Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die wohltuende mittägliche Gelassenheit, die so lange über diesem Hause gelegen hat, ist ja nun wieder gewichen. Ich möchte deshalb einigen der Sprecher auf ihre Ausführungen eine kurze Antwort geben.
Ich glaube feststellen zu dürfen, daß im ganzen der Etat des Bundesinnenministeriums eine wohlwollende und positive Beurteilung erfahren hat, bis in den Bereich der Opposition hinein. Es sind von verschiedenen Sprechern Anregungen gegeben worden. Wenn ich ,auf diese Anregungen jetzt nicht sofort im einzelnen eingehe, so bedeutet das in keiner Weise die Mißachtung dieser Anregungen. Ich darf versichern, daß ich diese Anregungen sehr wohl zur Notiz genommen habe und daß sie ihre ernste Würdigung finden werden.
Ich möchte nur zu der einen Anregung, die von meinem Freund Ehlers bezüglich der Vorlage eines Schmutz- und Schundgesetzes vorgebracht wurde, weil darüber eine breitere Debatte stattgefunden hat, sagen, daß die Vorlage in aller Kürze da sein wird. Sie ist deshalb lange vorbereitet worden, um eine öffentliche Meinungsbildung zu ermöglichen, ehe die Sache in feste Form und zur endgültigen Entscheidung kommt.
— Zwickelerlaß? Den brauchen wir nicht.
Nun möchte ich den Kritikern einiges sagen. Es sind hier wohl drei Gruppen von Kritikern zu Wort gekommen.
Die erste Gruppe waren die sozialdemokratischen Sprecher Maier und Zinn. Es ist u. a. bemängelt worden, daß die Verordnung zu Artikel 132 des Grundgesetzes einen bestimmten Inhalt hat und daß sie zeitlich recht spät gekommen ist. Was das erstere anbelangt, so darf ich in aller Bescheidenheit des Demokraten sagen, daß nicht ich die Verordnung erlassen habe, daß es vielmehr die beiden gesetzgebenden Körperschaften getan haben. Was den Zeitpunkt anbelangt, so darf ich Sie, Herr Zinn, versichern, daß das recht späte Herauskommen der Verordnung darin seinen Grund hat, daß die Landesregierungen ihre Stellung zu dieser Verordnung erst sehr spät fixiert haben. Anfänglich war bei den Landesregierungen keine Neigung, überhaupt an einer Verordnung aus Artikel 132 mitzuarbeiten. Man war überwiegend ablehnend. Dann haben um Neujahr herum eine Reihe von Landesregierungen diesen ihren ablehnenden Standpunkt revidiert und gesagt, es möchte doch eine Verordnung gemacht werden. Erst damit begann sich die Möglichkeit abzuzeichnen, daß im Bundesrat eine Mehrheit für die Verordnung sein würde.
Herr Zinn hat nach der Zahl der Anwendungsfälle gefragt. Darauf kann ich im Augenblick sicherlich keine abschließende Antwort geben, einfach deshalb, weil die Meldungen darüber noch nicht da sind. Aus dem Bereich des Bundesverkehrsministeriums sind bisher 318 Fälle einer Versetzung in den Ruhestand, 63 Fälle einer Versetzung in den Wartestand, 136 Fälle einer Herunterstufung in den Bezügen mitgeteilt worden, alles in allem also eine Anwendung in 517 Fällen. Aus dem Bereich der Zollverwaltung liegen 14 Fälle einer Versetzung in den Ruhestand, 5 Fälle einer Versetzung in den Wartestand, 17 Fälle einer Herabstufung, insgesamt 36 Fälle vor. Mehr kann ich im Augenblick nicht sagen. Insbesondere fehlen alle Anhaltspunkte dafür, in welchem Ausmaß Landes- oder Kommunalverwaltungen von dieser Verordnung Gebrauch gemacht haben.
Ich schlage vor, die weitere Behandlung dieser Verordnung aus Artikel 132 dem zuständigen Aus-
schuß im Bundestag zu überlassen, der ja auf Grund des SPD-Antrages, den wir in der vergangenen Woche hier behandelt haben, sowieso mit diesem Thema befaßt ist. Dort wird über alles eine volle Auskunft und Aufklärung gegeben werden.
Herr Maier hat dann unter den Personalien sonderlich den Fall des Sportreferenten Diem zur Kritik gestellt. Auf diesen Fall möchte ich hier eingehen. Zunächst ist festzustellen, daß Herr Professor Diem lediglich ein nebenamtlicher Referent im Bundesinnenministerium ist. Er war kein Parteigenosse und genießt in beachtenswerter Weise das Vertrauen weitester Kreise und amtlicher Stellen in Deutschland und im Ausland. Zum Beleg dafür erwähne ich aus Vorgängen der letzten Vergangenheit lediglich folgendes. Professor Diem wurde noch im vergangenen Jahr von allen Sportfachverbänden einstimmig zum Schriftführer des Nationalen Olympischen Komitees gewählt. Er wurde im Februar dieses Jahres einstimmig zum ersten Vorsitzenden des Rheinischen Turnerbundes wiedergewählt. Er wurde von den zuständigen Stellen der Landesregierung Nordrhein-Westfalen nach dem Kriege zum Rektor der Sporthochschule in Köln und zum Professor für Körpererziehung an der Universität in Köln bestellt.
Er war 1948 der einzige deutsche Ehrengast auf der Olympiade in London, er war 1949 deutscher Gast auf dem Internationalen Stockholmer Turnfest. Er ist heute noch Mitglied der Amerikanischen Akademie für Körpererziehung. Er ist also ein Mann, über den man nicht so einfach urteilen kann, wenngleich ich unumwunden zugebe, daß die von Herrn Maier verlesenen Zitate mir einen wenig erfreulichen Eindruck machen.
Die andere Gruppe von Kritikern hat sich vornehmlich mit der Abteilung III, d. h. mit den kulturellen Angelegenheiten im Bundesinnenministerium, befaßt. Da möchte ich Herrn Decker und meinem Fraktionskollegen Jaeger folgendes sagen. Es ist nicht richtig, daß nur fünf der in der Abteilung III vorgesehenen Arbeitsgebiete eine ausdrückliche, buchstäbliche Fundierung im Grundgesetz haben. Es wird zum Beispiel übersehen, daß doch sicherlich eine Bundeszuständigkeit für das Archivwesen nicht zweifelhaft sein kann. Der Bund braucht sein eigenes Archiv, und der Bund wird eine große Anstrengung daran wenden müssen, daß die vielfältigen Archivmaterialien Deutschlands, die nach dem Kriege ins Ausland verbracht worden sind, wieder zu uns zurückkehren. Wichtigste Stücke zur Erkenntnis unserer eigenen deutschen Geschichte sind uns fortgenommen. Wir werden sie wiedererlangen müssen, wenn wir überhaupt einmal zu einem lückenlosen Bild über unsere eigene Vergangenheit kommen wollen.
Es ist sodann u. a. gesagt worden, auf dem Gebiete der kirchlichen Dinge hätte der Bund keine Zuständigkeit. Ja, meine Damen und Herren, so einfach kann man das nicht erklären, selbst wenn es eindeutig ist, daß der Schwerpunkt dieser Dinge bei den Ländern liegt. Die beiden großen christlichen Kirchen begegnen uns auch auf Bundesebene,
bezüglich der katholischen Kirche im Rahmen der Konkordatsfragen, bezüglich der evangelischen Kirche einfach auf Grund der Tatsache, daß sie ja doch in der „Evangelischen Kirche in Deutschland" auch einen gesamtdeutschen Zusammenschluß darstellt. Auch ihr müssen wir einen Gesprächspartner auf der Bundesebene gegenüberstellen können. Also so einfach kann man die Zusammensetzung der Arbeitsgebiete in der Abteilung III nicht zerpflücken.
Der Schwerpunkt der Kritik lag offensichtlich bei den schulischen und hochschulischen Informationsreferaten oder Teilreferaten. Ich brauche hier nicht mehr viel zu sagen, nachdem dankenswerterweise verschiedene Sprecher aus dem Hause schon positiv zu den Dingen Stellung genommen haben. Insbesondere Herrn Dr. Hamacher bin ich für das, was er aussprach, sehr dankbar. Ich möchte nur das eine hinzufügen, daß die Verweisung auf eine Hilfsstellung der Kultusministerkonferenz, die ja auch ausgesprochen wurde, nicht ziehen wird. Die Kultusministerkonferenz hat mir in der Tat angeboten, nötigenfalls alle derartigen Materialien dem Bund anzudienen, wenn man darum bitten würde. Nun bin ich aber in der Tat der Meinung, daß der Bund auf diesen wichtigsten Gebieten des kulturellen und, ich möchte auch ruhig sagen, des nationalen Lebens in Deutschland eigene Informationsquellen haben muß.
— Das Präsidium, nein, es ist sogar die ganze Konferenz der Kultusminister, meine sehr verehrten Herren aus dem Bayernlande, hat bisher nach meiner Meinung das gebotene Maß an Zusammenarbeit mit einem Bundesministerium des Innern leider vermissen lassen.
Es wird unter den Kultusministern der deutschen Bundesländer nicht für selbstverständlich gehalten, daß man das Bundesinnenministerium überhaupt an den Beratungen der Kultusministerkonferenz beteiligt.
Man lädt uns bisher zu diesen Konferenzen nicht ein, obwohl nun wahrlich kein Zweifel darüber sein kann, daß der Bund in diesem Falle eine ganze Reihe von unbestreitbaren Arbeitsgebieten hat.
— Haben will? Herr Dr. Baumgartner, Sie können doch nicht bestreiten, daß im Grundgesetz eine Reihe von kulturellen Angelegenheiten dem Bund bündig zugesprochen sind.
Das können Sie z. B. weder bezüglich des Films noch bezüglich der Presse noch bezüglich der Abwanderung deutschen Kulturguts noch bezüglich des Rundfunks — mit bestimmten Einschränkungen natürlich — bestreiten.
— Darüber wollen wir zu gegebener Zeit im einzelnen sprechen. Ich bin der Meinung, daß auch da gewisse Mitwirkungen des Bundes gegeben sind. Im übrigen hat sich ja der Bundestag längst mit diesen Dingen befaßt. Ich erinnere nur an die Diskussion über den Stockholmer Wellenplan.
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