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ID0105907000

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    Deutscher Bundestag. - 59. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. April 1950 2159 59. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 27. April 1950. Geschäftliche Mitteilungen . . . 2160A, 2194D Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Solleder, Fürst Fugger von Glött, Strauß und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Mieterschutzgesetzes vom 15. Dezember 1942 (Drucksache Nr. 761) 2160B Dr. Solleder (CSU), Antragsteller . . 2160B Paul (Düsseldorf) (KPD) 2160D Ewers (DP) 2161B Dr. Dehler, Bundesminister der Justiz 2161C Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Anerkennung freier Ehen rassisch und politisch Verfolgter (Drucksachen Nr. 837 und 699) . . 2162A Dr. Brill (SPD), Berichterstatter . . . 2162B Dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über Hilfsmaßnahmen für Heimkehrer (Drucksachen Nr. 831, 631, 858 und 869) . . . . . . . . 2160B, 2162A, 2163D Schoettle (SPD): als Berichterstatter . . . . . . 2164A als Abgeordneter 2170A Parzinger (BP) . . . . . . . . . 2164B Dr. Bertram (Z) 2164B Strauß (CSU) 2165A Pohle (SPD) 2166A Mende (FDP) 2166C Löfflad (WAV) . . . . . . . 2167B Renner (KPD) . . . . . . . . . 2167D Schäffer, Bundesminister der Finanzen 2169A Gengler (CDU) 2169D Dr. Wellhausen (FDP) 2171A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Beseitigung von Kriegsvorschriften über die Siegelung gerichtlicher und notarischer Urkunden (Drucksachen Nr. 838 und 506) 2171D Dr. Greve (SPD), Berichterstatter . 2172A Beratung des Mündlichen Berichtes des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten über den Antrag der Abgeordneten Dr. Horlacher, Bauereisen, Strauß und Genossen betr. Wiederaufbau der deutschen Landwirtschaft (Drucksachen Nr. 808 und 428) . . . . . . . 2172B Dr. Mühlenfeld (DP), Berichterstatter 2172C Wartner (BP) 2175A Dr. Horlacher (CSU) . . . . . . 2175D Dr. Schmidt (Niedersachsen) (SPD) . 2177B Schmidt (Bayern) (WAV) 2178C Niebergall (KPD) 2179C Rüdiger (FDP) 2180D Dr. Glasmeyer (Z) 2181D Niklas, Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten . . . 2182B Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Anwerbung von Deutschen für fremdländischen Militärdienst (Drucksache Nr. 687) 2184D Harig (KPD), Antragsteller . . . . 2184D Eichler (SPD) 2186B Dr. Richter (DRP) . . . . . . . . 2188B Strauß (CSU) . . . . . . . . . 2189A Dr. Dehler, Bundesminister der Justiz 2189A Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Vorlage des Entwurfs eines Gesetzes zum Verbot der Herstellung usw. von Kriegsmaterial (Drucksache Nr. 715) 2189C Fisch (KPD), Antragsteller 2189C Dr. Dehler, Bundesminister der Justiz 2191D Dr. Mommer (SPD) 2192B Renner (KPD) (zur Geschäftsordnung) 2194A Schreiben des Abg. Dr. Doris an den Präsidenten des Deutschen Bundestags betr. Zugehörigkeit zur Sozialistischen Reichspartei 2194D Nächste Sitzung 2194D Die Sitzung wird um 14 Uhr 37 Minuten durch den Präsidenten Dr. Köhler eröffnet.
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    Rede von Paul Harig


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (KPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)

    Meine Damen und Herren! Vor Ihnen liegt die Drucksache Nr. 687. Die Ursache zu diesem Antrag ist ein trauriges Kapitel. Schon am 1. Februar 1950 richtete meine Fraktion eine Anfrage über die Anwerbung Deutscher in ausländischen Söldnerheeren an die Bundesregierung. Am 21. Februar 1950 antwortete die Bundesregierung, die Anwerbung für ausländische Heere sei nicht verboten. Die Bundesregierung habe mit der Hohen Kommission auch noch keine Verhandlungen mit dem Ziel der Einstellung der Anwerbung gepflogen. Sie besitze keine zuverlässigen Unterlagen über den Umfang der Werbung. Das war sinngemäß die Antwort der Bundesregierung. Die Länderregierungen schlossen sich auf Befragen der Antwort der Bundesregierung im großen und ganzen an. So zum Beispiel hat der Sprecher der badischen Regierung ganz kürzlich erklärt, die Werbungen seien nicht verboten und fielen in das Tätigkeitsgebiet der Besatzungsmacht.
    Wie liegen nun die Dinge? In einer westdeutschen Zeitung vom 1. März 1950 lesen wir:

    Vom Bundesflüchtlingsministerium wurde bekanntgegeben, daß täglich 50 deutsche Jugendliche bei der Werbestelle für die französische Fremdenlegion angenommen werden.

    (Hört! Hört! bei der KPD.)

    Das Ministerium muß zugeben, daß es sich in der Hauptsache um arbeitslose Jugendliche handelt, welche die Not in die Fangarme der Legionen treibt.

    (Hört! Hört! bei der KPD.)

    Die Luzerner Neuesten Nachrichten" berichten, daß monatlich 2000 bis 2500 jugendliche Deutsche von fremden Ländern für den Waffendienst angeworben würden. Am 30. März 1950 schreibt eine süddeutsche Zeitung, daß 40 000 Deutsche in Vietnam gefallen seien. Die Hannoversche Presse berichtet, daß in den letzten vier Jahren rund 50 000 Deutsche in Vietnam gefallen seien. Das Rekrutierungsbüro befindet sich in Offenburg in der französischen Zone, wo monatlich rund 500 Eintragungen vorgenommen würden.
    Das sind einige Berichte aus deutschen Zeitungen, die ich hier angeführt habe. Jetzt habe ich eine Zeitung zur Hand genommen, die erst gestern herausgekommen ist, und zwar die „Süddeutsche Zeitung" Nr. 96 vom 26. April 1950. Diese Zeitung. die in München erscheint, schreibt hier unter anderem — ich zitiere —:
    Offenburg ist ein unruhiges Pflaster geworden, seitdem die Franzosen hier den einzigen Umschlagplatz für Legionäre aus Deutschland eingerichtet haben. Das Lager liegt am „Holderstock", zehn Minuten von der Stadt entfernt. Rechts weht an einem hohen Mast die Trikolore.
    Jeden Tag passieren etwa vierzig bis fünfzig die Barrieren. wöchentlich kommen etwa einhundert, eingekleidet und vereidigt. in einem geschlossenen Transport nach Marseille.
    Es heißt weiter:
    Die Anwerbestellen in Lindau, Landau und anderen Städten Deutschlands können ihre Tätigkeit . also ruhig fortsetzen, denn die Bundesregierung hat „bisher keine Verhandlungen über die Anwerbung geführt".

    (Hört! Hört! bei der KPD.)

    Das zu den Zeitungsberichten. Ich bin Betriebsrat in einem Großbetrieb. Unter den bei uns sich täglich einfindenden 60 bis 70 Arbeitslosen, die um Arbeit bitten, gibt es eine ganze Menge Jugendlicher, die auch heimatlos und wohnungslos sind. Da es nicht möglich ist,, die Leute unterzubringen, habe ich persönlich schon des öfteren gehört, daß diese Jugendlichen erklären: „Es bleibt uns nichts übrig, wir müssen zur Fremdenlegion gehen." In ihrer Not, in ihrer wirklichen Not erklären sie das. Ein anderer Weg bleibt ihnen auch tatsächlich nicht, trotz Marshallplan!
    Ich persönlich habe neulich ein Erlebnis im Wartesaal des Kölner Hauptbahnhofes gehabt. Dort traf ich einige junge Menschen. Ihre Unterhaltungen haben ich dann gehört. Ich habe mich später in ihre Unterhaltung auch eingemischt. Sie erklärten ganz offen: „Wir wissen nicht mehr, was wir machen sollen. Wir haben keine Heimat, wir haben keine Arbeit. Wenn
    Sie uns irgendwo Arbeit besorgen könnten, wären wir Ihnen sehr. sehr dankbar. Aber da wir nirgends Arbeit finden, müssen auch wir uns notgedrungen nun der Fremdenlegion zur Verfügung stellen." — Das ist ein Erlebnis, das ich selbst in Köln im Wartesaal des Hauptbahnhofes gehabt habe.
    Aus dem Grunde ist die Frage der Anwerbung von Söldnern für ausländische Heere nicht nur eine nationale, sondern auch eine soziale Frage.

    (Sehr gut! bei der KPD.)

    Es liegen Erlebnisberichte vor. und die eben von mir zitierte Zeitung bringt einen solchen Erlebnisbericht, wie die Anwerbungen in den Biros in Koblenz, Hochheim, in Landau und Lindau vorgenommen wurden und wie sich das Schicksal dieser jungen Deutschen dann gestaltet.
    Das sind Dinge, die ich nicht an den Haaren herbeiziehe, sondern die in den von mir zitierten Zeitungen zu lesen sind. Die Zeitungen stehen voll von diesen Dingen, aber die Regierung sieht nichts.

    (Sehr richtig! bei der KPD.)

    Ist denn die Regierung eigentlich blind, daß sie diese Dinge nicht sieht, daß sie dort nicht von sich aus eingreift; erst recht, nachdem wir den von mir zitierten Antrag mit den sieben Fragen gestellt haben? Ich glaube. diese Regierung will nichts sehen und sie darf nichts sehen.

    (Sehr richtig! und Händeklatchen bei der KPD.)

    Es paßt alles so schön in das Mosaik der Kriegsvorbereitungen.

    (Abg. Renner: Sehr gut! — Zuruf von der CDU: Gut gelesen!)

    - Gut gelesen? Ich will dem Zwischenrufer sagen: Geben Sie mir eine Stunde Redezeit! Ich brauche kein Konzept. Ich will mit Ihnen eine Wette eingehen. daß ich mich in der Rededauer Ihnen gleichstelle.

    (Heiterkeit. — Abg. Strauß: Aber nicht im Inhalt! — Abg. Dr. Schäfer: Langstreckenläufer!)

    Es war von jeher die Eigenschaft verfallender Klassen, sich von der Nation zu trennen. Die preußischen Junker und die Fürsten haben in der Geschichte Beispiele dafür geliefert.

    (Zuruf rechts: Auch Seydlitz!)

    Und so werden auch diejenigen, die nationalen Verrat übten, auch heute wieder würdige Nachfolger finden.

    (Zuruf von der FDP: Die haben sie schon, in der Ostzone!)

    Beruhigen Sie sich, seien Sie still von der Ostzone! Ich bin vor wenigen Wochen mit einem der Ihrigen, und zwar dem Vorsitzenden der CDU aus Hagen-Haspe, zehn Tage dort gewesen. Nun will ich Ihnen sagen, was passiert ist.

    (Zuruf rechts: Warum sind Sie nicht da geblieben?)

    Als wir zurückkamen — unterbrechen Sie mich doch nicht! —, hat ihn seine Partei, die CDU, weil er die Wahrheit gesagt hat, zur Räson gebracht. Sie hat ihn so lange getreten, bis er nicht nur seinen Vorsitzendenposten niedergelegt hat, sondern sogar aus der CDU austreten mußte,

    (Sehr richtig! rechts)

    2186 Deutscher Bundestag. — 59, Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. April 1950
    bloß weil er die Wahrheit über die Verhältnisse gesagt hat, die er dort erlebt hat.

    (Zurufe von der Mitte: Schwindel! — Wer war denn das?)

    — Sie haben bisher doch einen der Ihrigen beschwindelt und nicht uns.

    (Abg. Dr. Oellers: Sie hätten wir nicht mal vermißt! — Heiterkeit.)

    — Ich sage ja, ich messe mich nicht an Ihrer Intelligenz.

    (Abg. Dr. Oellers: Das können Sie nicht!)

    — Das tue ich auch nicht. Ich bin ja auch nur ein simpler Betriebsrat, und manchem fällt es überhaupt auf, daß ein Arbeiter aus einem Betrieb hier in diesem Parlament anwesend ist; dem kommt das ganz komisch vor.

    (Zuruf rechts: Bitte, weiterlesen! — Abg. Rische: Blöde Bemerkung!)

    Dieser westdeutsche Staat bedeutet ja nicht nur die Spaltung unseres Vaterlandes, sondern stellt auch nur eine Karikatur eines selbständigen Staates dar.

    (Oho-Rufe in der Mitte. — Sehr gut! bei der KPD.)

    Das gefällt Ihnen auch wieder nicht. Adenauer hat nicht mehr Selbständigkeit, als General Pétain in Vichy mit seiner Regierung hatte. Die deutsche Jugend aber — und nun können Sie wiederum aufheulen — wird am Pfingsten zeigen, daß sie nicht gewillt ist,

    (Lachen rechts)

    für die Interessen der Monopolkapitalisten des In- und Auslandes zu sterben.

    (Beifall bei der KPD.)

    Das deutsche Volk sollte jedenfalls erwarten dürfen, daß die Bundesregierung auf dem Petersberg vorstellig wird, um zu verhindern, daß weiterhin deutsche Söhne im Interesse der Imperialisten in fremden Ländern elend umkommen.

    (Zuruf rechts: Auch in Griechenland!)

    Ich bitte daher, dem Antrag auf Drucksache Nr. 687 zuzustimmen,

    (Zuruf von der FDP: Propagandaantrag!)

    wobei ich mir auf Ihre Unterstützung keine Hoffnung mache.

    (Zurufe von der FDP: Das war das einzig Richtige an Ihrer Rede! — Da haben Sie recht! — Zuruf rechts: Zur Tagesordnung übergehen! — Abg. Renner: Wenn der Geist dazu benutzt wird, das Volk zu verdummen, dann ist das kein Geist! — Zuruf rechts: Fühlen Sie sich getroffen?)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Eichler.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Willi Eichler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die sozialdemokratische Fraktion sympathisiert an sich mit dem sachlichen Inhait
    dieses Antrags,

    (Zuruf von der FDP: Wir alle!)

    wenn sie allerdings auch von Anfang an erklären muß, daß die Adresse, an die sich dieser Antrag wendet, falsch gewählt worden ist.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Es ist sehr schwer, an die Ernsthaftigkeit der Argumente der kommunistischen Fraktion hier zu glauben, wenn der Redner sogar die Stellungnahme des Bundesinnenministers hier zitiert, ohne offenbar auf die Idee zu kommen, daß diese ja nicht nur von der kommunistischen Fraktion gelesen wird. Was er an dieser Stellungnahme zu erwähnen vergessen hat, ist in diesem Zusammenhang das Interessanteste. Daraus geht nämlich hervor, daß von deutscher Seite aus die Werbung für die Fremdenlegion schon verboten gewesen ist, und zwar nach § 141 a des Reichsstrafgesetzbuchs,

    (Abg. Renner: Früher mal!)

    obwohl in Art. 179 Abs. 3 des Versailler Vertrages die Werbung ausdrücklich zugestanden werden mußte. Dieser Paragraph des Strafgesetzbuchs ist im Januar 1946 außer Kraft gesetzt worden, nicht von den drei Hohen Kommissaren, sondern durch ein Kontrollratsgesetz Nr. 11, das von allen vier Besatzungsmächten unterschrieben worden ist.

    (Hört!-Hört!-Rufe und Heiterkeit rechts. — Abg. Renner: Was wollen Sie denn damit beweisen? — Abg. Niebergall: Dann muß man trotzdem dagegen vorgehen! — Abg. Renner: Ist nicht das Potsdamer Abkommen auch von allen vier unterschrieben worden?)

    Damit ist es klar, daß die Adresse der Kontrollrat ist und nicht die drei Hohen Kommissare.

    (Abg. Renner: Den anerkennen Sie ja gar nicht, der existiert ja für Sie gar nicht mehr!)

    — Wir haben noch nie erklärt, daß wir den Kontrollrat nicht anerkennen. Das wäre erstens eine außerordentliche Dummheit, und zweitens haben wir gar nichts dagegen.

    (Abg. Schoettle: Warum seid ihr so nervös da drüben?)

    Soviel wegen der Adresse. In der Tat scheint es uns nötig und für die Volksvertretung auch würdig, zu sein, Schritte gegen die Werbung von Fremdenlegionen irgendwelcher Art auf deutschem Gebiet zu unternehmen.
    Wir haben selbstverständlich, das liegt im Charakter der Fremdenlegion und insbesondere am Aufbau der französischen, keinerlei wirklich authentisches Material, weder darüber, wieviel Leute dafür geworben worden sind, noch darüber, wieviele Deutsche jemals Mitglieder der Fremdenlegion gewesen sind.

    (Zuruf von der KPD: Aber darüber, wie viele von ihnen starben! Das weiß man!)

    Übereinstimmende Schätzungen haben bisher ergeben: man kann damit rechnen, daß bis zum
    Jahre 1920 etwa 250 000 Deutsche und von 1920
    bis 1929 weitere 70 000 allein in den Reihen der
    französischen Fremdenlegion umgekommen sind.

    (Hört! Hört! bei der KPD.)

    Das, scheint uns, sind Zahlen, die zu denken geben, wobei es nicht nur die Höhe ist, weil an sich jeder, der nutzlos für eine Sache aufgeopfert wird, selbstverständlich überflüssigerweise geopfert wird. Um so mehr ist das zu bedauern, als die Auslese für die französische Fremdenlegion außerordentlich streng ist. Das heißt: es ist ganz sicher, ,daß die, die im Dienste der französischen Fremdenlegion umkommen, Leute


    (Eichler)

    sind, die unter normalen Umständen wenigstens die Chance gehabt hätten, lange zu leben und vernünftige und ordentliche Arbeit zu leisten.
    Nach den Berichten, die uns vorliegen, sind unter denjenigen, die zur Fremdenlegion gehen, auch ein großer Teil von Flüchtlingen und auch von Flüchtlingen, die in jüngster Zeit aus der Ostzone geflüchtet sind. Es sind aber auch — und das sollten diejenigen bedenken, die gern einen Stein auf die Fremdenlegionäre werfen und meinen, das seien nur schlechte Landesverräter und Leute ohne Gewissen und Charakter — im wesentlichen auch gestrandete Existenzen, die nicht so sehr wegen ihrer eigenen Unfähigkeit gestrandet sind als wegen der Unzulänglichkeit unserer eigenen Verfassungen und insbesondere unserer Wirtschaftsverfassung.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Grund genug also, darüber nachzudenken, daß der Kampf gegen die Werbung für die Fremdenlegion am wirkungsvollsten eigentlich dadurch geführt werden sollte, daß man Verhältnisse schafft, bei denen ein Deutscher schon von sich aus keinen Geschmack daran haben könnte, Mitglied einer Fremdenlegion zu werden, nicht nur aus nationalen Gründen, sondern vor allen Dingen aus sozialen Gründen.
    Prinzipiell steht meine Fraktion auf dem Standpunkt, daß die Nationen, die wünschen, eine Armee aufzustellen, weil sie sie für irgendwelche wichtigen oder unwichtigen Zwecke brauchen, sehen sollten, dazu eigene Landeskinder einzustellen und die Angehörigen anderer Nationen damit zu verschonen.

    (Erneute lebhafte Zurufe bei der SPD: Sehr richtig!)

    Wir haben auch Nachrichten, daß England und Amerika gewisse Versuche der Mobilisierung einer Fremdenlegion anstellen, die Engländer 6000 und die Amerikaner 10 000 Mann, wenn auch offenbar unter erheblich menschenfreundlicheren Bedingungen als in der französischen Fremdenlegion. Wir haben Gründe, auch dagegen zu opponieren. Wir stellen fest — zu unserer Freude —, daß man in diesen beiden Völkern schon erheblichen Widerstand geltend gemacht hat, weil man sich insbesondere daran erinnert, daß König Georg III. von England seinerzeit in seinem Kampf gegen die englischen aufständischen Kolonisten in Nordamerika in Deutschland eine ganze Reihe von Fremdenlegionären, allerdings nicht als Freiwillige, hat werben lassen, sondern den entsprechenden Landesvätern von damals einfach abgekauft hat, eine Erinnerung, die für den deutschen Namen und für die deutschen Dynastien ganz gewiß nicht schmeichelhaft ist.
    Nun aber, meine Damen und Herren, haben wir den Eindruck — und das hat uns veranlaßt, die Sache hier ernsthafter zur Sprache zu bringen —, daß wir eigentlich auch in unserem Osten von einer Fremdenlegion zu sprechen haben,

    (Sehr gut! bei der SPD)

    nicht so, daß etwa die russische Besatzungsmacht Freiwillige für die Rote Armee wirbt; darüber haben wir keine Meldungen, und wir würden es auch durchaus glauben, wenn uns versichert wird, daß das nicht der Fall ist. Durchaus aber muß die Entwicklung der sogenannten
    Volkspolizei im Osten jedem ernsthaften Menschen zu denken geben.

    (Sehr richtig! bei der SPD und in der Mitte.)

    Eigentlich schon der Name Volkspolizei; denn es hat sich gezeigt, daß bei unserer neudeutsehen Sprachverhunzung das Vorwort „Volk" immer dann gebraucht wird, wenn man das Volk aus irgendeinem Grunde hintergehen will.

    (Lebhafte Zustimmung bei der SPD und in der Mitte.)

    Ob das Volkspolizei oder Volksgericht oder Volksdemokratie ist,

    (Abg. Strauß: Volkseigene Betriebe! — Gegenrufe von der KPD: Aha!)

    es ist immer dieser Pleonasmus, der verdächtig ist und vor dem man auch von dieser Stelle aus warnen sollte.
    Meine Damen und Herren, die Volkspolizei in der Ostzone ist heute etwa 200 000 Mann stark.

    (Zurufe von der KPD: Ei, ei!)

    Davon sind rund 50 000 sogenannte Bereitschaftspolizei. Das ist eine Bereitschaftspolizei, die nicht nur in ihren Übungen nicht. mehr an eine Polizei erinnert, sondern einfach militärische Übungen veranstaltet und die zwar formell dem Innenministerium der Ostzone untersteht, praktisch aber in allen ihren Einheiten durch russische Offiziere, sogenannte Sowjetniks, kontrolliert wird, die darauf zu achten haben, daß die von der SMA herausgegebenen allgemeinen Richtlinien für die deutsche Volkspolizei auch beachtet werden.

    (Zuruf von der KPD: Sie sollten sich genieren, ein solches Zeug vorzutragen!)

    Nun, meine Damen und Herren, man kann dieses Instrument nennen, wie man will; wir wollen uns nicht auf Titel festlegen. Auch über den Zweck dieser Polizei wollen wir uns insofern nicht den Kopf zerbrechen, als wir glauben,' wir kennten ihn jetzt ohnehin genau. Ich möchte aber zu bedenken geben, daß die Verwendung dieser Polizei vielleicht noch fragwürdiger sein wird als die jeder Fremdenlegion;

    (Sehr richtig! bei der SPD)

    denn bisher galt es als ein ungeschriebenes Gesetz
    für die Fremdenlegionen, daß sie meist in Erdteilen eingesetzt werden, wo niemand der Beteiligten in die Verlegenheit kommen kann, auf seine
    eigenen, sagen wir mal, Volksgenossen zu schießen.

    (Sehr wahr! bei der SPD.)

    Diese Voraussetzung scheint uns bei der Volkspolizei keineswegs gesichert zu sein.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Es scheint uns so zu sein, daß sie etwa, sagen wir, die SA der SMA sei.

    (Erneute lebhafte Zurufe bei der SPD: Sehr gut!)

    In dem Sinne nehmen wir uns heraus, auch von den Bereitschaften der Volkspolizei als von einer Fremdenlegion zu sprechen.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Wir haben deshalb vorzuschlagen, da wir diesen Fragenkomplex einmal sehr gründlich durchleuchten möchten, diesen Antrag nicht einfach heute mit ja oder nein zur Abstimmung zu bringen, sondern ihn dem Auswärtigen Ausschuß zu überweisen, der Gelegenheit haben wird, gründlich jede Einzelheit der uns vorliegenden Informationen zu überprüfen.


    (Eichler)

    Wir haben dafür noch einen anderen Grund. Gerade im Zusammenhang mit den Erörterungen über die Fremdenlegion hat sich ein Problem herausgestellt, das vielleicht in Zukunft ein Problem unserer ganzen Demokratie werden kann. Es handelt sich hier um eine Art von Fremdenlegionären, die wahrscheinlich nie daran gedacht haben, daß sie jemals damit zu tun haben könnten, nämlich eine Gruppe von deutschen Wissenschaftlern, z. B. von Atomforschern. Eine ganze Reihe von ihnen hat 1945 mit der amerikanischen Regierung Verträge auf fünf Jahre abgeschlossen, die jetzt
    abgelaufen sind. Nach zuverlässigen Nachrichten hat ein Regierungsbeamter in Amerika erklärt, einen Teil dieser Leute könnte man jetzt nicht einfach wieder nach Deutschland zurückkehren lassen, auch wenn sie es möchten, weil sie inzwischen durch die Arbeit, die sie geleistet haben, notwendigerweise in den Besitz sehr intimer militärischer Geheimnisse gekommen sind, die man von Amerika nicht leichtfertig einfach jedem zugänglich machen könnte. Selbstverständlich hat man — ohne Zwang — keine praktische Möglichkeit, jemand zu nötigen, diese Geheimnisse nicht zu verraten. Ich möchte darüber heute nicht mehr sagen, als diesen Komplex mit einem Fragezeichen zu versehen. Ich glaube aber, daß es nötig ist, daß wir im Auswärtigen Ausschuß darüber sprechen, um zu erörtern, in welcher Weise wir über diesen Gegenstand dann im Bundestag Beschluß fassen können. Ich bitte also, diesen Antrag Nr. 687 dem Auswärtigen Ausschuß zu überweisen.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD.)