Schön! Ich nehme also aus der Fülle des Materials irgendeinen anderen Namen. Suchen Sie sich ihn selbst aus!
Ich ziehe also meine Apostrophierung Pferdmenges' zurück. Sie haben ja die freie Auswahl. Gucken Sie sich hier in diesem Hause nur um!
Nun, was ist hier los? Die deutsche Justiz leide Not, hat der Justizminister gesagt. Er hat sich hier im Falle Hedler zur Prüfungsinstanz aufgeschwungen. Immer wieder ist uns in den letzten Monaten gesagt worden, man dürfe in ein schwebendes Verfahren mit keiner Kritik eingreifen, man müsse den Ausgang eines schwebenden Verfahrens in der Berufungsinstanz abwarten. Der Herr Justizminister hat den Angeklagten Hedler, der im Berufungsverfahren steht, hier eindeutig freigesprochen. Etwas anderes gibt es einfach gar nicht. Er hat ihn im voraus bereits für das Berufungsgericht freigesprochen. Er hat auch davon gesprochen, daß im Hedler -Prozeß die Straße irgendwie in Erscheinung getreten sei. Die Straße ist in Erscheinung getreten, verkörpert durch die NSDAP-Ortsgruppe, deren Mitglied der Herr Hedler einmal gewesen ist oder — ich greife keiner Gerichtsentscheidung vor -- an deren Ort er heute ansässig ist. Die war da. und die hat die Straße repräsentiert. Von der Tribüne herab wurde dem Richter Beifall geklatscht, als er diesen dubiosen Freispruch ausgesprochen hat. Und dann hat sich die Straße noch einmal dokumentiert. Auf der Straße hat sie den mangels Beweisen Freigesprochenen, den man freigesprochen hat, weil man sich aus den Zeugenaussagen die herausgesucht hat, die das bewiesen haben, was man bewiesen haben wollte, mit einem Blumenstrauß empfangen, der in die Farben Schwarzweißrot gehüllt war.
Ein anderes Wort! Hier ist von der aus dem Hintergrund gelenkten Empörung gesprochen worden. Was meinen Sie damit, Herr Justizminister? Wer hat diese Empörung gelenkt? Wollen Sie sich einmal klar aussprechen? Offensichtlich haben Sie in erster Linie die Sozialdemokraten gemeint; denn an deren Adresse haben Sie ja in der Hauptsache Ihre Worte gerichtet.
Aber kommen wir zum Schluß! Der Justizminister sprach davon, daß man eine Art Volksjustiz verhüten müsse. Er hat zwar nur sehr leise, aber immerhin vom Osten geredet. Nun. was ist im Osten los?
Im Osten richten vom Volk gewählte Richter.
Ihrer Meinung nach ist das undemokratisch. Aber bei anderer Gelegenheit. wenn Minister dieses Kabinetts von Herrn McCloy sprechen, reden sie von dem großen Bundesgenossen. Nun. im Heimatland des Herrn Cloy werden die Richter auch vom Volk, von seinen parlamentarischen Vertretungen gewählt.
-- Wieso auf ganz andere Weise? Volk ist Volk! Das sagen Sie uns doch immer.
-- Ach so, weil da freie Wahlen sind. Sie werden von den parlamentarischen Körperschaften gewählt, und die sind nach Ihrer Version in Amerika so frei, wie sie im Osten in der Tat frei sind.
Und noch ein letztes und abschließendes Wort. Es wird hier offen zugegeben, daß an der heutigen Justiz manches beklagenswert ist: Darf ich Sie daran erinnern, daß Sie durch Ihr Grundgesetz dafür gesorgt haben, daß diese Mängel
nicht abgestellt werden können. Der Herr Justizminister höchstpersönlich sagt uns, daß er keine Richter dulden werde, die nicht Repräsentanten der deutschen Demokratie seien. Gut und schön, aber was will er denn mit denen machen, die das nicht sind? Absetzen kann er sie doch gar nicht; denn Sie haben doch die Absetzbarkeit des Richters an Bedingungen geknüpft, die praktisch einfach unerfüllbar sind. Sie haben doch in Ihrem Grundgesetz den absolut unabsetzbaren Richter verankert. Ich erinnere an die Diskussion um diesen Punkt im Parlamentarischen Rat. Oder wollen Sie mir erzählen, daß irgendeine Möglichkeit gegeben ist, die in Ihrem Grundgesetz vorgesehene Richteranklage praktisch zum Tragen zu bringen? So liegen doch die Dinge! Wir haben den Richter, den die bei uns herrschende Klasse als den richtigen Richter anspricht. Wir haben den Richter, der nach genau denselben Prinzipien Recht spricht. wie das unter dem Faschismus auch Mode war. Wir haben damit zu rechnen, daß der Richter, der sich unter dem Faschismus so schnell an die Gesetze des Faschismus angepaßt und sie angewandt hat, sich an die heute geltenden, das heißt die von der heute herrschenden Klasse aufgestellten Prinzipien genau so schnell anpassen wird, wie das seinerzeit unter Hitler der Fall war. So liegen die Dinge doch in Wirklichkeit.
Niemand hat ja bisher hier in Deutschland Richter gleich Richter gesetzt. Alle, die sich hier zu dem Thema geäußert haben, haben Ausnahmen gemacht. Sie haben anerkannt. daß diese Beurteilung nur auf einen Teil, allerdings auf einen erheblichen Teil der heute amtierenden Richter zutrifft. Mehr will auch ich nicht sagen. Aber die Richter, 'die in der Nazizeit an den Sondergerichten „Recht" gesprochen haben -- Recht in Gänsefüßchen gesetzt — und die heute noch bei uns amtieren dürfen, lehnen wir und lehnt das deutsche Volk ab. Und wir erlauben uns das Recht der Kritik an der Urteilsfällung gerade dieser Richter. Ich sage nur ein Wort: Bielefeld! Ich gehe nicht nur vom Fall Hedler aus. Wir haben in den letzten Monaten und Jahren viele, viele Fälle von Freisprüchen erlebt. die absolut auf derselben Basis wie der Freispruch eines Hedler zustande gekommen sind. Ich sage nur nochmals ein Wort: Bielefeld! Wie war es denn da anders? Auch da haben sich gewisse Herren Justizminister mit denselben Worten, die heute Herr Dr. Dehler angewandt hat. eine Kritik genereller Natur an dieser Richterschaft verbeten, und das kann man einfach nicht hinnehmen. Recht ist nicht das. was die Richter. die dieser Ihrer Klasse unterstehen und unterstellt sind, als Recht aussprechen. Recht ist das, was der Gerechtigkeit entspricht, und da gibt es keine Deutungen. Da gibt es keine Auslegungsmöglichkeiten, das ist ein klarer Begriff. Solche Richter müssen wir haben, die klare, ehrliche, gerechte Urteilssprüche fällen und keine Klassenurteile aussprechen.
-- Ja, wie sie im Osten sind. Da gibt es keine Hedler -Sprüche.