Rede:
ID0105906200

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    Vokabeln: 7
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    Deutscher Bundestag. - 59. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. April 1950 2159 59. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 27. April 1950. Geschäftliche Mitteilungen . . . 2160A, 2194D Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Solleder, Fürst Fugger von Glött, Strauß und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Mieterschutzgesetzes vom 15. Dezember 1942 (Drucksache Nr. 761) 2160B Dr. Solleder (CSU), Antragsteller . . 2160B Paul (Düsseldorf) (KPD) 2160D Ewers (DP) 2161B Dr. Dehler, Bundesminister der Justiz 2161C Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Anerkennung freier Ehen rassisch und politisch Verfolgter (Drucksachen Nr. 837 und 699) . . 2162A Dr. Brill (SPD), Berichterstatter . . . 2162B Dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über Hilfsmaßnahmen für Heimkehrer (Drucksachen Nr. 831, 631, 858 und 869) . . . . . . . . 2160B, 2162A, 2163D Schoettle (SPD): als Berichterstatter . . . . . . 2164A als Abgeordneter 2170A Parzinger (BP) . . . . . . . . . 2164B Dr. Bertram (Z) 2164B Strauß (CSU) 2165A Pohle (SPD) 2166A Mende (FDP) 2166C Löfflad (WAV) . . . . . . . 2167B Renner (KPD) . . . . . . . . . 2167D Schäffer, Bundesminister der Finanzen 2169A Gengler (CDU) 2169D Dr. Wellhausen (FDP) 2171A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Beseitigung von Kriegsvorschriften über die Siegelung gerichtlicher und notarischer Urkunden (Drucksachen Nr. 838 und 506) 2171D Dr. Greve (SPD), Berichterstatter . 2172A Beratung des Mündlichen Berichtes des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten über den Antrag der Abgeordneten Dr. Horlacher, Bauereisen, Strauß und Genossen betr. Wiederaufbau der deutschen Landwirtschaft (Drucksachen Nr. 808 und 428) . . . . . . . 2172B Dr. Mühlenfeld (DP), Berichterstatter 2172C Wartner (BP) 2175A Dr. Horlacher (CSU) . . . . . . 2175D Dr. Schmidt (Niedersachsen) (SPD) . 2177B Schmidt (Bayern) (WAV) 2178C Niebergall (KPD) 2179C Rüdiger (FDP) 2180D Dr. Glasmeyer (Z) 2181D Niklas, Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten . . . 2182B Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Anwerbung von Deutschen für fremdländischen Militärdienst (Drucksache Nr. 687) 2184D Harig (KPD), Antragsteller . . . . 2184D Eichler (SPD) 2186B Dr. Richter (DRP) . . . . . . . . 2188B Strauß (CSU) . . . . . . . . . 2189A Dr. Dehler, Bundesminister der Justiz 2189A Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Vorlage des Entwurfs eines Gesetzes zum Verbot der Herstellung usw. von Kriegsmaterial (Drucksache Nr. 715) 2189C Fisch (KPD), Antragsteller 2189C Dr. Dehler, Bundesminister der Justiz 2191D Dr. Mommer (SPD) 2192B Renner (KPD) (zur Geschäftsordnung) 2194A Schreiben des Abg. Dr. Doris an den Präsidenten des Deutschen Bundestags betr. Zugehörigkeit zur Sozialistischen Reichspartei 2194D Nächste Sitzung 2194D Die Sitzung wird um 14 Uhr 37 Minuten durch den Präsidenten Dr. Köhler eröffnet.
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    Rede von Karl Rüdiger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Meine Damen und Herren! Wenn wir heute mittag gelegentlich des Heimkehrergesetzes hier unerquickliche Debatten hatten, dann darf ich wohl feststellen, daß wir erfreulicherweise bei der Beratung des Antrags zum Wiederaufbau der Landwirtschaft im ganzen Bundestag eine eigentlich fast einmütige und geschlossene Haltung zur Schau tragen.

    (Bravo!)



    (Rüdiger)

    Ich freue mich ganz besonders, daß mein Vorredner hier so freundliche und nette Worte gefunden hat, und ich möchte all das, was er gesagt hat, mit ziemlichen Nachdruck unterstreichen und mir zu eigen machen; aber ich hoffe. daß den Worten dann auch die entsprechenden Taten folgen.

    (Zuruf von der KPD: Keine Angst!)

    Bei uns im Ernährungsausschuß ist es ja Gott
    sei Dank so, daß wir die Not der Landwirtschaft
    wirklich schon allgemein festgestellt haben, und
    wenn wir hier zur Agrarpolitik nur wenige
    Worte sagen wollen, dann müssen wir erklären.
    daß die Landwirtschaft heute tatsächlich dem
    Ruin entgegengeht. Das ist die Feststellung, die
    in den Worten aller Redner durchgeklungen ist.
    In welcher Situation befindet sich die deutsche Landwirtschaft? Wir müssen die Produktion nicht nur im Interesse der Landwirtschaft, sondern im Interesse des ganzen Volkes unter allen Umständen steigern, und dafür müssen die grundsätzlichen Voraussetzungen geschaffen werden. Wir glauben allerdings — und das darf ich mit Nachdruck zur Regierungsbank hin sagen —, daß die Interessen der Landwirtschaft manchmal gegenüber anderen Interessen allzusehr in den Hintergrund treten, und ich darf hier die Einmütigkeit und Geschlossenheit meiner Fraktion zum Ausdruck bringen, daß wir restlos der Ansicht sind, daß die Verhältnisse zwischen Industrie und Landwirtschaft einer grundsätzlichen Klärung bedürfen und die Unterbewertung der Landwirtschaft allmählich etwas verschwinden muß. Ich darf weiter aussprechen — und auch als Angehöriger der Regierungsparteien darf ich das erklären —, daß wir manchmal das Gefühl haben, als ob den berechtigten Wünschen der Landwirtschaft nicht von allen Herren im Kabinett mit Nachdruck gefolgt wird.

    (Hört! Hört! links.)

    Wir wollen keine Extrawurst; aber wir wollen uns auch nicht an die Wand drücken lassen.

    (Sehr richtig! bei der FDP.)

    Ich möchte hier nur, eins mit wenigen Zahlen sagen. Die Dinge liegen so, daß eine zehnprozentige Steigerung des landwirtschaftlichen Binnenmarktes heute schon mindestens anderthalb Milliarden ausmacht, nach den Ausführungen, die einer meiner Herren Vorredner gemacht hat, sogar noch etwas mehr. Wir wissen, daß der Kampf für den Export unserer Industrieprodukte auf dem Weltmarkt sehr hart sein wird. Man soll aber das eine tun und das andere nicht lassen. Man soll neben der Förderung des Exports auch an die Kräftigung und Festigung des Binnenmarktes denken, und wir glauben, daß da nicht all das geschehen ist, was manchmal hätte geschehen können.

    (Sehr richtig! bei der FDP.)

    Gerade auf dem Gebiet der Veredlungswirtschaft liegen die Verhältnisse leider ganz besonders im argen. Hierunter haben die kleinbäuerlichen Betriebe besonders zu leiden. Ich denke in diesem Zusammenhang auch an die Winzer. Ich denke an den Gartenbau, den mein Herr Vorredner ganz besonders unterstrichen hat. In denke an die verschiedenen Produkte, die speziell von kleinbäuerlicher Seite erzeugt werden. Es ist so, daß der Kleinbauer heute praktisch mindestens fünf Sechstel seiner Einnahmen aus dieser Veredlungswirtschaft — meist tierischen Ursprungs — bezieht. Wir müssen dieser' Veredlungsproduktion Rechnung tragen. Meine Herren, Sie haben jetzt die Gelegenheit, beim Milch- und Butterpreis zu beweisen, daß Sie nicht nur bereit sind, hier mit Worten für die Förderung der Landwirtschaft einzustehen, sondern daß sie ihren Worten auch die entsprechenden Taten folgen lassen.

    (Zustimmung rechts.)

    Wir wissen, daß wir auf die Kaufkraft der Bevölkerung weitestgehend Rücksicht zu nehmen haben; aber wir wollen unter allen Umständen Preise erzielen, die der Kaufkraft entsprechen und auf der andern Seite die Produktionskosten der Landwirtschaft sicherstellen. Ich glaube, gerade der Milchpreis ist von entscheidendster Bedeutung; denn die Einnahmen der bäuerlichen Betriebe aus der Milchproduktion stellen die Hälfte der Gesamteinnahmen dar. Deshalb möchte ich Sie alle hier im Hause bitten, bei diesen entscheidenden Dingen nachher auch die entsprechenden Taten folgen zu lassen.
    Ich habe hier nur verhältnismäßig wenig Worte zu verlieren, weil praktisch die Einmütigkeit des Hauses festgestellt ist. Ich bin eigentlich selten gerade mit einem kommunistischen Redner so einig gewesen wie mit meinem Herrn Vorredner, und nur die Theorie und die Praxis werden uns nachher vielleicht trennen. Mit schönen Worten ist es nicht getan, sondern den schönen. Worten müssen dann-' auch die Taten folgen.

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der
Herr Abgeordnete Dr. Glasmeyer.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Heinrich Glasmeyer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nachdem meine Herren Vorredner hier so eingehend und auch so landwirtschaftsfreundlich geredet haben, kann ich es mir versagen, auf weitere Einzelheiten einzugehen, sondern ich möchte nur ganz allgemein die Stellung meiner Fraktion zum Problem „Landwirtschaft" erläutern.
    Die Bitte des Vaterunsers „Gib uns heute unser täglich Brot" ist die Basis, von der aus wir vom Zentrum das' Problem Landwirtschaft betrachten. Es gibt bei uns im Münsterlande einen Spruch, der lautet: „Wenn der Himmel einfällt, haben wir alle zusammen dieselbe Nachtmütze auf!" Unser Himmel ist eingefallen, und die Nachtmütze, die wir heute tragen, heißt: Not, Sorge, Armut. Wir schwimmen heute alle in einem Boot, im Boot der Gemeinschaft, der deutschen Volksgemeinschaft.

    (Gelächter links und bei der CDU.)

    — Meine Damen und Herren! Lachen Sie nicht!
    — Die erste Bedingung, um der Landwirtschaft zu helfen, ist unseres Erachtens die Beendigung der Arbeitslosigkeit. Früher hieß es immer: „Hat der Bauer Geld, dann hat's die ganze Welt!" Heute muß es heißen: „Hat der Arbeiter Geld, dann hat's der Mittelstand, dann hat's der Bauernstand und damit die ganze Welt!" Und darum: Solange wir rund 6 Millionen Arbeiter haben, .die mit einem Nettomonatseinkommen von 180 DM auskommen müssen, solange wir darüber hinaus noch rund 1 1/2 Millionen Arbeitslose haben, wird es der Land-


    (Dr. Glasmeyer)

    wirtschaft nicht eher besser gehen, bis die Kaufkraft der großen Masse des Volkes gestärkt wird.
    Darüber hinaus suchen wir natürlich nach Mitteln und Wegen, um der Landwirtschaft im Rahmen der allgemeinen Volkswirtschaft ohne Einengung der eigenen Bewegungsfreiheit den unbedingt notwendigen Schutz zu gewähren. Aber eines, meine Damen und Herren, möchte ich doch zu bedenken geben. Es gibt auch fortschrittliche Bauern genug, die die starke Umhütung und Beschützung, die wir in den letzten Jahrzehnten erlebt haben, gar nicht so sehr wünschen. Mir scheint: es fehlt der Landwirtschaft heute ein guter Schuß von Wagemut und frischen Blutes.
    Wer nicht wagt, der nicht gewinnt;
    wer nicht beischläft, kriegt kein Kind!

    (Allgemeine Heiterkeit. — Abg. Kunze: Das war geschmacklos! — Glocke des Präsidenten.)

    Meine Damen und Herren!

    (Andauernde Heiterkeit.)

    — Meine Damen und Herren! Lachen Sie nicht!

    (Andauernde Heiterkeit im ganzen Hause. — Zurufe von allen Seiten: Au! Na, na!)

    (Weiter anhaltende Heiterkeit. — Abg,
    Neumann: Was sagt Frau Wessel?)
    Die Zentrumsfraktion — —

    (Fortdauernde Unruhe und Heiterkeit. — Glocke des Präsidenten.)

    - Lachen Sie ruhig weiter!

    (Glocke des Präsidenten.)

    Meine Damen und Herren! Die Zentrumsfraktion wird alle Anträge und Eingaben, die in diesem Sinne gehalten sind, aufs freudigste unterstützen und bejahen. Wir sehen aber in der Behandlung der materiellen Fragen nicht das einzig Notwendige, sondern wir richten unser Augenmerk auch auf die immateriellen Fragen. Insbesondere denken wir an die Berufsausbildung an unseren landwirtschaftlichen Schulen und Hochschulen.

    (Weiter andauernde Heiterkeit und Unruhe.)