Rede von
Dr.
Erich
Köhler
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat Herr Abgeordneter Paul.
Paul , (KPD): Meine Damen und Herren! Die Verweigerung der Aufnahme der Deutschen, die nach Westdeutschland einreisen wollen,
die aus der Tschechoslowakei und aus Polen einreisen wollen, wird heute morgen wieder zu einer wüsten Hetze gegen die Völker des Ostens benutzt. Vor nicht langer Zeit wurde von dieser Stelle aus immer und immer wieder gefordert, daß man die letzten Deutschen herüberkommen lassen solle.
Je nach der Situation und je nachdem, wie es einem in den Kram paßt, wird so oder so argumentiert. Heute morgen wird gesagt: ja, man wolle jetzt die Deutschen herüberbringen, um eine schnelle Ge-
sundung Westdeutschlands zu verhindern. Merken Sie nicht selbst, wie lächerlich eine solche Argumentation wirkt?
Bei den Deutschen, denen jetzt die Einreise nach Westdeutschland durch die Hohen Kommissare verweigert wird, handelt es sich gar nicht um Ausgewiesene, sondern es handelt sich um Menschen,
die mit ordentlichen Papieren durch die Westmächte ausgerüstet hier einreisen wollen.
Es handelt sich um Menschen, die wieder mit ihren Angehörigen zusammenleben wollen.
Diesen Menschen wird nunmehr durch die Hohen Kommissare
der Zuzug nach Westdeutschland verweigert. Man hat kein Interesse daran, daß diesen Menschen wirklich geholfen wird, sondern man will diese Gruppe von Menschen nur für die Kriegshetze der Imperialisten gegen die Völker des Ostens ausnutzen. Darum geht es in Wirklichkeit.
Man befürchtet vielleicht, daß diese Menschen hier in Westdeutschland erzählen werden,
wie in der Tschechoslowakei und in Polen eine demokratische Neuordnung im Interesse der Werktätigen vorgenommen wurde.
Sie werden die Tatsache der demokratischen Neuordnung dieser Länder nicht aus der Welt zu schaffen vermögen.
Wenn die Hohen Kommissare diesen Menschen die Einreise verweigern,
dann deshalb, weil sie auf Schritt und Tritt die von
ihnen selbst getroffenen Vereinbarungen mißachten.
Und wenn heute morgen wieder solche schönen geistreichen Reden über die Not der Flüchtlinge hier gehalten wurden,
dann kann ich Ihnen nur sagen: die Not der Flüchtlinge wäre längst behoben, wenn man hier in Westdeutschland jene demokratischen Maßnahmen durchgeführt hätte, die man in der Deutschen Demokratischen Republik durchgeführt hat.
Wenn man hier in Westdeutschland die Bodenreform durchgeführt hätte, hätte man Zehntausende von Bauern ansetzen können.
Wenn man hier die Monopolkapitalisten enteignet hätte, hätte man die Schuldigen für das deutsche Elend getroffen. Man hätte dadurch auch den Flüchtlingen Arbeit und Brot geben können.
Das hat man nicht getan, im Gegenteil, man hat bisher
jegliche demokratische Neuordnung in Westdeutschland- bekämpft und hintertrieben.
Das ist ein Beweis dafür, daß Sie gar nicht ernstlich willens sind, die Not der Flüchtlinge zu beheben.
Ich denke auch an jene Tatsache, daß man die Flüchtlinge in Schweineställen und Scheunen hausen läßt, während man
duldet, daß die Großkapitalisten und die ehemaligen Naziaktivisten nach wie vor in Großwohnungen leben.
Was wurde denn praktisch in den einzelnen Ländern getan?
Und Herr Schmid, wenn Sie hier auf die Flüchtlinge hinweisen und auch in Ihrem Antrag versuchen, erneut diese Situation zu einer Hetze auszunutzen, dann kann ich Ihnen nur eines sagen: Auch Sie verwechseln Ursache und Wirkung.
Die Ausweisung dieser Leute ist das Ergebnis des Hitlerkrieges. Auch die Abtrennung der Ostgebiete. Aber man will über diese wahren Tatsachen einfach hinwegkommen.