Rede von
Rudolf
Kohl
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(KPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)
Meine Damen und Herren! Wir haben schon einige Male über die Frage der Änderung des Soforthilfegesetzes gesprochen, weil das Soforthilfegesetz in seiner jetzigen Fassung eine ganze Reihe sozialer Härten in sich birgt, die durch eine Änderung des Gesetzes beseitigt werden könnten. Dem dient auch letzten Endes unser Antrag, den wir bereits am 2. Dezember eingebracht haben und in dem wir nicht nur eine Änderung des § 36 verlangen, sondern darüber hinaus eine Reihe weiterer Änderungen, die vor allem in der Frage der Beschaffung der Mittel eine entscheidende Rolle gespielt und auch in der Frage der sozialen Bedeutung gerade des § 36 ihren Ausdruck gefunden hätten. Nach den letzten Beratungen im Ausschuß für Lastenausgleich kam ziemlich unverblümt zum Ausdruck, daß man sich nicht der Illusion hingeben solle, daß bereits in diesem 'Jahr, so wie von dem Herrn Finanzminister Schaffer versprochen worden ist, der endgultige Lastenausgleich verabschiedet werden könne, sondern man sagte dort mit aller Offenheit, daß vor dem nächsten Jahre mit der Verabschiedung dieses Gesetzes nicht zu rechnen sei. Wir mussen also dabei feststellen, daß der gegenwärtige unhaltbare Zustand, den das Soforthilfegesetz in seiner jetzigen materiellen und sozialen Fassung aufzeigt, noch sehr lange Zeit bestehen bleiben wird, und wir sind der Auflassung, daß eine Änderung in dieser Form, wie sie dieser neue Gesetzesvorschlag vorsieht, nicht ganz den Bedingungen entspricht, die eigentlich nach unserer Auffassung notwendig sind.
Meine Damen und Herren, es ist doch wirklich sinnlos, in diesem Hause über die Lebenshaltung zu reden, die vor allem bei dem vom Soforthilfegesetz erfaßten Kreis besonders kraß in Erscheinung tritt. Bei den Mitteln, die diesen Menschen zur Verfügung stehen, ist die Lebenshaltung so niedrig, daß es auf längere Zeit nicht mehr verantwortet werden kann. Wenn dieses Gesetz an sich jetzt in seiner Staffelung nur für Körperbeschadigte und Unfallrentenbezieher eine gewisse Erleichterung bringt, so ist auch diese Staffelung absolut unzulänglich, well sie den tatsächlich gezahlten Renten für diese betroffenen Kreise, ich möchte einmal sagen: wirklich nicht gerecht wird. Wir sind vielmehr der Meinung, daß entsprechend unserem Antrag, den wir eingereicht haben, der Zustand entscheidend gebessert werden könnte. Wir verlangen, daß die Anspruchsberechtigten auf Unterhaltsbeihilfe, die von der öffentlichen Fürsorge unterstützt werden oder die eine Rente, eine Pension oder ein Ruhegeld beziehen, die ihnen zustehenden Leistungen erhalten.
Warum kamen wir zu dieser Auffassung, daß die Renten nicht angerechnet werden können? Ich glaube, jeder, der im Sozialversicherungswesen einigermaßen Bescheid weiß, wird feststellen müssen, daß der Bezug der Rente einen Rechtsanspruch der Bezieher voraussetzt, den man nach meiner Auffassung mit einem solchen Gesetz nicht einfach beseitigen kann. Die Bezieher von Renten haben einen Rechtsanspruch, und wenn wir ihn hiermit beseitigen, dann, glaube ich, bedeutet das eine Praxis, die man im allgemeinen geschäftlichen Leben mit einem anderen Ausdruck belegen würde. Wir haben als Gesetzgeber vor allen Dingen darauf zu achten, daß auch rein versicherungsmathematisch der Zustand des Rechtsanspruchs auf Renten nicht geändert wird. Wenn ich beispielsweise einmal ein altes Ehepaar annehme, bei dem die Voraussetzungen des § 31 des Soforthilfegesetzes erfüllt sind und bei dem der Mann gegenwärtig eine Invalidenrente von 67,80 Mark und zusätzlich noch einen Unterstützunsbetrag von 19 Mark und eine Mietbeihilfe von 21,80 Mark, also ein Gesamteinkommen von 108,60 Mark bezieht, so wird nach der Berechnung des § 36 des Soforthilfegesetzes der Zustand dahingehend geändert, daß der Mann nicht mehr wie bisher als Rentenbezieher 108,60 Mark erhält, sondern nur noch 100 Mark pro Monat, also praktisch um über 8 Mark geschädigt ist.
Meine Damen und Herren! Wir sind der Meinung, daß die Aufbringung der Mittel gerade für diesen Kreis in einer Reihe von Anträgen, die von uns zu dieser Frage gestellt worden sind, sichergestellt ist. Aber wir sind auf der anderen Seite auch der Auffassung, daß man in einer Reihe von Landtagen - ich erinnere nur an Nordrhein-Westfalen — in der Frage der Zahlung von Militärpensionen absolut nicht kleinlich gewesen ist und dort weit über den allgemein üblichen Rahmen von 160 DM im Monat bei diesem betroffenen Personenkreis hinausgegangen ist. Wir vertreten hier ganz bewußt die Auffassung, auch in unserem Antrage, daß eine Anrechnung der Renten, Pensionsbezüge sowie des Ruhegeldes nur dann stattfindet, wenn diese Bezüge den Betrag von 160 DM monatlich übersteigen.
Wir wollen also auch hier eine Gleichheit, und ich glaube, daß es in Ihrer Hand liegt, zu beweisen, daß Sie den Kreis der Soforthilfeempfänger genau so günstig behandeln wollen wie den Kreis, der es wirklich auf Grund seiner Vergangenheit nicht verdient hat, mehr als 160 DM im Monat zu erhalten.