Rede von
Dr.
Helmut
Bertram
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FU)
Meine Damen und Herren! Die Ablehnung unseres Antrags zu Artikel I Ziffer 20 ist natürlich im Zusammenhang zu sehen mit den weiteren Ziffern 2 und 3. Heute morgen haben eingehende Besprechungen zwischen dem Wohnungsbauausschuß und dem Finanzausschuß stattgefunden. In diesen Ausschußberatungen ist man sich darüber klar geworden, daß eine gewisse Begünstigung in dem Sinne, wie wir es in diesem Antrag niedergelegt haben, nötig sei. Ich bin der Ansicht, daß die Mehrheit des Hauses dem Grundgedanken dieses Antrages durchaus nahesteht.
Der Grundgedanke ist ungefähr folgender. Eine Begünstigung beim Bausparen wirkt sich bei den Einkommenstufen, in denen niedrige Steuersätze gezahlt werden, nur gering aus, wenn diese begünstigten Beträge vom Einkommen abgezogen werden. Diese Begünstigungen wirken sich dagegen besser aus, wenn die begünstigten Beträge nicht vom Einkommen, sondern vom Steuerbetrag abgezogen werden. Diese Abzüge vom Steuerbetrag sind insbesondere für die kleineren Einkommen unbedingt notwendig. Man denke an das Beispiel, daß jemand einen Kapitalansammlungsvertrag über 600 D-Mark im Jahre abschließt. Weil er nur 3 oder 4 Prozent Steuern zu zahlen hat, eben weil er ein so geringes Einkommen hat, kann er tatsächlich nur eine steuerliche Vergünstigung von, sagen wir, 24 D-Mark erhalten. Bei einer steuerlichen Vergünstigung von 24 D-Mark wird aber niemand einen Kapitalansammlungsvertrag über 600 D-Mark abschließen. Der Anreiz muß eben auch gerade in dieser Steuergruppe wesentlich höher sein.
Würden wir dagegen dem Grundgedanken unseres Antrages folgen und 25 Prozent des Kapitalbetrags auf die Steuer anrechnen, so würde sich diese Vergünstigung wesentlich erhöhen, und es würde tatsächlich auch ein wirksamer Anreiz zum Kapitalsammeln entstehen. Einen solchen Anreiz gerade in den mittleren und unteren Einkommenstufen zu schaffen, muß unser oberstes Ziel sein. Sie alle wissen doch, daß der Konsumverzicht, wenn ihn heute schon jemand auf sich nehmen soll, gerade von den unteren Einkommenstufen außerordentliche Opfer verlangt. Wer heute 2- oder 3 000 D-Mark verdient und noch 600 D-Mark im Jahre sparen soll, der muß seinen und den Verbrauch seiner Familie schon sehr erheblich einschränken. Wenn wir eine solche Einschränkung haben wollen — und wir müssen sie haben wollen, um tatsächlich durch den Konsumverzicht die nötigen Investitionskapitalien zu erhalten —, dann müssen wir den Verzichtenden auch entsprechend begünstigen. Das ist der Sinn unseres Antrages, und deshalb haben wir ihn gestellt.
Nun liegt eine formelle Schwierigkeit vielleicht darin — Herr Dr. Höpker-Aschoff machte schon darauf aufmerksam —, daß im gegenwärtigen Augenblick die Ablehnung dieses Antrags, nicht dagegen die Verweisung an einen Ausschuß möglich sei. So sehr wir uns bei der Formulierung dieses Antrages Mühe gegeben haben, ich bin doch der Ansicht, daß er in einzelnen Teilen überarbeitet und überprüft werden muß. Wir hatten insbesondere keinerlei Unterlagen für den letzten Absatz unseres Antrages, der vorsieht, daß eine entsprechende Vergünstigung beim Bau von Kleinsiedlungshäusern und bei Eigenwohnhäusern mit einem Einheitswert bis zu 16 000 D-Mark geschaffen werden soll. Denken Sie gerade an die Arbeitersiedler, die durch ihre eigene Leistung vielleicht 3- oder 4000 D-Mark bei der Erbauung eines kleinen Eigenheims beitragen. Gerade diesen Menschen wollten wir mit diesem Antrag helfen.
Ob aber die einschränkenden Voraussetzungen, die wir hier gemacht haben, eng genug sind, oder aber ob sie anders gefaßt werden müssen, könnte sich endgültig erst bei den Ausschußberatungen ergeben. Natürlich ist es erforderlich, daß das Finanzministerium entsprechende Unterlagen herbeischafft, denn darüber sind wir uns alle klar: dieser Weg der Steuerbegünstigung ist für unser deutsches Steuersystem völlig neuartig. Er wird auch technisch nicht sehr einfach sein, obwohl man sich denken könnte, daß beispielsweise die Herausgabe von Steuerbegünstigungsmarken an die Kapitalsammler, daß heißt an die Wohnungsbaugenossenschaften, und die Weiterleitung dieser Steuerbegünstigungsmarken an die Lohnsteuerpflichtigen und von dort an das Lohnsteuerbüro die technischen Schwierigkeiten ohne weiteres lösen könnte.
Aber all diese Dinge, die wir wohl bedacht haben, müssen in einer Einzelbesprechung im Ausschuß durchberaten werden. Auch in dem bekannten Gutachten von Herrn Professor Jecht ist der Gedanke der Aufbauförderung auf diesem Wege enthalten. Ich wäre persönlich durchaus damit einverstanden, wenn dieser Antrag hier heute nicht zur Abstimmung käme, sondern in den Ausschuß verwiesen würde. Ich sehe insofern auch keine geschäftsordnungsmäßigen Schwierigkeiten; denn der Abschluß der zweiten Lesung nach Durchberatung aller Paragraphen würde meiner Ansicht nach sowieso zweckmäßiger mit dem Beginn der dritten Lesung in der kommenden Woche zusammenfallen.
— Das ist keine Verschiebung; die dritte Lesung ist sowieso für die kommende Woche vorgesehen. Es würde also keinerlei Verschiebung sein, und wir würden auf diese Art und Weise auch erreichen — wenigstens möchte ich noch einmal
Deutscher Bundestag — 41. und 42: Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. Februar 1950 1419
darauf hinweisen —, daß der Abschluß der zweiten Lesung vor vollbesetztem Hause erfolgen könnte. Ich glaube, daß so den Interessen aller Beteiligten Rechnung getragen würde und insbesondere auch in formeller Hinsicht keine Schwierigkeiten zu bestehen brauchten.