Rede:
ID0105402700

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Metadaten
  • insert_drive_fileAus Protokoll: 1054

  • date_rangeDatum: 29. März 1950

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 54. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 29. März 1950 1979 54. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 29. März 1950. Geschäftliche Mitteilungen . . . 1979C, 2030D Dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Bundesfinanzhof (Drucksachen Nr. 770 und 630) . . . . 1979C Dr. Arndt (SPD) 1979D Schröter (CDU) . . . . . . . 1980C Dr. Miessner (DRP) 1980C Dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die vorläufige Aufstellung und Ausführung des Bundeshaushaltsplan und über die vorläufige Rechnungsprüfung sowie über die vorläufige Haushaltsführung im Rechnungsjahr 1949 (Vorläufige Haushaltsordnung und vorläufiges Haushaltsgesetz 1949) (Drucksachen Nr. 768, 682, 670 bis 681 und 223) 1981A, 2004B Allgemeine Aussprache: Schoettle (SPD) 1981B Bausch (CDU) . . . . . . . . 1990A Dr. Bertram (Z) 1994A Unterbrechung der Sitzung . 1999D Dr. Dr. Höpker-Aschoff (FDP) . . 1999D Dr. Schäfer (FDP) . . . . . . 2004B Loritz (WAV) 2007D Dr. von Merkatz (DP) . . . . 2012B Dr. Leuchtgens (DRP) . . . . . 2016B Rische (KPD) . . . . . . . 2022C Dr. Seelos (BP) . . . . . . . 2030C Mündlicher Bericht des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität über die Aufhebung der Immunität des Abg. Goetzendorff (Drucksache Nr. 787) . 2002C Ritzel (SPD), Berichterstatter . . . 2002C Dr. Miessner (DRP) 2003D Nächste Sitzung . . . . . . . . . 2030D Die Sitzung wird um 10 Uhr 39 Minuten durch den Präsidenten Dr. Köhler eröffnet.
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    Rede von Alfred Loritz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (WAV)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (WAV)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Haushaltsdebatte gibt, so wie das in allen Ländern der Fall ist, auch bei uns in Westdeutschland Anlaß, sich mit der allgemeinen Politik der Regierung einmal eingehend zu befassen, einmal eingehend zu untersuchen, was die Regierung, die die Genehmigung des Haushalts von uns wünscht, bisher geleistet hat. Meine Damen und Herren, ich darf Ihnen namens der WAV-Fraktion hierzu folgendes ausführen.
    Wir von der WAV sind zutiefst unzufrieden mit dem, was die Regierung Adenauer bisher getan hat.

    (Zuruf des Abg. Dr. Oellers.)

    — Ich werde Ihnen auf Ihre törichten Zwischenrufe nicht antworten, Herr Kollege!
    Wir werden jetzt hier im einzelnen einige der Beanstandungen, die wir haben, offen aussprechen. Und ich bitte Sie. mich reden zu lassen und mich nicht bei jedem Satz zu unterbrechen.

    (Zuruf von der Mitte.)

    Meine Damen und Herren, zunächst unsere Beanstandungen auf dem Gebiete der Außenpolitik. Wir wollen gleich das Gebiet erwähnen, auf dem die Regierung am sorgfältigsten und subtilsten vorgehen müßte; denn wenn e i n Staat besonders sorgfältige Außenpolitik treiben muß, dann ist es der, der besiegt am Boden liegt. Wir können nicht verstehen, daß Bundeskanzler Adenauer nicht sofort, nachdem diese denkbar unglückselige Rede Dr. Dehlers gehalten worden


    (Loritz) I

    ist, die Konsequenzen daraus gezogen und Dr. Dehler abberufen hat.

    (Zurufe von der Mitte und rechts: Aha!)

    Da er dies nicht tat, hat er, Dr. Adenauer, seine Regierung in Mitleidenschaft gezogen;

    (Zurufe von der Mitte)

    darüber gibt es gar keinen Zweifel. Es genügte nach außen hin keineswegs, daß Dr. Adenauer sagte, er identifiziere sich nicht mit den Worten seines Bundesjustizministers und wolle öffentlich davon abrücken.
    Das ist nicht die einzige unglückselige Sache, die in den Monaten seit dem Regierungsantritt Adenauers passiert ist. Solche Erklärungen — ich möchte fast sagen: Erklärungen am laufenden Band —, die der Herr Bundeskanzler gegenüber auswärtigen Journalisten abgibt, Erklärungen, die für ganz Deutschland von entscheidender Bedeutung sind, Erklärungen, in denen es sich um die Zukunft unseres Landes und darum handelt, was Dr. Adenauer mit unserem Lande anfangen will, solche Erklärungen darf man nicht abgeben — irgendwelchen Presseleuten schon gleich gar nicht, aber auch nicht anderen Regierungen gegenüber —, ohne daß man vorher das Parlament befragt und zu Rate zieht! Denn wir haben doch eine Demokratie! Wenn z. B. ein Vorschlag kommt, Deutschland solle aufhören, als selbständiger Staat zu bestehen, Deutschland solle in eine Union mit irgendeinem andern Staat eintreten, dann handelt es sich doch wohl um ein Problem, zu dem, zuerst das ganze deutsche Volk und zuerst mindestens auch die Vertreter des deutschen Volkes im Bundestag gefragt werden müßten. Man darf sich nicht demokratische Regierung heißen, wenn man hier autoritäre Erklärungen abgibt, wenn man Erklärungen abgibt, ohne daß das Parlament vorher auch nur irgendeinen Funken einer Kenntnis davon hat. Merkt der Herr Bundeskanzler und merkt seine Regierung nicht, wie er durch solche Erklärungen aus dem Stegreif diese Erklärungen selber entwertet? Merkt er wirklich nicht, wie im Ausland denen, die es nicht gut mit uns meinen, dadurch geradezu Gelegenheit gegeben wird, zu sagen: das ist doch alles bedeutungslos, was hier Dr. Adenauer sagt, dahinter steht ja doch niemand; dazu ist ja der Bundestag nicht gefragt worden, noch viel weniger das deutsche Volk! Dr. Adenauer würde, weiß Gott, gut tun, wenn er, bevor er nochmals außenpolitische Erklärungen von größter Tragweite abgibt, zuerst die Volksvertretung und am besten das Volk darüber fragen würde.

    (Abg. Kunze: Am besten Sie!)

    Meine Damen und Herren, wenn es wahr ist, was in den Zeitungen stand — es wurde nicht dementiert —, diese Erklärung des Bundeskanzlers nämlich anläßlich des Ausganges der englischen Parlamentswahlen, wenn es wirklich wahr ist, daß Dr. Adenauer Journalisten gegenüber erklärte, er, Dr. Adenauer, möchte nicht mit so wenigen Stimmen Mehrheit Minister sein und regieren, wie das bei Attlee der Fall ist, dann ist das — wenn es wahr ist! — eine so ungeheuerliche Verkennung der Situation der Regierung Adenauer, daß sich eigentlich jedes Wort darüber erübrigen sollte; denn wenn man selber mit einer Stimme Mehrheit gewählt worden ist, darf man schon deshalb nichts an auswärtigen Staatschefs aussetzen, die immerhin mit einer etwas größeren Mehrheit gewählt worden sind. Ganz abgesehen davon: man darf sich nicht in irgendwelche innerpolitischen Dinge anderer Staaten einmischen. Es ist Sache der Engländer, welche Regierung sie gewählt haben, es ist ihre Sache, mit welcher Stimmenmehrheit sie die Regierung gewählt haben. Für uns ist jede englische Regierung, die gewählt worden ist, die Vertreterin des englischen Staates, und das gilt genau so gut bei allen anderen Regierungen.

    (Zurufe in der Mitte: Bei uns auch!)

    Wir müssen auch vorsichtig sein mit Erklärungen -- auch diese Erklärung stand wieder in der Zeitung und wurde nicht dementiert —, es sollten hier in Bonn im Bundeshaus keine französischen Zustände einreißen. Das darf man insbesondere dann nicht sagen, wenn man einige Tage vorher den Franzosen angeboten hat, man wolle sich mit ihnen verschmelzen,

    (Zuruf in der Mitte: Haben Sie eine Ahnung!)

    so daß also französische Zustände ohne weiteres dann auch, hier Platz greifen müßten. Ganz abgesehen davon, daß doch weiß Gott das französische Volk gar nichts dafür kann, wenn einige Sendlinge Moskaus im Auftrage von Moskau irgendwelche Lärmszenen im französischen Parlament heraufbeschwören.

    (Zuruf in der Mitte.)

    — Sie rufen hier dazwischen, Herr Kollege von der CDU, das sei gar nicht wahr. Ich habe leider ein solches Dementi Dr. Adenauers auf diese Presseerklärung hin bisher vermißt. Ich wäre als Deutscher außerordentlich zufrieden, wenn ein solches Dementi kommen würde oder vielleicht gekommen wäre. Ich glaube, der Herr Bundeskanzler würde am besten den Weg über das Plenum des Parlamentes wählen, um solche Nachrichten zu dementieren, damit in aller Öffentlichkeit auch vor Hunderten von Pressevertretern dann klargestellt wird, was Dr. Adenauer angeblich nicht gesagt hat.
    Und dabei handelt es sich bei all diesen Dingen, die bisher geschehen sind, nicht um Einzelfälle. All das gibt ein außenpolitisches Mosaik, bei dem uns weiß Gott nicht mehr wohl ist, ein außenpolitisches Mosaik, das wir von unserem Standpunkt aus nur als bis jetzt sehr verunglückt bezeichnen können und müssen.

    (Zuruf rechts: Fühlen Sie sich jetzt gerade wohl?)

    Außenpolitik muß heute bei uns in Deutschland subtiler betrieben werden als in jedem andern Staat in der Welt. Wir müssen Sympathien im Auslande gewinnen, bei allen Staaten der Welt. Wir müssen vermeiden, irgendwelche Leute im Auslande, sei es eifersüchtig, sei es mißtrauisch zu machen oder ihnen sonstwie Anlaß zu geben, an dem ehrlichen Wollen unseres deutschen Volkes, das Frieden und Freundschaft mit allen Staaten der Welt will, irgendwie zu zweifeln.

    (Zuruf in der Mitte: Bezweifeln Sie das bei Dr. Adenauer?)

    Wie sieht es nun auf dem Gebiete der Innon-


    (Loritz) politik aus? Was wurde hier seit September, seit die Regierung Adenauer im Amte ist, geleistet?


    (Zuruf von der CDU: Was haben Sie geleistet? — Sie leisten mehr?!)

    — Wir sind nicht in der Regierung drin. Sie dürfen nicht an u n s die Frage stellen, was wir geleistet haben.

    (Erneute Zurufe von der CDU.)

    Ich spreche hier von der Regierungspolitik! Wollen Sie mich bitte jetzt nicht mehr unterbrechen. Die Opposition nimmt Ihnen die Verantwortung für Ihre Fehler nicht ab, seien Sie überzeugt davon!
    Also zurück zur Innenpolitik. Ich teile da den Gedanken, den der Herr Vizepräsident Dr. Schäfer hier soeben zum Ausdruck gebracht hat:

    (Zuruf in der Mitte: Sehr gnädig!)

    daß man für die bisher abgelaufene Zeit nicht alles verlangen kann. Das tut aber kein Mensch von uns! Kein Mensch verlangt, daß die Regierung Adenauer jetzt schon alle die drängenden Probleme hätte meistern sollen und
    müssen denen wir gegenüberstehen.

    (Zuruf von der CDU: Aber draußen sagen Sie es, draußen reden Sie!)

    - Nein, wir verlangen etwas ganz anderes: wir verlangen, bei der Regierung Adenauer hätte wenigstens et w a s an Leistungen bisher sichtbar werden sollen, Leistungen in der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, in der Eingliederung der Heimatvertriebenen in die deutsche Wirtschaft, in der Besserstellung der Kriegsopfer.

    (Zurufe in der Mitte: Propaganda, alte Schallplatte!)

    Das alles sind Dinge, bei denen die Regierung Adenauer schon manches hätte leisten können und müssen. Wenn da etwas sichtbar in Erscheinung getreten wäre, dann wären wir von der WAV die ersten gewesen, die gesagt hätten: Bitte, die Regierung hat immerhin schon etwas fertiggebracht. sehen wir weiter zu, vielleicht wird sie in den nächsten Monaten noch weitere Dinge dazu fertigbringen."

    (Zuruf in der Mitte: Sie kommen mit hinein ins Ministerium!)

    Aber was ist denn hier geschehen, seit die Regierung Adenauer im Amt ist? Die Zahl der Arbeitslosen ist vom September bis jetzt sprunghaft gestiegen. Wenn in den letzten Tagen eine Abnahme zu verzeichnen ist, so sage ich Ihnen, daß ich über diese niederen Ziffern der Abnahme geradezu bestürzt bin; denn jetzt, nachdem das Bauwetter in ganz Deutschland wieder normal ist. müßten mindestens 500 000 jetzt arbeitslose Bauarbeiter wieder Arbeit bekommen haben.

    (Zuruf von der Mitte: Reden Sie doch keinen Stuß! — Abg. Strauß: Dann müssen halt Sie die Macht übernehmen! — Weitere Zurufe. — Glocke des Präsidenten.)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Meine Damen und Herren, ich empfehle, den Herrn Redner ruhig anzuhören.

(Erneute Zurufe. — Zuruf von der Mitte: Wenn er solchen Unsinn redet?!)

— Es hat hier jeder das Recht, seine Meinung vorzutragen. Je ruhiger sie vorgetragen wird und
je ruhiger der Redner angehört wird, um so reibungsloser wird, glaube ich, die Debatte verlaufen.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Alfred Loritz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (WAV)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (WAV)

    Ich darf fortfahren. Wir haben jetzt, wie ich bereits sagte, bestes Wetter zum Bauen, und trotzdem ist die Zahl der Arbeitslosen in Westdeutschland nur unwesentlich zurückgegangen. Woher kommt das? Das kommt einmal davon her, daß Bauten erst in viel zu geringem Umfang in Angriff genommen wurden. Aber es gibt noch einen zweiten Grund, und der ist noch schlimmer: daß nämlich die Zahl der jetzt wieder in Arbeit einströmenden Bauarbeiter

    (Abg. Spieß: Also doch?)

    weitgehend dadurch paralysiert wird, daß in anderen Branchen, die nicht etwa saisonbedingt sind,

    (Abg. Spieß: Ach du Schreck!)

    weiterhin Arbeitslose zuwachsen, so daß trotz des Beginnes günstiger Witterung die Arbeitslosenzahl noch nicht so heruntergeht. wie sie heruntergehen könnte.

    (Zuruf von der Mitte: Warum geht sie nicht herunter?)

    Und nun darf ich Ihnen eines sagen: Wir haben alle noch die Worte des Herrn Bundeskanzlers und seiner Minister, des Herrn Ministers Storch, des Herrn Ministers Erhard usw. in den Ohren, die im September, Oktober, November und noch später dem Hohen Hause immer wieder erklärten, mit der Arbeitslosigkeit sei es nicht so tragisch, es handele sich hier lediglich um normale Erscheinungen, usw. Wir alle haben das gehört, und Sie, meine Herren von den Regierungsparteien, werden nicht in der Lage sein, das zu bestreiten!

    (Abg. Spieß: Dann kennen Sie wohl das Arbeitsbeschaffungsprogramm der Regierung nicht?!)

    - Das Arbeitsbeschaffungsprogramm? Ja, das ist viel zu spät gekommen, und bis jetzt, Herr Zwischenrufer, sehe ich noch keine Verwirklichung dieses Programms, sonst müßten Sie mindestens 4- bis 500 000 arbeitslose Bauarbeiter schon wieder eingegliedert haben! Aber allein schon die Tatsache, daß die Regierung Adenauer so lange Monate hindurch — September, Oktober, November, Dezember, sogar noch Januar,

    (große Heiterkeit und Zurufe)

    also gerade die wichtigsten und wertvollsten Monate hindurch — die Bedeutung der Arbeitslosigkeit nicht erkannt hat,

    (Abg. Strauß: Nur Loritz hat es erkannt!)

    das allein schon ist ein Faktum, das wirklich n i ch t zugunsten der Regierung Adenauer spricht!

    (Abg. Strauß: Aber zugunsten von Loritz!)

    — Zugunsten derer, die rechtzeitig davor gewarnt haben. Herr Zwischenrufer! Dazu haben wir gehört, und dazu haben auch noch andere Leute in diesem Hause gehört. Aber Sie haben diese Warnungen leider nicht berücksichtigt, sondern Sprüche hier herinnen im Parlament machen lassen,

    (Zurufe: Wer macht Sprüche?)



    (Loritz)

    als sei das eigentlich gar nicht von Bedeutung.

    (Lebhafte Zurufe von der Mitte und rechts: Unerhört! — Wer macht denn die Sprüche? — Das ist doch der wahre Jakob!)

    Meine Damen und Herren! Diese Mißachtung des Arbeitslosenproblems in seiner ganzen Tragweite ist einer der Hauptfehler, die die Regierung Adenauer bisher begangen hat.
    Ein zweiter Hauptfehler der Regierung Adenauer ist dieser: daß sie nichts getan hat. um von sich aus die Wirtschaft dadurch wirklich anlaufen zu lassen, daß man es endlich einmal gewissen Großbanken verunmöglichen würde, den Sparern, die ihr Geld zur Bank tragen, nur 21/20/o Zinsen zu geben, aber selbst 9, 10 und noch mehr Prozent Zinsen zu verlangen, selbst auf allererste Sicherheiten und erste Hypotheken.

    (Zurufe: Na, na!)

    Wenn ein kleiner Kaufmann im Lande draußen eine Ware, die er um 10 Mark bekommt, um 30 und 40 Mark weiterverkaufen würde, würde man ihn mit Recht wegen Wuchers zur Anzeige bringen. Die großen Bankdirektoren aber dürfen mit Unterstützung. dieser Regierung, die dafür verantwortlich ist, daß die Spanne zwischen den Einlagezinsen und den Zinsen für entnommene Gelder so groß ist, aber nichts dagegen tut, unerhörte Gewinne machen mit den Ersparnissen unseres Volkes! Jeder, der von der Wirtschaft, von der Bauwirtschaft oder von was sonst etwas versteht,

    (Zuruf von der Mitte: Sie vielleicht?!)

    weiß, daß es zu teuer ist, wenn ein Geld 9 oder 10 oder noch mehr Prozent Zinsen pro Jahr kostet. Jeder Einsichtige weiß. daß unter solchen Umständen die Privatwirtschaft nicht bauen kann und auch nicht in der Lage ist. ihre Unternehmen zu erweitern. daß die Landwirtschaft nicht in der Lage ist, große Meliorationsprojekte durchzuführen, und daß auch keine Privatgesellschaft und kein gemischtes Unternehmen, also öffentlich und privat zusammen, hergehen wird, irgendwelche Kraftwerksbauten durchzuführen, wen n Geld nur zu so unerhört hohen Zinssätzen zu haben ist. All das hätte die Regierung Adenauer tun müssen!
    Sie hätte auch dafür sorgen müssen und können, daß Millionen von Menschen sich mehr Lebensmittel kaufen können, als ihnen das jetzt möglich ist. Millionen von Arbeitslosen, Heimatvertriebenen, kleineren Angestellten und Arbeitern

    (Zuruf von der Mitte: Die Eier sind billiger geworden!)

    könnten sich mehr leisten, wenn nicht unerhört hohe Handelsspannen da und dort, und zwar beim Großhandel,

    (Zuruf von der Mitte: Eierpreis!)

    nicht etwa bei den kleinen Leuten, das verzögern würden. Ja, rufen Sie nur dazwischen „Eierpreis"! Schade, daß nicht S i e damals den Antrag auf Einfuhr der Eier vom Ausland gestellt haben, wie das die WAV getan hat!

    (Anhaltende Zurufe.)

    Sie haben damit gewartet, Sie haben es uns, der
    kleinen Fraktion der WAV, überlassen! Und das
    Ergebnis war, daß allein auf diese Ankündigung hin

    (große Heiterkeit und Zurufe)

    der Preis heruntergegangen ist! Jawohl, das sind die Tatsachen! Da brauchen Sie nur die entsprechenden — —

    (Abg. Dr. Oellers: Wenn Sie gackern, dann legen die Hühner!)

    — Was sind das für tolle Zurufe: „Sie gackern!" Wenn Sie nichts Besseres zwischenzurufen verstehen, dann beteiligen Sie sich bitte nicht hier an der Diskussion! Sie werden damit nur der Demokratie schaden, wenn Sie mit solch lächerlichen Zwischenrufen daherkommen.

    (Abg. Strauß: Nehmen Sie doch nicht solche Worte in den Mund! Abg. Euler: Wenn Sie solche geistreiche Rede halten?!)

    Meine Damen und Herren! Auch auf anderen Gebieten ist ein unerhörter Wucher bei den Großhandelsspannen getrieben worden. Wir haben diese Anträge eingereicht. Immer und immer wieder wird jetzt die Behandlung dieser Dinge im Plenum hinausgeschoben. Schon lange war sie überfällig. Wir werden Ihnen dann noch einiges mit nackten Ziffern zu sagen haben, damit Sie sehen, wie hier durch Versäumnisse der Regierung Preise hochgehalten werden. an denen der Bauer, der Kleinhändler und der Verbraucher nichts haben, deren Gewinne lediglich in die Taschen einiger weniger zehntausend Großverdiener fließen.

    (Zuruf von der Mitte: Und Großschieber!)

    Und gerade hier hat die Regierung auch versagt.
    durch entsprechende Gesetze einzugreifen und
    hier dafür zu sorgen. daß das Produzierte wirklich zu anständigen Preisen an die Verbraucher gelangen kann.

    (Abg. Dr. Freiherr von Rechenberg: Und die Eier?)

    Wir haben hier such kein Programm der Regierung vor uns. Oder wollen Sie vielleicht das Ausnendelnlassen als ein Programm bezeichnen? Wollen Sie ein reines Laisser-faire. Laisser-aller, ein reines Zulassen und Hingehenlassen vielleicht als Programm und als etwas. was der Regierung zugute gerechnet werden kann. bezeichnen? Ich gehöre nicht zu den Leuten, die sich auf diesen Standpunkt stellen!

    (Abg. Strauß: Sie sind ein wirtschaftlicher Archäologe!)

    — Herr Präsident, „wirtschaftlicher Eunuch" hat er gesagt der Abgeordneter Strauß! Ich verbitte mir das jetzt bald.