Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte eingangs meiner Ausführungen feststellen, daß, wenn wir auch Abänderungsanträge zum Soforthilfegesetz gestellt haben, dies keine Ablehnung des Gesetzes als solches bedeutet, sondern daß wir lediglich die Härten, die nach unserer Meinung in diesem Gesetz enthalten sind, gemildert wissen wollen. Die Berichterstatterin hat bereits darauf hingewiesen, daß die beiden Anträge Drucksachen Nr. 297 und 298 sehr eingehend im Lastenausgleichsausschuß geprüft worden sind, daß aber letzten Endes der Ausschuß sich nicht dazu entschließen konnte, diesen Anträgen seine Zustimmung zu geben, sondern daß sie als Material für den kommenden Lastenausgleich verwendet werden sollen. Mit dieser Beschlußfassung haben die beiden Anträge meiner Partei, Drucksachen Nr. 297 und 298, ein ehrenvolles Begräbnis erhalten. Denn wir wissen ja doch, was es bedeutet, wenn Anträge als Material hinübergegeben werden. Die Begründung hierfür war erstens, daß das Soforthilfegesetz nicht mehr von langer Dauer sein werde, und zweitens: wenn man auch nur ein Stück aus diesem Gesetz herausnehme, werde das ganze Gesetz zusammenbrechen.
Hierzu darf ich wohl bemerken: Wir haben unsere Anträge bereits am 8. Dezember eingereicht, also noch vor der Fälligkeit der ersten Rate des Soforthilfegesetzes. Als zweiten Grund führt man an, daß das Gesetz als solches, wie bereits erwähnt, nicht mehr lange lebensfähig sein werde. Hierzu möchte ich folgendes sagen: Wir haben unsere Anträge rechtzeitig eingereicht, und wenn sie im Ausschuß zu wiederholten Malen von der Tagesordnung abgesetzt worden sind und erst heute zur endgültigen Beratung kommen, so ist das nicht unsere Schuld. Wenn man auf der anderen Seite sagt: aus dem Gesetz darf nichts herausgebrochen werden, so bedeutet das nach unserer Auffassung nichts anderes, als daß die derzeitige Belastung ein Dauerzustand bleiben soll. Eine solche Haltung würde aber nicht bloß in weiten Kreisen große Sorge erregen, sondern ich darf auch darauf verweisen, daß sie in Widerspruch zu dem Bericht des Finanzministeriums steht, der uns im Dezember vorgelegt worden ist. Denn wenn auf Seite 18 bei Ziffer 43 des Berichts gesagt ist: Ein Schuldenabzug — und damit komme ich auf unseren Antrag Drucksache Nr. 297 zu sprechen — könne deshalb nicht zugelassen werden, weil in größter Eile und in einfachster Form die dringendsten Aufgaben gelöst werden mußten, und wenn es weiter in diesem Bericht heißt, de primitive Form der Abgaben könne jedoch nicht aufrechterhalten bleiben, meine Herren, so gibt der Bericht damit selber zu — und das deckt sich mit unserem Antrag Drucksache 297 —, daß das Gesetz über den Lastenausgleich überhastet fertiggestellt worden ist und eine derart primitive Regelung darstellt, daß sie bei dem neuen, kommenden Lastenausgleich wohl nicht mehr haltbar ist.
Meine Herren, unser Antrag fordert deshalb, daß die Bundesregierung ein Gesetz zur Änderung des Soforthilfegesetzes vorlegen soll, auf Grund dessen der Absatz 2 des § 24 des Gesetzes zur Milderung dringender sozialer Notstände entfällt und klargestellt wird, daß Zinsen und Tilgungsbeträge auf Grund des Gesetzes zur Sicherung von Forderungen für den Lastenausgleich, soweit sie die zu entrichtende Soforthilfeabgabe der Schuldner übersteigen, nicht zu erheben sind. Wir wollten mit diesem Antrag erreichen, daß die Zinsen für die Grundschulden, die heute noch
bestehen und wofür die Soforthilfeabgabe gezahlt werden muß, nicht höher sein dürfen als der Betrag, den der Betreffende an Soforthilfe auf Grund des Einheitswertes zu zahlen hätte.
Ein Beispiel, meine Herren! Vergangenen Samstag kam ein Mann zu mir, der sagte: Ich hätte das Geld gehabt, um meine 6000 D-Mark Hypothekenschulden zu bezahlen. Ich habe sie nicht zurückgezahlt, weil die Gläubiger meine eigenen Geschwister, meine Brüder und meine Schwestern waren; ich wollte nicht mit einem wertlosen Geld meine eigenen Verwandten abtun. Hätte ich es bezahlt, dann hätte ich heute nicht 6000 D-Mark Hypotheken auf meinem Anwesen, und ich würde auf Grund des Einheitswertes nur 80 D-Mark an Soforthilfe zu bezahlen haben, während ich jetzt 240 D-Mark zu zahlen habe. Dieses Beispiel könnte man verhundertfachen und vertausendfachen. Infolgedessen verlangen wir, daß die Zinsen der Hypotheken nur mit diesem Betrag belastet werden dürfen, soweit die Belastung auch auf Grund des Einheitswertes für den einzelnen Betrieb in Frage kommen würde.
Auch der Antrag Nr. 298 — Erhöhung der Freigrenze von 3000 D-Mark auf 5000 D-Mark -
entspricht ganz bestimmt einer sozialen Haltung.
Wer sind denn die Leute, die einen Einheitswert bis zu 5000 D-Mark haben? Es sind kleine Hausbesitzer, kleine Gewerbetreibende, auch kleine Landwirte, Landwirte unter 3 Hektar. Meine Damen und Herren, es ist vorhin das Wort von Nehmenden und Gebenden gesprochen worden. Ich bin der Meinung: es gibt zwischen Nehmenden und Gebenden auch noch ein großes Heer derer, die weder zu der Gruppe der Nehmenden noch zu der Gruppe der Gebenden zählen. Das sind die Leute, die recht und schlecht unter größten Entbehrungen, unter Verzicht auf alles, was das Leben lebenswert macht, ihr Leben fristen. Ich glaube, gerade deshalb ist es keine unsoziale Forderung, wenn wir verlangen — es trifft ja nicht bloß einen einzelnen Stand, sondern durchweg alle Gruppen —, die Freigrenze von 3000 auf 5000 D-Mark zu erhöhen.