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ID0105008300

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    Deutscher Bundestag — 50. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. März 1950 1749 50. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 23. März 1950. Geschäftliche Mitteilungen . . . . 1749D, 1750A Anfrage Nr. 59 der Fraktion der SPD betr. Förderung des Schiffsbaues (Drucksachen Nr. 662 und 748) 1750A Einsprüche der Abg. Wehner und Heiland gegen ihren in der 49. Sitzung erfolgten Ausschluß 1750A Beratung des Antrages der Fraktion der Bayernpartei betr. Erlaß einer Rechtsverordnung zur Verteilung der neu aus den Ostgebieten und der Tschechoslowakei kommenden Deutschen (Drucksache Nr. 723) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Aufnahme von Deutschen aus den Gebieten jenseits der Oder-Neiße-Linie und aus der Tschechoslowakei in das Bundesgebiet (Drucksache Nr. 727) . . 1750B, 1751C Dr. Seelos (BP), Antragsteller . . . 1750B Dr. Wenzel (SPD), Antragsteller . . 1751C Dr. Lukaschek, Bundesminister für Angelegenheiten d. Vertrieb. 1753A, 1760D Tichi (WAV) 1753D Dr. Götz (CDU) 1754D Dr. Zawadil (FDP) 1755D Paul (Düsseldorf) (KPD) 1756D Ewers (DP) 1758A Dr. Richter (DRP) 1758C Krause (Z) 1759A Strauß (CSU) 1759D Clausen (SSW) 1760C Fortsetzung der zweiten Beratung des Entwurf eines Gesetzes über die vorläufige Aufstellung und Ausführung des Bundeshaushaltsplans und über die vorläufige Rechnungsprüfung sowie über die vorläufige Haushaltsführung im Rechnungsjahr 1949 (Vorläufige Haushaltsordnung und vorläufiges Haushaltsgesetz 1949) (Drucksachen Nr. 682 und 223) mit den Mündlichen Berichten des Haushaltsausschusses (Drucksachen Nr. 670 bis 681) . . . . 1761A Abstimmungen über die Anträge Drucksachen Nr. 734 und 743 1761B Einzelplan V — Haushalt des Bundesministeriums für Angelegenheiten des Marshallplans (Drucksache Nr. 675) . 1762A, 1802A Kalbitzer (SPD) 1762A Mellies (SPD) (zur Geschäftsordnung) 1762BD Dr. Oellers (FDP) (zur Geschäfts- ordnung) 1762C Rische (KPD) 1802B Blücher, Bundesminister für Angelegenheiten des Marshallplans . . . 1806B Dr. Vogel (CDU) 1808C Abstimmungen 1809D Einzelplan VI — Haushalt des Bundesministeriums des Innern (Drucksache Nr.1762D Erler (SPD), Berichterstatter . . 1763A Maier (SPD) 1766D Dr. Decker (BP) 1771A Dr. Ehlers (CDU) 1771D Dr. Leuchtgens (DRP) 1775B Zinn (SPD) 1777D Dr. Jaeger (CSU) 1778B Loritz (WAV) 1779B Dr. Fink (BP) 1780B Dr. Hamacher (Z) 1780D Dr. Bergstraeßer (SPD) 1782A Gaul (FDP) 1783C Dr. Dr. Heinemann, Bundesminister des Innern 1784B Abstimmungen 1786A Einzelplan VII — Haushalt des Bundesministeriums der Justiz (Drucksache Nr.1786C Steinhörster (SPD), Berichterstatter 1786C Dr. Greve (SPD) 1788A Dr. Leuchtgens (DRP) 1790B Ewers (DP) 1790D Dr. Wuermeling (CDU) 1792D Nuding (KPD) 1794A Zinn (SPD) 1794B Kiesinger (CDU) 1795D Dr. Reismann (Z) 1797A Loritz (WAV) 1799A Dr. Arndt (SPD) 1800B Abstimmungen 1801D Nächste Sitzung 1810C Die Sitzung wird um 10 Uhr 30 Minuten durch den Präsidenten Dr. Köhler eröffnet.
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    Rede von Dr. Franz-Josef Wuermeling


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Haushaltsberatungen des gestrigen und heutigen Tages haben etwas unter dem Motto gestanden: Je kleiner die Partei, die der Redner vertritt, um so länger die Anträge und die Begründungen,

    (Sehr richtig! in der Mitte)

    und je größer die Partei, um so kürzer die Anträge und die Begründungen: Da die kürzeren und die präziseren Reden die Arbeit dieses Hauses fördern und die großen Parteien mit gutem Beispiel vorangehen sollen, beschränke ich mich auf die nachfolgenden ganz kurzen Ausführungen zum Justizetat.
    Es hat uns gefreut, daß Herr Kollege Greve von der SPD zum Ausdruck gebracht hat, daß er sachlich gegen die Zahlen des Justizetats nichts einzuwenden hat, weil er sie für angemessen hält. Das erinnert mich daran, zu sagen, daß wir überhaupt


    (Dr. Wuermeling).

    den Wunsch haben, die Öffentlichkeit erlebte doch einmal die wirkliche Arbeit des Parlaments etwas mehr in anderer Form als es sich hier im Plenum im allgemeinen abzuspielen pflegt.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Meine Damen und Herren! Wir erinnern uns alle dankbar der sachlichen Zusammenarbeit der Mitglieder des Haushaltsausschusses, wie das gerade hier eben in den Ausführungen des Kollegen Greve zum Ausdruck gekommen ist. Ich möchte dem herzlichen Wunsch Ausdruck geben, daß es uns doch endlich gelingen möge, die Atmosphäre der sachlichen Arbeit, die in den Ausschüssen herrscht, auch in das Plenum zu übertragen, damit unser Volk draußen sieht, daß hier im Parlament wirklich ernsthaft gearbeitet wird.

    (Beifall in der Mitte und rechts.)

    Meine Damen und Herren! Was den Haushalt des Ministeriums der Justiz angeht, so begrüßen wir darin besonders die Auswerfung eines Betrages von 500 000 DM für Rechtsschutzmaßnahmen für im Ausland festgehaltene Deutsche, eines Betrages, der nahezu die Hälfte -des Zuschußbedarfs des ganzen Justizministeriums ausmacht und damit beweist, wie wichtig diese Aufgabe von der Bundesregierung und vom Parlament genommen wird. Sie ist auch unendlich wichtig, zumal die Methoden der Justiz jenseits unserer Grenzen vielfach einen besonders starken Einsatz der Heimat erfordern,.

    (Sehr richtig! in -der Mitte)

    um den dort Verfolgten zu ihrem Recht und zu rechtsschutzmäßiger Behandlung zu verhelfen. (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Herr Kollege Greve hat über das Vertrauensverhältnis zwischen der SPD und dem Herrn Minister der Justiz gesprochen. Wir von der CDU/CSU Können uns der von Herrn Kollegen Greve vertretenen Auffassung nicht anschließen. Wir sind primär der Auffassung, daß gerade das Amt des Justizministers in besonderer Weise mit Idealismus und Hingabe geführt werden muß, weil es eines der wichtigsten Amter innerhalb der Bundesregierung ist. Und da wir diese Eigenschaften bei unserem Herrn Justizminister kermen und oft genug erlebt haben, genießt seine Arbeit unser Vertrauen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Meine Damen und Herren! Dann hat Herr Kollege Greve einige grundsätzliche Ausführungen zum Justizetat gemacht, die ich auch nur ganz kurz beantworten möchte. Die Justiz ist im besonderen Maße berufen, Hüterin des Rechts im demokratischen Staatswesen zu sein, des Rechts, dessen unparteiische Handhabung die Voraussetzung für den dauernden Bestand nicht zuletzt auch einer demokratischen Staatsordnung ist. Und das Merkmal, das die Justiz zur Erreichung dieses Zieles haben muß, ist die unbedingte Unabhängigkeit des Richtertums. Wir bedauern, daß in der letzten Zeit aus einzelnen Anlässen unseres Erachtens weit übertriebene Angriffe gegen, das Richtertum in der Öffentlichkeit laut geworden sind, Angriffe, die sich in dieser Art als Angriffe auf die Unabhängigkeit des Richters selbst darstellen,

    (Sehr richtig! in der Mitte)

    zumal wenn sie in einem Zeitpunkt laut werden, in dem die entsprechenden Verfahren überhaupt noch nicht abgeschlossen sind.
    Es wurde die Frage aufgeworfen: Wer wolle dem Rechtsstaat zuleibe? Dem Rechtsstaat zuleibe will derjenige, der die Bestrafung des Richters fordert, wenn dieser nach seinem Gewissen eine Entscheidung getroffen hat.

    (Sehr richtig! in der Mitte. — Abg. Dr. Greve: Nein, wenn er das Recht gebeugt. hat, soll er bestraft werden, nicht anders!)

    — Wenn er das Recht gebeugt hat, dann kann er disziplinarisch durch die zuständigen Stellen bestraft werden; dann kann er aber nicht bestraft werden durch aufgepeitschte Volksmassen, die irgendwelchen politischen Strömungen und Stimmungen folgen.

    (Zuruf von der SPD: Hat er ja gar nicht gesagt! Wortverdrehung! Abg. Dr. Greve: Ich denke, Sie wollen sachlich bleiben!)

    Meine Damen und Heren, es wurde weiter gesagt, unsere Richter vermöchten soziale Spannungen nicht zu meistern. Es würde mich interessieren — und ich bitte die Kollegen von der SPD, dafür doch einmal Belege aus der Praxis der Gerichte zu bringen —, wo soziale Spannungen nicht gemeistert sind. Ich möchte allerdings dabei Wert darauf legen, daß „sozial" und „sozialdemokratisch" nicht als identisch angesehen wird,

    (Sehr gut! rechts — Unruhe und Zurufe bei der SPD)

    denn wir wollen nicht ein parteipolitisch beeinflußtes Richtertum, sondern von echter sozialer Gesinnung getragene Richter.

    (Abg. Dr. Greve: Das nennen Sie sachliche Diskussion, Herr Wuermeling? — Abg. Euler: Das ist sehr sachlich, nur Sie verstehen es nicht! Sie sind ja Sozialist!)

    Meine Damen und Herren! Wenn ein Prozeß entschieden ist, dann ist es im allgemeinen so, daß einer der Prozeßbeteiligten unzufrieden ist, weil er verloren hat. Es darf dann nur eines nicht passieren, daß er auf den Richter schimpft, nur deswegen, weil er Unrecht bekommen hat.

    (Zuruf links: Das ist ja unerhört!)

    Ich habe das Gefühl, daß heute bei manchen Prozessen, die als politisch angesehen werden, der Grundsatz gehandhabt wird, daß man lediglich deshalb auf den Richter schimpft, weil nicht das herausgekommen: ist, was man selber wünschte.

    (Zuruf von der KPD: Klassenjustiz! — Zuruf von der SPD: Ein solches Niveau! — Unruhe links.)

    Meine Damen und Herren, wir müssen die Achtung vor der Gewissensfreiheit des Richters haben, der den Tatbestand aus dem Prozeßverlauf bis zum letzten genauestens kennt und viel genauer kennt als diejenigen, die aus der Ferne oder aus der Zeitung oder nur vom Hörensagen über die Dinge erfahren haben. Wir legen jedenfalls Gewicht darauf, daß die Unparteilichkeit des Richters, die Objektivität der Rechtsprechung in keiner Weise durch politische Strömungen beeinflußt wird, weder von der einen noch von der anderen Seite.

    (Beifall in der Mitte. — Zuruf von der SPD: Nicht einmal von der demokratischen Seite! — Weiterer Zuruf von der SPD: Das war eine Rede zum „Justiz"-Etat!)



Rede von Dr. Hermann Schäfer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Abgeordnete Nuding.


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    Rede von Hermann Nuding


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (KPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)

    Meine Damen und Herren! Die letzte Diskussionsrede gibt mir Veranlassung, einige Worte namens meiner Fraktion zu sagen. Sie sprachen davon, daß der Richter unabhängig sein soll. Das ist ein schönes Prinzip, das Si e auf-. gestellt haben. Wir wissen aus der Statistik, daß zum Teil über 90 % der Richter, die heute urteilen, auch in den zwölf Jahren des „Dritten Reiches" geurteilt haben.

    (Sehr wahr! links.)

    Ein Teil davon hat auch in der Weimarer Zeit geurteilt. Damals haben sie das Volk im Namen der Weimarer Verfassung verurteilt, dann haben sie es im Namen des Führers verurteilt und jetzt im Namen des Volkes. Nun gestatten Sie eine Gegenfrage: Zu einem Stand, der in der Lage ist, in einer Generation dreimal nach verschiedenen Gesetzen zu urteilen, muß man doch ein wenig Mißtrauen haben.

    (Sehr richtig! links.)

    Wenn Sie doch soviel von der westlichen Demokratie aufnehmen wollten, was für eine herrliche Änderung könnten Sie auf dem Gebiet der Justiz schaffen, eine wirkliche Verbundenheit der Richter mit dem Volk, daß das Volk seine Richter achtet und ehrt, indem Sie diese Richter, wie es einige westliche Staaten machen, die Ihrem System, das Sie verteidigen, angehören, wählen ließen und der Volkskritik durch die Wahl unterwürfen. Dann hätten Sie vielleicht nicht solche Zustände, daß ein Richter, wenn er Hedler freispricht, von der Masse mit Recht angegriffen wird. — Das ist die eine Sache.
    Ich möchte eine zweite Bemerkung machen: Sie sprachen vom Rechtsstaat, auf dessen Boden Sie stehen. Haben wir schon einen Rechtsstaat? Es
    wäre interessant gewesen, wenn man die Schwächen dieses Staates aufgezeigt hätte. Ist das ein Rechtsstaat, wenn es möglich ist, daß die Besatzungsbehörde die deutsche Behörde anweisen kann, die Grundrechte, das Grundgesetz zu brechen? Heute nacht ist es passiert. daß in Niedersachsen nachts um ein Uhr ein englischer Offizier und ein deutscher Polizeibeamter ein en Landtagsabgeordneten aus dem Bett heraus verhafteten, den Landtagsabgeordneten Landwehr, und bis zur Stunde wissen wir noch nicht, wo er ist.

    (Unruhe. — Hört! Hört! bei der KPD.)

    Ist das ein Rechtsstaat? Wo ist denn die Justiz, die vom Bund aus dafür sorgt?

    (Zurufe von den Regierungsparteien.)

    — Ja, lieber Herr, ich sehe an Ihrem Lächeln, daß Ihnen das Recht ist, weil es Ihnen nützt. Diese Justiz, die das Recht verteidigt, das Ihnen nützt, ist Ihre Justiz.

    (Beifall bei der KPD. — Zuruf von der CDU: Das sagen ausgerechnet Sie!)