Rede von
Anton
Donhauser
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(BP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dem Antrag des Ausschusses nach Drucksache Nr. 624 können meine politischen Freunde im wesentlichen zustimmen. Wir bitten Sie jedoch, vor allem die lokalen Gesichtspunkte, die da und dort bei der Verwertung der Einzelobjekte von einer Bundesbehörde aus niemals so gewürdigt werden können wie von den Landesflüchtlingsverwaltungen, gelten zu lassen. Wir legen Ihnen daher zur Drucksache Nr. 624 einen Abänderungsantrag vor, den Absatz 1 des ersten Punktes wie folgt zu ergänzen:
Die in Frage kommenden Grundstücke sollen den Landesflüchtlingsverwaltungen mit der Auflage der vorzugsweisen Verwendung dieses Eigentums zugunsten der Heimatvertriebenen zur Verfügung gestellt werden.
Wir beabsichtigen mit dieser Ergänzung zum Antrag Drucksache Nr. 624 zu vermeiden, daß eine den wirklichen Gegebenheiten sehr fernstehende Behörde, die nicht in der Lage ist, die örtlichen Verhältnisse so zu würdigen, wie es notwendig ist, sich hier einmischt. Wir wollen den Landesflüchtlingsverwaltungen mit unserem Abänderungsantrag Gelegenheit geben, sich hier entscheidend einzuschalten. Ich übergebe hiermit den Abänderungsantrag. —
Zum Antrag Drucksache Nr. 625 gestatten Sie ganz kurz einige Ausführungen. Meine politischen Freunde stimmen den Empfehlungen des Ausschusses zu. Wir bitten jedoch die Regierungsorgane, Bedacht zu nehmen, daß bei der Vergebung von Bundesbürgschaften in erster Linie nach bankmäßigen, also nach kaufmännischen Gesichtspunkten gearbeitet wird, nicht aber nach bürokratischkameralistischen.
Ich empfehle Ihnen, vor allem die unangenehmen Ereignisse, die sich auf dem Gebiet der Staatsbürgschaften in der Vergangenheit in mehreren deutschen Ländern schon wiederholt abgespielt haben, sich hier als Lehre dienen zu lassen.
Ich möchte Ihnen vor allem empfehlen, durch die Einschaltung wirklich erfahrener Bankinstitute dafür zu sorgen, daß nicht etwa bürokratischer Geist bei der Vergebung von Staatsbürgschaften mit unserem schwer erarbeiteten Steueraufkommen Schindluder treibt.
Ich darf Ihnen in diesem Zusammenhang viel
leicht noch eines mitgeben. Ich würde empfehlen, nicht nur den Flüchtlingsbetrieb als solchen als ausschließlichen Empfänger von Bundesbürgschaften für die Zukunft herauszustellen, sondern darüber hinaus jedem deutschen Betrieb, der in einem überdurchschnittlichen Umfang Flüchtlinge beschäftigt, die Erlangung von Bundesbürgschaften zu ermöglichen.
Ich glaube, daß auch nach dieser Richtung hin eine Anregung an die Regierung zweckmäßig sein dürfte. a
Aber weil der Herr Zwischenrufer gegenüber meinen Darlegungen über die Vergebung von Bundesbürgschaften Bedenken äußert, möchte ich Sie darauf hinweisen, daß wir in der Vergangenheit schon mehr als einmal Staatsbürgschaften, vor allem bei den Handwerkerkrediten, erlebt haben, die nicht als Betriebskredite, sondern als Konsumkredite verwandt worden sind.
— Das sind nicht nur Ausnahmen gewesen, Herr Zwischenrufer, Sie können sich in allen deutschen Ländern eine Fülle derartiger Beispiele zusammensuchen.
Im wesentlichen stimmen wir also der Drucksache Nr. 625 zu, bitten nur die Bundesregierung, unsere ergänzenden Bemerkungen bei einer künftigen gesetzgeberischen Arbeit mit zu berücksichtigen.
Der dritte Punkt, der hier nach Drucksache Nr. 626 zur Beratung ansteht, erregt aber unseren Widerspruch. Wenn der Ausschuß für Heimatvertriebene Ihnen heute empfiehlt, die seinerzeitige SPD-Vorlage als erledigt zu bezeichnen, so mag das nach den Gegebenheiten, wie sie noch vor wenigen Wochen der Fall waren, noch halbwegs vernünftig gewesen sein. Sie wissen aber, daß sich in der Zwischenzeit auf diesem Gebiet sehr viel geändert hat, daß die nach langem Hängen und Würgen endlich zustande gekommene Verordnung zu einem innerdeutschen Flüchtlingsausgleich, der die spärliche Ziffer von 300000 Köpfen nennt, bis
zur Stunde immer noch nicht wirksam geworden ist. Sie haben gerade vorhin gehört, daß das reichste Land des Bundes sich bis zur Stunde weigert. die Verpflichtung, die ihm auferlegt worden ist, zu erfüllen.
Sie haben gehört, daß das reichste Land des Bundes die Erfüllung seiner Verpflichtungen von der Hergabe eines Wohnungsbaukredits von 240 Millionen D-Mark abhängig machen will. Das ist auch eine Politik des Junktims. Sie erinnern sich, daß schon einmal die Politik des Junktims im internationalen Verkehr in diesem Hause zu sehr erheblicher Kritik Anlaß gegeben hat. Um wieviel verwerflicher ist es, wenn deutsche Länder untereinander oder gar deutsche Länder in ihren Beziehungen zum Bund die Politik des Junktims als Praxis für die Zukunft walten lassen wollen.
Meine Damen und Herren, es ist Ihnen vielleicht bekannt, daß die Wohnraumdichte, die Belegungsdichte in Nordrhein-Westfalen 1,7 beträgt, in Bayern vergleichsweise 1,94, in Niedersachsen und Schleswig-Holstein liegt sie um 2,0 und noch höher. Wir können erwarten, daß man auch im reichsten deutschen Bundesland genau so wie in den finanzschwachen Ländern sich zunächst einmal bequemt, etwas zusammenzurücken. Wir können und dürfen erwarten, daß man zunächst einmal diese Länder auffüllt, bis sie einigermaßen die Belegungsdichte der Flüchtlingsländer erreicht haben. Ich komme nicht umhin, das Verhalten des Landes Nordrhein-Westfalen in diesem Zusammenhang als eine bewußte Sabotage an der bundesstaatlichen Ordnung Westdeutschlands zu bezeichnen.
Niemand kann in diesem Hause angesichts der Tatsache, daß weitere 300 000 Deutsche aus dem Osten erwartet werden müssen und daß weitere 80 000 Deutsche aus der Tschechoslowakei demnächst bei uns eintreffen werden, dieser Vorlage Nr. 626 zustimmen, weil sie in sich unwahr ist. Es ist gar nichts nach dem gegenwärtigen Zustand erledigt.
Deshalb stelle ich den Antrag, die Drucksache Nr. 626 noch einmal an den Ausschuß zurückzuüberweisen. Ich verweise gleichzeitig auf einen Antrag, der vor wenigen Tagen von meiner Fraktion dem Präsidium zugegangen ist und mit dem wir erreichen wollen, daß in diesen anarchischen Verhältnissen, wie sie auf dem Gebiet des innerdeutschen Flüchtlingsausgleichs eingerissen sind, endlich einmal halbsweg vernünftige Grundsätze Platz greifen. Der Antrag meiner Fraktion, der das zum Ziel hat, lautet:
Die Bundesregierung wird ersucht, eine Rechtsverordnung auf Grund des Artikel 119 des Grundgesetzes zu erlassen, welche die Verteilung der neu aus den Ostgebieten im Anzug befindlichen 300 000 und der aus der Tschechoslowakei kommenden 80 000 Deutschen in der Weise regelt, daß sie zur Weiterverteilung von der Grenze weg unmittelbar in die Auffanglager derjenigen Länder gebracht werden, die mit Flüchtlingen unterbelegt sind.
Falls im Verlauf einer Familienzusammenführung aus diesen Auffanglagern solche Vertriebene in die überbelasteten Länder SchleswigHolstein, Niedersachsen und Bayern verbracht werden, wird Zug um Zug eine gleiche Zahl
von Flüchtlingen oder Vertriebenen von diesen Ländern an die weniger belasteten Länder abgegeben.
Das allein scheint mir bei der gegenwärtigen Lage ein brauchbarer Weg für einen wirklich wirkungsvollen innerdeutschen Flüchtlingsausgleich zu sein. Ich kann mir nicht vorstellen, daß irgendein verantwortungsbewußter Abgeordneter heute im Hause ist, der der Aufforderung der Drucksache Nr. 626 nachkommen könnte, die wahrheitswidrig behauptet, der Vorgang sei erledigt. Ich sage Ihnen noch einmal: Nichts ist erledigt, in Wahrheit sind die Zustände himmelschreiender denn je.