Rede:
ID0105110500

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Metadaten
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    Vokabeln: 6
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
    3. hat: 1
    4. Herr: 1
    5. Abgeordneter: 1
    6. Brandt.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag - 51. Sitzung. Bonn, freitag„ den 24. März 1950 1811 51. Sitzung Bonn, Freitag, den 24. März 1950. Geschäftliche Mitteilungen . . 1812A, 1814C Zur Tagesordnung . . . . . . . . . 1812A Einsprüche der Abgeordneten Wehner und Heiland gegen ihren Ausschluß in der 49. Sitzung (Drucksachen Nr. 757 und 758) 1812A, B Mündlicher Bericht des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität über den Antrag der Fraktion der KPD (Drucksache Nr. 689) und über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD (Drucksache Nr. 707) betr. Verhaftung des Landtagsabgeordneten Lehmann . 1812C Zur Geschäftsordnung: Renner (KPD) . . . . . . . . 1812C Ritzel (SPD) . . . . . . . . . 1812C Fortsetzung der zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die vorläufige Aufstellung und Ausführung des Bundeshaushaltsplans und über die vorläufige Rechnungsprüfung sowie über die vorläufige Haushaltsführung im Rechnungsjahr 1949 (Vorläufige Haushaltsordnung und vorläufiges Haushaltsgesetz 1949) (Drucksachen Nr. 682 und 223) Einzelplan XIV — Haushalt des Bundesministeriums für Wohnungsbau (Drucksachen Nr. 678 und 754) . . 1812D Gengler (CDU), Berichterstatter . 1812D Klabunde (SPD) 1813C Dr. Leuchtgens (DRP) 1814D, 1815D, 1818B Graf von Spreti (CSU) 1815B Schoettle (SPD) 1816C Strauß (CSU) . . . . . . 1817A Jacobs (SPD) 1817C Loritz (WAV) . . . . . . . 1818A Dr. Freiherr von Rechenberg (FDP) 1819A Abstimmungen 1819C Einzelplan XV — Haushalt des Bundesministeriums für Angelegenheiten der Vertriebenen (Drucksache Nr. 679) . 1819C Schuster (WAV), Berichterstatter . 1819D Dr. Decker (BP) 1820B Dr. Ehlers (CDU) . . . . . . . 1820D Welke (SPD) ... . . . . . 1822B Kohl (Stuttgart) (KPD) . . . . 1825C Krause (Z) . .. . . . . . 1827A Dr. Leuchtgens (DRP) 1829C Dr. Trischler (FDP) . . . . . 1831B Dr. von Campe (DP) . . . 1833D, 1838C Dr. Kather (CDU) . . . 1835C, 1839A Loritz (WAV) . . . . . . . . 1837A Dr. Nowack (FDP) 1838A Dr. Lukaschek, Bundesminister für Angelegenheiten der Vertriebenen 1839C Schäffer, Bundesminister der Finanzen . . . . . . . . 1842B Abstimmungen 1854B Einzelplan XVI — Haushalt des Bundesministeriums für gesamtdeutsche Fragen (Drucksache Nr. 680) . . . 1842C Dr. Decker (BP), Berichterstatter . 1842C Mellies (SPD) . . . . . . . . 1843A Fisch (KPD) . . . . . . . . . 1844D Dr. Krone (CDU) 1849C Dr. Hamacher (Z) . . . . . . 1851B Brandt (SPD) 1852B Dr. Adenauer, Bundeskanzler . 1853D Loritz (WAV) . . . . . . . 1854A Abstimmungen 1854C Einzelplan XVII — Haushalt des Bundesministeriums für Angelegenheiten des Bundesrates (Drucksache Nr. 681) 1854D Renner (KPD) : als Berichterstatter 1854D als Abgeordneter 1860A Dr. Etzel (Bamberg) (BP) . . . . 1855C Dr. Bärsch (SPD) . . . . . . . 1856A Dr. Ehlers (CDU) . . . . . 1859A Ewers (DP) 1861D Euler (FDP) 1862C Dr. Adenauer, Bundeskanzler . 1862D Abstimmungen 1863B Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über Bekanntmachungen (Drucksachen Nr. 733 und 512) . . 1863C Dr. Schatz (CSU), Berichterstatter . 1863D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über Volksbegehren und Volksentscheid bei Neugliederung des Bundesgebietes gemäß Artikel 29 Absatz 2 bis 6 des Grundgesetzes (Drucksache Nr. 599) 1864C Dr. Dr. Heinemann, Bundesminister des Innern . . . . . 1864C Dr. Kopf (CSU) . . . . . . . . 1865C Freiherr von Aretin (BP) . . . . 1867A Dr. Laforet (CSU) 1867B Euler (FDP) 1867D Zinn (SPD) 1868D Clausen (SSW) 1869D Dr. Leuchtgens (DRP) 1870D Nächste Sitzung 1871C I Die Sitzung wird um 10 Uhr 23 Minuten durch den Präsidenten Dr. Köhler eröffnet.
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    Rede von Dr. Wilhelm Hamacher


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DZP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DZP)

    Meine Damen und Herren, wenn ich noch Bedenken gehabt hätte gegen die Selbständigkeit des Ministeriums für gesamtdeutsche Fragen, dann sind diese Bedenken durch die Rede des Herrn Fisch aber auch restlos beseitigt worden.

    (Zustimmung bei den Regierungsparteien.) Gestatten Sie mir eine humorvolle Bemerkung: dieser Herr Fisch kam mir vor wie ein Hecht im Karpfenteich,


    (Heiterkeit und Zuruf von der CDU: Haifisch!)

    der nicht eher ruhig ist, bis er alles aufgefressen und verschlungen hat.

    (Abg. Renner: Gut, daß Sie noch leben!)

    Von den Gedankengängen, die er nun hier vor uns entwickelt- hat - und es ist nicht zu leugnen: mit großer Meisterschaft und Propagandatechnik! —, möchte ich hoffen und wünschen, daß die Vertreter der Auslandspresse sie auch nach Amerika, nach England und nach Frankreich hinüberbringen und daß die öffentliche Meinung in Amerika, England und Frankreich sich etwas intensiver mit der Bedeutung Deutschlands für den Frieden in Europa, den Wiederaufbau der Wirtschaft in Europa und für den Frieden in der Welt interessiert.

    (Abg. Renner: Sie meinen doch wohl Krieg, Sie sprechen immer nur vom Frieden.)

    Diese öffentliche Meinung zu beeinflussen, ist unsere Aufgabe. Das sind für uns die Waffen, die wir jetzt gebrauchen können und gebrauchen-
    sen, nicht die Waffen des Krieges, sie sind schartig, sie sind vergiftet, und sie sind befleckt, sie sind
    überholt. Aber wir Deutsche spüren doch, daß wir mit der Waffe des Rechts, der Wahrheit, der Propaganda, der Bearbeitung der öffentlichen Meinung und mit der richtigen Wertung und Ausnutzung
    dieser Tribüne, die ja nicht nur eine deutsche Tribüne ist, sondern eine Tribüne für die Weltöffentlichkeit, die Möglichkeit haben, auf die öffentliche Meinung der Welt derart einzuwirken, daß man die Bedeutung Deutschlands für den Frieden der Welt und für den Wiederaufbau der europäischen Wirtschaft etwas stärker erkennt und uns stärker fördert, als das bisher der Fall gewesen ist. Es verstärkt sich doch in unserem Volk immer mehr die Überzeugung, und ausländische maßgebende Stimmen fördern gerade diese Überzeugung, daß es ohne Deutschland einen Wiederaufbau Europas nicht gibt. Freilich wissen wir auch, daß es ohne Europa einen Wiederaufbau Deutschlands nicht gibt.
    Wenn ich noch einmal an die Rede des Herrn Fisch anknüpfen darf, dann mit dem Wort, daß, wer Berlin hat, Deutschland hat. Lenin hat den Satz geprägt: Wer Deutschland hat, hat Europa!

    (Abg. Renner: Wo haben Sie denn das gelesen?)

    Wir haben erfahren, daß derjenige, der Berlin hat, Deutschland hat, und wer Berlin hat, der wird Europa haben. Darum ist gerade bei der Beratung des Haushalts des Ministeriums für gesamtdeutsche Fragen - und damit komme ich zum ersten Punkt meiner Ausführungen — idas Thema Berlin von entscheidender Bedeutung. Ich habe früher einmal darauf hinweisen dürfen, daß Berlin für uns zur Zeit eine dreifache Bedeutung hat:
    1. Berlin als eigenständiger Organismus, der in den letzten vier Jahren soviel Heldentum des Leidens, des Duldens, des Hungern

    (Zuruf von der KPD: Dank Ihrer Politik!)

    und Standhaltens an den Tag gelegt hat, daß wir wirklich Respekt vor dieser Berliner Bevölkerung haben dürfen und ihr jede Hilfe zuteil werden lassen müssen, die wir gewähren können.
    2. habe ich darauf hingewiesen, daß Berlin ein Vorort für den deutschen Osten ist und daß wir nicht daran denken können, den Osten wieder für uns zu gewinnen, wenn wir nicht Berlin so gesund und so stark machen, wie einst Magdeburg als Ausgangsposten für die Kolonisation ides deutschen Ostens gewesen ist.

    (Abg. Renner: Aha!)

    3. habe ich darauf aufmerksam gemacht, daß Berlin ein neuralgischer, wenn nicht der neuralgischste Punkt zwischen Ost und West ist. Das sagen uns ja die Stimmen des Auslands. das sagt uns das, was wir soeben auch von Herrn Fisch gehört haben. — Das mag zum Thema Berlin genügen.
    Aber dieses Ministerium für gesamtdeutsche Fragen hat auch noch eine andere, nicht minder große Bedeutung. Es soll ein Ministerium für die Pflege der Grenzlandfragen sein. Hier darf ich Sie daran erinnern, daß das deutsche Volk in den vergangenen Jahrhunderten die bittere Erfahrung hat machen müssen, und wir durchleben sie jetzt, daß das Deutsche Reich und das deutsche Volk keine Grenzlandpflege betrieben haben. In dem Mangel an Grenzlandpflege und in der Verständnislosigkeit für die Bedeutung der Grenzen liegt die letzte Erklärung dafür, daß wir an allen deutschen Grenzen, vor allen Dingen aber im Westen, in den vergangenen Jahrhunderten ein Stück Land nach dem anderen, ein Stück Volkstum nach dem anderen


    (Dr. Hamacher)

    preisgeben mußten und verloren haben, obschon — und der Beweis hierfür ist von der Geschichte eindeutig zu erbringen — dieses Volkstum an den Grenzen treu zu Kaiser und Reich und zum deutschen Volkstum gestanden hat.

    (Abg. Renner: Und zu Adolf Hitler!)

    Aber es fehlte eben die starke Zentralgewalt, und es fehlte der Sinn für die Bedeutung der Grenzlandpflege. Wenn Sie das nicht zur Kenntnis nehmen wollen, dann lassen Sie sich von der Gegenseite, nämlich unserem Nachbarn beeindrucken, von dem wir wissen, daß er seit vielen Jahrhunderten eine systematische, zielbewußte, offensive Grenzpolitik getrieben hat, mit dem Erfolg, den wir jetzt leider Gottes bei der Erörterung der Saarfrage wieder haben zur Kenntnis nehmen müssen.
    Wenn nun die Geschichte der Grenzlandverluste in den vergangenen Jahrhunderten so bitter Zeugnis abgelegt hat, dann wollen wir uns jetzt, da wir arm und wehrlos sind — wehrlos in der Sprache des bisherigen Krieges, nicht wehrlos, indem wir an die öffentliche Meinung denken und an die Mittel, die ich kurz als Waffen eines armen Volkes bezeichnet habe —, darauf besinnen, daß wir Grenzlandpflege treiben müssen. Deshalb halte ich das Ministerium für gesamtdeutsche Fragen für unbedingt notwendig und möchte Sie bitten, Ihre Stimme für die Beibehaltung und Förderung dieses Ministeriums zu geben.

    (Lebhafter Beifall.)



Rede von Dr. Erich Köhler
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat Herr Abgeordneter Brandt.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Willy Brandt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Krone hat von den gemeinsamen Auffassungen gesprochen, die sicherlich für einen sehr großen Teil des Hauses mit Recht festgestellt werden können, wenn es sich um das Bemühen um die Durchsetzung der gesamtdeutschen Aufgabe der Wiederherstellung der deutschen Einheit in Freiheit handelt. Was die Stellungnahme meiner politischen Freunde angeht, so ist sie niemals, auch nicht bei der Haltung gegenüber dem jetzt zur Debatte stehenden Sonderministerium. dadurch gekennzeichnet gewesen, daß wir uns über zu große gesamtdeutsche Aktivität der gegenwärtigen Bundesregierung beschwert hätten. Davon kann keine Rede sein. Es gibt sehr viele, sicherlich nicht nur im Hause, sondern auch draußen im Volk und nicht zuletzt in Berlin, woher ich komme, die der Meinung sind, daß die konkreten Vorschläge, die die Bundesregierung zur Frage der Wahl zu einer Nationalversammlung unterbreitet hat, schon viel früher hätten unterbreitet werden sollen.
    In diesem Zusammenhang erlauben Sie mir aber auch ein Wort an die Adresse des Herrn Fisch. Er hat die Dinge etwas leicht abtun wollen mit der Bemerkung, diese Nationalversammlung, die die Bundesregierung vorgeschlagen habe — zweifellos in Übereinstimmung mit dem Wunsche des überwiegenden Teiles unseres Volkes —, solle nur eine einzige Aufgabe haben, die nämlich, sich mit der Ausarbeitung einer gesamtdeutschen Verfassung zu befassen. Herr Fisch, noch vor wenigen Tagen hat die „Tägliche Rundschau" — ich sage das darum und machte Sie schon vorhin durch einen Zwischenruf darauf aufmerksam, weil ich Sie nicht der Gefahr aussetzen möchte, daß Sie sich einer neuen Abweichung schuldig machen, ohne daß Sie es wissen —

    (Heiterkeit )

    darauf hingewiesen, daß gesamtdeutsche Wahlen deswegen nicht möglich seien, weil man erst eine Verfassung haben müßte; erst wenn man die habe, könne man wählen. Jetzt wird Ihnen vorgeschlagen, daß man erst durch die Nationalversammlung die Verfassung schaffen wolle, auf Grund deren dann die Abgeordneten in ganz Deutschland zum ersten deutschen Parlament zusammentreten sollen.
    Nun, eines ist, glaube ich, klar, und das kann auch nicht verwirrt werden durch die Ausführungen eines Vertreters der Kommunistischen Partei: Man mag zu diesen Wahlen heute von seiten der temporären Machthaber der Ostzone nein sagen, auf die Dauer wird sich die elementare und außerdem durch internationale Abkommen verbriefte Forderung durchsetzen!

    (Abg. Renner: Warum habt ihr erst die Spaltung geschaffen? — Gegenrufe von der CDU. — Abg. Renner: Auf einmal wird das als national erklärt! Erst macht man die Spaltung, dann redet man von Gemeinschaft! Wer hat ' denn das Grundgesetz, wer hat denn diesen westdeutschen Staat geschaffen?)

    — Warten Sie mal einen Augenblick, wir werden uns gleich noch weiter unterhalten!
    Die gesamtdeutschen Aufgaben, mit denen sich nach Auffassung der Vertreter der Mehrheitsparteien ein besonderes Ministerium befassen sollte, sind unserer Meinung nach Aufgaben der Regierung als Gesamtheit. Sie sollten auch — auch das möchte ich im Zusammenhang mit dem Vorschlag für gesamtdeutsche Wahlen gesagt haben — von seiten der Regierung in noch stärkerem Maße zu einer Angelegenheit gemacht werden, bei deren Lösung das Parlament als Vertretung des Volkes dauernd beteiligt ist. Bei den Einwänden, die meine politischen Freunde erhoben haben, handelt es sich nicht um solche in bezug auf die Notwendigkeit dieser hier auch vom Kollegen Dr. Krone herausgestellten Aufgaben. Es handelt sich hier um eine Organisationsfrage, wie zu einem früheren Zeitpunkt schon vom Vorsitzenden unserer Fraktion zum Ausdruck gebracht worden ist. Ich glaube, man kann diesen Standpunkt, es solle eine eindeutige gesamtdeutsche Politik betrieben werden, sehr wohl von der Frage des Aufbaues einer Regierung und der Schaffung eines Sonderministeriums trennen. Ich glaube, daß diese Auffassung in Berlin durchaus verstanden wird.
    Ich habe mich zum Wort gemeldet nicht zuletzt deswegen, meine Damen und Herren, weil während dieser Debatte und nachdem mein Freund Mellies über die Frage der Bundesbehörden und über ihre Verlegung nach Berlin gesprochen hatte, bekannt wurde, daß auf einer Pressekonferenz Mitteilungen über gewisse Beschlüsse gemacht worden sind, die das Kabinett heute vormittag in dieser Angelegenheit gefaßt haben soll. Ich möchte daher die Gelegenheit benutzen, die Frage hier anzuschneiden, in der Hoffnung, daß der Herr Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen selbst noch Gelegenheit nimmt, dem Hause darüber Aufklärung zu geben.
    Nach dem, was hier aus der Pressekonferenz bekannt wird, soll sich das Kabinett darauf geeinigt haben, daß zunächst das Bundesverwaltungsgericht nach Berlin verlegt werden soll und, wenn ich es recht verstanden habe, auch ein Senat des Obergerichts. So wichtig der prinzipielle Ansatz gerade in der Frage des Bundesverwaltungsgerichts ist, so sehr muß ich doch betonen, meine Damen und Herren: wenn Sie das mit den Vorstellungen ver-


    (Brandt)

    gleichen, von denen aus diese Verlegung von Bundesbehörden bei verschiedenen Gelegenheiten hier im Hause besprochen worden ist, dann werden Sie zugeben, daß diese Mitteilung vom Hause nicht anders als ein Zwischenbescheid und ein noch nicht einmal sehr befriedigender Zwischenbescheid betrachtet werden kann. Es kann sich nur um einen Ansatz handeln, dann nämlich, wenn man in Berlin mehr sieht als nur ein Symbol. Ich glaube, man sollte auch mehr darin sehen als nur einen Vorposten. Man sollte in ihm einen Angelpunkt des gesamtdeutschen Geschehens sehen.
    Da komme ich noch einmal auf die Ausführungen des Herrn Kollegen Fisch zurück.

    (Abg. Renner: Ich dachte, Sie kommen auf Ihren Kampf um Frankfurt zurück!)

    Herr Kollege Fisch hat sich hier lang und breit darüber ereifert, daß eine gesamtdeutsche Einstellung und Politik auf Spionagetätigkeit in dem Gebiet hinauslaufen könnte, das er die Deutsche Demokratische Republik nennt.

    (Abg. Renner: Wollen Sie das bestreiten?)

    — Ich will Ihnen einmal etwas sagen, Herr Kollege Renner. Ist derjenige ein Spion, der versucht, sich über das, was in seinem eigenen Lande vorgeht, Aufklärung zu verschaffen, oder ist derjenige ein nichtswürdiger Agent, der entgegen dem Willen der Bevölkerung seines Landes die Interessen einer fremden Unterdrückermacht wahrnimmt?

    (Bravorufe und Händeklatschen bei der SPD, in der Mitte und rechts. — Abg. Fisch: Herr Kollege, wenn das so ehrenhaft ist, warum stehen dann die Mittel für diesen Zweck nicht offen im Etat, warum sind das Geheimposten?)


    (Abg. Fisch: Aber ich habe davon gesprochen!) sondern ich habe davon gesprochen, Herr Kollege Fisch — wenn ich das noch hinzufügen darf —, daß es, wenn man es ernst meint mit der deutschen Zukunft und mit einer deutschen Zukunft in Freiheit, eine nationale und demokratische Pflicht zum Widerstand gibt.


    (Lebhafter Beifall bei der SPD, in der Mitte und rechts.)

    Diese nationale und demokratische Pflicht zum Widerstand bejaht meine Partei.

    (Abg. Renner: Auf dem Petersberg! Da könnt ihr Widerstand leisten im Interesse Deutschlands!)

    Die Aufgabe, die Berlin im Zusammenhang mit der Bundesrepublik zu erfüllen hat, jenes Berlin, in das wir in stärkerem Maße Bundesbehörden verlegt sehen möchten, diese Aufgabe Berlins — ja, schreiben Sie es sich auf! — besteht unter anderem darin, die Stabilisierung einer sowjetischen Ordnung in der Sowjetzone so sehr wie möglich zu erschweren und damit Wege für eine Wiedervereinigung des deutschen Westens und Ostens offenzuhalten.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD, in der Mitte und rechts. — Abg. Fisch: Das ist offen gesprochen! — Abg. Renner: Durch unterirdische Agenten!)

    Zum Schluß, meine Damen und Herren, darf ich eines sagen: Zu den gesamtdeutschen Aufgaben, die Sache des Kabinetts, die Sache vor allen Dingen aber auch dieses Hauses sein müssen und die nicht gebunden sein können an eine unserer Meinung nach wenig geglückte Konstruktion eines
    Sonderministeriums, würde auch gehören, daß von berufener Seite der Bundesregierung langsam etwas deutlichere Worte gefunden werden gegenüber manchen oberbürgermeisterlichen, parteipolitischen und manchmal vielleicht auch kirchenpolitischen Naivlingen und auch gegenüber jenen gewissenlosen Geschäftemachern, mit denen sich Herr Fisch heute morgen von der Tribüne dieses Hauses aus verbündet hat,

    (Abg. Rische: Sie werden immer deutlicher!) jenen Geschäftemachern oder besser jener Gruppe von Geschäftemachern, die sich in Leipzig vor 14 Tagen nicht servil genug benehmen konnten und die in der Leipziger Straße in Berlin Schlange stehen, während das Volk in der Ostzone geknechtet und geschunden wird.

    Meine Damen und Herren, ich habe es, glaube ich, nicht nötig, noch im einzelnen Ausführungen über diese geradezu phantastische Behauptung zu machen, daß wir es bei der Ostzone mit einem souveränen Staat zu tun hätten. Die Bevölkerung in Berlin und überall weiß, daß das nicht so ist. Aber wenn Sie die Probe aufs Exempel machen wollen,

    (Abg. Rische: Darum müssen Sie wohl zu Pfingsten die Panzer in Berlin haben!?)


    (Zuruf von der KPD: Vorsichtig!)

    mit Hilfe von Methoden, die nur mit denen des Naziregimes verglichen werden können, jenes, worauf unser Volk in ganz Deutschland und in Berlin einen Anspruch hat, jenes primitive Recht nämlich, über sein eigenes Schicksal zu bestimmen und auch das, was widernatürlich zerrissen worden ist, durch eigene Bestimmung freiheitlich wieder zusammenzufügen.

    (Anhaltender lebhafter Beifall bei der SPD, in der Mitte und rechts. — Abg. Rische: Erzählen Sie doch etwas über die Panzer!)