Rede von: Unbekanntinfo_outline
Meine Damen und Herren! In der Debatte ist eine solche Unklarheit über unseren Vorschlag entstanden, daß ich noch einmal grundsätzlich einiges zusammenfassen muß, was vor allem Herr Kleindinst gesagt hat.
Wir halten in der CDU und CSU am Artikel 3 der Gleichberechtigung fest.
- Wir wenden ihn eine Zeitlang nicht an,
weil uns durch den Artikel 117 bis Ende März 1953 die Gelegenheit dazu gegeben ist. Dieses Beamtenrecht kann nicht unbeeinflußt vom Familienrecht sein, und wir müssen diese rechtlichen Fragen einander angleichen. Das sage ich, um den Rechtsstandpunkt zu klären. Ich bin Ihnen aber, damit keine falsche Meinung hier entsteht, schuldig, noch einmal zu sagen, warum wir jetzt, und zwar nur vorübergehend, unsern Standpunkt vertreten. Ich war im Parlamentarischen Rat, und das Recht, das ich dort angenommen habe, das werde ich auch immer vertreten. Vorübergehend haben wir eine Kannbestimmung vorgeschlagen: „Die verheiratete Beamtin kann entlassen werden." Ferner haben wir das Alter geändert: die Frau kann mit 27 Jahren Beamtin werden. In den Ausführungsbestimmungen soll stehen: Die Beamtin soll, wenn sie in Not gerät, nicht nur möglichst wieder eingestellt werden, sondern vorzugsweise. Ferner haben wir gefordert, daß die Kannbestimmung nicht rigoros ausgeübt werden soll, sondern unter Berücksichtigung der heutigen Not. Diese Tatsache muß noch einmal hervorgehoben werden. Ich gebrauche mit Absicht nicht das Wort Doppelverdienertum. Dieses Wort mag ich nicht. Ich komme aus dem Industriegebiet und weiß, welche Arbeitslosigkeit und welches Flüchtlingselend überall herrscht. 7 Millionen Frauen können heute nicht heiraten, und die Not ist derart groß, daß ich es in meinem Wahlkreis und im Industriegebiet einfach nicht verantworten kann, — ich
spreche hier vor allem für die CDU und CSU —, daß verheiratete Frauen in ihrer Beamtenstellung ohne Not verbleiben. Für wen geschieht das denn? Das ist doch nicht nur eine einzelne Maßnahme, sondern eine für das Wohl des Volkes. Mir fällt ein, was die Labour-Party in ihrem Parteiprogramm vor dem Wahlkampf geschrieben hat. Die Engländer sind in diesen Dingen viel praktischer als wir. Die Labour-Party schrieb: „Gleicher Lohn für gleiche Leistung, sofern es die Volkswirtschaft Englands ertragen kann." Und ich sage Ihnen hiermit: das allgemeine Wohl unseres Volkes kann es zur Zeit nur ertragen, daß wir nach dem Artikel 117 vorübergehend die verheiratete Beamtin entlassen. Deutschland ist unsere Parole — Not wollen wir lindern!