Rede von
Heinz
Renner
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(KPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)
Meine Damen und Herren! Ich finde, daß es an der Zeit ist, die Diskussion von dem Niveau eines Streits der Männer untereinander auf das zurückzuführen, um was es wirklich geht. Es geht hier um sehr reale Dinge, und diese werden zwischen Parteien, d. h. zwischen Klassenkräften entschieden. Ich glaube nicht, daß man der Sache einen entscheidenden Dienst tut, wenn man eine lange Diskussion darüber führt, ob die oder jene sachliche Ausgabe zu hoch, ob bei dem einen oder anderen Ministerium etwa zu viele Autos eingesetzt sind. Man muß vielmehr der Sache auf den Grund gehen. Wenn man das tut, dann ist zum Haushaltsplan des Bundesrats meines Erachtens folgendes zu sagen.
Der Bundesrat hat sich in der Zeit der Aufstellung des Etats sichtlich in der Rolle gefallen, dem Bundestag Sparvorschläge und sonstige gute Ratschläge darzubieten. Er hat aber bei der Zusammenstellung seiner eigenen finanziellen Anforderungen für die Organisation seines Apparates diese dem Bundestag angeratene Sparsamkeit böse, sehr böse außer acht gelassen. Der Organisations- und Stellenplan ist, was die Dotierung der Stellen angeht, unserer Auffassung nach außerordentlich großzügig aufgestellt. Ich weise z. B. auf den Tatbestand hin, daß die Ausschußsekretäre im Bundesrat als Ministerialräte eingesetzt sind. Dazu kommen noch die Sekretärinnen und die sogenannten Bürobeamten. Die Sekretäre der Ausschüsse des Bundestags sind wesentlich niedriger eingestuft. Das gesamte Personal des Bundesrates beträgt 92 Beschäftigte. las ist also etwas mehr als ein Viertel des Personals des Bundestags. Das sei zum Personal- und Organisationsaufbau gesagt.
Nun einige Fragen, die mehr die Rechtslage, die verfassungsrechtliche Stellung des Bundesrats gegenüber dem Bundestag und gegenüber den sonstigen Organen des Bundes berühren. Ich finde es unverantwortbar, daß der Bundesrat verlangt, daß die Fahrtkosten und Tagegelder seiner Mitglieder auf den Haushalt des Bundes übernommen werden sollen. Und damit komme ich zu einem anderen Problem, zu dem Kernproblem: Was ist eigentlich dieser- Bundesrat? Ist er ein Organ des Bundes, oder ist er eine Vertretung der Länder? Wir stehen auf dem Standpunkt, daß er kein Organ des Bundes ist,
sondern daß er eine Vertretung der Länder ist,
und zwar eine Vertretung der Länderregierungen, also ein Verwaltungsapparat. Wir sind der Auffassung, daß es durchaus den Ländern zumutbar ist, daß sie ihre Interessenvertretung beim Bund aus eigenen, d. h. aus Ländermitteln finanzieren. Das ist unsere Auffassung zu den Dingen. Und gerade die Mitglieder dieses Hohen Hauses, die bei jeder Gelegenheit den föderativen Gedanken so wütend verfechten, sollten schon im Interesse der größeren Unabhängigkeit ihrer Bundesratsmitglieder gegenüber dem Bundestag Verständnis dafür haben, daß deren Tätigkeit aus Mitteln der Länder finanziert werden sollte.
Eine abschließende Feststellung: ich finde es außerordentlich drollig, daß hier ein Vertreter
der CDU/CSU — ich glaube, es war Herr Dr. Ehlers — sich hingestellt und dem Hause angeraten hat: seien wir ein bißchen großzügig gegenüber dem Bundesrat und seinen Ansprüchen, damit er uns nicht unsere eigenen Ansprüche — ich will das Wort bewußt gebrauchen —„vermasselt".
— Aber das ist so Ihr Prinzip: Do ut des! Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht naß! Wir geben dir, sei aber nicht so unverschämt,- allzu großen Widerstand gegen unsere Ansprüche zu leisten!
Ich glaube, das ist kein politisch zu verantwortender Standpunkt, auch nicht, wenn man zur Koalitionspartei gehört.