Herr Präsident! Meine Damen und Herren ! Der Haushaltsausschuß hat den Haushalt des Bundesministeriums für Angelegenheiten der Vertriebenen ebenso sorgfältig geprüft wie die
Haushalte der anderen Ministerien. Ich möchte darauf aufmerksam machen, daß in diesem Ministerium in einem Maße, wie es bei den übrigen Ministerien nicht ohne weiteres der Fall ist, Wert darauf gelegt wurde, Referentenposten nicht mit Beamten, sondern mit Angestellten zu besetzen. Wir haben es begrüßt, daß das in diesem Ministerium so weitgehend geschehen ist. Nach unserer Auffassung muß schon durch die Konstruktion des Vertriebenenministeriums deutlich werden, daß es sich dabei um eine Aufgabe handelt, die so schnell wie möglich gelöst werden muß. Wir möchten auch in der Konstruktion des Ministeriums deutlich machen, worum es uns geht: daß alle Kräfte daran zu wenden sind, die Not der Vertriebenen und Heimatlosen und all derer, die von diesem Ministerium betreut werden müssen, raschestens zu beheben.
Meine Damen und Herren, ich möchte dabei auf folgendes aufmerksam machen. Wir haben von Anfang an die Frage erörtert, ob es zweckmäßig sei, ein Bundesministerium für Angelegenheiten der Vertriebenen zu schaffen; denn die Aufgaben, die von diesem Ministerium wahrzunehmen sind, treffen in der praktischen Durchführung mit sehr vielen Aufgaben anderer Ministerien zusammen und machen daher eine gemeinsame Arbeit nötig. Der Herr Staatssekretär Dr. Schreiber hat im Rahmen der Beratungen des Haushaltsausschusses einmal gesagt, es sei Aufgabe des Bundesministeriums für Angelegenheiten der Vertriebenen, zu jedem Gesetzentwurf ein Plädoyer für die Vertriebenen zu geben. Ich glaube, daß das einesteils gut ist, denn es besteht sonst zu leicht die Gefahr, daß in dem üblichen Gang der Geschäfte vergessen wird, daß wir kaum eine einzige Frage unseres öffentlichen Lebens haben, die nicht mit dem Problem der Vertriebenen in irgendeiner Weise im Zusammenhang steht. Es ist gut, wenn man unbestechliche Anwälte dieser Vertriebenen hat und wenn das Mögliche und Notwendige dabei vorgetragen und gefordert wird.
Meine Damen und Herren! Auf der anderen Seite sind wir uns darüber klar gewesen, daß es eine gewisse Gefahr bedeutet, wenn ein Ministerium sich in erster Linie als eine Art PlädoyerMinisterium verstehen und den Versuch machen muß, zu erreichen, daß bei anderen Ministerien das geschieht, was im Interesse der Vertriebenen nötig ist. Wir haben aber geglaubt — und das ist damals, bei der Bildung des Bundeskabinetts,
Auffassung auch der Regierung gewesen —, daß es richtig sei, in dieser Weise zu verfahren. Ich
möchte diese Gelegenheit benutzen, um gegenüber vielen, zum großen Teil nicht substantiierten und nicht aus irgendeiner Sachkenntnis heraus geborenen Angriffen zu betonen: Wir haben den Eindruck, daß das Bundesministerium für Angelegenheiten der Vertriebenen und insbesondere der Herr Bundesminister die ihm übertragenen Aufgaben mit einer Herzenswärme und einer Hartnäckigkeit zugunsten der Vertriebenen wahrnimmt, die allen Dankes würdig ist.
Meine Damen und Herren! Es kann nicht anders sein, als daß in einer Zeit, in der mindestens 8 Millionen Menschen in der Bundesrepublik in dieser Form entwurzelt, heimatlos, ohne wirtschaftliche Aussicht, ohne ausreichende Wohnung und Arbeit sind, Verbitterung auftritt. Wir werden aber die Verpflichtung haben, dem deutschen Volk immer wieder deutlich zu machen, daß diese Situation nicht dazu führen darf, Unerfüllbares zu fordern und Menschen anzugreifen, als ob sie ihre Aufgabe nicht wahrnehmen, Menschen, die nicht nur ihre Arbeitskraft, sondern ihr Herzblut an diese Aufgabe setzen.
Wir haben großes Gewicht darauf gelegt — das ist im Ausschuß wiederholt erörtert worden —, daß alles geschieht, um deutlich zu machen: die Aufgabe, die uns das Problem der Vertriebenen stellt, kann nicht allein im deutschen Rahmen gelöst werden. Es geht darum, das Flüchtlingsproblem, wie wir es genannt haben, zu internationalisieren. Von seiten des Herrn Bundeskanzlers und durch einen Sonderauftrag sind dann Ansätze gemacht worden. Wir haben besonderen Wert darauf gelegt — Sie finden das in der Position des Kap. 1 Tit. 31 —, daß für die Herstellung und Verbreitung von Informationsmaterial einigermaßen ausreichende Beträge zur Verfügung gestellt werden. Meine Damen und Herren! Wir empfinden es immer wieder als beschämend und traurig, daß die Situation der deutschen Vertriebenen im Auslande trotz aller Arbeiten der Kirchen und der karitativen Verbände noch nicht hinreichend bekannt ist. Es ist unseres Erachtens unerträglich, daß man zwar bereit ist, sich über wenige hunderttausend DPs im Ausland sehr umfangreiche Gedanken zu machen und Hilfsaktionen zu erwägen, daß man aber in der Fürsorge für die deutschen Vertriebenen über die sehr dankenswerten, aber natürlich keineswegs ausreichenden Hilfsmaßnahmen ausländischer Wohlfahrtsorganisationen und Kirchen praktisch noch nicht hinausgekommen ist.
Es ist nötig, bei diesem Anlaß darauf aufmerksam zu machen, daß es gut wäre, wenn die europäischen und nichteuropäischen Völker sich darüber klar würden: Der Zustand der Vertriebenen, die Anwesenheit von 8 Millionen Vertriebenen allein in der
Bundesrepublik sind ein Gefahrenpunkt nicht nur für Deutschland allein, sondern für Europa und die ganze Welt,
und es muß alles geschehen, damit diese Nöte ausgeglichen und die Schwierigkeiten, die hier auftreten, beseitigt werden.
Meine Damen und Herren! Ich kann also insgesamt nur sagen, daß wir den Ansätzen dieses Ministeriums zustimmen. Wir wünschten, daß im kommenden Jahre alles das, was eingeleitet ist und was an Plänen und Möglichkeiten besteht, ausgenutzt wird, um die Lage der Vertriebenen zu bessern. Aber ich sage noch einmal: ohne die sehr intensive und bewußte Hilfe und Mitwirkung des Auslandes kann das nicht in einem erträglichen Maße gelingen.
Ich habe noch ein Wort zu einem zwar noch nicht begründeten, aber uns bereits vorliegenden Änderungsantrag der Fraktion der Deutschen Partei zu sagen, die sich in diesem Zusammenhang dafür einsetzt, daß in Kap. E 11 ein neuer Tit. 7 unter der Aufschrift „Beihilfe an verdrängte Beamte und Wehrmachts-Versorgungsempfänger in besonderen Härtefällen von 1 Million DM" eingesetzt wird. Meines Erachtens ist in diesem Hause niemand, der die Aufgabe, die sich aus Art. 131 des Grundgesetzes ergibt, gering schätzte und nicht wünschte, daß möglichst schnell Maßnahmen getroffen werden, um die hier bestehenden, zum großen Teil unerträglichen Nöte und Ungerechtigkeiten zu beseitigen. Ich habe bereits gestern bei der Beratung des
Haushalts des Bundesministeriums des Innern auf diese Frage hingewiesen. Ich muß aber einmal sagen, daß meines Erachtens ein Betrag von 1 Million DM für diese Aufgabe keineswegs als ausreichend angesehen werden kann. Wir haben kürzlich gehört, daß von den zuständigen Stellen für eine Überbrückungshilfe dieser Art ein Betrag von mindestens 20 Millionen DM als notwendig angesehen wird. Ich stehe auf dem gleichen Standpunkt. Ich halte also dafür, daß mit einem Antrag, einen Dispositionsfonds von 1 Million zu schaffen, keineswegs den Anforderungen, die hier zu stellen sind, genügt werden kann. Andererseits bin ich aber der Meinung, daß es nicht zweckmäßig und förderlich ist, diese Frage durch eine Art Dispositionsfonds im Rahmen des Haushalts des Vertriebenenministeriums zu regeln. Diese Aufgabe sollte von den sämtlichen beteiligten Ministerien angefaßt und im Rahmen der allgemeinen Finanzverwaltung durch die Zurverfügungstellung ausreichender Mittel geregelt werden.
Ich glaube auch nicht, daß wir auf dem an einzelnen Stellen von der Gesamtheit des Haushaltsausschusses als notwendig und zweckmäßig erkannten Wege der Dispositionsfonds weitergehen sollten. Denn es scheint mir nicht möglich zu sein, daß das Vertriebenenministerium die Verantwortung für die Verwertung eines solchen Dispositionsfonds übernimmt, weil ihm jeglicher Unterbau und die Möglichkeiten der Kontrolle über die einzelnen Posten, die dann anfallen würden, fehlten. Wir sollten also einen Weg finden, dieses zweifellos berechtigte Anliegen im Rahmen dieser Beratung in anderer Weise zur Geltung zu bringen als durch die Einsetzung eines Dispositionsfonds.
Das gleiche gilt zu der weiter in diesem Antrag vorgeschlagenen Entschließung. Es handelt sich um Fragen, über deren Bedeutung wir uns alle klar sind. Ich meine aber, daß nicht die Beratung des Haushalts des Vertriebenenministerr ms zum Anlaß genommen werden kann, die so überaus dringende Frage der Regelung der Bezüge der vertriebenen Beamten so quasi nebenbei zu regeln. Es handelt sich vielmehr hier um eine Frage, die von unerhörter finanzieller, persönlicher und sachlicher Bedeutung ist. Ich schlage daher vor, daß dieser Entschließungsentwurf dem zuständigen Ausschuß überwiesen wird, damit im Zusammenhang mit den sonstigen dazukommenden Vorlagen und Anregungen das Beste daraus gemacht wird.
Ich empfehle unter diesen Umständen, den Haushalt des Bundesministeriums für Angelegenheiten der Vertriebenen unverändert anzunehmen.