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ID0105800300

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag. - 58. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 26. April 1950 2127 58. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 26. April 1950 Nachruf des Präsidenten auf den verstorbenen Abgeordneten Schönauer . . . 2129A Geschäftliche Mitteilungen . . . . . . 2129B Zustimmung des Bundesrats zu den Gesetzentwürfen über Verlängerung der Geltungsdauer des Energienotgesetzes 2129C Versorgung der Familienangehörigen von Kriegsgefangenen und Internierten . . . . . . . . 2129C Haushaltsgesetz 1949 und Vorläufige Haushaltsordnung (Drucksache Nr. 839) 2129C Zustimmung des Bundesrats zu der Geschäftsordnung für den Vermittlungsausschuß des Bundestages und des Bundesrates gemäß Art. 77 Abs. 2 des Grundgesetzes 2129C Verlangen des Bundesrats auf Einberufung des Vermittlungsausschusses nach Art. 77 Abs. 2 des Grundgesetzes zur Beratung des Gesetzentwurfs über die Notaufnahme von Deutschen in das Bundesgebiet (Drucksache 'Nr. 840) 2129C Schreiben des Rates der Alliierten Hohen Kommission für Deutschland über die vorläufige Nichtgenehmigung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes und des Körperschaftssteuergesetzes (Drucksache Nr. 854) 2129C Schreiben des Bundeskanzlers über den . Stand der Neuordnung des Paßwesen (Drucksache Nr. 850) 2129D Anfrage Nr. 31 der Abg. Dr. Wuermeling und Gen. betr. Vermehrung der Arbeitslosigkeit in der Natursteinindustrie (Drucksachen Nr. 408 und 812) . . . . 2129D Anfrage Nr. 60 der Abg. Rademacher und Gen. betr. Schulspeisungsprogramm (Drucksachen Nr. 669 und 833) . . . . 2129D Anfrage Nr. 61 der Fraktion der BP betr. Einfuhr von Kakaopulver und Schokoladeerzeugnissen (Drucksachen Nr. 705 und 834) 2129D Anfrage Nr. 62 der Abg. Dr. Frey und Gen. betr. Milchverwendung bei Schulspeisungen (Drucksachen Nr. 714 u. 835) 2129D Anfrage Nr. 64 der Abg. Stücklen, Strauß, Dr. Solleder, Naegel u. Gen. betr. Neubeschilderung der Kraftfahrzeuge (Drucksachen Nr. 795 und 826) . . . . 2129D Anfrage Nr. 67 der Fraktion der FDP betr. Bundesautobahnen (Drucksachen Nr. 819 und 829) . . . . . . . . . 2130A Zur Tagesordnung: Antrag der Fraktion der SPD betr. Verlegung von Dienststellen des Bundes nach Berlin (Drucksachen Nr. 825 und 508) 2130A Erste Beratung des von der Fraktion der Bayernpartei eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Wahlgesetzes . zum ersten Bundestag und zur ersten Bundesversammlung der Bundesrepublik Deutschland vom 15. Juni 1949 (Drucksache Nr. 650) . . 2130A Dr. Etzel (Bamberg) (BP), Antragsteller 2130B Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Jaeger, Kemmer, Stücklen und Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Unzulässigkeit von Doppelmandaten (Drucksache Nr. 724) 2130D Dr. Jaeger (CSU), Antragsteller . . 2130D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die vermögensrechtlichen Verhältnisse der Bundeswasserstraßen (DrucksacheNr. 801) . . . . . 2132A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die vermögensrechtlichen Verhältnisse der Bundesautobahnen und sonstigen Bundesstraßen des Fernverkehrs (Drucksache Nr. 802) 2132A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die vorläufige Haushaltsführung der Bundesverwaltung im Rechnungsjahr 1950 (Drucksachen Nr. 846 und 814) 2132B Ritzel (SPD), Berichterstatter . . 2132B Dr. Dr. Nöll von der Nahmer (FDP) 2133A Dr. Pünder (CDU) 2134B Renner (KPD) 2135A Erler (SPD) 2135D Zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über Hilfsmaßnahmen für Heimkehrer (Drucksachen Nr. 831 und 631) 2136C, 2144A Höfler (CDU), Berichterstatter . . 2136D Arndgen (CDU): zur Geschäftsordnung 2138B als Berichterstatter 2144A als Abgeordneter 2149A Löfflad (WAV) 2144B Frau Arnold (Z) 2144C Parzinger (BP) 2145B Renner (KPD) 2145D Mende (FDP) 2146C Pohle (SPD) 2148A Dr. Richter (DRP) 2148D Frau Kalinke (DP) 2149C Dr. Jaeger (CSU) . . . . . . . 2150A Dr.-Ing. Decker (BP) (zur Geschäftsordnung) _ 2150B Dr. Wellhausen (FDP) (zur Geschäftsordnung) 2151B Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der FDP beantragten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Soforthilfegesetzes (Drucksachen Nr. 798 neu und 261) in Verbindung mit der Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für den Lastenausgleich über den Antrag der Abgeordneten Frau Dr. Probst, Kunze, Schütz und Gen. betr. Durchführungsverordnung zu § 36 des Soforthilfegesetzes (Drucksachen Nr. 776 und 167) 2138C Farke (DP), Berichterstatter 2138D, 2139B Priebe (SPD) 2139C Kohl (Stuttgart) (KPD) . . . 2140A, 2143B Dr. Glasmeyer (Z) . . . . . . . 2140D Kunze (CDU) 2141B, 2143C Frau Dr. Probst (CDU) 2142A Matzner (SPD) 2142B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Sozialpolitik über den Antrag der Abgeordneten Tichi und Gen. betr. Krankenfürsorge der Sofort-HilfeEmpfänger (Drucksachen Nr. 738 u. 119) 2151C Schüttler (CDU), Berichterstatter . 2151C C Tichi (WAV) 2152B Kinat (SPD). . . . . . . 2152D Interfraktioneller Antrag betr. Oberweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Drucksache Nr. 836) . . 2153B Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Vorlage eines Gesetzentwurfs über Verwendungsordnung der ERP-Zuwendungen (Drucksache Nr. 661) 2153B Kalbitzer (SPD), Antragsteller . . 2153C Blücher, Bundesminister für Angelegenheiten des Marshallplans . . 2154B Dr. Pünder (CDU) 2154D Rische (KPD) 2154D Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Vorlage eines Bundesversorgungsgesetzes für die Kriegsopfer (Drucksache Nr. 686) 2155C Renner (KPD), Antragsteller 2155D, 2158A Geritzmann (SPD) 2156D Dr. Arndgen (CDU) . . . . . . 2157B Sauerborn, Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit . . . . 2157C Nächste Sitzung 2158C Die Sitzung wird um 14 Uhr 37 Minuten durch den Präsidenten Dr. Köhler eröffnet.
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    Rede von Dr. Erich Köhler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Meine Damen und Herren! Ich habe weiter folgende Mitteilungen zu machen.
    Mit Schreiben vom 14. April hat der Bundesrat mitgetellt, daß er in seiner Sitzung vom gleichen Tage folgenden Gesetzentwurfen seine Zustimmung gegeben hat:
    dem Gesetz über die Verlängerung der Geltungsdauer des Energienotgesetzes,
    dem Gesetz über die Versorgung der Familienangehörigen von Kriegsgefangenen und Internierten und
    dem Haushaltsgesetz 1949 und der Vorläufigen Haushaltsordnung.
    Die grundsätzlichen Erwägungen des Bundesrates zu dem letzten Gesetzentwurf finden sich auf Drucksache Nr. 839.
    Weiter hat der Bundesrat in seiner Sitzung vom 14. April der vom Bundestag in der 52. Sitzung am 27. März angenommenen Geschäftsordnung für den Vermittlungsausschuß des Bundestages und des Bundesrates gemaß Art. 77 Abs. 2 des Grundgesetzes zugestimmt.
    Zu dem Gesetzentwurf über die Notaufnahme von Deutschen in das Bundesgebiet hat der Bundesrat die Einberufung dieses Vermittlungsausschusses nach Art. 77 Abs. 2 des Grundgesetzes für eine gemeinsame Beratung verlangt. Das diesbezügliche Schreiben des Bundesrates liegt den Mitgliedern in Form der Drucksache Nr. 840 vor.
    Der Herr Bundeskanzler hat am 25. April 1950 die Übersetzung des Schreibens des Rates der Alliierten Hohen Kommission fur Deutschland über die vorlaufige Nichtgenehmigung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes und des Körperschaftsteuergesetzes übersandt. Das Schreiben wird als Drucksache Nr. 854 den Mitgliedern des Hauses zugestellt.
    Ferner hat der Herr Bundeskanzler — entsprechend dem in der 34. Sitzung des Bundestages am 2. Februar 195U gefaßten Beschluß — am 24. April 1950 über den Stand der Neuordnung des Paßwesens berichtet. Das Schreiben liegt als Drucksache Nr. 850 vor.
    Der Herr Bundesminister für Arbeit hat mit Schreiben vom 1. April 1950 die Anfrage Nr. 31 der Abgeordneten Dr. Wuermeling und Genossen betreffend Bekampfung der Arbeitslosigkeit — Drucksache Nr. 408 — beantwortet. Die Antwort liegt ais Drucksache Nr. 812 den Mitgliedern vor.
    Der Herr Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat mit Schreiben vom 19. April 1950 die Anfrage Nr. 60 der Abgeordneten Rademacher und Genossen betreffend Schulspeisungsprogramm durch die Besatzungsmächte -
    Drucksache Nr. 669 —, die Anfrage Nr. 61 der Abgeordneten Aumer, Dr. Seelos und Fraktion der BP betreffend Einfuhr von Kakaopulver und Schokoladeerzeugnissen — Drucksache Nr. 705. — und die Antrage Nr. 62 der Abgeordneten Dr. Frey und Genossen betreffend Milchverwendung bei Schulspeisungen — Drucksache Nr. 714 — beantwortet. Die Antworten tragen die Drucksachen-Nummern 833, 834 und 835.
    Der Herr Bundesminister für Verkehr hat am 4. April 1950 die Antrage Nr. 64 der Abgeordneten Stücklen, Strauß, Dr. bolleder, Naegel und Genossen betreffend Neubeschilderung tier Kraftfahrzeuge — Drucksache Nr. 795 — beantwortet. Die Antwort ist unter Drucksache Nr. 826 zur Verteilung gelangt.


    (Präsident Dr. Köhler)

    Ferner hat der Herr Bundesverkehrsminister am 13. April 1950 die Anfrage Nr. 67 der Abgeordneten Dr. Dr. Höpker-Aschoff, Dr. Schäfer und Genossen betreffend Bundesautobahnen — Drucksache Nr. 819 — beantwortet. Die Verteilung erfolgt unter Drucksache Nr. 829.
    Schließlich darf ich darauf aufmerksam machen, daß gemäß einem gestern im Ältestenrat einstimmig gefaßten Beschluß der Punkt 9 der heutigen Tagesordnung betreffend Verlegung von Dienststeilen des Bundes nach Berlin abgesetzt wird.
    Wir kommen nunmehr zu Punkt 1 der Tagesordnung:
    Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Seelos, Dr. Etzel und Fraktion der Bayernpartei eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Wahlgesetzes zum ersten Bundestag und zur ersten Bundesversammlung der Bundesrepublik Deutschland vom 15. Juni 1949 (Drucksache Nr. 650).

    (Zurufe: Nichts zu verstehen!)

    — Ich werde mir Mühe geben, mich auch ohne die Lautsprecheranlage verstandlich zu machen, solange sie nicht in Ordnung ist.
    Bezüglich der Beratung des Antrags auf Drucksache 1N r. b50 wurde im Ältestenrat vorgesehen, für die Einbringung des Gesetzes 5 Minuten Redezeit zu verwenden und den Gesetzentwurf dann ohne Debatte an den zuständigen Ausschuß zu überweisen. ich darf die Zustimmung des Hauses zu diesem Vorschlag nach § 88 der Geschaftsordnung einholen. Ich höre keinen Widerspruch.
    Wer von den Antragstellern wünscht den Gesetzentwurf einzubringen! — Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Etzel! 5 Minuten!
    Dr. Etzel (Bamberg) (BP), Antragsteller: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu den wesentlichen Grundsatzen der Demokratie gehört die Teilung der Gewalten, insbesondere die Trennung der Legislative von der Exekutive. Man kann die Verwirklichung dieses Grundsatzes auf die Spitze treiben oder vernachlässigen. Die Tatsache, daß die Regierungsmitglieder im Parlament nicht gleichzeitig Abgeordnete sein können, ist so wenig ein Zeichen für das Bestehen einer echten Demokratie, wie umgekehrt die Tatsache, daß in der Regel die Mitglieder der Regierung dem eigenen Parlament angehören, nicht als Beweis gegen das Bestehen einer echten Demokratie gelten kann.
    Der Verlauf der Debatte des Hohen Hauses über die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit am 9. Februar hat in drastischer Weise enthüllt, wie unzweckmäßig, ja wie bedenklich es ist, wenn Mitglieder von Landesregierungen zugleich Bundestagsabgeordnete sein können. Für eine solche Mitgliedschaft besteht zunächst keine Notwendigkeit, denn nach Art. 43 Absatz 2 des Grundgesetzes haben die Mitglieder des Bundesrats jederzeit Zutritt zu den Beratungen des Plenums und seiner Ausschüsse und können jederzeit verlangen, gehört zu werden. Umgekehrt ist die Mitgliedschaft von Angehörigen einer Landesregierung im Bundestag Grund und Anlaß von Konflikten. In den Ländern bestehen vielfach andere Koalitionen als im Bund. Es wäre also möglich, daß das Mitglied einer Landesregierung innerhalb des Plenums des Bundestags als dessen Abgeordneter seiner eigenen Koalition in den Rücken fällt. Es wäre aUch theoretisch denkbar, daß ein Mitglied der Landesregierung als Bundestagsabgeordneter gegen seine Instruktion als Mitglied des Bundesrats spricht und stimmt. Außerdem besitzt dieses Mitglied der Landesregierung Immunität als Bundestagsabgeordneter. Es ist zweifelsohne richtig, daß aus einem solchen Zwielicht der Stellung als Mitglied einer Landesregierung und als Mitglied des Bundestags nichts Gutes erwachsen kann. Wir sind daher der Meinung, daß es notwendig ist, die bis jetzt unterbliebene strenge Scheidung durch eine entsprechende Änderung des Wahlgesetzes durchzuführen.
    Verfassungsrechtliche Klarheit ist die Voraussetzung auch für politische Sauberkeit. Diesem Zweck, diesem Ziele will der von uns eingebrachte Antrag dienen, der lautet:
    § 1.
    In Absatz 1 des § '7 wird als Ziffer 6 die nachstehende Bestimmung eingefügt:
    „6. durch Eintritt in die Regierung eines Landes des Bundes."
    § 2. Ein Abgeordneter des Bundestages verliert
    seinen Sitz nach § 7 Absatz 1 Ziffer 6 des Wahlgesetzes, wenn er bei dem Inkrafttreten des
    vorliegenden Gesetzes bereits Mitglied der
    Regierung eines Landes des Bundes ist.
    Wir wären sehr dankbar, wenn im Interesse einer klaren Entwicklung der verfassungsrechtlichen und politischen Verhältnisse, im Interesse der klaren Scheidung zwischen Exekutive und Legislative diesem Antrag stattgegeben werden könnte.
    Dem Vorschlag des Ältestenausschusses, den Antrag dem Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht ohne Debatte zu überweisen, können wir zustimmen.


Rede von Dr. Erich Köhler
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Nach dieser Begründung der Herren Antragsteller darf ich die erste Beratung des Gesetzentwurfs auf Drucksache Nr. 650 als geschlossen betrachten und gleichzeitig das Einverstandnis des Hauses damit annehmen, daß Drucksache Nr. 650 dem zuständigen Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht überwiesen ist. — Ich stelle das fest. Wir kommen damit zu Punkt 1 b der Tagesordnung:
Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Jaeger, Kemmer, Stücklen und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Unzulässigkeit von Doppelmandaten (Drucksache Nr. 724).
Wer von den Herren Antragstellern wünscht das Wort? — Herr Abgeordneter Dr. Jaeger!

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Richard Jaeger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Meine Damen und Herren! Wer seit sieben Monaten unvoreingenommen den Beratungen in diesem Hause beiwohnt und wer die deutschen Länderparlamente kennt, wird nicht daran zweifeln, daß der deutsche Parlamentarismus in mancher Hinsicht einer Reform bedarf. Zu den Dingen, die in den Augen des Volkes am meisten und mit Recht der Kritik ausgesetzt sind, gehören die Doppelmandate. Wir stimmen den Gedanken, die Herr Abgeordneter Dr. Etzel bezüglich der Länderminister, die Mitglieder dieses Hauses sind, ausgesprochen hat, durchaus zu. Er hat aber mit seinem Antrag nur einen Fall herausgegriffen, der selten ist, wenn es sich auch um einen besonders krassen Fall handelt. Wir von der Christlich-Sozialen Union sowie die Abgeordneten der Christlich-Demokratischen Union, die diesen Antrag unterzeichnet haben, wünschen, daß mit den Doppelmandaten überhaupt aufgeräumt und das Übel an der Wurzel angepackt wird.


    (Dr. Jaeger)

    Die Überlastung all derer, die in der heutigen Zeit zwei Mandate besitzen, brauche ich Ihnen nicht zu schildern, am wenigsten wohl denen, die dies persönlich betrifft. Es ist für dieses Haus, das allwöchentlich tagt, gar nicht tragbar, daß ein Mandatsträger abwesend ist, weil er in dem betreffenden Landtag sein muß. Es ist aber auch für den Landtag nicht tragbar, daß der Abgeordnete bei ihm fehlt. Gerade wenn man als Föderalist in den deutschen Landtagen echte Parlamente mit echten staatlichen Hoheitsaufgaben sieht, kann man es nicht verstehen, daß es sogar drei Landesvorsitzende bayerischer Parteien gibt, die ihr Landtagsmandat nur nebenbei ausüben. Es wird zur Hebung der Bedeutung der deutschen Landtage beitragen, wenn in den Landtagen nur hauptamtliche Abgeordnete, d. h. solche Abgeordnete sitzen, die nicht im Bundestag sind und nur so nebenbei ihr Landtagsmandat ausüben. Es liegt auch im Sinne einer gesunden Demokratie, die Gewalten zu teilen, auch wenn diese Gewaltenteilung nicht zu der gehört, über die Montesquieu geschrieben hat. Aufgabenteilung führt meistens zu einer Aufgabenverbesserung.
    Was den besonders krassen Fall der Länderminister betrifft, so wurde schon von meinem Vorredner darauf hingewiesen, in welche Schwierigkeiten diese kommen, wenn sie etwa auf Grund eines Kabinettsbeschlusses im Bundesrat eine andere Haltung einnehmen müssen, als sie sie gemäß einem Fraktionsbeschluß im Bundestag zu vertreten haben.
    Das Volk verlangt in jeder Beziehung, nicht nur bei den Ministern, sondern auch bei den Abgeordneten, Klarheit über die Verantwortung und wendet sich gegen jede Verfilzung im öffentlichen Leben. Ich möchte darum unseren Gesetzentwurf einen Gesetzentwurf zur Entflechtung der Politik nennen.
    Die Annahme dieses Gesetzentwurfs liegt vor allem aber im Sinne der jungen Generation, die auf diese Weise die Möglichkeit haben wird, in die politischen Stellungen nachzurücken, so daß diese nicht einer einzigen Generation vorbehalten bleiben.

    (Abg. Dr. Greve: Und wie ist es mit den Oberbürgermeistern?)

    — Sie brauchen sich darüber nicht aufzuregen; ich habe dieses Amt längst niedergelegt!

    (Beifall in der Mitte.)

    Meine Damen und Herren, wir wissen, daß es dort technische Schwierigkeiten geben kann, wo ein Landtag vielleicht nur noch ein halbes oder ein ganzes Jahr besteht, wo, wie in Nordrhein-Westfalen, Mehrheitswahl eingeführt ist und nun wegen des halben oder auch ganzen Jahres eine Neuwahl stattfinden müßte. Wir haben deshalb eine Übergangsregelung dergestalt getroffen, daß es bei diesen Parlamenten noch so lange bei dem gegenwärtigen Zustand bleiben kann, bis die Wahlperiode abgelaufen ist.
    Die Waffe, mit der man gelegentlich unseren Gesetzentwurf zu schlagen gedenkt, ist der Einwand, daß er angeblich gegen das Grundgesetz verstößt. Man behauptet, dieses Gesetz verletze das Grundrecht des passiven Wahlrechts, also der Wählbarkeit. Ich kann mich hier auf Erörterungen darüber nicht einlassen, werde es aber im Verfassungsausschuß tun. Ich möchte hier aber auch nicht die Frage untersuchen, ob die Gesetzgeber des Grundgesetzes in der passiven Wählbarkeit überhaupt ein Grundrecht sahen. Jedenfalls stehen die Artikel 38
    und 48 des Grundgesetzes nicht in dessen erstem Teil.

    (Abg. Dr. Schmid: Aber sie stehen im Grundgesetz!)

    — Ja, sie stehen im Grundgesetz; aber ob die passive Wählbarkeit ein Grundrecht ist, ist eine andere Frage. Jedenfalls werden Sie, Herr Professor Schmid, als Staatsrechtslehrer mit mir darüber einig sein, daß es sich nicht um ein unbedingtes Grundrecht wie bei dem Grundrecht auf Leben oder Gewissensfreiheit, sondern nur um ein bedingtes Grundrecht handeln kann.

    (Abg. Dr. Schmid: Aber um ein verfassungsmäßiges Recht!)

    Bedingte Grundrechte sind nach allgemeiner Auffassung solche, die der Natur der Sache nach eingeschränkt werden können. Meine Damen und Herren, aus der Natur der Sache ergibt sich doch, daß ein Mann oder eine Frau in ein Parlament gewählt wird, um dort erst einmal körperlich anwesend zu sein.

    (Heiterkeit)

    Sie können aber nicht zugleich im Deutschen Bundestag und im Landtag von Südwürttemberg anwesend sein! Wenn ich mich an die Zeit meiner Kindheit erinnere, in der ich Legenden gelesen habe, so fällt mir ein, auch einmal gelesen zu haben, daß es mittelalterliche Heilige gab, die die Gabe der Bilokation, also die Gabe hatten, gleichzeitig an zwei Orten zu sein. Die Damen und Herren dieses Hauses besitzen diese Gabe wohl nicht, auch wenn wir sie uns manchmal gern wünschen möchten.
    Ich möchte behaupten, daß das passive Wahlrecht seinen spezifischen Sinn verliert, wenn man nicht verhindert, daß jemand gleichzeitig in zwei Parlamente gewählt werden kann, weil man nämlich sonst sein Recht und seine Pflicht, im Parlament zu arbeiten, gar nicht erfüllen kann. Im übrigen finden Sie solche Unvereinbarkeitsbestimmungen in allen demokratischen Verfassungen. Überall ist es verboten, daß das Staatsoberhaupt in einem Parlament sitzt.

    (Abg. Dr. Schmid: Es steht aber in der Verfassung!)

    — In England nicht; dort steht überhaupt nichts darin. Wo ein Zweikammersystem besteht, ist auch fast überall der Grundsatz der Inkompatibilität durchgeführt, wie man ja auch oft den Grundsatz hat, daß Beamte, Richter und Soldaten nicht in einem Parlament sein können.

    (Zuruf des Abg. Dr. Schmid.)

    Im übrigen steht zwar nicht in der bayerischen Verfassung, aber im bayerischen Pressegesetz, daß ein verantwortlicher Schriftleiter nicht in einem Parlament sitzen darf. Das ist keine Einschränkung des passiven Wahlrechts; denn es ist dem Schriftleiter nicht verboten, in das Parlament gewählt zu werden, sondern er hat ja die Möglichkeit, zwischen dem Parlamentsmandat und seiner anderen Tätigkeit sich zu entscheiden.
    Ich möchte nicht, daß man sich hier hinter verfassungsrechtlichen Vorwänden verschanzt, weil man diese Posten nicht trennen will, deren Trennung das Volk fordert.
    Wenn Sie unsern Gesetzentwurf annehmen, meine Damen und Herren — Sie können ihn vorerst ruhig dem Ausschuß überweisen —, werden Sie einen wesentlichen Schritt vorwärts tun zu einer reformierten und gesunden deutschen Demokratie!

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)