Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Steigen wir aus der Sphäre der klingenden Phrasen auf den Boden dieses Gesetzes zurück.
— Ja, ausgerechnet!
Eine Vorbemerkung! Wenn ich den propagandistischen Stimmaufwand und die Flut von Verhetzungen, die nicht zuletzt auch in diesem Hause sich
bisher an die Diskussion des Problems der Kriegsgefangenen geknüpft hat, in Verhältnis setze zu den Leistungen, die in diesem Gesetz vorgesehen sind, dann — so glaube ich — bin ich berechtigt, zu der Feststellung zu kommen: der Kriegsgefangene ist, solange er propagandistisch ausgewertet werden kann, für Sie ein höchst dankbares Objekt.
Aber sobald Sie dazu übergehen sollen, für ihn etwas zu leisten, dann ist das eine ganz andere Angelegenheit. Dann spielen Staatsräson, fehlende Mittel, die Notwendigkeit, „keine Politik im luftleeren Raum zu treiben", — alle diese
schönen Phrasen spielen dann bei Ihnen eine entscheidende Rollle. Dann legt man uns solch ein Gesetz vor!
Noch eine zweite Vorbemerkung an Sie, sehr verehrte Herren von der CSU!
— Ja, darauf komme ich gleich zu sprechen.
Ihnen ein Wort ins Stammbuch! Wenn schon einmal aus diesem Hohen Hause heraus ein Gesetzentwurf eingereicht worden ist, dann gehört es geradezu schon zum guten Ton bei der Regierung, uns zu erklären: Wir sind seit langem dabei, einen Gesetzentwurf zu dieser Materie auszuarbeiten; „wir sind seit langem bereits dabei!".
Aber nun zur Sache. Diese Diskussion um das Gesetz ist durch einen Antrag der SPD ausgelöst worden, der meines Wissens im September vorigen Jahres gestellt worden ist. Dann hat man sich in den ersten Wintermonaten bereits in den zuständigen Ausschüssen ausgiebig mit der Materie dieses Gesetzes beschäftigt. Und heute stellen Sie sich hin und sagen: Wir werden jetzt, wenn der Entwurf erneut in den Ausschuß geht — Herr Arndgen —, für die „notwendigen Verbesserungen kämpfen". Warum haben Sie die Verbesserungen bei Ihrem Fraktionskollegen Storch nicht durchgedrückt, als er dieses Gesetz ausgearbeitet hat? Haben Sie so wenig Tuchfühlung mit ihm? Was Sie heute sagen, ist nichts anderes als eine Vertröstung. Sie wollen heute die Lage so darstellen, als sei das Ergebnis der von Ihnen noch zu veranstaltenden Besprechungen im Ausschuß eine Verbesserung der Leistungen, nicht wahr? Ich will von Anfang an die Kriegsgefangenen darauf aufmerksam machen, daß sie sich durch solche Phrasen nicht irreführen lassen dürfen.
Ich fange bei dem Herrn von der Bayernpartei an. Der hat der Katze die Glocke angehängt, indem er festgestellt hat, daß es der einzige, wirkliche Sinn des Gesetzes ist, die Länder von ihrer bisherigen Verpflichtung zu entlasten, und daß die Leistungen, die in diesem Gesetz vorgesehen sind, teilweise niedriger sind als die derzeit und seit langem bereits in den einzelnen Ländern gewährten Leistungen. Er sprach von Bayern, wo die Entlassungshilfe 150 D-Mark beträgt. Im Ausschuß ist festgestellt worden, daß die Übergangshilfe im Lande Hamburg und im Lande Nordrhein-Westfalen bis zu 300 D-Mark betragen kann. Ihre Leistungen in dem Gesetz, Herr Minister, sind also niedriger als die erbärmlichen Höchstleistungen, die heute in einzelnen Ländern bereits gewährt werden. Es ist zu befürchten, daß die Folge dieses Gesetzes die ist, daß die derzeitigen Leistungen herabgeschraubt werden auf den Satz, der in diesem Gesetz vorgesehen ist.
Nun betrachten wir einmal die einzelnen Abschnitte, die einzelnen Fragen, die in diesem Gesetz angeschnitten werden: Arbeitsvermittlung und Berufsfürsorge. Die Arbeitsämter, so heißt es in dem Gesetz, haben in freie Arbeitsstellen bevorzugt Heimkehrer zu vermitteln. Ich nenne das „weiße Salbe"! Angesichts der derzeitigen Situation auf dem Arbeitsmarkt ist eine derartige Formulierung nicht einmal das Papier wert, auf
dem sie gedruckt wird.
Dann heißt es bezüglich des Kündigungsschutzes: Sechs ganze Monate sollen die Heimkehrer Kündigungsschutz erhalten. Dann heißt es bezüglich ihrer Einreihung in die alten Arbeitsplätze, daß, sobald sie sich melden, sie wieder vorgemerkt werden sollen, berücksichtigt werden sollen. Wo steht die absolute Garantie, daß der Heimkehrer, wenn er sich sofort nach seiner Heimkehr meldet, automatisch ein Anrecht hat, daß er in seine alte Dienststelle, soweit es eine Behördenstelle ist, oder bei seinem alten Arbeitgeber, soweit er noch existiert, wieder eingestellt wird?
Nun eine dritte Feststellung betreffend das Entlassungsgeld. Wir Kommunisten haben uns im Ausschuß bereits die Anregung erlaubt — Anträge könen wir da nicht stellen —, statt der hier vorgesehenen 50 D-Mark Entlassungsgeld 200 D-Mark Entlassungsgeld zu geben. Wir haben darüber hinaus im Ausschuß bereits angeregt, die Übergangshilfe, die hier in der Höhe bis zu 200 D-Mark vorgesehen ist, auf 300 D-Mark zu erhöhen und sie unabhängig vom Vorliegen der Bedürftigkeit zu gewähren und sie demzufolge auch nicht rückerstattungspflichtig zu gestalten. Im Ausschuß haben dieselben Herren, die heute diese schönen Töne gefunden haben, ausdrücklich darauf bestanden, daß 'diese Übergangshilfe rückerstattungspflichtig sein soli und daß sie nur im Falle der Bedürftigkeit gegeben werden darf.
Ein anderes Problem ist das Problem der Arbeitslosenunterstützung. Wir haben im Ausschuß bereits darauf aufmerksam gemacht, daß die derzeitige Ausgangsbasis für die Berechnung der Arbeitslosenunterstützung auf der Höhe eines Arbeitsentgelts von 40 Mark unserer Überzeugung nach zu niedrig ist. Wir haben damals schon davon gesprochen, daß sie mindestens auf 60 Mark heraufgesetzt werden muß. Das scheint uns um so notwendiger, als nach dem Gesetzesvorschlag auch die Höhe des Krankengeldes, das 2/7 dieser Arbeitslosenfürsorgeunterstützung ausmachen soll, dann unerträglich niedrig gehalten wird. Berechnet man die Alu oder die Alfu auf der Basis von einem Arbeitsentgelt von 60 Mark, dann profitiert auch das Krankengeld entsprechend, und der krank Heimkehrende hat dann die Möglichkeit, wenigstens ein halbwegs ausreichendes Krankengeld zu beziehen.
Ich fasse zusammen. Ich kenne in dieser westdeutschen Bundesrepublik zwei Kriegsgefangene, und das waren zu Ihrem Malheur — ich meine Sie, die Inszeneure dieser damaligen Szene — noch dazu gar keine echten Kriegsgefangenen; denen hat das Hohe Haus einen außerordentlich warmen Empfang bereitet, die wurden von dem Herrn Bundestagspräsidenten empfangen und von dem Herrn Bundeskanzler mit besonderen Tribünenkarten ausgestattet, die durften hier im Restaurant essen und sind gefeiert worden! Warum? — Weil sie sich zu einer Hetzszene gegen die Sowjetunion hergegeben haben!
Das sind die einzigen Kriegsgefangenen, die von Ihnen so hochnobel behandelt worden sind,
weil sie Ihr Spiel mitgemacht haben, das Sie im allgemeinen mit den Kriegsgefangenen zu treiben belieben. Für die andern haben Sie nur diese erbärmlichen Groschen übrig, diese Leistungen, die Sie in dem Gesetz festgelegt haben. Seien Sie versichert: es ist heute schon nicht mehr möglich, die Kriegsgefangenen mit den alten, von Ihnen bisher beliebten Methoden zu einer Hetze gegen die Sowjetunion und gegen die fortschrittlichen friedenswilligen Völker des Ostens auszunutzen,
In einigen wenigen Monaten ist das Theater für Sie ganz aus und vorbei, dann, wenn die Kriegsgefangenen verspüren, was Sie in Wirklichkeit für sie zu tun bereit sind.