Rede von
August-Martin
Euler
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DP)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieses Gesetz ist Ausdruck der tragischen deutschen Situation. Wir wünschten uns alle, allein von der Erwägung eines solchen Gesetzes freigestellt zu sein. Wir bedauern, daß wir genötigt sind, ein solches Gesetz überhaupt in Erwägung ziehen zu müssen.
Wir sollten uns aber nicht der Erkenntnis verschließen, daß es sich nicht nur um menschliche Probleme, sondern um die Meisterung einer politischen Aufgabe handelt, von deren Lösung die weitere Entwicklung der deutschen Bundesrepublik und damit die Aussicht für unsere deutschen Menschen in der Ostzone abhängt, jemals wieder von der Tyrannei des sowjetischen Systems freizuwerden.
Das ist der entscheidende Gesichtspunkt: Wenn wir keinerlei Schutzmaßnahmen gegen diejenigen treffen, die aus leichtsinnigen Erwägungen hierherkommen, weil sie glauben, hier ein viel besseres Fortkommen zu haben als drüben in der Ostzone — eine Annahme, die allzu leicht durch die viel schlechteren Lebensverhältnisse in der sowjetischen Zone hervorgerufen wird —, wenn wir keine Vorsorge dagegen treffen, dann schwillt eben der Zustrom aus der Ostzone derart an, daß hier ein Verelendungsheer entsteht, gegen das es gar keine Möglichkeiten der Sicherung und Abhilfe gibt.
Damit wird jenen Kräften des Ostens, die nichts so sehr wünschen wie eine Unterminierung der Bundesrepublik, die allerbeste Hilfe geleistet. Wir müssen uns gegen diejenigen abriegeln, die nicht deshalb hierherkommen, weil sie etwa aus politischen Gründen dazu genötigt wären, sondern weil sie sich leichtfertigen Erwartungen hingeben, damit wir die große Aufgabe, Deutschland der Einheit in Freiheit zuzuführen, erfüllen können.