Rede von
Anton
Storch
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Wirtschaftsrat des Vereinigten Wirtschaftsgebietes hat sich schon im Frühjahr des vergangenen Jahres mit zwei Teilfragen des Heimkehrerproblems beschäftigt, und zwar mit der Arbeitsvermittlung und der Arbeitslosenhilfe für Heimkehrer und mit der Gleichstellung der in das zivile Arbeitsverhältnis übergeführten ehemaligen Kriegsgefangenen. Er verabschiedete damals die beiden Entwürfe nicht, weil keine Aussicht bestand, daß sie vor der Bildung des Bundes noch von der Militärregierung genehmigt würden.
Wenn der Rückstrom der Heimkehrer inzwischen in den vergangenen Monaten nachgelassen hat, so ist daraus nicht der Schluß zu ziehen, daß das Problem inzwischen von minderer Bedeutung geworden ist. Die Bundesregierung hegt vielmehr die feste Zuversicht, daß auch die restlichen Kriegsgefangenen in baldiger Zukunft in die Heimat zurückkehren werden. Sie hat es daher als eine ihrer vordringlichsten Aufgaben angesehen, durch Schaffung bundeseinheitlicher Rechtsvorschriften den Ländern die ihnen bisher obliegende Heimkehrerfürsorge abzunehmen, zu vereinheitlichen und, wie ich glaube, im Rahmen des Möglichen noch zu verbessern.
Der Ihnen vorliegende Gesetzentwurf enthält diejenigen Aufwendungen und Hilfen, die der Bund als Mindestleistung zu tragen in der Lage ist. Soweit es die Finanzlage einzelner Länder gestatten sollte, von sich aus zusätzliche Aufwendungen zu gewähren, würde dies meines Erachtens nur der Tatsache Rechnung tragen, daß für viele der jetzt Heimkehrenden die Rückgliederung in geordnete zivile Verhältnisse eine größere Schwierigkeit bedeutet, als wenn sie schon vor Jahren wieder den heimatlichen Boden hätten betreten können. Es ist aber nicht möglich, daß derartige zusätzliche Leistungen der Länder vom Bund übernommen werden.
Wegen des Aufbaus und des materiellen Inhalts des Gesetzes darf ich Sie auf die Ihnen vorliegende Begründung aufmerksam machen. Der Gesetzentwurf umreißt zunächst den Personenkreis der Heimkehrer. Unter großzügiger Auslegung des Begriffs sollen diejenigen Heimkehrer von der durch das Gesetz gewährleisteten Betreuung erfaßt werden, die innerhalb von zwei Monaten nach der Entlassung oder nach dem Ablauf der Mindestverpflichtungsdauer im Bundesgebiet Aufenthalt nehmen. Von einem erheblichen Teil der Leistungen werden aber auch solche Heimkehrer erfaßt, die nach dem 1. Januar 1948 entlassen worden sind und in der Folge im Bundesgebiet Aufenthalt nehmen oder genommen haben.
Der Abschnitt I, Entlassungsgeld und Übergangshilfe, sichert die Mittel, die der Heimkehrer sofort für seinen Lebensunterhalt und für seine Einkleidung benötigt. Abschnitt II, Zuzugsgenehmigung und Wohnraumzuteilung, dient der Sicherung des Wohnraums für den Heimkehrer und seine Familie unter weitgehender Herstellung der durch die Kriegsfolgen eingeschränkten Freizügigkeit. Er stellt die Heimkehrer anderen Wohnungssuchenden, die bevorzugt unterzubringen sind, gleich.
Während auf diese Weise den primären Bedürfnissen der Heimkehrer an Ernährung,
Wohnung und Kleidung Rechnung getragen werden soll, erstreckt sich die Wirkung der übrigen Abschnitte des Gesetzes auf die Sicherung der rechtlichen und sozialen Verhältnisse während eines längeren Zeitabschnitts. In Abschnitt III und IV wird der frühere Arbeitsplatz rechtlich gesichert. Wo diese Sicherung nicht mehr wirksam werden kann, sei es aus Gründen, die im Betrieb liegen, sei es aus Gründen, die beim Heimkehrer selbst liegen, werden die Arbeitsämter ihre ganze Kraft in den Dienst der Unterbringung der Heimkehrer zu stellen haben. Die Förderung der Berufsausbildung und die Sicherung des Lebensunterhalts der Heimkehrer während dieser Zeit werden dabei in dem Vordergrund ihrer Bemühungen stehen.
Führen die verschärften Bemühungen um Vermittlung eines geeigneten Arbeitsplatzes nicht sofort zum Erfolg, so tritt nach den Bestimmungen des Abschnitts V die Arbeitslosenversicherung rückwirkend ein. Die hierfür geltenden Vorschriften weichen zugunsten der Heimkehrer von den sonst geltenden Unterstützungsvorschriften ab und bemühen sich auch hierin, der Schwere des Lebensschick als der Heimkehrer in weitgehendem Maße Rechnung zu tragen. Bei der Bemessung der Unterstützung wird von einem Arbeitsentgelt von 42 D-Mark in der Woche ausgegangen. Wenn der Heimkehrer früher eine höhere Entlohnung hatte oder jetzt erzielen würde, falls seine berufliche Tätigkeit nicht durch den Krieg unterbrochen worden wäre, kann die Unterstützung höher liegen.
Lücken, die im Sozialversicherungsschutz für den Heimkehrer bisher bestanden, schließt der Abschnitt VI des Gesetzes. Er hebt die bisher in den einzelnen Ländern bestehenden unterschiedlichen Versorgungen auf und gewährt dem Heimkehrer ausreichenden Anspruch auf Krankenhilfe. Außerdem wird in den Rentenversicherungen auch mit Rücksicht auf die Internierungszeit das geltende Recht vereinheitlicht und verbessert. Der Schlußabschnitt VII bringt Verwaltungsvorschriften, die sich aus dem Übergang der Heimkehrerbetreuung auf den Bund ergeben.
Das Heimkehrergesetz ist aus der Not geboren. Es wird nicht alle Sorgen und Nöte der Heimkehrer beseitigen können. Es schafft allerdings die Voraussetzungen dazu und läßt erkennen, daß sich die Heimat ihrer Verpflichtung den Heimkehrern gegenüber bewußt ist.