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ID0105507200

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    Vokabeln: 7
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
    3. hat: 1
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    5. Herr: 1
    6. Minister: 1
    7. Hellwege.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 55. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 30. März 1950 2031 55. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 30. März 1950. Geschäftliche Mitteilungen . . . 2032B, 2086D Fortsetzung und Schluß der dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die vorläufige Aufstellung und Ausführung des Bundeshaushaltsplans und über die vorläufige Rechnungsprüfung sowie über die vorläufige Haushaltsführung im Rechnungsjahr 1949 (Vorläufige Haushaltsordnung und vorläufiges Haushaltsgesetz 1949) (Drucksachen Nr. 768, 682, 670 bis 681 und 223) 2032C Einzelplan I -- Bundespräsident und Bundespräsidialamt 2032D Einzelplan II — Haushalt des Deutschen Bundestages 2032D Ritzel (SPD) 2033A Bausch (CDU) . . . . . . . . 2037D Matthes (DP) . . . . . . . . 2037D Dr. Ott (Parteilos) . . . . 2039C, 2042B Dr. Schmid (SPD) 2040A Loritz (WAV) . . . . . . . . 2040D Dr. Leuchtgens (DRP) 2042D Euler (FDP) (zur Geschäftsordnung) 2043B Hohl (CDU) 2043C Abstimmungen 2044D Einzelplan II a - Haushalt der Bundesversammlung 2045B Einzelplan III — Haushalt des Bundes- rates 2045B Zur Geschäftsordnung — betr. Anträge, die für alle Einzelpläne gelten (Drucksachen Nr. 750, 777, 778, 779, 780, 790, 793): Mellies (SPD) 2045B Schoettle (SPD) . . . . . . . . 2045C Bausch (CDU) . . . 2045D, 2047C, 2048B Dr. Bertram (Z) . . . . . 2045D, 2048D Dr. von Brentano (CDU) 2046B Erler (SPD) 2046C Gundelach (KPD) . . . . . . 2047D Dr. Oellers (FDP) 2048C Abstimmungen 2047D Einzelplan IV -- Haushalt des Bundeskanzlers und Bundeskanzleramts . . 2049D Dr. Lütkens (SPD) . . . . 2050A, 2059C Euler (FDP) 2053D Dr. Adenauer, Bundeskanzler . . 2054A Hellwege, Bundesminister für Angelegenheiten des Bundesrats . 2056C Unterbrechung der Sitzung . 2057A Niebergall (KPD) 2057B Dr. Vogel (CDU) 2058D Dr. Reismann (Z) 2060C Abstimmungen 2061B Einzelplan V — Haushalt des Bundesministeriums für Angelegenheiten des Marshallplans 2061C Zur Geschäftsordnung: Dr. Bertram (Z) 2061C, 2062B Bausch (CDU) 2062A, 2062C Mellies (SPD) . . . . . . . . . 2062C Abstimmungen 2061D, 2062D Einzelplan VI — Haushalt des Bundesministeriums des Innern 2063A Loritz (WAV) 2063A Brese (CDU) 2064A Dr. Decker (BP) . . . . . . . 2065B Dr. Ehlers (CDU) . . . . . . . 2065C Dr. Hammer (FDP) . . . . . . 2066C Dr. Dr. Höpker-Aschoff (FDP) . . 2067A Dr. Dr. Heinemann, Bundesminister des Innern . . . . . . . . 2067B Dannemann (FDP) . . . . . . . 2067B Abstimmungen . . . . . . . . . 2067C Einzelplan VII — Haushalt des Bundesministeriums der Justiz . . . . . . 2067D Einzelplan XIV — Haushalt des Bundesministeriums für Wohnungsbau . . . 2067D Einzelplan XV Haushalt des Bundesministeriums für Angelegenheiten der Vertriebenen 2068A Farke (DP) 2068B Dr. Decker (BP) 2068B Tichi (WAV) . . . . . . . . 2068C Dr. Nöll von der Nahmer (FDP) . 2069A Strauß (CSU) 2069B Abstimmungen 2069D Einzelplan XVI - Haushalt des Bundesministeriums für gesamtdeutsche Fragen 2070A Einzelplan XVII — Haushalt des Bundesministeriums für Angelegenheiten des Bundesrates 2070B Frau Wessel (Z) . . . . . . . 2070B Mellies (SPD) . . . . . . . . 2070C Dr. von Merkatz (DP) . . . . . 2070D Dr. Adenauer, Bundeskanzler . . 2071B Dr. Schmid (SPD) . . . . . . 2071D Hellwege, Bundesminister für Angelegenheiten des Bundesrats 2072B Abstimmungen 2072D Haushaltsgesetz . . . . . . . . . 2073A Erklärung betreffend Verhandlungen in Berlin 2074A Blücher, Bundesminister für Angelegenheiten des Marshall-plans . . . . . . . 2074A, 2077A Dr. Erhard, Bundesminister für Wirtschaft 2075C Dr. Suhr (SPD) 2076C Dr. Adenauer, Bundeskanzler . . 2076D Dr. Tillmanns (CDU) 2077C Erste, zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Verlängerung der Geltungsdauer des Gesetzes über Notmaßnahmen auf dem Gebiet der Elektrizitäts- und Gasversorgung (Energienotgesetz) vom 10. Juni 1949 (WiGB1. S. 87) (Drucksache Nr. 769) . 2077D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Wirtschaftspolitik über den Antrag der Fraktion der WAV und über den Änderungsantrag der Abg. Dr. Horlacher und Genossen betr. Einschränkung überhöhter Handelsspannen (Drucksachen Nr. 622; 257 und 471 . . . . . 2078A Naegel (CDU), Berichterstatter . 2078A Loritz (WAV) 2079B Kurlbaum (SPD) 2080C Dr. Dresbach (CDU) 2082C Dr. Horlacher (CSU) 2083B Niebergall (KPD) 2084B Mensing (CDU) 2084C Stegner (FDP) 2084D Ewers (DP) 2085D Zur Geschäftsordnung: Euler (FDP) 2086B Dr. Arndt (SPD) 2086C Nächste Sitzung 2086D Die Sitzung wird um 10 Uhr 26 Minuten durch den Präsidenten Dr. Köhler eröffnet.
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    Rede von Dr. Konrad Adenauer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Meine Damen und Herren! Fragen der Organisierung der auswärtigen Politik müssen von uns Deutschen mit ganz besonderer Vorsicht behandelt werden, vor allem im gegenwärtigen Augenblick.

    (Sehr wahr! in der Mitte. — Zuruf von der SPD: Das gilt auch für den Kanzler!)

    Ich hätte es deswegen außerordentlich begrüßt, wenn der Herr Abgeordnete Lütkens mich vorher darüber ins Bild gesetzt hätte, was er hier vorzutragen beabsichtigte.

    (Zurufe von der CDU: Hört! Hört! — Sehr richtig! Unruhe bei der SPD.)

    Er war ja dazu in der Lage, weil er seine ganze Rede schriftlich vorbereitet hatte. Ich finde, das sollte doch allgemeiner Brauch sein, wenn Angriffe gegen einzelne Persönlichkeiten, die hier mit Namen genannt werden, vorgetragen werden, damit die betreffende Regierungsstelle auch in der Lage ist, das Material zur Stelle zu haben, um sofort darauf zu antworten.

    (Abg. Rische: Das ist doch schon altbekannt!)

    Auf diese Weise, wie sie der Herr Abgeordnete
    Lütkens eben hier zu zeigen beliebt hat, entsteht
    in der Öffentlichkeit für die betreffenden Beamten
    oder Angestellten ein höchst unangenehmer Zwischenzustand, den man doch vermeiden könnte.
    Meine Damen und Herren! Das möchte ich vorausschicken. Ich füge hinzu, daß ich Herrn Lütkens sehr vorsichtig und zurückhaltend antworten werde. Ich glaube, das ist nötig im deutschen Interesse, das nun in diesem Falle vor parteipolitischem Interesse geht. Unsere Absicht war und ist, im gegebenen Augenblick im Bundeskanzleramt zwei Staatssekretariate einzurichten, eines für den inneren Teil und eines für den auswärtigen Teil. Wenn das bisher nicht geschehen ist, so können Sie davon überzeugt sein, daß sehr triftige Gründe dafür vorhanden sind. Ich möchte hier doch betonen, daß die Fragen der auswärtigen Politik über den Petersberg gehen,

    (Abg. Rische: Hört! Hört!)

    und zwar nach dem Besatzungsstatut,

    (Abg. Rische: Hört! Hört!)

    und daß man daher diese ganze Materie nun wirklich mit etwas vorsichtiger Hand behandeln muß, um nicht — Herr Lütkens sprach von einer Zurechtweisung — wirklich eine Zurechtweisung zu bekommen. Ich habe bisher noch keine bekommen, Herr Lütkens.

    (Zuruf von der SPD: Vorsichtig! — Zuruf von der KPD: Na, na! — Abg. Rische: Man kann auch Befehle entgegennehmen!)

    Was nun die Frage der konsularischen Vertreter angeht, so scheinen mir in den Ausführungen des Herrn Dr. Lütkens doch einige Widersprüche enthalten zu sein. Wenn Herr Dr. Lütkens ausführt, daß diese konsularischen Vertreter sich streng in dem Rahmen halten müßten, der ihnen durch die Entscheidungen der Alliierten gesetzt sei, so übersieht der Herr Dr. Lütkens folgendes. Jeder, der heutzutage als Beamter der Bundesrepublik Deutschland ins Ausland geht, wird dort nicht nur von der Auslandspresse, sondern auch von zahlreichen Persönlichkeiten des Auslands in politischen Dingen angesprochen werden. Ich halte es daher für richtig, daß wir uns zwar im wesentlichen — darin unterscheide ich mich von Herrn Dr. Lütkens, ich bin nicht so folgsam wie er gegenüber dem Besatzungsstatut

    (Zuruf von der SPD: Ach nee!)

    die Herren nach ihren Fähigkeiten aussuchen, als Generalkonsuln oder Konsuln tätig zu sein, daß wir aber gleichzeitig auch Persönlichkeiten hinausschicken, die nun, wenn sie im Auslande politisch befragt werden, nicht als Ignoranten dastehen, sondern entsprechende Auskunft geben können,

    (Sehr gut! bei der CDU)

    daß sie also in dem Sinne Aufgaben erfüllen, die sonst ein diplomatischer Vertreter erfüllt haben würde.
    Meine Damen und Herren! Das kennzeichnet Ihnen die ganze Schwierigkeit unserer Situation. Es kommt noch ein weiteres hinzu, und damit gehe ich auf die Ausführungen von Herrn Dr. Lütkens ein. Ich bin bestrebt, nach Möglichkeit Herren hinauszuschicken, die nicht in irgendeiner Weise durch die Vorgänge der letzten Jahrzehnte belastet sind.

    (Zuruf von der SPD: Na, na! — Weitere Zurufe und Unruhe bei der SPD.)

    Sie werden verstehen, daß zur Vertretung deutscher Interessen, konsularischer und etwa angegliederter Interessen im Auslande eine gewisse Erfahrung außerordentlich wünschenswert ist. Wenn man nun nicht Herren bekommt, die diese Erfahrung in dem früheren Auswärtigen Amt erhalten haben, muß man jedenfalls unter den ersten Vertretern Persönlichkeiten ausfindig machen, die die Fähigkeiten haben, auch ohne vorherige Schulung solchen Aufgaben gerecht zu werden. Es wird Herrn Dr. Lütkens bekannt sein — denn er scheint ja über manche Vorgänge in den Bundesministerien besser unterrichtet zu sein als ich —,

    (Zuruf von der SPD: Welche Vorgänge?)

    daß wir Kurse zur Heranbildung konsularischer Vertreter eingerichtet haben, weil wir eben, verehrter Herr Lütkens, —

    (Abg. Dr. Lütkens: Das ist mir unbekannt!)

    — Das wissen Sie nicht?

    (Abg. Dr. Lütkens: Dem Bundestag, diesem Hohen Hause, ist das bisher unbekannt!)

    — Na, ich nehme an, daß das Hohe Haus-gelegentlich auch einmal Zeitungen liest,

    (Sehr richtig! in der Mitte)

    wenigstens von meinem Platz aus sehe ich, daß bei gewissen Reden sehr viele Zeitungen gelesen werden.

    (Heiterkeit.)

    Also, meine Damen und Herren! Ich nehme an, daß das auch im Haushaltsausschuß erörtert worden ist,

    (Sehr richtig! in der Mitte)

    daß wir eine Schule eingerichtet haben oder — lassen Sie mich den Ausdruck Schule vermeiden — eine Organisation, um in Kursen von je 25 Bewerbern uns geeignete Vertreter heranzubilden. Es wird vielleicht auch Herrn Dr. Lütkens bekannt sein — wenn auch nicht aus diesem Hause, dann von außerhalb dieses Hauses —, daß bei der Auswahl


    (Bundeskanzler Dr. Adenauer)

    der Männer und der Frauen, die hier herangebildet werden sollen, alle Stände berücksichtigt werden sollen. Es wird vielleicht Herrn Dr. Lütkens auch bekannt sein, daß wir zum Beispiel Wert darauf legen, bei den großen Konsulaten, bei dell. Generalkonsulaten, auch — na, lassen Sie mich den Ausdruck einmal gebrauchen — Attachés zu verwenden, die gerade auf sozialem und auf dem Arbeitsgebiet bekannt sind und Erfahrungen haben.
    Sie werden aus diesen wenigen Andeutungen, die ich Ihnen hier nur machen konnte, ersehen, daß es sich um eine ungewöhnlich schwere Aufgabe handelt, und ich glaube, daß die Kritik des Herrn Dr. Lütkens in vieler Hinsicht weit über das Ziel hinausschießt. Ich meine, man sollte — und insbesondere sollte das auch Herr Dr, Lütkens tun, der Sprecher in auswärtigen Angelegenheiten für die große Fraktion der SPD — vorher mit mir Fühlung nehmen. Ich bin gerne bereit, Herrn Dr. Lütkens jede Auskunft zu geben, die ich ihm geben kann. Soviel ich weiß, ist Herr Dr. Lütkens von seiner Fraktion damit beauftragt, sein besonders Augenmerk auf das Bundeskanzleramt zu lenken.

    (Lachen bei der SPD und bei der KPD. — Zuruf von der SPD: Woher wissen Sie denn das?) — Ja, soviel ich weiß, hat Herr Lütkens die Aufgabe, den Bundespräsidenten, das Bundeskanzleramt, und ich weiß nicht, was noch, zu betreuen.


    (Lachen links. — Abg. Schoettle: Sie wissen aber auch eine ganze Menge, Herr Bundeskanzler!)

    — Ja, das habe ich gerade gestern gehört,

    (Heiterkeit)

    als ich vom Herrn Bundespräsidenten erfuhr, daß Herr Dr. Lütkens beim Herrn Bundespräsidenten gewesen ist und ihn um einige Auskünfte gebeten habe.

    (Hört! Hört! links.)

    Da habe ich sehr bedauert, daß Herr Dr. Lütkens den Weg zu mir bisher noch nicht gefunden hat.

    (Zuruf von der SPD: Er wird auch Gründe haben!)

    Wenn er den Weg zu mir gefunden hätte, würde er sehr viel mehr Auskunft bekommen haben, als ich hier, in der Öffentlichkeit, ihm zu geben in der Lage bin.

    (Aha! bei der KPD.)

    Aber sehen Sie, meine verehrten Damen und Herren, wir sollen keine Außenpolitik treiben, weil das ein Reservatrecht der Hohen Kommissare ist. Wir können aber ohne Außenpolitik nicht leben. Wir haben dann weiter keinen Apparat von früher mehr. Diejenigen Herren, die in dem früheren Apparat gewesen sind, können wir nur mit großer Vorsicht und Auswahl heranziehen, um uns ihre Erfahrungen nutzbar zu machen,

    (Abg. Rische: Ehrenwerte Männer!)

    weil das, was wir dort schaffen wollen, sich deutlich von dem abheben soll, was früher gewesen ist.
    Das, meine Damen und Herren, ist unsere ungemein schwierige Lage, und ich wäre außerordentlich dankbar, wenn man uns dabei helfen würde, auch bei den Erörterungen hier im Plenum des Bundestags. Es war eigentlich so: die Ausführungen — ich kann nicht sagen d e r Tenor, denn es waren mehrere Tonarten in der Rede des Herrn Dr. Lütkens — liefen darauf hinaus, daß wir auf der einen Seite zwar als Leute erscheinen, die gar nichts tun, auf der anderen Seite aber — und das hat er mir mehrfach freundlicherweise eingeschärft — als Leute, die über die Grenzen, die
    ihnen durch das Besatzungsstatut gesetzt sind, hinausgehen.
    Ich werde ja die Rede des Herrn Dr. Lütkens im Stenogramm noch zu lesen bekommen, und vielleicht werde ich auf Grund dieser Rede Herrn Dr. Lütkens, sobald wir hier mal ein bißchen Ferien haben, bitten, mich mal im Kanzlerhause zu besuchen. Da werde ich mich mit ihm über viele Fragen, die er heute hier angeschnitten hat und über die ich mich hier leider nicht unterhalten kann, in den vier Wänden meines Zimmers unterhalten können.
    Auf zwei spezielle Fragen nur möchte ich aber eingehen. Er hat zwei Namen genannt, einmal den Namen Ehrich und dann den Namen Globke. Der Name Globke ist ja nicht zum ersten Male in diesem Saale hier genannt worden. Es ist über den Herrn Globke sehr ausführlich schon gesprochen worden. Ich kann mich deswegen sehr kurz fassen und kann Ihnen nur sagen, .verehrter Herr Lütkens, daß die Angelegenheit des Herrn Globke von den Besatzungsbehörden auf das minutiöseste durchprüft worden ist. Ich bin der Auffassung, daß ein Deutscher nicht noch minutiöser als die Besatzungsbehörden sein soll.

    (Sehr richtig! bei den Regierungsparteien. — Zurufe von der SPD: Sehr interessante Auffassung! Sehr eigenartig! — Abg. Mellies: Wir werden Sie daran erinnern! — Unruhe.)

    Meine Damen und Herren, dann zu dem Fall Ehrich. Da hat Herr Lütkens zu 90 % richtig gehört. Ich habe gehört, daß Herr Ehrich von Herrn Minister Hellwege eingestellt worden ist. Es wurde mir gleichzeitig mitgeteilt, daß Herr Ehrich — ich glaube, ich bin in den Dingen nicht so erfahren, wie heißt das, was war er in Italien? —

    (Zurufe: Landesgruppenleiter!)

    — Landesgruppenleiter in Italien gewesen ist. Das schien mir allerdings eine Vorbildung zu sein, die ihn nicht besonders dafür geeignet erscheinen läßt, in einem Bundesministerium tätig zu sein.

    (Heiterkeit.)

    Ich habe das dem Herrn Kollegen Hellwege gesagt. Herr Kollege Hellwege hat mich darauf aufmerksam gemacht, daß Herr Ehrich in Gruppe V eingestuft sei.

    (Lachen bei der SPD. — Zurufe links.)

    — Ich bin ja noch nicht fertig, meine Damen und Herren ! — Herr Kollege Hellwege hat mich also darauf aufmerksam gemacht, daß man sich nach seiner Auffassung damit ruhig zufrieden geben könne. Es scheint mir bei der Einstufung in die verschiedenen Stufen sehr viel grober Unfug vorgekommen zu sein.

    (Sehr richtig! — Zuruf von der SPD: Das kann man wohl sagen!)

    Eine Einstufung in die Gruppe V, wenn jemand vorher Landesgruppenleiter gewesen ist, scheint mir etwas sonderbar zu sein.

    (Sehr gut! Sehr richtig!)

    Ich stehe nicht an, zu erklären, daß ich einen früheren Landesgruppenleiter für nicht geeignet halte, in einem Bundesministerium tätig zu sein.

    (Beifall.)

    Ich habe das dem Kollegen Hellwege gesagt. In der Zwischenzeit ist noch neues Material gegen Herrn Ehrich aus seiner früheren Tätigkeit her an mich herangekommen, das meine Auffassung, daß Herr Ehrich in einem Bundesministerium


    (Bundeskanzler Dr. Adenauer)

    nicht wünschenswert ist, noch bestätigt. Ich werde mich mit Herrn Kollege Hellwege an Hand dieses Materials noch weiter unterhalten. Ich zweifle nicht, daß dieser Fall eine Erledigung in dem Sinne finden wird, wie ihn das öffentliche Interesse Deutschlands verlangt.

    (Bravo! und Sehr gut! bei den Regierungsparteien.)

    Nun, meine Damen und Herren, möchte ich noch folgendes sagen. Wir finden augenblicklich in gewissen Nachbarländern, die ich nicht nennen will, ziemlichen Widerstand, weil man glaubt, wir betrieben zuviel Außenpolitik. Einstweilen, meine sehr verehrten Damen und Herren, haben wir nur das Recht, eine Koordinierungsstelle für konsularische Vertretungen auf diesem Gebiete einzurichten. Ich begrüße es, daß diese ganzen Fragen einmal in einem Ausschuß besprochen werden. Das eine versichere ich Ihnen: sobald die Zeit reif geworden ist — dazu gehört nicht nur unser Wille, dazu gehört auch die Entscheidung, die eine andere Seite zu fällen hat —, wird die Zusammenfassung erfolgen und wird ein Staatssekretariat eingerichtet werden, und hoffentlich werden wir auch bald zu einem Außenminister kommen. Aber zur Zeit ist das eben nicht möglich. Wir müssen deswegen versuchen, so gut und so schlecht wir können — na, sagen wir mal: etwas zu tun, was ungefähr Außenpolitik ist.
    Dazu, verehrter Herr Dr. Lütkens, gehören auch Interviews. Sehen Sie mal, der Herr Kingsbury Smith ist ein sehr bekannter amerikanischer Journalist, dessen Artikel in 2000 amerikanischen Zeitungen abgedruckt werden. Ich glaube, meine Damen und Herren, man würde sehr unklug sein. wenn man die Möglichkeit, den breitesten Kreisen des amerikanischen Volkes gewisse Aufklärungen zu geben, nicht wahrnehmen würde.

    (Abg. Niebergall: Geben Sie erst einmal dem deutschen Volk Aufklärung!)

    — Ich weiß nicht, wer den Zwischenruf wegen der „Aufklärung des deutschen Volkes" gemacht hat.

    (Abg. Niebergall: Ich!)

    — Das tun Sie ja schon redlich!

    (Heiterkeit.)

    — Ich hoffe, daß ich mich in absehbarer Zeit auch in diesem Hause über diese ganzen Fragen einmal mit Ihnen weniger gehemmt unterhalten kann, als ich augenblicklich bin. Bisher, Herr Lütkens, habe ich den Eindruck, als ob diese Interviews zwar manchen Stellen im Ausland außerordentlich unbequem gewesen und auf die Nerven gegangen sind; ich habe aber auch von maßgebenden Stellen des Auslands unter der Hand eine Antwort bekommen, mit der ich hoch zufrieden sein kann.

    (Abg. Rische: Das waren die Auftraggeber!)

    Vor allem, meine Damen und Herren, wird niemand bestreiten können, daß durch diese Interviews die Weltöffentlichkeit auf die Fragen, die
    für uns Deutsche entscheidend sind, in einer Weise
    hingelenkt worden ist, wie es nötig gewesen ist.

    (Na! Na! bei der SPD.)

    Also, Herr Dr. Lütkens, sobald Sie hier und auch ich etwas Zeit haben, bitte ich Sie, ins Kanzleramt zu- kommen. Wir setzen uns dann in Ruhe zusammen, ich nehme Ihre Rede zur Hand, und ich werde Ihnen dann über sehr vieles, was Sie gesagt haben, Auskunft geben können.


Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Herr Minister Hellwege.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Bundeskanzler hat bereits erklärt, daß der Fall Ehrich einer Prüfung unterzogen werden wird.

    (Ironische Zurufe von der SDP: „Werden wird"!)

    Bisher liegt jedoch meinem Hause kein persönlich belastendes Material gegen Herrn Dr. Ehrich vor.

    (Unruhe und Widerspruch. — Zurufe von der SPD: Landesgruppenleiter!)

    Meine Damen und Herren! Anläßlich der Debatte zur Frage der Entnazifizierung, die wir am 23. Februar hier in diesem Hause geführt haben, sind auch gerade seitens der Sozialdemokratie ausgezpichnete Worte des Herrn Erler gefallen, indem er in seinen Ausführungen für eine Amnestie für die Jugend bis zum Jahrgang 1913 eintrat.

    (Zuruf von der SPD: Aber nicht für Landesgruppenleiter! — Dauernde Unruhe.)

    — Vielleicht sind Sie so freundlich und lassen mich einmal ausreden, was ich sagen will.
    Herr Dr. Ehrich gehört dem Jahrgang 08 an.

    (Zurufe von der SPD: 08?! — Unruhe.)

    — 08, Herr Dr. Greve! Da hat also Herr Dr. Ehrich vielleicht 1932 zum erstenmal die Gelegenheit gehabt, zu wählen.
    Alle Unterlagen, die ich bisher vorliegen habe, bezeugen übereinstimmend, daß Herr Dr. Ehrich damals als junger Mensch unbeschadet seiner politischen Grundeinstellung eine menschliche Haltung gezeigt hat — und davon, meine Damen und Herren, bin ich ausgegangen —, die ihn als einen Mann von Charakter erscheinen lassen.

    (Oho! bei der SPD. — Glocke des Präsidenten.)

    Herr Dr. Ehrich ist außerdem nicht als Beamter,
    sondern als Angestellter in meinem Hause tätig,

    (weitere Unruhe)

    meine Herren von der Sozialdemokratie. Herr Dr. Lütkens, ich stehe nicht in dem Verdacht, Romantiker zu sein, sondern ich glaube, von mir sagen zu können, daß ich mit beiden Füßen auf der Erde stehe, — —

    (Unruhe bei der SPD.)

    — Darf ich Ihnen sagen: ich habe nicht die Ehre gehabt, auf der Oberbürgermeisterei in Stade zu sitzen; vielleicht wenden Sie Ihren Blick einmal nach Stade und, meine Herren von der Sozialdemokratie, vielleicht wenden Sie auch einmal den Blick in Ihre Ministerien, die Sie in den einzelnen Ländern wahrnehmen! Ich stehe hier nicht als Ankläger, aber ich habe 12 Jahre lang als Mensch zweiter Klasse gelitten, und ich will nicht, daß es wieder in Deutschland Menschen zweiter, dritter, fünfter Klasse gibt.

    (Beifall bei der DP.)

    Ich bin durchaus bereit, in eine Klärung der Frage einzutreten, dann mag man aber auch, wenn belastendes Material vorliegt, Herr Dr. Greve, dieses belastende Material meinem Ministerium und dem Herrn Bundeskanzler bekanntgeben.

    (Unruhe bei der SPD. — Abg. Zinn: Herr Kanzler, was sagen Sie nun?!)



    (Bundesminister Hellwege)

    Man sollte nicht immer, wie es so oft geschieht, das Wort „christlich" im Munde führen, aber ich glaube, in diesem Moment darf ich als christlicher Politiker einmal sagen: Der Herr Jesus Christus hat einmal gesagt: „Wenn Du zum Gotteshause gehst und Du wirst alsdann dessen eingedenk, daß Dein Bruder etwas wider Dich hat, dann kehre um, versöhne Dich mit Deinem Bruder und dann gehe in das Gotteshaus."
    Hier sagt uns Jesus Christus ganz deutlich, daß nicht erst Mord dort geschieht, wo einer getötet wird, sondern schon dort, wo man ihm die Gemeinschaft verweigert; und das geschieht, indem man hier Vorwürfe anbringt, die man bisher meinem Ministerium nicht vorgelegt hat.

    (Unruhe und Widerspruch bei der SPD.) Sehen Sie, meine Herren von der Sozialdemokratie, in Ihren eigenen Ministerien nach und dann befassen Sie sich mit uns!


    (Zuruf von rechts: Da ist genug Dreck drin! — Unruhe.)