Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die beiden vorliegenden Anträge ergänzen sich sinnvoll. Der Antrag der Sozialdemokratischen Partei behandelt die Frage der unbehinderten Aufnahme der im Augenblick aus Polen und der Tschechoslowakei ausgewiesenen Deutschen. Der zweite Antrag der Bayernpartei behandelt die Ergänzung dazu, die Frage einer planmäßigen und organisch durchdachten Aufteilung innerhalb der Bundesrepublik.
Seit 1945 kommt ein konstanter, stärker oder schwächer auftretender Flüchtlingsstrom aus dem deutschen Osten. Die Vertreibung ging nicht nur 1945 und 1946 vor sich, die Vertreibung dauert heute noch an.
Und das gleichzeitig mit der Forderung nach Menschlichkeit, nach Völkerfrieden und Völkerversöhnung! Dahinter steckt eine abgrundtiefe und furchtbare Absicht.
Was' liegt denn der asiatischen Politik daran, Menschen zu vertreiben, dorthin, wo sie nicht mehr lebensfähig sein können und zusammengepfercht vegetieren, um dadurch wirtschaftliche Schwierigkeiten zu bereiten. Die dadurch im Osten entstehenden Lücken und dünnen Besiedlungsgebiete können, wenn es notwendig wird, durch" Millionen Asiaten aufgefüllt werden.
Das ist ein Problem von innerdeutscher und europäischer Bedeutung, das uns einmal, wenn es zur Neuordnung Europas kommen wird, große Schwierigkeiten machen wird.
Wenn auf der einen Seite die Hohen Kommissare den nichtdeutschen Emigranten und Ausländern freien Zuzug in das Bundesgebiet ermöglichen, dann wäre es doch eine Selbstverständlichkeit, daß unsere ureigensten Volksgenossen, unsere deutschen Brüder und Schwestern ungehindert nach hier kommen dürfen. Wir werden mit dem Problem fertig werden, weil wir wissen, daß das schlechthin die Schicksalsfrage Deutschlands und des deutschen Volkes ist. Wir müssen daher die eindeutige Forderung an die Hohen Kommissare richten, jedwede Behinderung in dieser Richtung einzustellen.
Ich bin überzeugt, meine Damen und Herren, daß die Tschechoslowakei und auch Polen nicht sehr erfreut sind über die neuerliche Weisung, die von Moskau kommt, Deutsche auszuweisen; denn es sind gerade jene Facharbeiter, die seinerzeit zurückgehalten wurden, und diese Facharbeiter spielen keine geringe Rolle im Wirtschaftsleben. Ich spreche jetzt vor allem von der Tschechoslowakei. Die dort noch zurückgebliebenen Facharbeiter z. B. der Gablonzer Industrie sind einer der letzten Rettungsanker der tschechoslowakischen Exportindustrie. Es wird daher für die beiden Länder nicht ganz einfach sein, dem Befehl vom Osten nachzukommen und sich der Facharbeiter zu entblößen.
Und dann, wenn wir es durchgesetzt haben werden — und das müssen wir von der Bundesregierung verlangen, daß die vorgesehene Zahl von Deutschen aus Polen und der Tschechoslowakei ungehindert nach hier kommen kann —, dann ist es heute bereits an der Zeit und nicht erst, wenn unsere Volksgenossen jahrelang in den Lagern verbracht haben werden, an eine sinnvolle Aufteilung zu denken. Wir haben heute nicht mehr die Jahre 1945 und 1946, sondern das Jahr 1950: wir haben den Verwaltungsapparat, wir haben die eingearbeiteten Instanzen, wir haben die Verkehrsmöglichkeiten, mit deren Hilfe sofort, unabdingbar und schnellstens die Verteilung auf das Bundesgebiet organisch und planmäßig durchgeführt werden kann. Wir wissen, daß diese Frage von einer -Verwaltungsbürokratie niemals gelöst werden kann. Hier müssen sich schon politische Köpfe einschalten,
wie überhaupt das ganze Flüchtlingsproblem heute
bereits besser gelöst wäre, wenn wir es weniger mit der Verwaltungsbürokratie zu tun hätten! — Es besteht wohl kein Zweifel an der Annahme beider Anträge mit überwältigender Mehrheit.
Wir haben uns erst in der vorigen Woche mit den Fragen der innerdeutschen Umsiedlung befaßt, haben die Schwierigkeiten kennengelernt und ernste Worte der Kritik an denjenigen Ländern gehört, die sich trotz ihrer relativen Unterbevölkerung weigern, Heimatvertriebene aus den übervölkerten Gebieten Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Bayern aufzunehmen. Was diese Länder auf diesem Gebiete bisher geleistet haben, ist trotz verschiedener Vorgänge, die bisher noch nicht so recht geklappt haben, anerkennenswert. Diese Länder haben tatsächlich das Schwerste in dieser Hinsicht zu tragen gehabt. Wir dürfen es nicht dulden, daß zu den zeitbedingten Schwierigkeiten, die der innerdeutschen Umsiedlung entgegenstehen, auch noch willkürliche, willensmäßige Schwierigkeiten hinzutreten. Wir wissen ganz genau, was für ein gefährlicher Gedanke dahintersteckt, uns immer neue Menschenmassen hereinzuschicken und hereinzupferchen. Die teuflische Absicht Moskaus ist ziemlich klar. Sie kann nur so verstanden werden, daß man Angst vor uns hat, wir könnten die Probleme tatsächlich schneller lösen, als es dem Osten angenehm wäre.
Wir können mit Stolz sagen, daß wir uns seit 1945 schneller erholt haben, ,als es nach allen Befürchtungen und Anzeichen angenommen werden konnte.
— Jawohl, zwei Millionen Arbeitslose; aber wir
haben heute mehr Menschen als vor dem Kriege in
dem Raum der Bundesrepublik beschäftigt. Täglich
kommen Hunderte, täglich kommen Tausende von
neuem herein. Wir müssen mit dem Problem fertig
werden, und nicht nur durch Worte, sondern durch
Tate n. - Wäre ich Einheimischer, meine Damen
und Herren, ich würde durch das viele Reden und
Schreiben um das Flüchtlingsproblem, das jeden
Tag durch Presse und Rundfunk an uns herangetragen wird, angewidert sein. Wir müssen immer
und immer wieder die schnellste Lösung dieses
dringenden Problems fordern. Es ist kein Gegenwartsproblem, es hängt unser aller Zukunft daran!