Rede von
Alfred
Loritz
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(WAV)
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Sie werden mich nicht mehr aus der Ruhe bringen können! Hören Sie endlich einmal mit diesen Störungen auf!
Ich sagte, auf dem Gebiet der Großhandelsspannen hat die Regierung nichts getan. Auf dem
Gebiet der Verbilligung des Geldes, von der die Belebung der Privatwirtschaft abhängt, hat sie nichts getan.
Bezüglich der Eingliederung der Flüchtlinge in das heimische Erwerbsleben hat sie nach unserer Auffassung viel zuwenig getan Wir würden der Regierung dringendst empfehlen, endlich einmal den Flüchtlingsindustrien, die für uns eine Goldgrube sein könnten — für die Einheimischen und die Flüchtlinge —, etwas andere Summen zur Verfügung zu stellen, als sie das bisher getan hat oder hat tun lassen; nicht etwa bloß einen Tropfen auf den heißen Stein, sondern wirklich Beträge, mit denen diese Industrien aufgebaut werden können, und dafür weniger Geld zum Fenster hier für Bonn hinausschmeißen zu lassen, das den deutschen Steuerzahlern weiß Gott schon allerhand Millionen gekostet hat.
Hier hat die Regierung leider auch nicht das gemacht, was unser Volk von ihr erwartet hat,
und unsere Regierung hat auch nicht das gemacht, was unser Volk gegenüber den Kriegsversehrten erwartete. Wir stellen fest, daß das, was für die Kriegsopfer bisher geschehen ist, viel zuwenig war. Man komme uns bitte nicht mit der Einrede: Ja, wir haben nicht mehr Geld zur Verfügung. Wir haben bedeutend mehr Gelder zur Verfügung dafür,
0 als hergegeben worden sind, dann nämlich, wenn diese Ausgabenwirtschaft, wie sie zur Zeit betrieben wird, auch vom Bund etwas reduziert wird. Wir haben Ihnen Anträge, Kürzungsanträge, eingereicht; hier z. B. bei der ersten und der zweiten Beratung des Haushaltsplanes. Sie sind jedesmal von Ihnen überstimmt worden. Sie haben sich gar nicht die Mühe gegeben, das eingehend durchzuprüfen; wir wurden einfach überstimmt. Sie können das heute mit dem Recht des Stärkeren, mit dem Recht der größeren Stimmenzahl. Aber wenn Sie unsere Anträge prüfen würden und geprüft hätten, dann hätten Sie sich sagen müssen, daß dies Vorschläge sind, deren Durchführung das Volk von Ihnen verlangt! Hier hätte man Summen einsparen können, die dazu hätte verwendet werden können, nun wirklich den Kriegsopfern und Heimatvertriebenen und den Ausgebombten etwas zur Verfügung zu stellen. Das haben Sie nicht gemacht!
Sie, meine Herren von den Regierungsparteien, haben auch völlig versagt in der Frage der Abschöpfung der Riesen-Währungsreformgewinne, die gemacht worden sind. Sie haben es zugelassen, ,daß in Deutschland die großen Unternehmungen heute ihre Bilanzen bzw. ihr Vermögen in den Bilanzen sehr oft im Verhältnis 1 zu 1, viel weniger oft im Verhältnis 2 zu 1, umstellen. Sie lassen es hier zu, daß diese Leute ihr
Betriebsvermögen über die zwei Abwertungen im Verhältnis 1 zu 1 oder 2 zu 1 hinweggerettet haben. Wieviel haben wir alle, die wir nicht Großindustrielle sind, über die Abwertungen hinwegretten können? Sie kennen selbst den lächerlichen Satz, den man uns gegeben hat! Bitte, den sollen auch diese Großindustriellen für ihre Unternehmungen haben. Das will ich ihnen nicht wegnehmen. Wir sind keine Kommunisten!
Wir wollen aber, daß diese Herren bei ihren Betriebsbilanzen genau mit denselben Abwertungsziffern rechnen müssen wie jeder andere Privatmann auch! Und was darüber hinaus ist, gehört erfaßt zugunsten des Lastenausgleichs. Da wollen S i e aber nicht heran!
(Zuruf von der CDU: Die war bei der
Währungsreform ja noch gar nicht da!)
- Die war bei der Währungsreform nicht da? Was ist das für ein Zwischenruf, Herr Kollege? Die ist jetzt da seit dem September vorigen Jahres, und sie hat jetzt noch die Möglichkeit, das abzuschöpfen! Immer noch hat sie die Möglichkeit, zu verhindern, daß diese Betriebe solche Bilanzen machen können. Diese Möglichkeit besteht für die Regierung immer noch. Ich fürchte aber sehr, die Regierung wird nichts tun, sie wird so lange nichts tun, bis die armen Teufel vor Verzweiflung nicht mehr ein noch aus wissen.
So ist es auch noch bei einer ganzen Reihe anderer Gebiete. Man hat wichtigste Artikel des täglichen Bedarfs verteuert:
Benzin, Dieselöl und Kohle wurden verteuert.
Hier hat die Regierung ihr Versprechen nicht eingelöst, daß sie sich für die Interessen des kleinen Mittelstandes einsetzen wird, zu dem die Transportunternehmer gehören, zu dem die Kohleverbraucher gehören, soweit sie nicht Großindustrielle sind. Nichts ist auf diesem Gebiete geschehen, so gut wie gar nichts!
Man hat ein Einkommensteuergesetz geschaffen, das bei den Heimatvertriebenen, den Kriegsopfern, den Ausgebombten eine Verschlechterung gegenüber dem bisherigen Zustand gebracht hat.
Wir haben Ihnen das das letzte Mal vorgerechnet!
Die Anrechnungsmöglichkeit ist nunmehr beschränkt auf wenige hundert D-Mark pro Jahr,
bei den eben erwähnten Personen, während sie vorher unbeschränkt war.
Alles das brauche ich nicht im einzelnen nochmals zu erklären. Wir haben schon eingehend darüber gesprochen. Hier überall hat die Regierung keine Politik gemacht zugunsten der Kleinen und wirtschaftlich Schwachen, zugunsten der Mittelständler in Stadt und Land, zugunsten der Angestellten und Arbeiter. Nein! Sie hat vielmehr eine Politik gemacht, die den Interessen der Großindustrie und des großen Bankgewerbes entgegengekommen ist.
Aus allen diesen Gründen ist es uns unmöglich, der Regierung unser Vertrauen auszudrücken.
Dies würde mit einer Zustimmung zum Haushaltsplan ja ohne weiteres zum Ausdruck kommen. Sie wissen ja: die Zustimmung zum Haushaltsplan bedeutet Vertrauen zur Regierung. Dazu hat die WAV nicht die geringste Veranlassung nach alledem, was in den Monaten geschehen ist, seitdem die Regierung Adenauer am Ruder ist.
Das Versagen der Regierung auf außenpolitischem Gebiet, das Versagen auf innerpolitischem und wirtschaftlichem Gebiet macht es der WAV unmöglich, für den Haushaltsplan zu stimmen, und wir werden deswegen gegen den Haushaltsplan stimmen.
S i e haben es uns unmöglich gemacht, auch nur Verbessserungsanträge durchzubringen. Um so mehr werden wir Ihnen und nur Ihnen allein, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, die Verantwortung vor dem Volke für diese Politik der Regierung Adenauer überlassen.