schließlich, die angeblich die Nationalsozialisten gehabt haben sollen, um hier eine Änderung des Mieterschutzgesetzes eintreten zu lassen, waren — wie regelmäßig bei den Nazis —schlechte Gründe. Herr Kollege Schneider hat übersehen, daß dieser Änderung eine sehr eigentümliche Gesetzgebung vorausging, nämlich die sogenannte lex Koeppen, die es in der Tat überflüssig machte, im Mieterschutzgesetz noch solche Sicherungen zu haben. Die lex Koeppen ist uns allen ja aber in einer sehr unliebsamen Erinnerung, und wir sind bei der kleinen Justizreform gerade dabei, sie aufzuheben.
Herr Kollege Ewers hat mit Recht gesagt, daß im Lande Schleswig-Holstein die Zustände insbesondere für die Heimatvertriebenen unerträglich geworden sind. Wir sind in der Lage, Hunderte von Einzelfällen im Ausschuß darzulegen, in denen mit dieser Bestimmung Mißbrauch getrieben wird und die sozial und finanziell Schwächeren an die Wand gespielt werden, so daß es höchste Zeit ist, hier eine solche Abhilfe zu schaffen, wie sie rechtsstaatlichem Denken entspricht.