Meine Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf behandelt eine sehr schwierige Materie. Die Prüfung scheint mir notwendig, ob wirklich eine gesetzliche Regelung dieser Frage erforderlich ist. Die Regelung soll, wie ich den Entwurf verstehe, zur Absicht haben, dort einzugreifen, wo der Abschluß von Tarifverträgen schwierig oder oft sogar aus den verschiedensten Gründen unmöglich ist. Die Art der Arbeitsverhältnisse ist nicht näher umschrieben, aber man kann wohl annehmen, daß die Arbeitsverhältnisse in der Landwirtschaft, in der Hauswirtschaft, auch die der Heimarbeiter wenigstens im wesentlichen gemeint sind. Bezüglich der Regelung für Heimarbeiter möchte ich namens meiner Freunde sagen, daß wir die Vorlage des Heimarbeitsgesetzes erwarten. Das Arbeitsministerium hat die Vorlage in aller Kürze angekündigt, und wir sind nach wie vor der Auffassung, daß die Frage der Entgeltsregelung in dem Heimarbeitsgesetz verbleiben soll. Nun ist die Frage, ob eine Regelung für die Landwirtschaft und für die Hauswirtschaft notwendig ist. Ich glaube, man kann das Bedürfnis hierfür nicht abstreiten.
Dabei muß allerdings in der Diskussion darauf geachtet werden, daß die Verhältnisse in diesen Wirtschaftszweigen stark differenziert sind, daher ist die Regelung ungemein schwierig. Es wäre falsch, hier ganz allgemein von unerträglichen Lohn- und Arbeitsbedingungen zu reden. Ich weiß, daß hier manches im Argen ist. Aber wir sollten auch hier nicht zu einer Verallgemeinerung kommen. Wir stellen ja oft fest, daß bei der Gegenüberstellung der Löhne Deputatleistungen nicht erwähnt oder doch nicht ihrer Bedeutung nach eingeschätzt werden. Wir müssen auch die doch ganz verschiedenartige Leistungsfähigkeit landwirtschaftlicher Betriebe und auch der Haushaltungen in Rechnung stellen.
Es ist also schwierig, und es muß die Sorge sein, Regelungen zu finden, die allgemein als gerecht betrachtet werden können und die schließlich letzten Endes nicht mehr Schaden anrichten, als sie Nutzen stiften.
Auf eines möchte ich, gerade meine Freunde aus den Gewerkschaften hinweisen. Es besteht eine gewisse Gefahr, daß Mindestentgelte, wenn sie festgelegt werden, dann als Normalentgelte betrachtet werden — das ist eine Gefahr - und daß man sich dort nun zu stark nach den Mindestentgelten richtet, wo schon bessere Arbeitsbedingungen vorhanden sind.
— Ich habe diese Erfahrungen schon gemacht, es ist ja an sich nichts ganz Neues, und ich bitte doch, diese Gefahr nicht ganz leicht zu nehmen.
— Ich weiß nicht. In England liegen die Verhältnisse — letzten Endes auch auf dem Arbeitsmarkt
im Augenblick — etwas anders. Ich glaube, das
sind Dinge, die hier auch berücksichtigt werden
sollten. --
Ich möchte bei der Gelegenheit allerdings auch sagen, den landwirtschaftlichen und hauswirtschaftlichen Betrieben muß es angelegen sein, dafür Sorge zu tragen, daß schon aus dem Grund erträgliche Arbeitsbedingungen geschaffen werden, damit diese Betriebe brauchbare Arbeitskräfte erhalten. Wir stellen ja doch allzuoft fest, daß die besten Kräfte aus der Landwirtschaft abwandern und versuchen, in der Industrie unterzukommen, und daß auch die Betätigung in der Landwirtschaft dadurch in ihrer Wertschätzung oft herabgemindert wird. Diese Betätigung wird oft als der letzte Ausweg betrachtet. Deswegen ist es notwendig, zu' vernünftigen Arbeitsbedingungen zu kommen, damit der Arbeitnehmer in der Landwirtschaft auch sein Auskommen findet und stärker als bisher respektiert wird. Ich möchte darauf hinweisen, daß die Schwierigkeit der Vermittlung von Arbeitskräften für die Landwirtschaft und teilweise auch für die Hauswirtschaft doch auch dadurch bedingt ist, daß eben die Verhältnisse nicht so sind, wie sie sein müßten. Man kann auf diesem Gebiet eine Vermittlung auch, nur dann durchführen, wenn entweder Tariflohn oder doch zumindest der ortsübliche Lohn gezahlt wird. Ich darf auch auf die Schwierigkeiten hinweisen, die auch durch die Konkurrenz der landwirtschaftlichen Betriebe entstehen können, wenn hier die Lohnverhältnisse sehr stark 'differenziert sind.
Meine Freunde und ich sind der Auffassung, daß darauf zu achten ist, daß die freie Vereinbarung der Arbeitsbedingungen zwischen den Sozialpartnern, zwischen den Arbeitnehmern und Arbeitgebern, nach wie vor die Norm bleiben muß. Die Anwendung eines eventuell zu schaffenden Gesetzes über die Festsetzung von Mindestarbeitsbedingungen darf sich meines Erachtens und auch nach der Auffassung meiner Freunde nur auf solche Ausnahmen beschränken, in denen die Schaffung von Tarifverträgen insbesondere auch dadurch oft nicht möglich ist, daß entsprechende Tarifkontrahenten nicht vorhanden sind oder daß man, wie das ja auch manchmal geschieht, eben nicht tariffähig sein will. Ich möchte aber auch hier die Meinung zum Ausdruck bringen, daß ein solches Gesetz nicht dazu führen darf, daß die Selbstverantwortung der Beteiligten eingeengt wird, daß man vielleicht aus Bequemlichkeit und aus anderen Gründen hier Regelungen in Anspruch nimmt und nicht selbst genügend Versuche macht, um zu Regelungen in freien Vereinbarungen zu kommen.
Zu den Einzelheiten des Entwurfs möchte ich nur ganz wenig sagen. Ich möchte sagen, daß bei uns gegen die vorgeschlagene Organisation Bedenken bestehen. Wir sind der Meinung, daß der Erlaß dieses Gesetzes keinesfalls zur Einrichtung eines übersetzten Verwaltungsapparates führen darf; wir sind der Meinung, daß Arbeitnehmer und Arbeitgeber an den Stellen beteiligt sein müssen, die sich mit der Festsetzung der Mindestarbeitsbedingungen beschäftigen. Es ist allerdings eine entsprechende Einschränkung in der zahlenmäßigen Besetzung notwendig. Es ist auch zu prüfen, ob sich nicht durch die bestehenden
Schlichtungsinstanzen, die eingesetzt werden können, andere Einrichtungen vermeiden lassen.
Nochmals die Feststellung: Tarifverträge zwischen den Tarifparteien, zwischen den Partnern des abgeschlossenen Arbeitsvertrages müssen vor einer autoritären Kollektivregelung den Vorrang haben.
Meine Fraktion ist der Auffassung, daß eine sorgfältige Überprüfung des vorgelegten Entwurfes notwendig ist. Ich beantrage daher die Überweisung des Gesetzentwurfs an den Ausschuß für Arbeit.
Vizepräsident Dr. Schmid: Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Wellhausen.