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ID0105106900

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    Deutscher Bundestag - 51. Sitzung. Bonn, freitag„ den 24. März 1950 1811 51. Sitzung Bonn, Freitag, den 24. März 1950. Geschäftliche Mitteilungen . . 1812A, 1814C Zur Tagesordnung . . . . . . . . . 1812A Einsprüche der Abgeordneten Wehner und Heiland gegen ihren Ausschluß in der 49. Sitzung (Drucksachen Nr. 757 und 758) 1812A, B Mündlicher Bericht des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität über den Antrag der Fraktion der KPD (Drucksache Nr. 689) und über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD (Drucksache Nr. 707) betr. Verhaftung des Landtagsabgeordneten Lehmann . 1812C Zur Geschäftsordnung: Renner (KPD) . . . . . . . . 1812C Ritzel (SPD) . . . . . . . . . 1812C Fortsetzung der zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die vorläufige Aufstellung und Ausführung des Bundeshaushaltsplans und über die vorläufige Rechnungsprüfung sowie über die vorläufige Haushaltsführung im Rechnungsjahr 1949 (Vorläufige Haushaltsordnung und vorläufiges Haushaltsgesetz 1949) (Drucksachen Nr. 682 und 223) Einzelplan XIV — Haushalt des Bundesministeriums für Wohnungsbau (Drucksachen Nr. 678 und 754) . . 1812D Gengler (CDU), Berichterstatter . 1812D Klabunde (SPD) 1813C Dr. Leuchtgens (DRP) 1814D, 1815D, 1818B Graf von Spreti (CSU) 1815B Schoettle (SPD) 1816C Strauß (CSU) . . . . . . 1817A Jacobs (SPD) 1817C Loritz (WAV) . . . . . . . 1818A Dr. Freiherr von Rechenberg (FDP) 1819A Abstimmungen 1819C Einzelplan XV — Haushalt des Bundesministeriums für Angelegenheiten der Vertriebenen (Drucksache Nr. 679) . 1819C Schuster (WAV), Berichterstatter . 1819D Dr. Decker (BP) 1820B Dr. Ehlers (CDU) . . . . . . . 1820D Welke (SPD) ... . . . . . 1822B Kohl (Stuttgart) (KPD) . . . . 1825C Krause (Z) . .. . . . . . 1827A Dr. Leuchtgens (DRP) 1829C Dr. Trischler (FDP) . . . . . 1831B Dr. von Campe (DP) . . . 1833D, 1838C Dr. Kather (CDU) . . . 1835C, 1839A Loritz (WAV) . . . . . . . . 1837A Dr. Nowack (FDP) 1838A Dr. Lukaschek, Bundesminister für Angelegenheiten der Vertriebenen 1839C Schäffer, Bundesminister der Finanzen . . . . . . . . 1842B Abstimmungen 1854B Einzelplan XVI — Haushalt des Bundesministeriums für gesamtdeutsche Fragen (Drucksache Nr. 680) . . . 1842C Dr. Decker (BP), Berichterstatter . 1842C Mellies (SPD) . . . . . . . . 1843A Fisch (KPD) . . . . . . . . . 1844D Dr. Krone (CDU) 1849C Dr. Hamacher (Z) . . . . . . 1851B Brandt (SPD) 1852B Dr. Adenauer, Bundeskanzler . 1853D Loritz (WAV) . . . . . . . 1854A Abstimmungen 1854C Einzelplan XVII — Haushalt des Bundesministeriums für Angelegenheiten des Bundesrates (Drucksache Nr. 681) 1854D Renner (KPD) : als Berichterstatter 1854D als Abgeordneter 1860A Dr. Etzel (Bamberg) (BP) . . . . 1855C Dr. Bärsch (SPD) . . . . . . . 1856A Dr. Ehlers (CDU) . . . . . 1859A Ewers (DP) 1861D Euler (FDP) 1862C Dr. Adenauer, Bundeskanzler . 1862D Abstimmungen 1863B Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über Bekanntmachungen (Drucksachen Nr. 733 und 512) . . 1863C Dr. Schatz (CSU), Berichterstatter . 1863D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über Volksbegehren und Volksentscheid bei Neugliederung des Bundesgebietes gemäß Artikel 29 Absatz 2 bis 6 des Grundgesetzes (Drucksache Nr. 599) 1864C Dr. Dr. Heinemann, Bundesminister des Innern . . . . . 1864C Dr. Kopf (CSU) . . . . . . . . 1865C Freiherr von Aretin (BP) . . . . 1867A Dr. Laforet (CSU) 1867B Euler (FDP) 1867D Zinn (SPD) 1868D Clausen (SSW) 1869D Dr. Leuchtgens (DRP) 1870D Nächste Sitzung 1871C I Die Sitzung wird um 10 Uhr 23 Minuten durch den Präsidenten Dr. Köhler eröffnet.
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    Rede von Dr. Josef Trischler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Es gehört schon ein großes Maß- von Selbstbeherrschung für einen Abgeordneten dazu, diese ewigen Anträge in dieser Form anzuhören. Es gehört aber ein noch größeres Maß von Selbstbeherrschung für einen Flüchtlingsabgeordneten dazu, ausgerechnet bei diesem Etat Anträge in dieser lächerlichen Form anhören zu müssen, wie es eben der Fall gewesen ist.

    (Sehr richtig! bei der FDP.)

    Ich muß ganz offen sagen, ich halte es beinahe für beschämend, in welcher Form hier in vieler Hinsicht die Etatsdebatte geführt wird. Ich hatte Gelegenheit, in zwei anderen Parlamenten des öfteren an Etatsdebatten teilzunehmen. Wie riesengroß der Unterschied ist, können Sie sich kaum vorstellen. In dieser Form, in dieser kleinlichen Art auf einzelne Punkte einzugehen, das gab es einfach nicht. Daran wäre überhaupt nicht zu denken gewesen.
    Erfreulich ist andererseits die Tatsache, daß wir bei der Beratung dieses Etats doch feststellen können, daß die Notwendigkeit des Flüchtlingsministeriums hier von keiner Seite angezweifelt wurde. Das ist insofern erfreulich, als ja bei einer Reihe von anderen Ministerien das Gegenteil der Fall war.
    Die Auffassungen darüber, wie lange dieses Ministerium existieren soll oder nicht, gehen schon stark auseinander. Wir hören hier im allgemeinen den Standpunkt - und es wäre selbstverständlich erfreulich, wenn wir dieses Ministerium nicht mehr brauchen würden — daß, wenn einmal die Frage gelöst ist, wenn eine wirkliche Eingliederung der Heimatvertriebenen in die gesamtdeutsche Wirtschaft und in den gesamtdeutschen Volkskörper erfolgt ist, dieses Ministerium nicht mehr nötig ist.
    Nun sind aber die Grundauffassungen hier recht verschieden, von den zwei Gruppen aus gesehen. Wir stehen auf dem Standpunkt, daß die Ausgangsbasis doch eine recht, recht verschiedene ist und daß diese Eingliederung und Gleichstellung dadurch noch lange nicht erfolgt ist, daß man die Flüchtlingsverwaltung in die allgemeine Verwaltung einbaut. Diese Tendenz merken wir in einer ganzen Reihe von Ländern.' Wenn ich mir z. B. die Verhältnisse in dem Land, aus dem ich komme, in Bayern, vor Augen halte und beobachte, wie dort die Position des Staatskommissars für das Flüchtlingswesen von Jahr zu Jahr abbröckelt, gemindert wird, wie man sie dort gegen Beschlüsse des Landtags praktisch zu einer Abteilung des Innenministeriums gemacht hat, so sehe ich eine Tendenz darin, die wahrscheinlich auch bei anderen Ländern in Anwendung gebracht werden soll und die wahrscheinlich auch manche in diesem Haus für richtig halten. Dieser Tendenz muß ich schärfstens widersprechen. Wir müssen uns darüber im klaren sein, daß die Dauer dieses Flüchtlingsministeriums vorerst noch gar nicht abzusehen ist. Das hängt im wesentlichen davon ab, wieweit wir Mittel auch vom Ausland bekommen, um dieses schwierige Problem zu lösen. Wenn es von uns allein gelöst werden soll, so werden wahrscheinlich einige Jahrzehnte dazu nicht ausreichen.
    Dieses Flüchtlingsministerium hat besondere Eigenarten. Es liegt in der Aufgabenstellung begründet, daß es so ist. Hier wird nicht irgendein einzelnes sachliches Arbeitsgebiet verwaltet, wie das sonst die Aufgaben der übrigen Ministerien sind, sondern hier geht es tatsächlich darum, daß das Ministerium versucht, Lebensmöglichkeiten für eine breite Schicht von durch das Schicksal schwer getroffenen Menschen zu untermauern und zu begründen. In dieser Eigenart liegt auch die ganze Zusammensetzung personeller Art begründet. Wenn wir uns überlegen, daß über die Hälfte der Heimatvertriebenen aus ungefähr 10 oder noch mehr europäischen Ländern kommt - von vor 1938 aus gesehen —, dann können wir die ungeheure Vielfältigkeit der Probleme klar erkennen. Es ist wirklich so, daß auch bei einer einzelnen Frage, die in Angriff genommen wird, immer wieder Rücksicht genommen werden muß auf all diese verschiedensten Gruppen und ihre verschiedenste Vergangenheit und die gesetzlichen Regelungen in den alten Heimatstaaten usw. Es müssen also in diesem Ministerium tatsächlich Sachkenner dieses Problems sitzen. Daß diese Sachkenner im wesentlichen nur aus den Reibei


    (Dr. Trischler)

    der Heimatvertriebenen selbst kommen können, ist auch klar. Daher ist uns die indirekte Beanstandung der Bayernpartei etwas merkwürdig vorgekommen, daß man hier sagen wollte, es sollten 40 o10 der Angestellten und Beamten dieses Ministeriums auch Einheimische sein. Das geht ja praktisch in diesem Falle nicht so.

    (Abg. Dr. Decker: Warum denn nicht?)

    - Weil man hier eben Sachkenner braucht; das habe ich gerade ausgeführt. Anscheinend haben Sie nicht zugehört!
    Das Ministerium wurde, wenn ich gut informiert bin, von ziemlich maßgebender Stelle mal als eine Krone mit Zacken bezeichnet, bei der die Zacken abgebrochen werden müßten. Dieser Vergleich ist recht gefährlich. Man könnte eher sagen: es ist ein Zahnrad — auch mit Zacken —, aber ein ganz wesentliches Zahnrad, ein Zahnrad, durch das die gesamte Maschinerie unserer Verwaltung und unserer gesamten Regierung in Gang gehalten wird. Und wir wissen, daß, wenn aus einem solchen Zahnrad eine Zacke ausgebrochen wird, die Gefahr besteht, daß die ganze Maschinerie stillsteht. Und diese Gefahr besteht. So kann die Situation des Flüchtlingsministeriums charakterisiert werden.
    Ich möchte noch auf einen anderen Gedanken zurückkommen. Wir sehen eine doppelte Tendenz in der weiteren Entwicklung im Flüchtlingsministerium. Auf der einen Seite kommen die schwerbelasteten Länder und möchten sehr gern, daß die gesamte Flüchtlingsverwaltung in den Ländern allmählich vom Flüchtlingsministerium übernommen wird. Das ist begreiflich, weil das hier eine Belastung ist und weil es angenehm wäre, wenn man die gesamte Verantwortung, die man für diese Menschen trägt, nun irgendwie dorthin schieben könnte. Aber merkwürdigerweise geht die Tendenz in anderer Richtung, wenn es sich darum handelt, Mittel des Bundes zum Zwecke der Lösung dieses Problems zu verwenden. Da sind die Länder sofort da und horchen auf und machen Schwierigkeiten und sagen: Das alles muß unter allen Umständen über die Länder erfolgen. Wenn ich an die Beratungen der letzten Tage im Wohnungsbauausschuß denke, wo ich versucht habe durchzudrücken, daß gerade die zweckgebundenen Mittel über den Wohnungsbau nicht so sehr über die Länder gehen sollen, weil wir es praktisch erleben, daß die Schwierigkeiten immer wieder auftauchen; wenn ich mir vor Augen halte, welchen Weg in manchen Ländern die jetzt zur Verfügung gestellten Hunderte von Millionen DM für die Arbeitsbeschaffung gerade wieder in die mit Flüchtlingen belegten Länder gehen werden, so sehe ich die Schwierigkeiten, die sich eben dadurch ergeben, daß die Machtvollkommenheit und die Kompetenz des Ministeriums zu gering ist. Diese Frage „Kompetenz des Ministeriums" ist ganz entscheidend. Wir würden gerne ein recht kräftiges Ministerium auf diesem Sektor sehen. Warum? Wir müssen uns darüber im klaren sein, daß das Vertrauen der Heimatvertriebenen zur Regierung im wesentlichen über dieses Ministerium geht.
    In der Aufgabenstellung liegt es ja selbst begründet, daß dieses Ministerium sowohl mit anderen Ministerien wie auch mit einzelnen Ländern dauernd in Konflikt gerät und zusammenprallt. Es wäre gut, auf verschiedenen Gebieten dem Herrn Minister gewisse Weisungsrechte zu geben.
    Ich will es an einem Beispiel zeigen, wo es unbedingt notwendig ist. Das ist der Flüchtlingsausgleich oder die Regelung der Frage der schnellen Unterbringung der neu herankommenden Flüchtlinge aus dem Ausland. Denken Sie an die Tschechoslowakei und Polen. Diese Frage kann man ja gar nicht anders regeln; sie ist zum mindesten so kompliziert und schwierig, daß es notwendig wäre, dem Minister für Heimatvertriebene diesbezüglich größere Rechte einzuräumen.
    Einige kurze Bemerkungen zum Etat. Wir sind der Überzeugung, daß dieser Etat tatsächlich sehr sparsam ist. Wir sind ferner der Überzeugung, daß der personelle Stand, der hier vorgesehen ist, absolut notwendig ist. Wir sind auch der Überzeugung, daß in Zukunft die schwierigen Probleme mit diesem Personalstand allein nicht gelöst werden können, sondern daß es notwendig wird, für einzelne Arbeitsgebiete auch noch neue Kräfte mit heranzuziehen. Die Tendenz, die hier verfolgt wird, mag richtig sein, daß es weniger Beamte und mehr Angestellte sein sollen. Es wäre erfreulich und begrüßenswert, wenn wir diese Tendenz bei verschiedenen anderen Ministerien und auch öffentlich-rechtlichen Körperschaften so handhaben würden.
    Nun zu den materiellen Fragen. Jetzt sind Ausgaben im wesentlichen vorgesehen für den Personalstand, für die mit der Verwaltung und dem Leben des Ministeriums unbedingt notwendigen sachlichen Ausgaben.
    Praktisch haben wir dadurch einen ganz kleinen Ansatzpunkt gehabt, daß auch für eine Sonderaufgabe, und zwar für die Aufklärung über das Flüchtlingswesen im Ausland ein Betrag von 50 000 DM angesetzt worden ist. Ich habe mich aufrichtig darüber gefreut, im Haushaltsausschuß damals zu sehen und zu hören, daß auch einmal — es war wohl der einzige Fall, ich war allerdings nicht bei allen Sitzungen dabei — der Haushaltsausschuß von sich aus einen Betrag von 1000 DM auf 50 000 DM erhöht hat. Hier ist ganz klar die Wichtigkeit dieses Problems erkannt worden. Wir wollen uns aber für die Zukunft darüber im klaren sein, daß wir noch weitergehen müssen, eben aus der Erkenntnis, daß wir allein das Problem nicht lösen können, sondern daß das Ausland mitarbeiten muß. Die Tatsache, daß das Ausland steigend und steigend immer mehr Interesse an diesem Problem zeigt, daß immer mehr Beauftragte aus dem Ausland hier auch zum Ministerium- zwecks Verhandlungen kommen und umgekehrt Beauftragte hinausfahren müssen, zeigt uns, daß es notwendig sein wird, auf diesem Gebiet noch weiter zu gehen.
    Ich möchte aber noch zwei Fragen im Zusammenhang damit anschneiden, von denen ich es für notwendig erachte, daß dafür in diesem Ministerium in Zukunft weitere Mittel zur Verfügung gestellt werden. Da ist zuerst die Frage der Flüchtlingsorganisationen. Wenn Sie sich heute die Vielfalt der bestehenden Organisationen ansehen, wenn Sie erwägen, daß in den einzelnen Ländern „zig" neue Organisationen ins Leben gerufen werden, insbesondere in letzter Zeit neue Flüchtlingsparteien usw., so sehen wir, daß es notwendig ist, daß von oben aus einheitlich .geeignete Organisationen — nicht politischer Art — gefördert werden. Nachdem es klar ist, daß die Flüchtlinge aus eigenen Mitteln diese Organisationen nicht tragen können, kann man es, glaube


    (Dr. Trischler)

    ich, ohne weiteres verantworten, daß wir aus öffentlichen Mitteln angemessene Beträge zur Aufrechterhaltung dieser unbedingt notwendigen Organisation zur Verfügung stellen. Wir ersparen uns hier unter Umständen sehr viel und können manches schwere Unglück verhindern, das auftreten könnte, wenn nicht über derartige Organisationen laufend eine entsprechende Aufklärung auch zu den Flüchtlingen hin erfolgen kann.
    Eine zweite Gruppe. Denken wir einmal an die kulturellen Institutionen aus all den Gebieten, aus denen diese Heimatvertriebenen gekommen sind. Für diese steht praktisch im Haushalt gar nichts zur Verfügung. Wenn ich mir die Zahlen der Haushalte der Nachfolgestaaten aus diesen Gebieten ansehen würde, so würden bestimmt sehr wesentliche und hohe Beträge darin stehen, um diese Gebiete für sich allmählich zu sichern und zu erobern. Ich glaube, es muß unsere Aufgabe sein, wenn wir daran denken wollen, daß viele von den Heimatvertriebenen wieder in ihre ehemalige Heimat zurückgehen, hier entsprechend vorzubauen. Wir haben hier eine gewisse Erbschaft von dort übernommen. Es ist unsere Pflicht und Schuldigkeit dafür zu sorgen, daß wir parat und fertigstehen für den Fall, daß sie einmal zurückgehen sollten. Also auch Air diese Fragen müssen entsprechende Gelder zum mindesten in der Zukunft zur Verfügung gestellt werden. Es ist doch nicht von Bedeutung, daß wir sie jetzt schon zur Verfügung haben.. Denn praktisch ist dieses Etatsjahr ja schon aus.
    Hierher gehört gleichzeitig der eine Gedanke, der in dem Antrag der DP angeschnitten ist, eine Art Sonderfonds zu bilden. Es ist tatsächlich außerordentlich bedauerlich, daß das Ministerium praktisch bis jetzt nicht eine Mark zur Verfügung hatte, um in ganz besonderen Härtefällen irgendwie durch einmalige Beiträge helfend eingreifen zu können. Es ist so nicht nur auf dem Gebiete von ehemaligen Beamten und Angestellten usw., sondern es gibt auch sonst Fälle, wo tatsächlich einmal ganz besondere Verhältnisse herrschen, wo es gerecht und notwendig wäre, durch einen einmaligen Zuschuß beizuspringen. Wir müssen also eine Art Sonderfonds für derartige Zwecke in Zukunft haben. Daher ist der Grundgedanke, der in diesem Antrag der DP zum Ausdruck kommt, zu begrüßen. Manche haben gesagt, es sei viel zu wenig. Richtig! Aber wenn man es tatsächlich als einmalige Zuwendungen in Einzelfällen betrachtet, so bedeutet der Betrag von 1 Million schon etwas. Das hat ja mit der endgültigen Regelung der Beamtenfragen usw. gar nichts zu tun.
    Damit kann ich gleich auf den zweiten Punkt des DP-Antrags ganz kurz eingehen, da über diese Frage anschließend bestimmt noch eingehender gesprochen werden wird, und wir ja auch die entsprechenden Begründungen von -seiten der Deutschen Partei noch nicht gehört haben. Für uns ist bezüglich der Angestellten, Beamten und Lohnempfänger usw. ganz klar, daß wir von dem Grundsatz der Gleichstellung nicht abgehen wollen. Wir sehen nicht ein, warum wir einen Beschluß des Bundestags vom 2. Dezember in dieser Frage irgendwie noch einmal umstoßen sollten. Der Herr Präsident wird mir gestatten, daß ich Ihnen ein, zwei Sätze aus einer Entschließung vorlese, aus der gerade unsere Stellungnahme klar hervorgeht.
    Wir fordern schließlich die Gleichstellung der Ruhegehaltsbezüge der heimatvertriebenen Beamten und Angestellten des öffentlichen Dienstes sowie der Hinterbliebenen mit denen der einheimischen Ruhegehaltsempfänger. Diese Forderung gilt auch für Beamte und Angestellte solcher öffentlich-rechtlichen Körperschaften, die nicht Gebietskörperschaften waren. Wir sind der Auffassung, daß die Heimatvertriebenen dem gleichen Vaterlande mit derselben Treue gedient haben wie ihre einheimischen Berufskollegen. Es gibt also keinen Grund, sie in ihren Versorgungsbezügen schlechter zu stellen.
    Das ist ein Beschluß unseres letzten Parteitages, und daraus geht unsere Stellungnahme ganz klar hervor. Wir wollen zu dieser Frage auch diesen Standpunkt aufrechterhalten.
    Wir bedauern es außerordentlich, daß von Regierungsseite bis heute auf den Beschluß vom 2. Dezember bezüglich der Regelung der Beamtengehälter, Pensionen, Wartegelder usw. noch nichts erfolgt ist. Wir begrüßen eine jede Anregung von allen Seiten, die dazu beiträgt, daß dieses Problem möglichst bald geregelt wird. Sie wissen, daß wir die Dringlichkeit dieser Aufgabe ganz klar erkannt haben; deswegen haben wir auch unseren Urantrag Drucksache Nr. 668 rechtzeitig schon am 3. März eingereicht. Die Frage drängt außerordentlich. Heute haben wir schon den 24. März, und der Antrag steht noch nicht einmal auf der Tagesordnung, wobei wir wissen, daß praktisch am 1. April ja ein Vakuum entsteht und keine Regelung getroffen ist, nachdem die Sache ja von den Ländern auf den Bund übergehen soll. Es wäre also sehr notwendig, daß wir uns über diese Gesetzesvorlage noch in der nächsten Woche eingehend unterhalten.
    Sonst möchte ich auf einzelne Fragen, die selbstverständlich für die Flüchtlinge von größter Bedeutung sind, hier absichtlich nicht eingehen. Sie sind erstens von anderen Rednern sehr häufig erörtert worden; sie werden in allen Ausschüssen und bei sonstigen Gelegenheiten besprochen. Ich will davon bewußt Abstand nehmen. Das heißt aber nicht, daß wir daran nicht das brennendste Interesse hätten und nicht von unserer Seite alles tun werden, um hier Schritt für Schritt vorwärtszukommen.
    Wir werden dem Etat unsererseits unsere Zustimmung in voller Höhe geben.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. von Campe.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Carl von Campe


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte hier nur zu einem Punkt, nämlich zu unserem Zusatzantrag Drucksache Nr. 765 sprechen. Ich darf die Damen und Herren zunächst bitten, einen kleinen Fehler zu berichtigen, nämlich unter Ziffer 1 unserer Drucksache heißt es bei dem Tit. 7, der neu eingefügt werden soll: „Beihilfen an verdrängte Beamte etc.". Ich bitte, das Wort „verdrängte" durch „vertriebene" zu ersetzen, da der Herr Bundesminister für die Angelegenheiten der Vertriebenen in seinen Etat nur Mittel für die vertriebenen Beamten aufnehmen kann. — Ich bitte, diesen Fehler zu entschuldigen.
    1834 Deutscher Bundestag i. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. März 1950

    (Dr. von Campe)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Herr Bundesminister für die Angelegenheiten der Vertriebenen hat zugesagt, daß er sich der in wirtschaftliche Not geratenen vertriebenen Beamten, Pensionäre, Angestellten und Arbeiter des Reiches, der Länder und der anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaften sowie der Beamten der aufgelösten Behörden im Bundesgebiet jetzt mit besonderer Fürsorge annehmen wird. Wir begrüßen diesen Entschluß des Herrn Bundesministers, und, um ihn in den Stand zu setzen, diesen Entschluß jetzt sofort in die Tat umzusetzen zu können, haben wir unseren Antrag gestellt.
    Wir freuen uns insbesondere, daß der Herr Bundesminister der Finanzen unserer Bitte, jetzt sofort 1 Million DM für diesen Etat zur Verfügung zu stellen, ohne Zaudern entsprochen hat. Wir möchten dem Herrn Bundesminister der Finanzen für diesen schnellen Entschluß unseren ganz besonderen Dank aussprechen und zugleich der Hoffnung Ausdruck geben, daß es mit Hilfe der weiteren Mittel, die der Herr Bundesfinanzminister für den kommenden Etat zugesagt hat, auf Grund 'der in der letzten Woche gepflogenen Verhandlungen mit Kollegen aus dem Hause recht bald gelingen wird, die Not der vertriebenen Beamten und Pensionäre erheblich zu lindern.
    Meine Damen und Herren! Es ist in der Tat allerhöchste Zeit, daß das Problem der vertriebenen Beamten und Pensionäre nunmehr energisch angepackt wird; denn seit Kriegsende sind hier Verhältnisse eingerissen, die im Laufe der letzten fünf Jahre zu einem wahren Chaos geführt haben und die das Vertrauen in die Rechtssicherheit dieses jungen Staates auf das schwerste l erschüttern können. — Da Sie alle mit den Verhältnissen im, einzelnen vertraut sind, möchte ich hier weiter keine Ausführungen über die Einzelheiten machen. Ich darf aber in Ihre Erinnerung zurückrufen, daß in den vergangenen Jahren von den verschiedensten Seiten wiederholt vergebliche Versuche gemacht worden sind, diesem Problem zu Leibe zu gehen. Ich erinnere nur an die geradezu verzweifelten Bemühungen des Wirtschaftsrats, sich bei den Hohen Kommissaren die Zuständigkeit für dieses Gebiet zu erkämpfen, Bemühungen, die leider trotz der Anstrengungen aller Parteien erfolglos geblieben sind. Es haben sich dann die Länder der Angelegenheit angenommen und in etwa Abhilfe geschaffen. Aber die landesrechtlichen Regelungen sind sowohl hinsichtlich der Höhe der Zuwendungen als auch hinsichtlich der Voraussetzungen, von denen diese abhängen, so unterschiedlich, 'daß von einer einigermaßen gleichen und gerechten Behandlung der vertriebenen und der verdrängten Beamten und Pensionäre in keiner Weise gesprochen werden kann. Während die reichen und steuerkräftigen Länder Pensionen und Unterstützungen zahlen, die vielfach bis an die Höhe der eigentlichen gesetzlichen Pensionen herangehen, müssen sich die Betroffenen in den steuerarmen Ländern damit begnügen, um elende, kleine Beihilfen zu betteln, die vielfach an den Nachweis der Bedürftigkeit gebunden sind und oft kaum über die Beträge der öffentlichen Fürsorge hinausgehen. Ja, es gibt heute viele Beamte und Pensionäre, die überhaupt noch keinen Pfennig beziehen. Diese Ihnen allen bekannten Verhältnisse sind nachgerade wirklich unerträglich geworden. Sie haben zu einer totalen Rechtsunsicherheit und, wie ich schon sagte, zu einer Gefahr für die Demokratie geführt. Es erscheint uns daher an der Zeit, die ganze Angelegenheit aus der Sphäre — verzeihen Sie — der Phantasie und des egoistischen Streites herauszuheben und den Versuch zu einer realpolitischen Lösung zu machen, die für alle Beteiligten annehmbar ist. Der Augenblick für diesen Versuch scheint mir deshalb gegeben, weil am 1. April die Zuständigkeit in diesen Dingen von den Ländern auf den Bund übergeht. Bis es aber zu einem Bundesgesetz nach Art. 131 des Grundgesetzes kommen kann, werden ohne Zweifel noch Wochen, vielleicht zwei Monate vergehen.
    Daher ist eine Zwischenlösung notwendig. Wir haben diese Lösung mit in unsere Entschließung aufgenommen und auch hier konkrete Vorschläge gemacht. Wir halten es aber für erforderlich, daß der Bundestag, der bereits im Dezember grundsätzlich seinen Willen zu einer endgültigen gesetzlichen Regelung bekundet hat, heute schon zu dem materiellen Inhalt einer solchen Regelung in etwa Stellung nimmt. Wir schagen Ihnen daher vor, dieser Willensäußerung des Bundestags die Form einer Entschließung zu geben, in der die Grundzüge, die Leitgedanken für das kommende endgültige Gesetz bereits aufgezeigt sind.
    Zu den Einzelheiten unseres Antrags darf ich folgendes bemerken. Sie sehen unter Ziffer 2 I die von uns vorgeschlagenen vorläufigen Maßnahmen. Sie bestehen einmal darin, daß die Bundesregierung bis zum Inkrafttreten des vorgesehenen Bundesgesetzes die Länder veranlaßt, die Zahlungen an den genannten Personenkreis in der bisherigen Höhe auf Rechnung des Bundes weiter zu leisten. Als weitere vorläufige Maßnahme schlagen wir vor:
    Die Bundesregierung wolle die Regierungen der Länder ermächtigen, in besonders dringlich gelagerten Fällen — Härtefällen — kurzfristige Zuwendungen an vertriebene oder verdrängte Pensionäre oder an noch nicht wieder verwendete Beamte zu Lasten des Bundes vorzunehmen.
    Mit dieser Maßnahme hat sich, soweit uns bekannt ist, das Bundeskabinett bereits einverstanden erklärt, und der Herr Bundesminister der Finanzen hat uns, wie ich oben schon kurz ausgeführt habe, zugesagt, insgesamt einen Betrag von etwa 20 Millionen DM für den nächstjährigen Haushalt zur Verfügung zu stellen. Aus dieser Summe soll die in dem ersten Teil unseres Antrags unter Kap. E 11 Tit. 7 ausgeworfene 1 Million DM genommen werden.
    Unter Ziffer II unseres Antrags finden Sie dann die Leitgedanken für die uns vorschwebende endgültige Regelung. Sie finden hier im einzelnen unter Buchstabe a die Anerkennung des Rechts auf Versorgungsbezüge. Wir haben das wie folgt formuliert:
    Den vertriebenen und verdrängten Pensionären und den noch nicht wieder verwendeten Beamten, Angestellten und Arbeitern des
    ehemaligen Reiches usw. sind im Rahmen der
    finanziellen Möglichkeiten des Bundes und
    nach einheitlichen Grundsätzen Versorgungsbezüge zu gewähren. Diese haben in gerechtem Verhältnis zu den Bezügen der einheimischen Beamten, Angestellten und Arbeiter des ehemaligen Reiches usw. zu stehen.
    Unter Buchstabe b folgt dann das Recht der Beamten auf Wiederbeschäftigung, dem die Ver-


    (Dr. von Campe)

    pflichtung des Bundes, der Länder und Gemeinden usw. auf die Wiedereinstellung eines bestimmten Prozentsatzes der vertriebenen und verdrängten Beamten gegenübersteht. Ich brauche Buchstaben b vielleicht nicht mehr zu verlesen. In Buchstabe c ist dann für die Gewährung angemessener Übergangsbezüge gesorgt, um die Zeit bis zur endgültigen Unterbringung dienstfähiger Beamter bzw. bis zur endgültigen Pensionierung zu überbrücken.
    Um der Finanzlage des Bundes Rechnung zu tragen, haben wir unter Buchstabe d vorgeschlagen, daß in Zukunft Einkünfte aus selbständiger und nichtselbständiger Arbeit auf die Übergangsbezüge bzw. die Pensionen anzurechnen sind. Auch über diesen Punkt dürften kaum Meinungsverschiedenheiten bestehen; denn wir kehren damit lediglich zu dem Rechtszustand zurück, wie er im alten deutschen Beamtenrecht festgelegt war.
    Unter Buchstabe e haben wir einen weiteren Vorschlag zu Einsparungen gemacht, indem wir grundsätzlich festlegen, daß Beförderungen nach 1933, insbesondere in den Kriegsjahren, nur unter Zugrundelegung eines strengen Maßstabs, und wenn sie sachlich berechtigt erscheinen, anzuerkennen sind. Auch eine solche Überprüfung der in den Kriegsjahren vorgenommenen Beförderungen erscheint uns durchaus gerechtfertigt. Die Notlage des Krieges hat es mit sich gebracht, daß zahlreiche Beamte ganz kurzfristig mehrere Beförderungen hintereinander erfahren haben. Auf Grund einer Knappheit an guten Beamten entstand diese zum Teil sehr schnelle und ungerechtfertigte Steigerung der Bezüge. Es erscheint mir auch gegenüber denjenigen Beamten, die in der Zeit des Naziregimes zurückgestellt wurden, nicht mehr als recht und billig, daß diese überschnellen Beförderungen bei der Berechnung der Pensionen und Bezüge ihre Korrektur erfahren.
    Im letzten Punkt unseres Antrags schlagen wir Ihnen schließlich vor, die berufsmäßigen Angehörigen der ehemaligen Wehrmacht und deren Hinterbliebene gleichzustehen. Auch über diesen Punkt und seine Berechtigung dürfte bei ruhiger und sachlicher Überlegung kaum ein Zweifel bestehen.
    Zusammenfassend und abschließend möchte ich folgendes sagen: Wir sind bei unseren Vorschlägen von dem Ziel ausgegangen, das ich schon oben kurz andeutete, das ganze Problem der Rechtsstellung und der Versorgung der vertriebenen Beamten und Pensionäre aus der Sphäre der Erörterung und der übertriebenen Forderung und Hoffnung herauszureißen und es einmal auf den Boden der sachlichen Realitäten zu stellen, um endlich vorwärtszukommen. Denn wir wollen endlich mit praktischer Arbeit anfangen. Dabei müssen wir von allen Seiten Konzessionen machen. Denn wir haben den Krieg verloren, und wir befinden uns vergleichsweise etwa in der Stellung eines Kaufmanns, der vor dem Konkurs steht. Da hilft nichts anderes, da muß man sich zunächst einen Überblick über die noch vorhandenen Aktiven und dann über die Forderungen beschaffen und dann die beiden Positionen einander gegenüberstellen, um eine gerechte Quote für alle Konkursgläubiger festsetzen zu können. Diesen Überlegungen entspricht die vorgeschlagene Entschließung. Ich glaube, daß von keiner Seite des Hauses gegen ihre Hauptgedanken grundsätzliche Einwendungen erhoben werden können. Kleine Bedenken, die etwa gegen die eine oder andere Formulierung hie und da auftauchen könnten, bitte ich aufrichtigst zurückzustellen. Denn ich halte es für unbedingt erforderlich, daß dieses Hohe Haus schon heute aus Anlaß der ersten etatsmäßigen Mittel, die für diesen Zweck bewilligt werden, seinen Willen auch über die materielle Regelung kundtut. Ich bitte daher aufrichtigst alle Kollegen — nicht nur der Koalitionsparteien, sondern aller Parteien —, unsern beiden Anträgen zuzustimmen.

    (Beifall bei der DP.)