Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir befinden uns in einem Rettungsboot. Das Boot ist überfüllt, und je mehr hereinkommen, desto mehr besteht die Gefahr, daß es umschlägt und alles versinkt.
Wenn der Kollege Priebe hier gesagt hat, daß sich der Kreis Uelzen in einer besonderen Notlage befindet, so kann ich das bestätigen; denn alle, die abgewiesen werden müssen, bleiben in diesem Kreis, und ich weiß, daß der Kreis im letzten Jahre 700 000 DM aufbringen mußte, um diesen abgewiesenen Menschen zu helfen. Ich weiß, daß in den letzten 5 Monaten etwa 27 000 abgewiesen worden sind. Ein großer Teil davon — das steht fest — ist in die Ostzone zurückgegangen; ein anderer Teil ist es nicht. Wenn aber nun der Kollege Priebe meint, daß wir letzt alle aufnehmen sollten, dann wird für den Kreis Uelzen geradezu eine Katastrophe eintreten; denn dann wird es nicht bei 700 000 DM bleiben, die in einem Jahre dort extra aufgebracht werden müssen, sondern es wird sich um Millionen handeln.
Wir sind uns darüber klar, daß ein Sieb eingeschaltet werden muß, und wer wie ich in den Lagern gewesen ist und sich dort die Prüfung angesehen hat, der muß schon sagen, daß nicht alle Fälle ohne weiteres als einwandfrei zu bezeichnen sind. Diese Prüfung soll ja auch nur alle diejenigen abhalten, die ihren Platz dort drüben leichtsinnig verlassen.
Wir haben nur zu überlegen, wie wir dem Kreis Uelzen helfen können, der bei aller Hilfe trotzdem noch genug Last weiter zu tragen hat. Ich glaube, es wäre richtig, daß hier von der Bundesregierung eingegriffen würde, um mit einer Hilfeleistung den Kreis zu unterstützen. Er steht nämlich vor dem Zusammenbruch. Von der niedersächsischen Regierung hat er 250 000 DM ersetzt bekommen; aber es bleiben noch 450 000 DM, die einfach nicht aufzubringen sind. Hier ist einzugreifen. Es ist ferner zu überlegen. wie man die abgewiesenen Illegalen, die man bisher noch nicht erfassen konnte, nun vielleicht doch erfassen könnte. Wenn wir einfach den Zustrom noch schlimmer anwachsen lassen. bedeutet das für den Kreis Uelzen und schließlich für unsere Westrepublik buchstäblich den Untergang.
Ich weiß nicht, ob Sie die Rede des Kommunisten Koenen kennen, die er drüben gehalten hat, in der
er sagte — ich sage es nur dem Sinne nach, kann Ihnen aber auch den genauen Wortlaut geben, denn ich habe ihn auf meinen Platz liegen —: Wir wollen Menschen hineinbringen, damit die wirtschaftlichen Schwierigkeiten größer werden, damit man im Westen nicht mehr damit fertig wird.
Ich bin auch genau davon unterrichtet, daß beispielsweise ab 1. April — wenn das auch der kommunistische Redner ableugnete — 500 neu ausgebildete Funktionäre hier einsickern sollen, die in der Polizeischule Potsdam ausgebildet sind und unter allen möglichen Berufen getarnt auftreten sollen.
Wir kennen die Gefahr genau und wollen die Augen davor nicht verschließen. Wir wollen menschlich sein - und das können wir in dem Rahmen dieses Gesetzes —, aber bitte menschlich für alle,
gerecht und menschlich, und unser junges Staatswesen im Auge behalten, auf das alle Deutschen von drüben blicken, damit es überhaupt ein Staatswesen wird und nicht vorher zusammenbricht.
Ich bitte das Hohe Haus, den Entwurf so anzunehmen, wie er vom Ausschuß vorgelegt worden ist.