Rede von
Anton
Donhauser
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(BP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe heute bei meiner Meldung zur Geschäftsordnung nicht etwa die Absicht gehabt, mich grundsätzlich gegen die Sicherung des Staates gegen undemokratische Elemente zu wenden. Meine Absicht war, vor allem den Antragstellern selbst noch einmal Gelegenheit zu geben, die Unzulänglichkeiten ihrer eigenen Vorlage auf das genaueste zu überprüfen. Die Unzulänglichkeiten liegen in einer ganzen Reihe von Begriffsbestimmungen, die man zum. Ausgangspunkt für die kommende Rechtsfindung in diesen schwierigen Problemen machen will.
Haben Sie sich schon einmal die Terminologie, deren sich diese Vorlage bedient, näher angesehen? „Drohung", „Ernste Gefahr", „Verabredung", „Achtungsverletzung", „Üble Schmähung" und dergleichen mehr; alles Begriffe, die einer sehr vieldeutigen Auslegung fähig sind, ja, nicht nur einer vieldeutigen Auslegung, sondern die geradezu zum Mißbrauch reizen.
Heute hat der Redner der SPD — ich stelle übrigens fest, daß es der Herr Vizepräsident Schäfer, der in diesem Augenblick den Vorsitz führte, nicht für notwendig erachtet hatte einzugreifen — den deutschen Justizministern politische Unzuverlässigkeit vorgeworfen.
Damit allein schon beweist der Redner der SPD, daß der Ausgangspunkt für die Beurteilung von Verstößen gegen die Demokratie recht verschiedenartig sein kann.
Ich bin fest davon überzeugt, daß die übergroße Mehrheit dieses Hauses die politische Beurteilung der von Ihnen angegriffenen Justizminister ganz anders vornehmen würde.
Wenn Sie sich nur einmal den § 3 dieser Vorlage genauer ansehen, dann finden Sie ihn in verdächtiger Verwandtschaft und in verdächtiger Nähe zu den berühmten Aufforderungen zur politischen Denunziation, die wir in der Vergangenheit schon so oft erlebt haben.
Wir wollen nicht, daß man noch einmal mit Hilfe eines Gesetzes weite Kreise unseres Volkes zur politischen Denunziation auffordert.
Meine Damen und Herren! Es ist doch bei der Begriffsbestimmung Demokratie so, daß man sich über die Definition bis zum heutigen Tage weder in diesem Hause noch außerhalb dieses Hauses einig geworden ist.
Die Begriffsbestimmung Demokratie, wie sie beispielsweise das Bonner Grundgesetz gefunden hat, ist sehr reformbedürftig,
und wir haben den Verdacht, daß Sie, meine Herren Antragsteller, eine vernünftige und alsbaldige Reform dieses Grundgesetzes verhindern wollen. Wo steht denn in aller Welt geschrieben — frage ich Sie —, daß die Definition von Demokratie, die Sie damals im Parlamentarischen Rat gefunden haben, auf Ewigkeit durch eine solche Vorlage geschützt werden soll?
Ist Ihnen aus den geschichtlichen Erfahrungen der Vergangenheit nicht aufgefallen, daß vom Republikschutzgesetz über das berühmte und berüchtigte Gesetz zum Schutz von Volk und Staat, ja bis zum Heimtückegesetz sich eine einzige gerade Linie zieht? Wir haben es oft und oft erlebt, daß gerade die Todfeinde der Demokratie in dem Augenblick, in dem sie durch irgendwelche Mächte oder sonstige Zufälligkeiten au] die Regierungsbank oder sonstwie in den Besitz der Exekutive gelangten, sich mit Vorliebe solcher Gesetze bedienten, um die eigentlicher Träger der Demokratie zu vernichten.
Wir haben zu den derzeitigen Trägern der Exekutive das Vertrauen, daß sie gute Demokraten sind. Uns interessiert aber nicht der der. zeitige Träger der Exekutive; meine politischen Freunde und mich interessiert vielmehr der
Ich darf Sie vielleicht einmal auf eine Äußerung verweisen, die erst kürzlich von der amerikanischen Kommission für Pressefreiheit in Chicago über dieses Thema gemacht worden ist. Da heißt es in einem ihrer Generalberichte:
Wir empfehlen die Aufhebung all der Gesetze, die Äußerungen zu, Gunsten einer revolutionären Änderung unserer Einrichtungen untersagen, sofern nicht eine offenkundige und gegenwärtige Gefahr vorliegt, daß solche Auslassungen zu Gewalttätigkeiten führen können.
Heute ist schon mehr als einmal gesagt worden, daß man mit derartigen Paragraphen die Demokratie nicht wirklich schützen kann. Nachdem das Haus offenbar auch in diesem Punkte schon etwas ermüdet zu sein scheint, will ich darauf verzichten, noch einmal das wiederzukauen, was schon einige Male gesagt worden ist. Aber ich darf das Wesentlichste noch einmal kurz in einem einzigen Satz zusammenfassen. Die echte Demokratie kann nicht durch Paragraphen geschützt werden, sondern die echte Demokratie kann nur geschützt werden durch die heiße Liebe zur demokratischen Lebensform, die wir unserem Volke anerziehen.
Der Todfeind der echten Demokratie ist die Gewalttat. Es entbehrt nicht einer gewissen Pikanterie, daß diese Vorlage gerade in dem Augenblick eingereicht worden ist, in dem die erste ganz grobe politische Gewalttat auf der Schwelle dieses Hauses geschehen ist.
Man hat Friedrich II., den die Preußen den Großen nennen,
ein Wort in den Mund gelegt, das für ihn und seine Zeit bezeichnend war, wenn man ihn seinen Soldaten zurufen ließ: „Warum liebt ihr mich nicht, ihr Hunde?". Wollt ihr vielleicht unsere junge Demokratie in die gleiche Mentalität und in dieselbe unerquickliche Situation hineintreiben, dann bitte beschließen Sie ein solches Gesetz!