Rede von
Heinrich Georg
Ritzel
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit Drucksache Nr. 814 hat die Regierung den Entwurf eines Gesetzes Tiber die vorläufige Haushaltsführung der Bundesverwaltung im Rechnungsjahr 1950 vorgelegt. Der Haushaltsausschuß hat sich mit diesem Gesetzentwurf sehr eingehend befaßt. Das Ergebnis seiner Beratungen finden Sie in der Drucksache Nr. 846. Ich habe im Auftrage des Haushaltsausschusses über den Inhalt des Gesetzes in seiner jetzigen Fassung und die Beschlüsse des Ausschusses Bericht zu erstatten.
Ich darf Sie grundsätzlich darauf hinweisen, daß es sich um ein Gesetz handelt, das zunächst rein technisch anzusehen ist, weil es die Fortführung der Bundesgeschäfte nach der Einnahme-
und Ausgabeseite bei Nichtvorliegen eines Etats sicherstellen soll. Der Herr Bundesfinanzminister hat in der Sitzung des Haushaltsausschusses der Hoffnung Ausdruck gegeben, daß dieses Gesetz, das an sich für die Dauer von sechs Monaten, also bis zum 30. September gelten soll, rechtzeitig durch den Etat für das Rechnungsjahr 1950/51 abgelöst werden könne. Der Haushaltsausschuß teilt diese Hoffnung durchaus.
Durch das Gesetz, dessen Inhalt ich ganz kurz skizzieren möchte, soll zunächst einmal die rechtliche Grundlage für die Einnahmen geschaffen werden, die der Bund aus Steuern, Abgaben und aus sonstigen Quellen zu erwarten hat. Wenn dieses Gesetz nicht verabschiedet würde, dann hätte der Bund keine Möglichkeit, diese Steuern etc. zu erheben, aber auch keine Möglichkeit, Bindungen in bezug auf die Ausgaben zu schaffen. Diese Bindungen bestehen darin, daß die Ausgaben sich grundsätzlich an dem sechsten Teil, also an den Monatsbeträgen des Etats für das Jahr 1949/50 zu orientieren haben. Davon ist in den §§ 1 und 2 im einzelnen die Rede.
Wesentlicher Anlaß zu Diskussionen im Haushaltsausschuß war die Formulierung der §§ 3 und 4. Hier ist von den Beschränkungen, besser gesagt: von der Kontrolle der Ausgaben die Rede, die nach dem jetzigen Wortlaut des § 3 vor allem an die Zustimmung des Bundesfinanzministers gebunden sein sollen, wenn es sich um einmalige Ausgaben handelt. Der Zustimmung des Bundesfinanzministers bedürfen auch die Leistungen für Aufgaben neuer Art, immer bezogen auf den Etat 1949. Ausgaben für Sachleistungen, soweit sie für den Zeitraum vom 1. April bis zum 30. September im Einzelfalle den Betrag von 300 000 DM überschreiten, bedürfen nicht nur der Zustimmung des Bundesfinanzministers, sondern ausdrücklich auch der Zustimmung des Haushaltsausschusses des Bundestags. Diese Zustimmung ist vorher einzuholen, und nur dann, wenn es sich um einen wirklich und anerkanntermaßen dringlichen Fall handelt, ist der Bundesfinanzminister berechtigt, sofort zu handeln, um unmittelbar nachher die erste Gelegenheit zu benutzen, den Haushaltsausschuß mit der betreffenden Frage zu befassen.
In jedem Fall aber ist die Zustimmung des Haushaltsausschusses während dieses kurzen Zeitraums vorher einzuholen, wenn es sich um die Ausbringung neuer Stellen für Beamte handelt. In § 4 ist gesagt:
In besonders begründeten Fällen kann . . . . der Haushaltsausschuß des Bundestages auf Vorschlag des Bundesministers der Finanzen bereits vor Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1950 Stellen für planmäßige Beamte bewilligen.
Es handelt sich also um neue Stellen, für die in dem Etat 1949 noch keine Begründung vorliegt, Stellen, die nicht im Stellenplan enthalten sind. Solche können vorweg nur dann besetzt werden, wenn zunächst der Haushaltsausschuß des Bundestages zustimmt.
In § 6 des Entwurfes finden Sie das Ablieferungssoll der Bundespost und der Bundesbahn. Die Bundeskasse erwartet von der Bundespost monatlich 9 Millionen DM und von der Bundesbahn 14,5 Millionen DM. Es sind Zweifel darüber laut geworden, ob diese erwarteten Einnahmen wirklich eingehen werden. Es ist Sache der Regierung, dafür zu sorgen, daß dies der Fall sein wird.
Ein entscheidender und sehr weittragender Punkt dieser Gesetzesvorlage ist die Beschaffung der erforderlichen Betriebsmittel. Die Bundesregierung, die bisher — ebenfalls auf Grund einer Ermächtigung des Parlaments — das Recht hatte, Betriebsmittel bei Banken in Anspruch zu nehmen, beansprucht mit Rücksicht auf die Situation und mit Rücksicht auf die Tatsache, daß gerade in der letzten Zeit die Steuereinnahmen sehr schwach geflossen sind. einen Betriebsmittelkredit von 1,5 Milliarden DM.
Ich darf betonen, daß dieser Gesetzentwurf von der Bundesregierung vorgelegt und vom Haushaltsausschuß des Bundestages beraten und beschlossen worden ist, bevor das Veto der Hohen Kommissare in bezug auf das Steuergesetz eingelegt worden oder mindestens bekanntgeworden ist. Die Situation, die sich seitdem entwickelt hat, hat wohl die Lage nicht vereinfacht, sondern eher noch kompliziert.
Im Auftrage des Haushaltsausschusses empfehle ich Ihnen die Annahme des Gesetzentwurfs nach Drucksache Nr. 846.