Rede von
Dr.
Herwart
Miessner
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(DRP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Meine Damen und Herren! Meine Ausführungen erübrigen sich insofern, als ich auch im Namen meiner Gruppe dem Antrag der SPD zustimmen wollte, nunmehr aber die Regierungsparteien ebenfalls die nochmalige Überprüfung im Ausschuß beantragt haben. Da wir aber als kleine Gruppe nicht im Ausschuß vertreten sind, bitte ich mir zu erlauben, hier im Plenum wenigstens kurz zu § 3 Abs. 3 des Entwurfs eines Gesetzes über den Bundesfinanzhof, der ja wohl der Hauptstreitpunkt ist, Stellung zu nehmen.
Es geht da um die Frage, ob und wieweit festgelegt werden soll, daß im Obersten Reichsfinanzhof nur Richter eingestellt werden können, die die Befähigung zum Richteramt haben. Ich selbst war nach dem Kriege mehrere Jahre Mitglied eines Finanzgerichts beim Oberfinanzpräsidium und glaube, Ihnen daher folgendes sagen zu müssen: Ein Finanzgericht ist nicht in allen Teilen mit einem Zivilgericht oder einem Strafgericht gleichzusetzen, das zweifellos in seiner obersten Instanz nur mit Berufsjuristen besetzt sein sollte. In der Finanzverwaltung gibt es unter den höheren Beamten — nehmen wir mal die Kategorie der Regierungsräte — doch etwa ein Drittel, die aus dem Inspektoren- oder aus dem Angestelltenstand, insbesondere aus der Sparte der Betriebsprüfung, hervorgegangen sind. Die Reichsfinanzverwaltung hat es selbst immer begrüßt und betont, daß das sogenannte Juristenmonopol bei ihr schon längst gebrochen ist. Die Finanzverwaltung sieht sich nämlich in der Lage, Tatbestände zu prüfen, die oft weniger rein juristischer als vielmehr wirtschaftlicher und insbesondere buchtechnischer Art sind. Es wird sich also als notwendig erweisen, auch im Obersten Finanzgericht, im Reichsfinanzhof in München, Sachverständige zum Beispiel des Bilanzwesens zu haben. Ich darf wohl die Juristenkollegen hier im Hause daran erinnern, daß es dem Juristen im allgemeinen nicht sehr sympathisch ist, mit Zahlen zu jonglieren. Judex non calculat!
Wenn Sie also im Ausschuß diesen § 3 Abs. 3 noch einmal beraten, dann möchte ich Ihnen als Angehöriger der Reichsfinanzverwaltung sagen: Beachten Sie bitte, daß in der Steuerverwaltung in erster Linie Tatbestände aus dem Wirtschaftsleben sehr komplizierter Art zu entscheiden sind, denen der reine Jurist allein nicht immer gewachsen ist. Eine gute Mischung wäre daher zu empfehlen.