Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Haushaltsberatungen des gestrigen und heutigen Tages haben etwas unter dem Motto gestanden: Je kleiner die Partei, die der Redner vertritt, um so länger die Anträge und die Begründungen,
und je größer die Partei, um so kürzer die Anträge und die Begründungen: Da die kürzeren und die präziseren Reden die Arbeit dieses Hauses fördern und die großen Parteien mit gutem Beispiel vorangehen sollen, beschränke ich mich auf die nachfolgenden ganz kurzen Ausführungen zum Justizetat.
Es hat uns gefreut, daß Herr Kollege Greve von der SPD zum Ausdruck gebracht hat, daß er sachlich gegen die Zahlen des Justizetats nichts einzuwenden hat, weil er sie für angemessen hält. Das erinnert mich daran, zu sagen, daß wir überhaupt
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den Wunsch haben, die Öffentlichkeit erlebte doch einmal die wirkliche Arbeit des Parlaments etwas mehr in anderer Form als es sich hier im Plenum im allgemeinen abzuspielen pflegt.
Meine Damen und Herren! Wir erinnern uns alle dankbar der sachlichen Zusammenarbeit der Mitglieder des Haushaltsausschusses, wie das gerade hier eben in den Ausführungen des Kollegen Greve zum Ausdruck gekommen ist. Ich möchte dem herzlichen Wunsch Ausdruck geben, daß es uns doch endlich gelingen möge, die Atmosphäre der sachlichen Arbeit, die in den Ausschüssen herrscht, auch in das Plenum zu übertragen, damit unser Volk draußen sieht, daß hier im Parlament wirklich ernsthaft gearbeitet wird.
Meine Damen und Herren! Was den Haushalt des Ministeriums der Justiz angeht, so begrüßen wir darin besonders die Auswerfung eines Betrages von 500 000 DM für Rechtsschutzmaßnahmen für im Ausland festgehaltene Deutsche, eines Betrages, der nahezu die Hälfte -des Zuschußbedarfs des ganzen Justizministeriums ausmacht und damit beweist, wie wichtig diese Aufgabe von der Bundesregierung und vom Parlament genommen wird. Sie ist auch unendlich wichtig, zumal die Methoden der Justiz jenseits unserer Grenzen vielfach einen besonders starken Einsatz der Heimat erfordern,.
um den dort Verfolgten zu ihrem Recht und zu rechtsschutzmäßiger Behandlung zu verhelfen.
Herr Kollege Greve hat über das Vertrauensverhältnis zwischen der SPD und dem Herrn Minister der Justiz gesprochen. Wir von der CDU/CSU Können uns der von Herrn Kollegen Greve vertretenen Auffassung nicht anschließen. Wir sind primär der Auffassung, daß gerade das Amt des Justizministers in besonderer Weise mit Idealismus und Hingabe geführt werden muß, weil es eines der wichtigsten Amter innerhalb der Bundesregierung ist. Und da wir diese Eigenschaften bei unserem Herrn Justizminister kermen und oft genug erlebt haben, genießt seine Arbeit unser Vertrauen.
Meine Damen und Herren! Dann hat Herr Kollege Greve einige grundsätzliche Ausführungen zum Justizetat gemacht, die ich auch nur ganz kurz beantworten möchte. Die Justiz ist im besonderen Maße berufen, Hüterin des Rechts im demokratischen Staatswesen zu sein, des Rechts, dessen unparteiische Handhabung die Voraussetzung für den dauernden Bestand nicht zuletzt auch einer demokratischen Staatsordnung ist. Und das Merkmal, das die Justiz zur Erreichung dieses Zieles haben muß, ist die unbedingte Unabhängigkeit des Richtertums. Wir bedauern, daß in der letzten Zeit aus einzelnen Anlässen unseres Erachtens weit übertriebene Angriffe gegen, das Richtertum in der Öffentlichkeit laut geworden sind, Angriffe, die sich in dieser Art als Angriffe auf die Unabhängigkeit des Richters selbst darstellen,
zumal wenn sie in einem Zeitpunkt laut werden, in dem die entsprechenden Verfahren überhaupt noch nicht abgeschlossen sind.
Es wurde die Frage aufgeworfen: Wer wolle dem Rechtsstaat zuleibe? Dem Rechtsstaat zuleibe will derjenige, der die Bestrafung des Richters fordert, wenn dieser nach seinem Gewissen eine Entscheidung getroffen hat.
— Wenn er das Recht gebeugt hat, dann kann er disziplinarisch durch die zuständigen Stellen bestraft werden; dann kann er aber nicht bestraft werden durch aufgepeitschte Volksmassen, die irgendwelchen politischen Strömungen und Stimmungen folgen.
Meine Damen und Heren, es wurde weiter gesagt, unsere Richter vermöchten soziale Spannungen nicht zu meistern. Es würde mich interessieren — und ich bitte die Kollegen von der SPD, dafür doch einmal Belege aus der Praxis der Gerichte zu bringen —, wo soziale Spannungen nicht gemeistert sind. Ich möchte allerdings dabei Wert darauf legen, daß „sozial" und „sozialdemokratisch" nicht als identisch angesehen wird,
denn wir wollen nicht ein parteipolitisch beeinflußtes Richtertum, sondern von echter sozialer Gesinnung getragene Richter.
Meine Damen und Herren! Wenn ein Prozeß entschieden ist, dann ist es im allgemeinen so, daß einer der Prozeßbeteiligten unzufrieden ist, weil er verloren hat. Es darf dann nur eines nicht passieren, daß er auf den Richter schimpft, nur deswegen, weil er Unrecht bekommen hat.
Ich habe das Gefühl, daß heute bei manchen Prozessen, die als politisch angesehen werden, der Grundsatz gehandhabt wird, daß man lediglich deshalb auf den Richter schimpft, weil nicht das herausgekommen: ist, was man selber wünschte.
Meine Damen und Herren, wir müssen die Achtung vor der Gewissensfreiheit des Richters haben, der den Tatbestand aus dem Prozeßverlauf bis zum letzten genauestens kennt und viel genauer kennt als diejenigen, die aus der Ferne oder aus der Zeitung oder nur vom Hörensagen über die Dinge erfahren haben. Wir legen jedenfalls Gewicht darauf, daß die Unparteilichkeit des Richters, die Objektivität der Rechtsprechung in keiner Weise durch politische Strömungen beeinflußt wird, weder von der einen noch von der anderen Seite.