Rede von
Hans
Ewers
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(DP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DP)
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die materielle Begründung für dieses umfochtene Ministerium hat Herr Dr. Ehlers so ausgezeichnet gegeben, daß ich dem eigentlich nichts mehr hinzuzusetzen habe. Verwunderlich ist nur, daß um dieses der numerischen Belastung nach unwichtigste Ministerium so viel Heiterkeit und so viel Beredsamkeit hier verspritzt wird.
Dieses Ministerium ist selbstverständlich für jede Partei, die wie die kommunistische totalitär oder wie die sozialdemokratische unitarisch denkt und solche Verfassungsformen anstrebt, gänzlich überflüssig. Es ist kein Zweifel: wenn wir einen deutschen Einheitsstaat, wie wir ihn unter Adolf Hitler hatten, wiederbekommen, ist an ein solches Ministerium nicht mit einem Atemzuge zu denken. Demgegenüber aber wollen wir uns vorsehen, daß wir nicht wieder einen solchen totalitären Einheitsstaat bekommen, sondern einen Föderalismus, wie ihn das Grundgesetz im Auge hat. Ich sage: „im Auge hat", denn wir haben ja schon hier bei mannigfachen Debatten zu Einzelfragen immer wieder erlebt, daß die Fragen der Zuständigkeit von Bund und Ländern durch die Bestimmungen dieses Gesetzes nicht überall klar erfaßt sind. Gerade die SPD ist es gewesen, die in mannigfachen Beziehungen wegen der Mehrdeutigkeit der Bestimmungen des Grundgesetzes Klagen beim Staatsgerichtshof mindestens angedroht hat, vielleicht heute noch entschlossen ist, sie in dem einen oder anderen Punkt auch zu erheben.
Nun liegen die Dinge so: meine Fraktion und Partei huldigen einem ehrlichen, anständigen Föderalismus, dessen innere geistige Haltung Herr Dr. von Merkatz vor einigen Tagen hier dem Hause, ich
glaube, in nicht zu überbietender Klarheit vor Augen geführt hat.
Es gibt mindestens noch eine Partei im Hause, die Bayernpartei, die ebenfalls reichstreu nur in einem föderalistischen Bundesstaat sein will. Bei dieser Situation kommen wir zu einem Zustand, den wir unter Adolf Hitler überhaupt nicht, in der Weimarer Republik kaum mehr — denn damals waren die Zuständigkeiten der Länder völlig ausgehöhlt — und selbst im Kaiserreich in dieser gelockerten und bei den Zuständigkeiten etwas zweifelhaften Form nicht mehr gekannt haben. Damals galt der klare Satz: „Reichsrecht bricht Landesrecht"; diesen klaren Satz haben wir heute nicht.
Wenn wir nunmehr mit diesem neuen Staat starten, dann gibt es selbstverständlich zwischen Land und Bund so viel Friktionsmöglichkeiten und Friktionen, daß es in der Tat zweckmäßig ist, daß dieses Ministerium sich ein Mitglied aussucht, das diese Dinge, und zwar vom föderativen Standpunkt aus betrachtet, abwägt und dann in der Tat ohne großes Geschrei in der Öffentlichkeit zu einer Lösung führt, die ebenso Länder wie Bund am Leben läßt. Das ist die Aufgabe, die allerdings in der Praxis, bei der Arbeit im Parlament und bei den Vorbereitungen, sich erst mit Materie füllen muß. Daß dieses Ministerium bescheidenst aufgezogen ist, daß es hoffentlich und vielleicht ur ein Übergangsministerium zu sein braucht, bis sich die Dinge endgültig eingespielt haben, alles das wird da mitberücksichtigt.
Entschuldigen Sie daher, daß ich in den humorigen Ton meiner Herren Vorredner nicht überall einfallen konnte. Er liegt mir sonst auch sehr am Herzen, aber ich meine, man kann gegenüber den Ausführungen von Herrn Dr. Bärsch sehr wohl, wenn man Föderalist ist, die zwingende Notwendigkeit dieses Ministeriums begründen. Es war auch nicht etwa so, daß Herr Hellwege lediglich ablehnte, ein Minister ohne Portefeuille zu sein, was er allerdings getan hat, sondern daß er vom Standpunkt unserer Partei, der CSU und CDU und der Bayernpartei aus erklärte, daß er als Föderalist ein solches Ministerium angesichts der zum Teil unklaren Bestimmungen des Grundgesetzes unmittelbar fordern müsse. Die Forderung ist von ihm gestellt worden nicht zu diesen etwas drolligen Spionagezwecken mit Blick von hinten,
sondern deshalb, weil er in der Tat befürchten mußte, daß der gesamte Bundesapparat etwas straucheln könnte, wenn man nicht die Stelle schafft, die berufen ist, ein solches Straucheln zu verhindern. Dazu hat Herr Dr. Etzel von der Bayernpartei schon das Notwendige gesagt.
Ich bitte daher die Mehrheit des Hauses, dieses Ministerium in seiner ganz bescheidenen Aufmachung zu bewilligen. Ich gehe auf die Einzelheiten nicht ein und betone ausdrücklich: Herr Dr. von Merkatz, dessen Name ja schamhaft verschwiegen wurde, ist nicht etwa „ehrenamtlicher" Staatssekretär gewesen, sondern unbesoldet, ohne Weisungsrecht und ohne Exekutive, nur im inneren Dienst des Ministeriums tätig; er war ein parlamentarischer Staatssekretär nach englischem Muster. Ob man einen solchen nun einführen soll oder nicht, darüber sind in diesem Hause die Ansichten offenbar geteilt. Von irgendwelchen klassenmäßigen Maßnahmen oder einseitiger Verwaltung kann überhaupt nicht die Rede sein. Die Stellung eines solchen Staatssekretärs — die beamtenrechtliche Stellung usw. — ist klar. Als Beamter kann er jederzeit entlassen werden, auch wenn er unbesoldet ist, wenn er nicht den Weisungen folgt oder seine Zuständigkeiten überschreitet. Nur mit Gehaltseinbußen kann er nicht bestraft werden, weil er kein Gehalt bezieht.
Ich lasse alle übrigen Einzelheiten unbetrachtet. Es gäbe noch mehr zu erwähnen; das ist aber unwesentlich. Sie werden auch meines Erachtens nur an den Haaren herbeigezogen, um gegen etwas, was man in der Hauptsache eben nur kraft seiner Grundhaltung angreifen kann, auch in den Einzelheiten Material zu schaffen.
Ich bitte das Haus, dem Etat dieses Ministeriums zuzustimmen.