Rede von
Artur
Stegner
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Meine Damen und Herren! Sämtliche Vorredner, insonderheit der Herr Bundesfinanzminister, haben die drei Wege zur Bekämpfung des Schmuggels aufgezeigt. Der erste Weg ist die Erhöhung der deutschen Zuständigkeiten gegenüber den Alliierten in der Überprüfung, der zweite Weg die Verfeinerung der Zollgrenzschutz- und Zollabfertigungsmaßnahmen sowie der Fahndungsmaßnahmen, der dritte Weg die Senkung der Verbrauchssteuern. Was mich bedenklich macht, ist die Reihenfolge dieser Wege. Der Herr Bundesfinanzminister hat gesagt, man müsse erst sämtliche Zollgrenzschutzmöglichkeiten ausschöpfen, ehe man an eine Senkung der Verbrauchssteuern herangehen könne. Ich frage mich, ob wir hier nicht Ursache und Wirkung verwechseln. Der Hauptgrund des Schmuggels
wenn man einmal von der politischen Seite absieht - ist ja ein wirtschaftlicher: die Preisdifferenz gegenüber den umliegenden Ländern bringt dem Schmuggler den erheblichen wirtschaftlichen Gewinn. In der Preisdifferenz liegen tatsächlich auch die Verbrauchssteuer und der Zoll drin. Der Zoll ist relativ gering, die Verbrauchssteuer relativ hoch, der Schmuggel ist demnach ein lohnendes Geschäft. Wir meinen, man müßte alle drei Maßnahmen gleichzeitig erwägen, nämlich einmal die Senkung der Verbrauchssteuern, um dem Schmuggler den wirtschaftlichen Grund für den Schmuggel zu nehmen, zweitens die Verfeinerung des Zollgrenzschutzes und drittens die Maßnahmen bezüglich der Besatzungsmacht.
Lassen Sie mich über die Maßnahmen bezüglich der Besatzungsmacht ein paar Worte sagen. Wir haben mit Freude die Erklärung des Herrn Bundesfinanzministers gehört, daß gute Verhandlungen in dieser Richtung im Gange seien. Das ist erfreulich. Die Bundesregierung hat hier auch starke Argumente gegenüber den Hohen Kommissaren in der Hand. Ich darf beispielsweise an den Brief der Hohen Kommissare betreffend ihr Veto gegen das Einkommensteuergesetz erinnern. Am Schluß dieses Briefes werden der Bundesregierung Maßnahmen zur Erschließung zusätzlicher Steuerquellen empfohlen, um den voraussichtlichen Ausfall an Steueraufkommen auf zuwiegen. Zweitens werden darin verbesserte Methoden zur Steuereinziehung und zur Durchführung der Steuergesetze empfohlen, die geeignet sind, die Steuerhinterziehung bei der Einkommensteuer und bei anderen Steuerarten zu verhindern. Darunter fallen zweifellos auch die Verfeinerung der Überprüfung und die Zollmethoden. Hier hat man also schon eine Rechtsgrundlage, die geeignet ist, mit den Hohen Kommissaren zu Regelungen zu kommen. Diese Dinge werden um so leichter sein, als den Hohen Kommissaren und ihren Behörden sehr umfangreiche Unterlagen über den Schmuggel vorliegen.
Ich darf in diesem Zusammenhang auf den zweiten Punkt, auf die Verbesserung des Zollgrenzschutzes kommen. Die Einfuhr hat sich -
I das haben meine Vorredner schon betont —weitgehend an die Zonengrenze verlagert, weil man sich nicht dazu entschließen konnte, verwaltungsmäßig die Zonengrenze als reine Zollgrenze zu betrachten, sondern sie eben mehr als Verwaltungsgrenze behandelt hat. So haben wir das Schauspiel erleben müssen, daß ein Großteil des Schmuggels heute über die Zonengrenze geht. Daß das den Alliierten bekannt ist, beweist eine Notiz in der „Süddeutschen Tabakzeitung", aus der ich mit Genehmigung des Herrn Präsidenten einige Sätze verlesen möchte. Dort steht in einem Artikel, der auf eine Associated-Press-Meldung zurückgeht, folgendes:
Die illegale Einfuhr insgesamt wurde von den alliierten Beamten auf 2 Milliarden DM geschätzt, zur Hauptsache Kaffee und Zigaretten. Den Ausfall an Zöllen und Verbrauchssteuern gaben die alliierten Beamten mit 1 Milliarde DM an. Der Schmuggel von Westdeutschland ins Ausland, besonders mit Kugellagern, optischen Instrumenten usw., erreichte nach Schätzung der alliierten Stellen einen Wert von 1,5 Milliarden DM. Die alliierten Beamten erklärten weiter, daß ein großer Teil der internationalen Schmugglerbanden, die Westdeutschland zur Zeit mit Schwarzmarktwaren geradezu überfluten, sowjetisch kontrolliert seien. Die Banden würden von den Oststaaten und der Ostzone aus eingesetzt und hätten die Aufgabe, die westdeutsche Wirtschaft zu unterhöhlen.
Meine Damen und Herren, es ist hier viel von Kaffee, Tee, Zigaretten usw. gesprochen worden. Ich habe gerade vor einigen Tagen Unterlagen von den deutschen Salinen bekommen. Salz ist auch ein Artikel, der der Verbrauchssteuer unterliegt. Die Einfuhr von illegalem Salz aus der Ostzone ist bereits derartig groß, daß die deutschen Salinen mit großen Umsatzrückgängen zu kämpfen haben und daß sie in absehbarer Zeit Arbeitskräfte freistellen müssen, wenn diese illegale Einfuhr von Salz aus der Ostzone nicht unterbunden wird.
— Herr Rische, Ihr Zwischenruf ist nicht berechtigt, wenn Sie schon illegal importieren. Sie importieren ja auch illegal geistige Güter. — Nein, Sie nicht, aber Ihre Freunde! Vielleicht Sie auch, das entzieht sich meiner Kenntnis.
Sie importieren ja illegal die Nationale Front und alle Ihre schönen Maximen.
— Einen Augenblick, Sie können gleich fortfahren! — Wenn Sie die einführen und hier propagieren, dann mögen Sie das tun. Aber Sie können nicht verlangen, daß wir Ihnen das auch noch aus westdeutschen Mitteln bezahlen.
— Einen Augenblick mal! Wollen Sie etwa meine Angaben anzweifeln? Dann darf ich sie einmal erweitern. Ich habe noch eine ganze Menge Material, das hier noch nicht zur Sprache gekommen ist.
— Sie reden anschließend an mich, Herr Rische, Sie können mich ja widerlegen.
Mir schreibt zum Beispiel eine schweizerische Ex- und Importfirma, die ich sehr gut kenne
— ich bitte auch hier einige Sätze verlesen zu dürfen —:
Der Kaffeeschmuggel aus der Ostzone umfaßt bereits ein monatliches Volumen im Augenblick von zirka 4000 Tonnen. Wir als Firma sind in der Lage, Ihnen durch entsprechende Papiere nachzuweisen, daß in den Entladungshäfen Triest, Rotterdam, Antwerpen usw. für die Ostzone diese Mengen eingeführt werden, und es ist klar, daß die Ostzone diese Mengen Kaffee nicht verbraucht, sondern daß sie auf dem Schwarzmarkt in den Westzonen wieder erscheinen. 4000 Tonnen monatlicher Einfuhr bedeuten beim Kaffee rund 48 000 Tonnen pro Jahr, für die die Verbrauchssteuern von rund 300 bis 400 Millionen DM ausfallen. Die Ostzone wird für diese 48 000 Tonnen Kaffee bei einem Kleinverkaufspreis von 20 DM je Kilo einen Gegenwert von rund einer Milliarde erhalten. Es ist uns bekannt, daß diese eine Milliarde DM zu einem erheblichen Teil für Zwecke der Komintern Verwendung findet.
Meine Damen und Herren, wenn vorhin Herr Abgeordneter Kalbitzer die illegale Einfuhr mit einer Milliarde DM angab, so scheint sie mir in Wirklichkeit höher zu sein, wenn hier von einer ausländischen Firma allein die Kaffeeeinfuhr in dieser Höhe bewertet wird.
Es scheint mir unerläßlich zu sein, daß der Zollgrenzschutz in ganz erheblicher Weise verstärkt wird und daß auch der Zollabfertigungsdienst besonders an der Zonengrenze in erheblicher Weise verstärkt wird. Es scheint mir aber auch notwendig zu sein, Herr Bundesfinanzminister, daß bei all den Firmen, die uns namentlich bekannt sind — fragen Sie darüber Ihren Herrn Kollegen für gesamtdeutsche Fragen, er kennt sie sicher auch —, durch verfeinerte Überprüfung der Zoll- und Steuerhinterziehung die rechtliche Grundlage für die Schließung dieser Firmen gefunden wird. Wenn Sie es genau wissen wollen, Herr Rische, mir schwebt auch die Ost-West-Handels-G.m.b.H. in Düsseldorf vor, aber auch noch einige hundert andere.
— Wir brauchen da gar keine Haussuchungen. Ich glaube, daß der Herr Bundesfinanzminister die rechtliche Möglichkeit dazu hat, diese Firmen für ihren Steuer- und Zollbetrug strafrechtlich verfolgen zu lassen und die nötigen Gründe für die Entziehung der Gewerbezulassung für diese Betriebe zu finden. Hier ist der Ansatzpunkt, von dem dem Schmuggel zu Leibe gegangen werden muß.
Man könnte bei der Vielseitigkeit des Themas noch sehr viele Einzelheiten darüber beibringen. Es würde aber das Plenum ermüden, wenn ich diese Einzelheiten herausstellen würde. Wir werden uns zweifellos, wie ich eingangs sagte, damit befassen müssen, Möglichkeiten der Verbrauchssteuersenkung zu suchen. Es ist aber unmöglich, zum Beispiel den ausführlichen Bericht des Herrn Bundesfinanzministers mit seinem sehr reichhaltigen Zahlenmaterial jetzt aus dem Kopf zur Grundlage von Entscheidungen zu machen. Meine Freunde
und ich schlagen deshalb dem Hause vor, die Anträge der Bayernpartei und der SPD dem Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen und dem Ausschuß für Wirtschaftspolitik zu überweisen. Ich darf Sie bitten, diesem Antrag, der hoffentlich zu einer schnellen Durcharbeitung und Lösung der Dinge führen wird, Ihre Zustimmung zu geben.
Präsident Dr. Köhler: Das Wort hat der Herr Abgeordnete Ewers.