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ID0104806600

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    Vokabeln: 7
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    Deutscher Bundestag - 48. Sitzung. Bonn, Freitag, den 17. März 1950 1637 48. Sitzung Bonn, Freitag, den 17. März 1950. Geschäftliche Mitteilungen . . . 1638C, 1679C Anfrage Nr. 56 der Fraktion der SPD betr. Wiederherstellung der Straßenbrücke über die Aller in Celle/Niedersachsen (Drucksachen Nr. 638 und 708) . . . . 1638D Anfrage Nr. 57 der Fraktion der SPD betr. Brücke über die Jezze in Dannenberg (Drucksachen Nr. 639 und 709) . . . . 1638D Anfrage Nr. 52 der Fraktion der FDP betr. Strompreise (Drucksachen Nr. 575 und 716) 1638D Zur Tagesordnung 1638D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität über den Antrag des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz vom 9. Januar 1950 betreffend Aufhebung der Immunität des Abgeordneten Marx (Drucksache Nr. 605) 1639A Mayer (Stuttgart) (FDP), Berichterstatter 1639A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität über den Antrag des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz vom 19. Januar 1950 betreffend Aufhebung der Immunität des Abgeordneten Dr. Baumgartner (Drucksache Nr. 610) . . 1639C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Verkehrswesen über den Antrag der Fraktion der WAV betr. Fahrpreisermäßigung für Schwer- und Schwerstversehrte (Drucksachen Nr. 592 und 236) . . . . 1639C Rademacher (FDP), Berichterstatter 1639D Dr. Decker (BP) 1640A Löfflad (WAV) 1640B Bazille (SPD) 1640C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Wirtschaftspolitik über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Entwurf eines Gesetzes gegen den Mißbrauch wirtschaftlicher Macht (Drucksachen Nr. 621 und 405) 1640D Dr. Schröder (CDU), Berichterstatter 1640D Dr. Nölting (SPD) . . . . . . 1641B Schröter (CDU) (zur Geschäftsordnung) 1642C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Wirtschaftspolitik über den Antrag der Fraktion der WAV und über den Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Horlacher und Genossen betreffend Einschränkung überhöhter Handelsspannen (Drucksachen Nr. 622, 257 und 471) 1642D Mellies (SPD) (zur Geschäftsordnung) . . . . . . . . . 1642D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Gesetzes über die vorläufige Aufstellung und Ausführung des Bundeshaushaltsplanes und über die vorläufige Rechnungsprüfung sowie über die vorläufige Haushaltsführung im Rechnungsjahr 1949 (Drucksache Nr. 633) . . . . . . . . . . 1642D Hartmann, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen 1643A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über Hilfsmaßnahmen für Heimkehrer (Drucksache Nr. 631) . . . . 1643D Storch, Bundesminister für Arbeit 1644A, 1652D Dr. Besold (BP) . . . . . . . . 1644D Pohle (SPD) 1645B Arndgen (CDU) 1646C Fröhlich (WAV) . . . . . . . 1647 C Strauß (CSU) . . . . . . . . 1647D Renner (KPD) . . . . . . . 1648D Tobaben (DP) 1650B Langer (FDP) . . . . . . . 1651 C Ribbeheger (Z) 1652 A Einberufung des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität zur Aufklärung des Ablaufs der Ereignisse nach dem Ausschluß des Abg. Hedler in der 46. Sitzung . . . . . . . . . . 1650A Ritzel (SPD) . . . . . . . . . 1650A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Heimatvertriebene über den Antrag der Abgeordneten Dr. Gerstenmaier, Etzel, Schütz und Genossen betreffend Flüchtlingshilfe (Drucksachen Nr. 624 und 279) in Verbindung mit der Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Heimatvertriebene über den Antrag der Abgeordneten Dr. Gerstenmaier, Etzel, Schütz und Genossen betreffend Flüchtlingsbetriebe (Drucksachen Nr. 625 und 280) und mit der Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Heimatvertriebene über den Antrag der Abgeordneten Ollenhauer und Genossen betreffend Flüchtlingsausgleich (Drucksachen Nr. 626 und 74) 1653B Welke (SPD), Berichterstatter . 1653C Pfender (CDU), Berichterstatter . 1654B Dr. Gerstenmaier (CDU) . . . . 1654C Dr. Trischler (FDP) . . . . . 165 7 C Oskar Müller (KPD) 1659D Donhauser (BP) 1661B Tichi (WAV) . . . . . . . . 1662C Krause (Z) 1664A Kriedemann (SPD) 1664D Farke (DP) 1666D Schäffer, Bundesminister der Finanzen 1667A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für den Lastenausgleich über Anträge der Fraktionen der BP, KPD und des Zentrums betreffend Lastenausgleich (Drucksachen Nr. 627, 183, 267, 268, 297, 298 und 307) . . 1668C Frau Krahnstöver (SPD), Berichterstatterin 1668C Kohl (KPD) 1669C Wartner (BP) 1670B Glasmeyer (Z) 1671C Dr. Reismann (Z) . . . . . . 1672A Kunze (CDU) 1672D Kriedemann (SPD) . . . . . . 1673A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität über den Antrag der Fraktion der KPD betreffend Verhaftung des Landtagsabgeordneten Lehmann (Drucksachen Nr. 700 und 689) 1673C Dr. von Merkatz (DP), Berichterstatter . . . . . . . 1673C Fisch (KPD) . . . . . . . . . 1675B Neumann (SPD) . . . . . . . . 1676D Mellies (SPD) (zur Abstimmung) . 1678D Beschlußunfähigkeit und nächste Sitzung 1679A Die Sitzung wird um 14 Uhr 47 Minuten durch den Vizepräsidenten Dr. Schmid eröffnet.
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    Rede von Anton Donhauser


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dem Antrag des Ausschusses nach Drucksache Nr. 624 können meine politischen Freunde im wesentlichen zustimmen. Wir bitten Sie jedoch, vor allem die lokalen Gesichtspunkte, die da und dort bei der Verwertung der Einzelobjekte von einer Bundesbehörde aus niemals so gewürdigt werden können wie von den Landesflüchtlingsverwaltungen, gelten zu lassen. Wir legen Ihnen daher zur Drucksache Nr. 624 einen Abänderungsantrag vor, den Absatz 1 des ersten Punktes wie folgt zu ergänzen:
    Die in Frage kommenden Grundstücke sollen den Landesflüchtlingsverwaltungen mit der Auflage der vorzugsweisen Verwendung dieses Eigentums zugunsten der Heimatvertriebenen zur Verfügung gestellt werden.
    Wir beabsichtigen mit dieser Ergänzung zum Antrag Drucksache Nr. 624 zu vermeiden, daß eine den wirklichen Gegebenheiten sehr fernstehende Behörde, die nicht in der Lage ist, die örtlichen Verhältnisse so zu würdigen, wie es notwendig ist, sich hier einmischt. Wir wollen den Landesflüchtlingsverwaltungen mit unserem Abänderungsantrag Gelegenheit geben, sich hier entscheidend einzuschalten. Ich übergebe hiermit den Abänderungsantrag. —
    Zum Antrag Drucksache Nr. 625 gestatten Sie ganz kurz einige Ausführungen. Meine politischen Freunde stimmen den Empfehlungen des Ausschusses zu. Wir bitten jedoch die Regierungsorgane, Bedacht zu nehmen, daß bei der Vergebung von Bundesbürgschaften in erster Linie nach bankmäßigen, also nach kaufmännischen Gesichtspunkten gearbeitet wird, nicht aber nach bürokratischkameralistischen.

    (Zuruf von der FDP: Glatt verfehlt!)

    Ich empfehle Ihnen, vor allem die unangenehmen Ereignisse, die sich auf dem Gebiet der Staatsbürgschaften in der Vergangenheit in mehreren deutschen Ländern schon wiederholt abgespielt haben, sich hier als Lehre dienen zu lassen.

    (Abg. Dr. Zawadil: 150 Prozent Sicherheit!) Ich möchte Ihnen vor allem empfehlen, durch die Einschaltung wirklich erfahrener Bankinstitute dafür zu sorgen, daß nicht etwa bürokratischer Geist bei der Vergebung von Staatsbürgschaften mit unserem schwer erarbeiteten Steueraufkommen Schindluder treibt.


    (Abg. Dr. Zawadil: Vorsicht! Vorsicht!)

    Ich darf Ihnen in diesem Zusammenhang viel
    leicht noch eines mitgeben. Ich würde empfehlen, nicht nur den Flüchtlingsbetrieb als solchen als ausschließlichen Empfänger von Bundesbürgschaften für die Zukunft herauszustellen, sondern darüber hinaus jedem deutschen Betrieb, der in einem überdurchschnittlichen Umfang Flüchtlinge beschäftigt, die Erlangung von Bundesbürgschaften zu ermöglichen.

    (Sehr richtig! bei der FDP.)

    Ich glaube, daß auch nach dieser Richtung hin eine Anregung an die Regierung zweckmäßig sein dürfte. a
    Aber weil der Herr Zwischenrufer gegenüber meinen Darlegungen über die Vergebung von Bundesbürgschaften Bedenken äußert, möchte ich Sie darauf hinweisen, daß wir in der Vergangenheit schon mehr als einmal Staatsbürgschaften, vor allem bei den Handwerkerkrediten, erlebt haben, die nicht als Betriebskredite, sondern als Konsumkredite verwandt worden sind.

    (Zuruf von der FDP: Ich bitte, die Ausnahme nicht zur Regel zu machen!)

    — Das sind nicht nur Ausnahmen gewesen, Herr Zwischenrufer, Sie können sich in allen deutschen Ländern eine Fülle derartiger Beispiele zusammensuchen.

    (Abg. Dr. Zawadil: Solange die Banken da die Hand im Spiel haben!)

    Im wesentlichen stimmen wir also der Drucksache Nr. 625 zu, bitten nur die Bundesregierung, unsere ergänzenden Bemerkungen bei einer künftigen gesetzgeberischen Arbeit mit zu berücksichtigen.
    Der dritte Punkt, der hier nach Drucksache Nr. 626 zur Beratung ansteht, erregt aber unseren Widerspruch. Wenn der Ausschuß für Heimatvertriebene Ihnen heute empfiehlt, die seinerzeitige SPD-Vorlage als erledigt zu bezeichnen, so mag das nach den Gegebenheiten, wie sie noch vor wenigen Wochen der Fall waren, noch halbwegs vernünftig gewesen sein. Sie wissen aber, daß sich in der Zwischenzeit auf diesem Gebiet sehr viel geändert hat, daß die nach langem Hängen und Würgen endlich zustande gekommene Verordnung zu einem innerdeutschen Flüchtlingsausgleich, der die spärliche Ziffer von 300000 Köpfen nennt, bis


    (Donhauser)

    zur Stunde immer noch nicht wirksam geworden ist. Sie haben gerade vorhin gehört, daß das reichste Land des Bundes sich bis zur Stunde weigert. die Verpflichtung, die ihm auferlegt worden ist, zu erfüllen.

    (Abg. Dr. Zawadil: Sehr traurig!)

    Sie haben gehört, daß das reichste Land des Bundes die Erfüllung seiner Verpflichtungen von der Hergabe eines Wohnungsbaukredits von 240 Millionen D-Mark abhängig machen will. Das ist auch eine Politik des Junktims. Sie erinnern sich, daß schon einmal die Politik des Junktims im internationalen Verkehr in diesem Hause zu sehr erheblicher Kritik Anlaß gegeben hat. Um wieviel verwerflicher ist es, wenn deutsche Länder untereinander oder gar deutsche Länder in ihren Beziehungen zum Bund die Politik des Junktims als Praxis für die Zukunft walten lassen wollen.
    Meine Damen und Herren, es ist Ihnen vielleicht bekannt, daß die Wohnraumdichte, die Belegungsdichte in Nordrhein-Westfalen 1,7 beträgt, in Bayern vergleichsweise 1,94, in Niedersachsen und Schleswig-Holstein liegt sie um 2,0 und noch höher. Wir können erwarten, daß man auch im reichsten deutschen Bundesland genau so wie in den finanzschwachen Ländern sich zunächst einmal bequemt, etwas zusammenzurücken. Wir können und dürfen erwarten, daß man zunächst einmal diese Länder auffüllt, bis sie einigermaßen die Belegungsdichte der Flüchtlingsländer erreicht haben. Ich komme nicht umhin, das Verhalten des Landes Nordrhein-Westfalen in diesem Zusammenhang als eine bewußte Sabotage an der bundesstaatlichen Ordnung Westdeutschlands zu bezeichnen.

    (Sehr richtig! rechts.)

    Niemand kann in diesem Hause angesichts der Tatsache, daß weitere 300 000 Deutsche aus dem Osten erwartet werden müssen und daß weitere 80 000 Deutsche aus der Tschechoslowakei demnächst bei uns eintreffen werden, dieser Vorlage Nr. 626 zustimmen, weil sie in sich unwahr ist. Es ist gar nichts nach dem gegenwärtigen Zustand erledigt.

    (Sehr richtig! bei der BP.)

    Deshalb stelle ich den Antrag, die Drucksache Nr. 626 noch einmal an den Ausschuß zurückzuüberweisen. Ich verweise gleichzeitig auf einen Antrag, der vor wenigen Tagen von meiner Fraktion dem Präsidium zugegangen ist und mit dem wir erreichen wollen, daß in diesen anarchischen Verhältnissen, wie sie auf dem Gebiet des innerdeutschen Flüchtlingsausgleichs eingerissen sind, endlich einmal halbsweg vernünftige Grundsätze Platz greifen. Der Antrag meiner Fraktion, der das zum Ziel hat, lautet:
    Die Bundesregierung wird ersucht, eine Rechtsverordnung auf Grund des Artikel 119 des Grundgesetzes zu erlassen, welche die Verteilung der neu aus den Ostgebieten im Anzug befindlichen 300 000 und der aus der Tschechoslowakei kommenden 80 000 Deutschen in der Weise regelt, daß sie zur Weiterverteilung von der Grenze weg unmittelbar in die Auffanglager derjenigen Länder gebracht werden, die mit Flüchtlingen unterbelegt sind.

    (Sehr gut! bei der BP.)

    Falls im Verlauf einer Familienzusammenführung aus diesen Auffanglagern solche Vertriebene in die überbelasteten Länder SchleswigHolstein, Niedersachsen und Bayern verbracht werden, wird Zug um Zug eine gleiche Zahl
    von Flüchtlingen oder Vertriebenen von diesen Ländern an die weniger belasteten Länder abgegeben.
    Das allein scheint mir bei der gegenwärtigen Lage ein brauchbarer Weg für einen wirklich wirkungsvollen innerdeutschen Flüchtlingsausgleich zu sein. Ich kann mir nicht vorstellen, daß irgendein verantwortungsbewußter Abgeordneter heute im Hause ist, der der Aufforderung der Drucksache Nr. 626 nachkommen könnte, die wahrheitswidrig behauptet, der Vorgang sei erledigt. Ich sage Ihnen noch einmal: Nichts ist erledigt, in Wahrheit sind die Zustände himmelschreiender denn je.

    (Beifall rechts.)



Rede von Dr. Hermann Schäfer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Tichi.

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    Rede von Hans Tichi


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (WAV)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (WAV)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Fraktion stimmt den drei Berichten des Ausschusses für Heimatvertriebene zu. Gestatten Sie mir, daß ich vorher etwas Allgemeines sage.
    Meine Freunde und ich halten es für sehr verfehlt, das Flüchtlingsproblem, das heute zur Schicksalsfrage Europas geworden ist, zu bagatellisieren. Es ist genau so ernst und wichtig wie die Demontagen, es ist genau so wichtig wie das Saarproblem, über welche beiden Fragen man hier stundenlang debattiert hat. Zur Behandlung aller drei Berichte, die heute das Flüchtlingsproblem aufrollen, wird eine so sehr beschränkte Redezeit eingeräumt. Auch die Leere des Hauses sagt mir, wie groß das Interesse an dem Flüchtlingsproblem ist.

    (Sehr richtig!)

    Die Notwendigkeit der Flüchtlingshilfe, die in allen drei Berichten zum Ausdruck kommt, liegt vor allem in der großen Not der Heimatvertriebenen, die in Westdeutschland ihre Aufnahme gefunden haben. Während der Anteil der Heimatvertriebenen an der Gesamtbevölkerung 16 Prozent beträgt, stellt sich der Anteil der arbeitslosen Heimatvertriebenen an der Gesamtarbeitslosenzahl auf 42 Prozent. Jeder dritte Arbeitslose in Westdeutschland ist Flüchtling. Das muß einmal festgestellt werden. Dieser große Anteil der Flüchtlinge ist nicht eine Erscheinung der letzten Monate allein, sondern sie ist seit langem zu beobachten, ohne daß bisher die geringste Besserung eingetreten ist. So tragen die Vertriebenen zu dem Verlust ihrer Heimat auch noch das schwere Los der Arbeitslosigkeit in ihrer neuen Heimat.
    Wir können der Regierung den Vorwurf nicht ersparen, daß sie zur Linderung der Not der Heimatvertriebenen bisher wenig getan hat.

    (Sehr richtig! bei der WAV.)

    Nach halbjähriger Amtsdauer steht der Bundesminister für Angelegenheiten der Vertriebenen Dr. Lukaschek mit leeren Händen vor den Heimatvertriebenen. Das müssen wir feststellen.

    (Zuruf von der WAV: Leider!)

    Nicht vielleicht durch seine Schuld, aber es ist einmal so. Ich sage es mit Absicht, um gerade ihm vielleicht den Rücken zu stärken.

    (Abg. Dr. Zawadil: Es ist noch gar nichts geschehen!)

    — Gar nichts; es ist überhaupt nichts geschehen. Wenn das von den Regierungsbänken gesagt wird, ist es um so wertvoller.

    (Zuruf von der CDU: Das ist eine Übertreibung!)



    (Tichi)

    — Das ist keine Übertreibung, Herr Kollege. Ich weiß, daß zum Beispiel die mageren Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes erst unlängst durch den Druck unserer Kollegen in den Regierungsparteien durchgesetzt werden mußten. Der Beschluß vom 2. Dezember über die Gleichstellung der. Flüchtlingsbeamten mit den einheimischen Beamten wird nicht durchgeführt; er wird heute noch sabotiert und schafft revolutionäre Zustände unter den Beteiligten. Der Anteil der heimatvertriebenen Beamten, insbesondere derjenigen des höheren Dienstes, entspricht nicht dem Anteil der Heimatvertriebenen. Fast alle Schlüsselstellungen sind in den Händen von Nichtflüchtlingen.
    Meine lieben Freunde! Wir begrüßen trotzdem den Antrag und die Berichte des Ausschusses für Heimatvertriebene, und wir wollen hoffen, daß vor allem den Flüchtlingsbetrieben eine Hilfe gebracht wird. Es gibt derzeit zwei Möglichkeiten, den Flüchtlingsbetrieben zu helfen. Das sind vor allem die Mittel des Marshallplans und dann die des sogenannten Adenauer-Plans. Das sind insgesamt etwa 900 Millionen DM. Davon sollen — man kämpft erst um diese Beträge —, soweit ich weiß, 300 Millionen DM den Flüchtlingsbetrieben zugute kommen. Wir legen aber großen Wert darauf, daß sie vor allem den kleinen und mittleren Flüchtlingsbetrieben zugute kommen und daß ein Globalbetrag von mindestens 100 Millionen DM den einzelnen Ländern, vor allem den mit Flüchtlingen stark besetzten Ländern Schleswig-Holstein, Bayern und Niedersachsen, für diese Zwecke zur Verfügung gestellt wird.

    (Sehr gut! bei der WAV.)

    Im Jahre 1949 wurden in Bayern Flüchtlingskredite mit Staatsbürgschaften von etwa 55,4 Millionen DM bewilligt. Diese Flüchtlingskredite wurden in 3 031 Fällen bis zu 5 000 DM im Betrage von 8 884 000 DM, in 1795 Fällen im Betrage von 5 000 bis 20 000 DM im Gesamtbetrage von 21 925 000 DM, in 672 Fällen von 20 000 DM bis 100 000 DM im Betrage von 7 318 000 DM und in 81 Fällen über 100 000 DM im Betrage von 17 202 000 DM vergeben. Für die großen Betriebe wurden demnach an Flüchtlingskrediten 46 Millionen DM bewilligt, während die armen Teufel insgesamt 8 800 000 DM bekamen.

    (Hört! Hört! bei der BP.)

    Darin liegt ein ungeheueres Unrecht, und es ist allgemein bekannt, daß sich heute unter dem Begriff Flüchtlingsbetrieb alles Mögliche versteckt,

    (Sehr richtig! bei der WAV)

    daß es Spekulanten gibt, die 70 Prozent Flüchtlinge aufnehmen, dann Flüchtlingshilfe bekommen, und, haben sie einmal den Kredit, dann die Flüchtlinge die ersten sind, die aus den Betrieben ausgeschieden werden.

    (Sehr richtig! bei der WAV.)

    Wir wissen ja auch, wie diese Flüchtlingskredite mißbraucht werden. Ich persönlich gehöre zu denen, die für große Flüchtlingskredite grundsätzlich nicht intervenieren, weil es mir vom sozialen und auch vom rein wirtschaftlichen Standpunkt richtiger erscheint, wenn 20 kleine Flüchtlingsbetriebe mit den Familien der Betriebsinhaber ihre Existenz finden, als daß irgendein großer Spekulant sich auf Kosten der Flüchtlinge bereichert.

    (Sehr gut! bei der KPD.)

    Diesen Standpunkt habe ich immer eingenommen. Deswegen verlangen wir, daß bei der Bewilligung der Flüchtlingskredite, die aus dem Marshallplan und aus dem Adenauer-Plan fließen, ein scharfer
    Maßstab angelegt wird und auch eine scharfe Kontrolle ausgeübt wird, wohin, in welche Taschen diese Gelder fließen.
    Wir begrüßen die Absicht, eine Flüchtlingsbank zu schaffen, und ich freue mich, daß auch der Herr Finanzminister diesem Gedanken seine Zustimmung nicht versagt hat. Wir verlangen sie und wissen, daß eine Flüchtlingsbank eine unbedingte Notwendigkeit ist, damit die Kanossagänge zu den Sparkassen und den Banken endlich einmal aufhören, die oft beschämend sind, da die Sparkassen und Banken in der Regel ihre Taschen gegenüber den Flüchtlingen, die um Kredite bitten, zugeknöpft halten.

    (Abg. Dr. Zawadil: Die Banken ausschalten!) — Das wäre Voraussetzung. Eines verlangen wir aber mit aller Entschiedenheit: daß die zu schaffende Flüchtlingsbank von Flüchtlingen verwaltet wird und nicht von irgendwelchen Finanzbürokraten, die man dann in die Bank als Verwalter einsetzt.

    Ich möchte nur dem kommunistischen Redner ein Wort über die Bodenreform sagen. Auch wir wünschen eine Bodenreform. Wir vermissen sie. Wir vermissen in P gern die Durchführung der Bodenreform — die heute nur auf dem Papier steht weil wir Zehntausende und Zehntausende von Flüchtlingsbauern haben, die nach einer Existenz rufen und um sie ringen. Für uns wäre natürlich eine Bodenreform im allgemeinen gar nicht so wichtig, wenn man uns das geraubte Land im Osten zurückgeben würde. Da könnte man viele Bauern unterbringen.

    (Zuruf rechts zur KPD-Fraktion: Jetzt sagen Sie nichts mehr; da sind Sie still! — Zuruf des Abg. Rische.)

    Ich möchte noch etwas zu dem Bericht über die gleichmäßige Eingliederung der Heimatvertriebenen in die flüchtlingsschwachen Länder sagen. Es ist ganz sonderbar, daß ich in dieser Frage mit dem Vertreter der Bayernpartei eine Linie vertrete.

    (Sehr gut! bei der BP.)

    Aber das ist vielleicht nur ein einziger Fall. (Heiterkeit. — Zuruf von der BP: Vielleicht ein Anfang!)

    -- Vielleicht! Ich gehe mit ihm deshalb in einer Linie, weil es beschämend ist, daß Länder, die Flüchtlinge aufnehmen sollen, sich jetzt weigern, Flüchtlinge aufzunehmen. Es ist beschämend, daß der Aufnahme von Flüchtlingen aus Bayern, Schleswig-Holstein und Niedersachsen, die wirklich übervölkert sind — das sagen wir ja selber, wir wissen es ganz genau —, Schwierigkeiten bereitet werden und daß die ganze Aufnahme der Flüchtlinge eigentlich auf einem toten Punkt angelangt ist. Ich verurteile den Standpunkt dieser Länder auf das schärfste; er ist weder deutsch noch menschlich, human

    (Sehr gut! bei der BP)

    und schafft schon heute Gegensätze zwischen der
    einheimischen Bevölkerung und den Flüchtlingen.