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ID0105305000

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag - 53. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 28. März 1950 1927 53. Sitzung Bonn, Dienstag, den 28. März 1950. Geschäftliche Mitteilungen 1927D, 1950C, 1978B Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Ersten Wohnungsbaugesetzes (Drucksachen Nr. 703, 567, 352) 1927D Dr. Brönner (CDU), Berichterstatter 1928A Klabunde (SPD) . . . . . 1936C, 1946C Wirths (FDP) 1938D Lücke (CDU) . . . . . . . . 1940B Paul (Düsseldorf) (KPD) . . . . 1942C Dr. Etzel (Bamberg) (BP) . . . 1943D Reindl (WAV) . . . . . . . . 1945A Determann (Z) . . . . . . . 1945C Bahlburg (DP) 1946A Wildermuth, Bundesminister für Wohnungsbau 1947A Abstimmungen 1948D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für den Lastenausgleich über den Antrag der Fraktion des Zentrums betr. Änderung des Soforthilfegesetzes (Drucksachen Nr. 684 und 82) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Horlacher, Hilbert, Strauß, Bauereisen, Struve, Stücklen und Genossen betr. Durchführung des Soforthilfegesetzes bei der Landwirtschaft (Drucksache Nr. 543) und der Interpellation der Fraktion der SPD betr. Soforthilfeabgabe (Drucksache Nr. 635) und der Interpellation der Fraktion der SPD betr. Lastenausgleich (Drucksache Nr. 636) . . . . . 1950D, 1951B, 1954B Wartner (BP): als Berichterstatter 1950D als Abgeordneter 1960D Dr. Horlacher (CSU), Antragsteller 1951B Schäffer, Bundesminister der Finanzen 1954C Dr. Reismann (Z) . . . . . . . 1958A Kohl (Stuttgart) (KPD) 1962C Schmidt (Bayern) (WAV). . . 1964C Mensing (CDU) 1965C Seuffert (SPD) 1966C Wackerzapp (CDU) 1970C Farke (DP) 1972A Strauß (CSU) 1972D Dr. Dr. Nöll von der Nahmer (FDP) 1973B Dr. Preiß (FDP) 1975B Kunze (CDU) . . . . . . . . 1976B Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Umlegung von Grundsteuererhöhungen auf die Mieter (Drucksache Nr. 772) 1978B Mitteilung über den Anschluß der Abgeordneten Paschek und Goetzendorff als Hospitanten an die Gruppe der DRP 1978B Erklärung der WAV betr. den Abg. Goetzendorff 1978C Loritz (WAV) 1978C Nächste Sitzung 1978D Die Sitzung wird um 10 Uhr 13 Minuten durch den Präsidenten Dr. Köhler eröffnet.
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    Rede von Rudolf Kohl


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (KPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)

    Meine Damen und Herren! Die Erklärungen des Herrn Finanzministers haben eigentlich die Befürchtung bestätigt, die wir bereits bei der Debatte über den Lastenausgleich in den letzten Tagen geäußert haben. Ich habe damals darauf hingewiesen, daß man diesem kommenden endgültigen Lastenausgleich einigermaßen mit Bedenken entgegensehen muß. Was der Herr Bundesfinanzminister heute vormittag zum besten gab, war darauf abgestellt, keine Hoffnungen zu erwecken; denn dieser endgültige Lastenausgleich wird so aussehen, daß aus diesem Haus starker, entscheidender Widerspruch auftauchen muß. Ich bin nicht w e der Redner des Zentrums der Meinung, daß der Herr Finanzminister Schäffer nicht der geeignete Mann ist, um das Gesetz über den endgültigen Lastenausgleich zu formulieren. Ich bin viel eher der Meinung, daß es im Kabinett wohl kaum einen Minister gibt, der auf Grund seiner politischen Grundeinstellung in der Lage ist, diesem Hohen Haus ein Lastenausgleichsgesetz vorzulegen, das nach der sozialen Seite hin die Bedingungen erfüllt, die daran geknüpft werden müssen.
    Man muß im Zusammenhang mit der Rede des Herrn Bundesfinanzministers einmal auf die Regierungserklärung hinweisen. Es dürfte die Verpflichtung dieses Hauses sein, auch die Durchführung und Realisierung dessen zu überwachen, was in der Regierungserklärung als politische Grundlage, als Arbeitsgrundlage für die Regierung niedergelegt ist. Herr Dr. Adenauer hat damals in der Regierungserklärung gesagt:
    Wir werden bemüht sein, den endgültigen Lastenausgleich bald zu verabschieden, um die Ungewißheit zu beseitigen, die sofft so langer Zeit sowohl auf den Geschädigten wie auch auf der zu belastenden Wirtschaft liegt. Die gesetzliche Regelung muß sich in die allgemeine Steuer- und Finanzreform sinnvoll einordnen.
    Meine Damen und Herren, die „sinnvolle Einordnung", wie sie diese Regierung versteht, haben wir bereits bei der Verabschiedung des Einkommensteuergesetzes erlebt.

    (Abg. Renner: Sehr gut!)



    (Kohl [Stuttgart])

    Wir werden die andere „sinnvolle Einordnung", wie sie eben die Regierung Adenauer versteht, bei der Debatte um den endgültigen Lastenausgleich erleben.
    Es ist nicht von ungefähr, daß sogar der Deutsche Städtetag in einer Eingabe vom 20. März den Bundesfinanzminister und damit die Regierung darauf hinweist, daß die Verhältnisse auf dem Gebiete der Soforthilfe sich in einer einfach untragbaren Weise gestaltet haben, so daß der Deutsche Städtetag eine sofortige Änderung des Soforthilfegesetzes verlangt, um soziale Schäden unter allen Umständen zu verhindern. Er macht dabei eine Reihe von Vorschlägen und sagt u. a. auch, daß der § 37 gestrichen werden muß, weil er in seiner ganzen unsozialen Tendenz einfach nicht mehr tragbar ist.
    Ich habe hier einige sehr interessante Statistiken aus der Stadt Essen, die uns einmal deutlich illustrieren, wie die Dinge in Wirklichkeit draußen aussehen. Das Amt der Soforthilfe der Stadt Essen hat in einer schematischen Darstellung das wahre Bild der Auswirkungen des Soforthilfegesetzes aufgezeigt. Das Amt stellt in der Frage des Verhältnisses zwischen Unterhaltsbeihilfe und Unterhalts
    zuschuß folgendes fest: Nur 35 % der Unterhaltshilfeempfänger gelangten in den Genuß der vollen Unterhaltsbeihilfe. Bei 65 % aller Unterhaltshilfeempfänger wird durch den Bezug einer Sozial- oder Kriegsrente die Unterhaltsrente gekürzt; davon erhalten 16 % eine Unterhaltshilfe von 30 DM und mehr, und 49 % erhalten trotz ihres höheren Schadens weniger als die Empfänger von Unterhaltszuschüssen. Nach der sozialen Seite hin, glaube ich, ist auch diese Statistik von einigem Interesse.
    Sie zeigt auf der anderen Seite diesen sehr engen Rahmen des Gesetzes. Nach der sozialen Seite stellt beispielsweise dieses Amt fest, daß die Voraussetzungen der Unterhaltshilfe in Essen — und ich glaube, die Verhältnisse sind in einer Reihe entscheidender Großstädte ähnlich — zahlenmäßig so sind, daß dort wegen Alters 71,8 % Unterhaltshilfe beziehen, wegen Arbeitsunfähigkeit 25 %, wegen Versorgung von drei und mehr Kindern 0,6 °/o, als Vollwaisen 2,6 °/o, also immer in Prozentzahlen genommen für den davon betroffenen Personenkreis. Das ist außerordentlich interessant.
    Es ist auch interessant in einer anderen Frage, der der Hausratshilfe. Die Ziffern des Aufkommens wurden von dem Herrn Bundesfinanzminister in der Beantwortung der Interpellation der Sozialdemokratischen Partei genannt. Aber nur zugespitzt einmal auf die Stadt Essen sehen die Dinge, so aus, daß für die Hausratshilfe ungefähr 40 250 Anträge eingereicht worden sind, während davon nur 14 000 Fälle berücksichtigt werden konnten bei einer Auszahlungsquote von 150 DM.
    Ich könnte Ihnen noch einige Beispiele aus der Praxis sagen. Ich möchte es aber in diesem Zusammenhang nicht tun.

    (Danke! bei der CDU.)

    Aber ich glaube, allen Mitgliedern dieses Hohen Hauses ist von seiten des Verbandes der Heimatvertriebenen Südwürttemberg-Hohenzollern „Die Heimat" zugeschickt worden, in der ein offener Brief zum Abdruck kam an den Bundestag und an die Bundesregierung. Wenn ich diesen offenen Brief erwähne, so deshalb, weil auch der Herr Bundesfinanzminister bei seiner Rede in das bekannte Arsenal der sogenannten Radikalisierung recht tief hineingegriffen und versucht hat, nun zu beweisen, daß gerade die Heimatvertriebenen, die
    unter den Lastenausgleich oder unter das Soforthilfegesetz fallen, den Gedankengängen der Radikalen rechts und links außerordentlich zugänglich sind. Dort stellt man sehr eindeutig fest — Sie gestatten vielleicht, meine Damen und Herren, daß ich einige Zeilen davon verlese —:
    Die Heimatvertriebenen — ihrer Heimat, ihres Besitzes, eines großen Teils auch ihrer Rechte beraubt, arm, zum großen Teil in bitterer Not — sie haben nicht die extremen Parteien gewählt, denn sonst würden z. B. die Kommunisten mit einer stattlichen Anzahl von Abgeordneten in das Parlament eingezogen sein, sondern die Parteien der Mitte, der Mäßigung, der, wie sie hofften, sozialen Gerechtigkeit. An Versprechungen dieser Parteien und der Regierung, das Los der Heimatvertriebenen bessern zu wollen, Verständnis für deren besondere Lage zu haben, hat es nicht gefehlt. Überflüssig zu betonen, daß die Heimatvertriebenen und die unter das Soforthilfegesetz Fallenden bestimmt mit einem besseren Lastenausgleich zu rechnen hätten, wenn die Kommunisten ein entscheidendes Wort zu sagen
    hätten.

    (Oho-Rufe und Heiterkeit bei der CDU.)

    Aber der Herr Bundesfinanzminister fühlte sich doch veranlaßt, darauf hinzuweisen, daß einige Pressemeldungen nicht den Tatsachen entsprechen. Es scheint wirklich das Schicksal der Regierung Adenauer zu sein — nicht nur des Herrn Bundeskanzlers selbst, sondern darüber hinaus auch seiner einzelnen Mitglieder —, daß gerade auf diesem Gebiet der Wiedergabe von Interviews oder von Versammlungsberichten eine Panne nach der anderen passiert.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Hier stellen wir doch einwandfrei fest, daß beispielsweise „Die Welt" vom 22. 3. eine Rede des Herrn Staatssekretärs im Finanzministerium Hartmann wiedergibt, der auf einer Tagung des Wirtschaftsbeirats der CDU betonte, daß der allgemeine Abgabensatz des Lastenausgleichs von drei vom Hundert auf die Dauer nicht tragbar sei und indirekt Hunderttausende von Arbeitslosen schaffen werde. Auch das Aufkommen für die Soforthilfeabgaben in Höhe von einer Milliarde DM habe der Wirtschaft erheblich geschadet.
    Meine Damen und Herren! Diese Feststellungen des Herrn Staatssekretärs — und er dürfte ja bei dem kommenden Lastenausgleichsgesetz in seiner Formulierung und in seinem materiellen Inhalt nicht unbeteiligt sein — lassen die Befürchtung aufkommen, daß er dem Druck der Wirtschaft, so wenig wie möglich zu zahlen, auch in dieser Frage erlegen ist. Es ist doch wirklich eine lächerliche Behauptung, zu sagen, daß die bisher wirklich bescheidene Belastung der besitzenden Klasse durch das Soforthilfegesetz zu einer Schädigung der Wirtschaft geführt habe. Der Herr Staatssekretär weiß genau so gut wie alle Abgeordneten dieses Hauses und die gesamte Öffentlichkeit, daß immerhin seit der Währungsreform — und die Zeitspanne ist für
    die Summe, die dabei genannt werden muß, kurz — über 15 Milliarden DM neu in der westdeutschen Wirtschaft investiert worden sind. Und dann zu jammern, dürfte nach meiner Auffassung schon etwas mehr als abwegig sein.
    Aber wir sind der Meinung — und ich sage das mit aller Deutlichkeit —, die Befürchtungen könnten laut werden, wenn ich die Stuttgarter Rede des Herrn Finanzministers betrachte. Man macht ihm


    (Kohl [Stuttgart])

    auch indirekt in der Öffentlichkeit den Vorwurf, daß er versucht, den Lastenausgleich in dem Soforthilfegesetz auslaufen zu lassen. Ich glaube, daß es einfach nicht anders geht, wenn wir einen gerechten Lastenausgleich wünschen, einen Lastenausgleich, der nach der sozialen Seite hin die Bedingungen erfüllt, die an ihn gestellt werden müssen, daß nicht aus den laufenden Steuereinnahmen diese materielle Seite gedeckt werden kann, sondern daß zwangsläufig ein Einbruch oder ein Eingriff in die Substanz notwendig sein wird. Wir haben uns erlaubt, dazu in unseren Anträgen und in unserer grundsätzlichen Stellung eine ganze Reihe von Vorschlägen zu machen. Wir haben auch darauf hingewiesen, meine Damen und Herren, daß ohne die Durchführung der Bodenreform der Lastenausgleich kein Lastenausgleich sein wird.
    Das Finanzministerium und sein Staatssekretär sind viel großzügiger, wenn es gilt, der sogenannten Wirtschaft in Westdeutschland einiges zu versprechen. Ich möchte auch hier wieder die „Welt" zitieren, die heute vormittag von einer Sitzung der Lübecker Kaufmannschaft spricht, an der Herr Staatssekretär Hartmann teilgenommen hat, der dort erklärte, daß eine zweite, großzügige Steuerreform für Ende 1950 in Aussicht stehe. Vordringlich für die Gesundung der Wirtschaft sei aber die Durchführung des endgültigen Lastenausgleiches, der bis Herbst zu erwarten sei. Ich glaube, daß darin eigentlich das gesagt ist, was wir in unseren Befürchtungen schon wiederholt zum Ausdruck gebracht haben: Man ist bereit, bei einer zweiten großzügigen Steuerreform dem Besitz noch mehr zuzuschieben und die Last des verlorenen Krieges auf die abzuwälzen, die bereits genügend zu zahlen haben. Darüber hinaus möchte auch der Herr Staatssekretär eine gewisse Garantie haben, nämlich zuerst den Lastenausgleich unter Dach und Fach und dann die großzügige Steuerreform.
    Ein Wort zu dem Antrag des Herrn Kollegen Horlacher. Ich glaube, daß man dem Antrag in dieser Form einfach aus Gründen der Konsequenz nicht zustimmen kann; aber es wäre überflüssig gewesen, diesen Antrag zu stellen, wenn sich der Herr Kollege Horlacher mit seinen Freunden auf den Standpunkt gestellt hätte, den wir als Kommunisten immer wieder vertreten haben, um soziale Ungerechtigkeiten auszuschalten, nämlich auf den Standpunkt, daß die Belastung durch die Soforthilfeabgabe zuerst einzutreten hat bei einem Grundstückseigenwert von 10 000 DM. Man war der Meinung, daß man 3000 DM zu Grunde legen müsse, und hat nun all die sozialen Ungerechtigkeiten in Kauf zu nehmen. Vielleicht haben Sie nun daraus zu lernen, vielleicht erkennen Sie nun, daß unsere Auffassung richtig ist, daß der Bundestag es nicht verantworten kann, das Soforthilfegesetz noch bis zum Herbst laufen zu lassen, bis der endgültige Lastenausgleich unter Dach und Fach gebracht ist, sondern daß der Bundestag nach den Erklärungen des Herrn Bundesfinanzministers nun erst recht die Verpflichtung hat, so schnell wie möglich den Wünschen Rechnung zu tragen, die auf eine Änderung des Soforthilfegesetzes hinauslaufen.

    (Beifall bei der KPD. — Zustimmung in der Mitte.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Schmidt. Sie haben 15 Minuten Zeit, Herr Abgeordneter.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Wilhelm Schmidt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (WAV)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (WAV)

    Meine Damen und Herren! Vor Ihnen liegen heute verschiedene Anträge der verschiedenen Parteien über das Soforthilfegesetz. Auch wir haben in der letzten Zeit gleichlautende oder ähnliche Anträge gestellt, die im Lastenausgleichsausschuß behandelt wurden. Aber im Lastenausgleichsausschuß war die Stimmung immer so, daß es so weit kommen solle, daß am Soforthilfegesetz nichts gerüttelt werden solle, weil dadurch die Abgabe oder die Ausbezahlung der Beträge in Gefahr kommen könnten. Der Herr Präsident sitzt eben vor mir und lächelt ein wenig.

    (Zuruf bei der CDU: Er sitzt hinter Ihnen!)

    — Nein, ich meine den Vorsitzenden des Lastenausgleichsausschusses.
    Zu den Anträgen möchte ich sagen: Ich bedaure, daß das Haus heute nachmittag nicht vollzähliger beisammen ist, denn der vorliegende Punkt ist genau so wichtig, wie es heute vormittag der Wohnungsbau war. Es hat mich von Herzen gefreut, daß das Haus sich heute so einstimmig in einer Kundgebung zusammengefunden hat. Vielleicht ist es auch möglich, in diesen Fragen eine einmütige und einstimmige Zusammenhaltung durchzudrükken.

    (Abg. Frau Dr. Weber: Sehr richtig!)

    Ich glaube, wenn von allen Seiten das Verständnis entgegengebracht wird, dann wird es auch möglich sein.
    Wer in diesen Dingen im Wirtschaftsleben mitten drinsteht, der sieht, wie die Dinge eigentlich sind. Wir wissen, daß auf der einen Seite die Not der Heimatvertriebenen, der Flüchtlinge und Bombengeschädigten sehr, sehr groß ist. Darüber ist gar nicht lange zu reden. Ich sage noch einmal: Wer selber im Wirtschaftsleben drinsteht, der hat alle Tage die Gelegenheit, sich davon zu überzeugen. Wir wissen, wie groß die Not ist, und wir wollten. daß wir jedem von den Armen helfen könnten, wenn die Mittel vorhanden wären. Aber wir müssen auch auf der andern Seite die Dinge etwas betrachten, so wie die Anträge hier vorliegen, und nicht bloß die Landwirtschaft — es hat schon vorhin als Vorvorredner auch ein kleiner Bauer zu ihnen gesprochen; ich bin auch nur ein kleiner Bauer —, nachdem diese Anträge heute so gestaltet sind. Wir wissen, daß nicht allein der Bauer in dieser Not ist, sondern daß das gesamte Handwerk und der Mittelstand und auch das Gewerbe in der gleichen Lage sind.
    Darum müssen wir diesen Dingen zu Leibe gehen. Wir müssen die Not hei den Flüchtlingen lindern. Es gibt hier verschiedene Wege, die man gehen kann. Ich habe dem Herrn Bundesfinanzminister vor vierzehn Tagen einen Antrag überreicht, der in einer Massenkundgebung formuliert wurde.
    In dem Zusammenhang eine Bemerkung gegenüber dem Herrn Kollegen Horlacher, der heute gemeint hat, man müsse vor Bauern anders sprechen als vor Leuten in der Stadt. Das ist nicht wahr, meine Damen und Herren. Wer ehrlich ist, kann seine Ausführungen vor Stadtleuten und vor Bauern gleichlautend machen;

    (Sehr wahr! bei der WAV)

    wer aber unehrlich ist, der kann das nicht.
    Aus dieser Massenversammlung heraus wurde der Antrag gestellt, die Soforthilfeabgabe formal und in bezug auf den Zeitablauf anders zu gestalten. Es wurde bewiesen, daß die Landwirtschaft in der letzten Zeit nicht in der Lage war und auch in den kommenden Monaten nicht in der Lage sein wird, diese Abgabe zu leisten. Das soll aber nicht heißen , daß


    (Schmidt [Bayern])

    wir das Soforthilfegesetz ablehnen, wie mir vorgeworfen wurde. Nein, im Gegenteil, wir wollen den Armen und Notleidenden schneller helfen, und das ist möglich, wenn wir diese Umlage anders gestalten. Ich glaube, es sind so viele Herren Doktoren und Studierte im Saal, die mehr Verständnis dafür haben als wir kleine Bauern. Es muß da einen Weg geben, und wir sehen ihn darin: man muß diese Abgaben auf längere Zeit verteilen. Wir leisten dafür die Bürgschaft. Nur so kommt der Staat in die Lage, sich die Mittel schnell zu beschaffen. Das also heißt: „zeitlich anders gestalten".
    Nun zu der Ausgestaltung in formaler Hinsicht. Ich glaube, ich brauche darüber nicht viel zu reden. Wir meinen, man sollte nicht nur den Bauern, nicht nur den Mittelstand und auch die Industrie im kommenden Lastenausgleich belasten, sondern sollte auch die Stände mit heranziehen, die man bisher immer verschont hat und weiter verschonen will.

    (Abg. Spies: Nur einen praktischen Vorschlag bitte, nur einen!)

    — Jawohl, einen praktischen Vorschlag in der Hinsicht, daß wir bei dem Lastenausgleich auch die Kreise heranziehen, die man verschont hat,

    (Erneuter Zuruf in der Mitte: Sagen Sie es doch!)

    die Währungsgewinnler und die Hortungsgewinnler!

    (Beifall bei der WAV.)

    Warum nimmt man die nicht heran, Herr Kollege? Ich glaube doch, das ist ein Vorschlag.
    Bei dem Lastenausgleich sollen — auch das ist schon zum Ausdruck gebracht worden — auch diejenigen Kreise herangezogen werden, die ein hohes Einkommen haben, die hohen und höchsten Beamten, nicht nur die, die einen Besitz haben. Diese Leute kann man doch auch zum Lastenausgleich heranziehen.

    (Abg. Dr. Greve: Da haben Sie aber etwas angeschnitten!)

    Also in dieser Hinsicht wird es schon einen Weg geben.
    Nun zu den Anträgen von Herrn Dr. Horlacher, die die Stundung für die Landwirtschaft verlangen. Ich sage Ihnen, meine Damen und Herren, mit Stundung allein ist der Landwirtschaft nicht gedient. Es ist dem Bauern nicht gedient, wenn er jetzt einige Monate Zeit hat; denn er hat nachher doch das Geld nicht, um diese Abgabe zu leisten. In dieser Hinsicht muß die Regierung helfen, und ich wende mich da an den Herrn Finanzminister. Wir sind ja beide Bayern und haben uns, glaube ich, schon manchmal gut verstanden. Wir werden uns auch in dieser Frage weiter verstehen lernen

    (Heiterkeit.)

    Das muß doch möglich sein!
    Weiter sind Vorschläge unterbreitet worden, die den veränderten Verhältnissen formal Rechnung tragen wollen. Wir werden aber in der Hinsicht nicht um den Kern der Sache herumkommen. Auf der einen Seite wollen wir doch einem bestimmten Kreis von Menschen helfen. Machen wir es doch so, wie ich es in meinen Versammlungen mache. Ich sage denjenigen, die besitzen: Schaut euch die armen Teufel an, die alles verloren haben! Denen wollen wir doch helfen. Ich warne auch diejenigen, die glauben, sich hier immer weigern zu müssen. Denen gegenüber sage ich immer: Wolle unser Herrgott verhüten, daß wir einmal das gleiche
    Schicksal tragen müssen. Wir wissen ja gar nicht,
    was eines Tages noch über uns alle kommen kann.

    (Sehr wahr! bei der WAV.)

    Denen auf der anderen Seite aber sage ich: Ja, ihr habt alles verloren; ihr dürft mir aber nicht sagen — und das ist mir in Versammlungen oft vorgekommen —: „Wir haben schon alles verloren, und es ist uns ganz gleich, ob der Russe kommt oder der Kommunist oder wer sonst!" Diese Leute werden sich täuschen, sie werden noch einmal viel, viel mehr zu verlieren haben!

    (Sehr richtig! bei der WAV.)

    Darum stehen wir von der WAV auf dem Standpunkt: wir wollen alle miteinander helfen, wollen diese Frage zusammen lösen. Wir wollen auf der einen Seite die berechtigten Forderungen befriedigen und auf der anderen Seite bis an das Maß des Erträglichen gehen. Da lassen Sie mich mit dem Wort schließen:
    Wir wollen schließen ein Freundschaftsband Um alle, die schaffen in Stadt und in Land!
    Ich danke Ihnen!

    (Lebhafter Beifall bei der WAV und in der Mitte.)