Meine Damen und Herren! Der Bericht des Herrn Kollegen Naegel über die Ar-
Deutscher Bundestag — 53. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den O. März 1950. 2085
beit des Wirtschaftsausschusses hat den Gang der Ausschußverhandlungen sehr eingehend und klar dargestellt. Der Wirtschaftsausschuß hätte auch keine Gelegenheit gehabt, über dieses Thema, dessen Behandlung heute eigentlich offene Türen einrennt, zu verhandeln, wenn nicht 'der Antrag der WAV die Debatte darüber ausgelöst hätte. Wir haben unseren Kollegen Loritz bisher als Eiersachverständigen, als Eierpreissachverständigen besonders geschätzt, und nach den Kenntnissen, die er hier in bezug auf die Entrahmung von Frischmilch und die „Bewässerung" von Frischmilch an den Tag gelegt hat,
hätte man annehmen können, daß er schon jahrzehntelang im Milchgroßhandel tätig gewesen ist.
Ich hoffe aber im Interesse der Verbraucher, daß das nicht der Fall gewesen ist,
— Ja, Herr Loritz, Ihre Ausführungen im Ausschuß waren nicht von so großer Sachkenntnis getragen, daß man den Eindruck gehabt hätte, Sie hätten die Dinge so gründlich durchstudiert!
— Herr Loritz, ich muß noch ein paar Worte zur Sache sagen; ich hoffe, daß ich damit auch Sie überzeugen kann.
— Ja, wenn Sie das für vergeblich halten, ich fühle mich dazu verpflichtet.
Meine Damen und Herren! Die Preisentwicklung seit der Währungsreform ist eigentlich so klar, daß der Antrag der WAV im gewissen Sinne offene Türen einrennt. Das unterliegt gar keinem Zweifel. Ich stehe nicht auf dem Standpunkt des Kollegen Kurlbaum, daß man zwischen frei verkäuflichen Waren und bewirtschafteten Waren — —
— Einen Augenblick! Ich stehe also nicht auf dem Standpunkt, daß man die Abgrenzung zwischen Marktwirtschaft und Bewirtschaftung gewissermaßen von oben her vornehmen sollte.
Wir haben doch die Tatsache zu verzeichnen, daß das- Angebot auf dem Markt zu einem Teil aus Waren besteht, die der Bewirtschaftung nicht mehr unterliegen. Dort gestalten sich die Preise weitgehend nach den Wettbewerbsverhältnissen. Wir haben in den letzten Monaten beobachten können, daß die Zahl der sogenannten Mangelwaren derjenigen Artikel, die dem freien Wettbewerb unterliegen, immer geringer wird, so daß an sich mit der Preisauszeichnungspflicht, für die wir auch sind, der Forderung nach Preisüberwachung durch den Verbraucher vollauf Genüge getan ist.
Die Preisgestaltung der bewirtschafteten
Waren, insonderheit also der Lebensmittel, reguliert sich doch nach ganz anderen Grundsätzen. Wir werden in Kürze in diesem Hohen Hause auch gewisse Gesetze zu behandeln haben, die auf die Preisgestaltung der Lebensmittel und der
landwirtschaftlichen Produkte nicht ohne Einfluß bleiben werden.
- Das ist aber keine Frage der Handelsspannen, Herr Loritz. Wir haben uns hier nur über die Handelsspannen und nicht über die Preisgestaltung zu unterhalten. Das ist ein sehr großer Unterschied! Ich verweise auf die sehr ausführlichen Mitteilungen des Kollegen Naegel über den Sinn der Handelsspannen.
Ich glaube also, meine Damen und Herren, daß der Ausschuß mit seinem Antrag der Situation Genüge getan hat und daß die auf der unteren Ebene noch bestehenden Preisstellen absolut ausreichen werden, die wenigen Überwachungsfunktionen auszuüben. Aus der Konkurs- und Vergleichstatistik können Sie heute sehen, daß die ungesunden Großhandelsbetriebe — gegen diese kann sich ja der Antrag bezüglich der überhöhten Handelsspannen überhaupt nur richten — durch den natürlichen Gang der Dinge nach und nach aus der Wirtschaft ausgemerzt werden. Lassen wir diese Entwicklung ihren Gang gehen, und wir werden zu einer vernünftigen Preisbildung auf der unteren Ebene kommen.
In diesem Sinne möchte ich Sie bitten, dem Antrag des Ausschusses zuzustimmen und eine Ausweitung dieser Angelegenheit als unzeitgemäß nicht mehr vorzusehen.