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    Deutscher Bundestag — 41. und 42. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. Februar 1950 1387 41. und 42. Sitzung Bonn, Freitag, den 24. Februar 1950. 41. Sitzung Geschäftliche Mitteilungen . . . 1388B, 1424D Schriftlicher Bericht der Bundesregierung betreffend Notstandsgebiet WatenstedtSalzgitter (Drucksachen Nr. 362 und 612) 1388B Anfrage Nr. 42 der Fraktion der KPD betreffend Memorandum der Bundesregierung in der Presse (Drucksachen Nr. 456 und 606) 1388C Anfrage Nr. 46 der Abg. Strauß, Stücklen, Karpf und Genossen betreffend Anleihe bei den Inhabern von Telefonanschlüssen (Drucksachen Nr. 492 und 607) . . . . 1388C Erste Beratung des Entwurfs eines Ersten Wohnungsbaugesetzes (Drucksache Nr 567) 1388C Dr. Adenauer, Bundeskanzler . . 1388D Wildermuth, Bundesminister für Wohnungsbau 1389B Klabunde (SPD) . . . . 1392A Dr. Brönner (CDU) . . . . 1393D Paul (KPD) 1395C Wirths (FDP) 1397A Bahlburg (DP) 1398D Dr. Glasmeyer (Z) 1399C Dr. Etzel (BP) 1400B Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes (Drucksachen Nr. 566 und 317) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Abgeordneten Volkholz, von Aretin, Dr. Solleder, Kahn, Aumer und Genossen betreffend Säumniszuschlag auf Bundessteuern (Drucksache Nr. 539), mit der Beratung des Antrags der Fraktion des Zentrums betreffend Stundungsvorschriften für Steuern (Drucksache Nr. 540) und mit der Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Horlacher, Hilbert, Strauß, Bauereisen, Struve, Nickl, Funk, Fuchs, Stücklen und Genossen betreffend steuerliche Behandlung der Landwirtschaft (Drucksache Nr. 544) . . . . . . . . 1400C Neuburger (CDU), Berichterstatter . . . . . . . 1400D, 1406C Freiherr von Aretin (BP), Antragsteller 1403C Dr. Bertram (Z), Antragsteller . . . . . 1403D, 1407B Dr. Horlacher (C SU), Antragsteller 1404A Dr. Koch (SPD), Antragsteller . . . . . 1405C, 1406D Renner (KPD), Antragsteller 1405D Schäffer, Bundesminister der Finanzen 1406B, 1407A Seuffert (SPD) 1407D, 1408C Dr. von Brentano (CDU) 1408B Erste Unterbrechung der Sitzung 1408D Zweite Unterbrechung der Sitzung 1409A Seuffert (SPD) 1409B Dr. Bertram (Z) (zur Geschäftsordnung) 1409C Mellies (SPD) (zur Abstimmung) . 1410B Beschlußunfähigkeit und nächste Sitzung 1410C 42. Sitzung Fortsetzung der zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes (Drucksachen Nr. 566 und 317) in Verbindung mit der Beratung des Antrag s der Abgeordneten Volkholz, von Aretin, Dr. Solleder, Kahn, Aumer und Genossen betreffend Säumniszuschlag auf Bundessteuern (Drucksache Nr. 539), mit der Beratung des Antrags der Fraktion des Zentrums betreffend Stundungsvorschriften für Steuern (Drucksache Nr. 540) und mit der Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Horlacher, Hilbert, Strauß, Bauereisen, Struve, Nickl, Funk, Fuchs, Stücklen und Genossen betreffend steuerliche Behandlung der Landwirtschaft (Drucksache Nr. 544) . . . . . 1410C Abstimmungen . . 1410D, 1412A, 1413D, 1414C, 1416C, 1417B, 1420B, 1423B Zur Abstimmung: Mellies (SPD) 1411A Arnholz (SPD) 1411D Mertins (SPD) 1414A Ritzel (SPD) 1423B 1388 Deutscher Bundestag — 41. und 42. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. Februar 1950 U Zur Sache: Dr. Besold (BP) . . .. . . 1411C Dr. Miessner (DRP) 1411D Zur Geschäftsordnung: Dr. Reismann (Z) 1412B Neuburger (CDU) . . . . 1415A, 1422B Dr. Oellers (FDP) 1420A Dr. Bertram (Z) 1421A Zur Sache: Schäffer, Bundesminister der Finanzen . . . . . 1412C, 1419A Dr. Koch (SPD) . . . . . . . . 1412D Dr. Bertram (Z) 1413B, 1414A, D, 1416D, 1418A, 1419D, 1421B Dr. Dr. Höpker-Aschoff (FDP) 1413C, 1419B Neuburger (CDU) 1414B, 1416B, 1422D Dr. Kather (CDU), Antragsteller . . 1415B Dr. Dr. Nöll von der Nahmer (FDP) 1415C Farke (DP) 1416A Dr. Reismann (Z) . . . . . 1416A Frommhold (DRP) 1416B Dr. Wellhausen (FDP) 1422A Dr. Becker (FDP) 1422B Dr. von Brentano (CDU) . . . 1423C ,Ritzel (SPD) 1424A Nächste Sitzung 1424D 41. Sitzung Die Sitzung wird um 14 Uhr 41 Minuten durch den Präsidenten Dr. Köhler eröffnet.
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    Rede von Dr. Josef Brönner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir erleben heute vielleicht unsere bisher bedeutsamste Stunde im Bundestag. Das ganze Volk wartet seit Monaten darauf, daß hier endlich eine praktische Arbeit geleistet wird. Wir müssen es bedauern, daß wir heute erst dazu kommen. Aber wir haben den ernsten Willen, hier wirklich eine Arbeit zu leisten, die sich sehen läßt.
    394 Deutscher Bundestag — 41. und 42. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. Februar 1950

    (Dr. Brönner)

    Meine Aufgabe sehe ich darin, dem Hause den Rahmen darzulegen, wie sich meine Fraktion dieses Wohnungsbaugesetz vorstellt. Daher gebe ich nur schlagwortartig die Gesichtspunkte an, die für uns bedeutsam sind.
    Erstens. Der Wohnungsbau wird aus der Zwangswirtschaft herausgenommen und wird unter den Anreiz des einzelnen Baulustigen gestellt. Wir müssen den Weg gehen, von dem überflüssigen Konsum das Geld abzuzweigen und in den Wohnungsbau hineinzuführen. Den Anreiz zum Sparen für das eigene Haus, für die eigene Wohnung und den gemeinnützigen Wohnungsbau können wir gar nicht stark genug machen. Nach dieser Richtung sind folgende Gedanken maßgebend: erstens die Steuerbegünstigungen, zweitens die Baulandbeschaffung und drittens die Lockerung der Wohnungszwangswirtschaft.
    Die Steuerbegünstigungen sind nach vier Gesichtspunkten hin zu beachten. Einmal die unverzinslichen Darlehen und Zuschüsse nach § 7 des Einkommensteuergesetzes. Zweitens die Abzüge nach § 10, wonach im Rahmen der zulässigen Sonderausgaben, insbesondere die Einzahlungen auf Bausparverträge steuerbegünstigt sind. Drittens die Grundsteuerbefreiung, die wir ungefähr auf 10 Jahre festgelegt sehen möchten. Wir denken dabei auch an die Gemeinden mit vielen kriegszerstörten Häusern. Diese Gemeinden haben dann einen so starken Grundsteuerausfall gegenüber früher und außerdem ihre zerstörten Häuser, daß ein Weg gefunden werden muß, damit dieser Ausfall an Grundsteuer einigermaßen gedeckt wird. An vierter Stelle führe ich den Punkt an, der heute morgen zur Beratung stand und den mein Herr Vorredner herausgestellt hat. Wir wollen dem kleinen Mann die Möglichkeit geben, daß er einen etwas größeren Vorteil hat, wenn er für sein Eigenheim und seine eigene Wohnung spart, gegenüber dem anderen, der nach § 7 c ganz große Beträge als unverzinsliche Darlehen oder als Zuschüsse für den Wohnungsbau von seinem versteuerbaren Einkommen abziehen kann. Auch nach dieser Richtung erwarten wir von der Regierung, wie uns das zugesagt wurde, daß bei der Einkommensteuernovelle die Begünstigung der kleinen Sparer erreicht wird, um den stärksten Anreiz zu dem langfristigen Sparen für das eigene Haus und für die eigene Wohnung zu geben.
    Zweitens die Baulandbeschaffung. Da ist es klar, daß die Länder, die Gemeinden und Gemeindeverbände eine starke Verpflichtung haben, Bauland zu angemessenen Preisen zur Verfügung zu stellen. Manchmal kommt es vor, daß solche Gemeinden kein baureifes Gelände haben. Dann müssen sie vielleicht einen Tausch gegen anderes Gelände durchführen; denn daran darf der Wohnungsbau nicht scheitern, daß es an Bauplätzen fehlt.
    Der zweite Gesichtspunkt der Bauplatzenteignung wurde auch schon erwähnt. Wir befinden uns heute in einem Notstand in bezug auf die Bauplätze. Die Eigentümer der Bauplätze sind in vielen Fällen nicht bereit, sie zu einem angemessenen Preis abzugeben. Wir hätten es begrüßt, wenn wir schon in dieses Gesetz eine Art Enteignung hätten hineinarbeiten können. Es haben sich aber bei der Besprechung mit anderen Ausschüssen Schwierigkeiten ergeben; doch ist uns zugesagt worden, im Laufe des Jahres werde ein Gesetzentwurf vorgelegt, in dem diese Notlage beachtet und damit der Notstand möglichst beseitigt wird, so daß baureife Bauplätze tatsächlich enteignet werden können. Damit hoffen wir, dem Wohnungsbau einen erneuten Anreiz und einen erneuten Anstoß zu geben.
    Ich komme zur Finanzierung der Wohnungsbauten. Hierüber hat uns der Herr Wohnungsbauminister schon hinreichende Darlegungen gemacht. Ich verzichte auf einzelne Zahlen, aber die Bedingungen möchte ich erwähnen. Wir brauchen erstens hinreichend Kapital. Dabei ist es möglich, daß wir entweder durch eine Ermächtigung der Regierung auf die Realkreditinstitute einen Druck ausüben können, damit die notwendigen Gelder gegen erste und zweite Hypotheken gegeben werden. Wenn es aber gelingt, das Ziel ohne Zwang zu erreichen, dann ist es um so besser. Auf keinen Fall darf aber der Wohnungsbau daran scheitern, daß die Realkreditinstitute nicht bereit wären, die notwendigen Gelder zur Verfügung zu stellen. Hier hat die Regierung eine Aufgabe, und wir müssen uns darauf verlassen, daß daran der Wohnungsbau nicht scheitert.
    Wir müssen auch tragbare Zinssätze bekommen. Das ist ein schwieriges Kapitel. Trotzdem müssen wir Mittel und Wege suchen, gerade für die ersten Hypotheken hinreichend Kapital zu tragbaren Zinssätzen zu bekommen bei 1 Prozent Tilgung.
    Endlich ist in bezug auf die Finanzierung noch anzuführen: wir müssen eine sofortige Vorfinanzierung sichern. Wir sind mit dem Gesetz schon reichlich spät dran. Daher ist es notwendig, daß die Regierung alle Schritte unternimmt, damit der Anfang des Wohnungsbaus in diesem Jahr nicht darunter leidet, weil die uns genannten Gelder noch nicht fließen. Also unter allen Umständen eine Vorfinanzierung, wenn es nicht gelingt, die Gelder selbst rechtzeitig flüssig zu machen.
    Ich komme zur Art der Wohnungsbauten. Wir denken an erster Stelle an den Wiederaufbau der kriegszerstörten Wohnungen. An zweiter Stelle und ebenso wichtig ist und bleibt der soziale Wohnungsbau für die breiten Schichten des Volkes. Darin sind wir uns mit meinem Vorredner und vermutlich mit allen Parteien einig. Wir brauchen nähere Bestimmungen in bezug auf Größe, Ausbau und Miete. Diese Dinge sind wichtig. Sie sollen hier nicht näher erörtert werden, weil Mauern entstehen könnten, über die man bei der ernstlichen Beratung im Ausschuß nicht hinwegkommen kann. Ich bin der Überzeugung, daß wir zusammen in dem Ausschuß, in dem bisher eine sehr harmonische Arbeit geleistet worden ist, auch diese Schwierigkeiten überwinden werden.
    Die Mieten im sozialen Wohnungsbau müssen für die breiten Schichten des Volkes tragbar sein. Wir können unterscheiden die Altmieten, die beschränkten Neubaumieten und die freien Marktmieten. Es gibt hier eine Reihe von Gesichtspunkten. Worauf es aber ankommt, ist folgendes. Der kleine Mann muß eine Miete bekommen, die er auch tragen kann. Vielleicht gibt es eine Abwanderung von den am wenigsten leistungsfähigen Mietern nach den bisherigen Altbauten mit der billigeren Miete. Wie dem aber auch sei, wir müssen die äußersten Anstrengungen für tragbare Mieten machen. Nun sind wir uns über eines klar. Die Miete ist eine Funktion der vom Staat aus öffentlichen Mitteln gegebenen
    Deutscher Bundestag -- 41. und 42. Sitzung. Bann. Freitag. den 24. Februar 1950 1395

    (Dr. Brönner)

    unverzinslichen Darlehen. Je größer der Beitrag I an öffentlichen Mitteln ist, desto kleiner kann die Miete sein und umgekehrt. Auch da heißt es einen Ausweg finden. Wenn wir zum Beispiel 6000 D-Mark für eine einzelne „soziale" Wohnung an unverzinslichen Darlehen geben würden, und wir haben zwei andere Baugesuche, die beide befriedigt werden können, wenn jeder nur 3000 D-Mark bekommt, dann würden wir mit demselben Betrag zwei „soziale" Wohnungen schaffen. Das sind Erwägungen, die alle beachtet werden müssen: der Mietpreis einerseits und die Höhe des .unverzinslichen Darlehns andererseits.
    Der Kreis der Mieter ist dadurch charakterisiert, daß der soziale Wohnungsbau für die breiten Schichten der Bevölkerung bestimmt ist. Es gibt noch einen anderen Gesichtspunkt, nämlich den Kreis der Personen, die der Sozialversicherungspflicht unterliegen. Vielleicht könnte man sagen, daß eine Person, die 600 D-Mark Bruttoeinkommen im Monat hat, eigentlich die billigeren Wohnungen, die für die breiten Schichten des Volkes bestimmt sind, gar nicht bekommen dürfte. Auch das ist eine beachtliche Erwägung. Aber wir wünschen trotzdem einen Maßstab, ein gewisses objektives Merkmal zu haben, nach dem die Kreise für die billigen Wohnungen festgestellt werden.
    Wir brauchen weiter eine Senkung der Baukosten. Wir haben in dem Sektor der Bauwirtschaft keine Zwangswirtschaft mehr. Also müssen wir einen gesunden Wettbewerb erstreben. Ein gesunder Wettbewerb ist nur dann möglich, wenn eine Anzahl von Angeboten vorliegt. Wenn wir zum Beispiel mit unserem großen Programm herausrücken, dann besteht die Gefahr, daß die derzeitige Bauwirtschaft, weil die Konkurrenz fehlt, nur zu höchsten Preisen Bauten übernimmt. Wenn wir den gesunden Wettbewerb haben wollen, müssen wir also dafür sorgen, daß in der Bauindustrie, in der gesamten Bauwirtschaft, Investitionen gemacht werden können, damit das Angebot immer etwas größer ist als die Nachfrage. Die Regierung wird sich deshalb zu überlegen haben, ob nicht langfristige Kredite an die Bauwirtschaft gegeben werden sollten. um deren Apparat auszustatten und zu vergrößern, damit von dort her ein Druck auf die Preise kommt und nicht durch unser großes Bauprogramm eine Preissteigerung herbeigeführt wird.
    Dazu muß die Bindung der zinslosen Darlehen an preiswerte Kostenvoranschläge kommen. Es ist selbstverständlich, daß jeder so billig baut, wie es möglich ist. Aber die Länder können für die Hergabe ihrer unverzinslichen Darlehen auch Richtlinien aufstellen, wonach sie bestimmen: nur wenn die Kostenvoranschläge den und den Preis nicht überschreiten, werden zinslose Darlehen gegeben.
    Ich möchte noch einen anderen Gesichtspunkt herausstellen. Das Schwergewicht im Wohnungsbau möchten wir auf das Eigentum gelegt sehen. Wer ein eigenes Haus besitzt, ist der sparsame, der zufriedene, der glückliche Mann; dessen ganze Familie lebt ganz anders, als wenn sie in eine Wohnung in irgendeinem Stockwerk hineingepreßt ist. Es fragt sich also, ob wir gerade das Sparen für das Eigenheim und das Sparen, für das Wohnungseigentum nicht noch weiter fördern können. Je mehr Eigentum an den Wohnungen, desto zufriedener ist die Bevölkerung. Dabei wäre auch zu erwägen, ob sich nicht gerade die gemeinnützigen Wohnungsbauunternehmungen etwa stärker auf Erwerbshäuser verlegen könnten, soweit es außerhalb der Großstädte möglich ist, damit auch ein Mitglied durch Sparen allmählich das kleine ein- oder zweistöckige Haus erwerben kann und damit das Wohnungsbauunternehmen mit diesem Geld wieder neue Wohnungen erstellt.
    Als letzten Grundsatz möchte ich die Gleichstellung des privatwirtschaftlichen und des gemeinwirtschaftlichen Wohnungsbaus herausstellen. Jeder ist uns recht, der baut, der billig und zu preiswerten Mieten baut. - Aber diese preiswerten Mieten sollen auch eine dauernde Geltung haben, sie sollen nicht bloß von heute auf morgen gelten. Außerdem soll derjenige, der gebaut und vom Staat ein zinsloses Darlehen bekommen hat, beim Verkauf seines Hauses keinen unverdienten Gewinn machen. Auch dieser Gesichtspunkt ist beachtlich.
    Meine Frauen und Männer! Wir haben eine Gemeinschaftsleistung zu vollbringen. In absehbarer Zeit müssen wir Millionen von Wohnungen bauen. Das Volk soll wissen: der Bundestag ist sich einig in dem Willen, diese Schicksalsfrage des deutschen Volkes nach besten Kräften zu lösen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)



Rede von Dr. Erich Köhler
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Herr Ab. geordnete Paul. Acht Minuten, bitte!

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hugo Paul


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (KPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)

    Meine Damen und Herren! Das Wohnungsbauproblem ist zwar das wichtigste Problem; aber es kann von den sozialen, wirtschaftlichen und politischen Bedingungen, unter denen wir in Westdeutschland leben, nicht getrennt werden. Zweifellos wirken sich auf den Wohnungsbau sehr erschwerend aus die Spaltung Deutschlands, die Abhängigkeit vom Marshall-plan, die Drosselung unseres Exports, die hohen Besatzungskosten von 4 1/2 Milliarden D-Mark. Alle diese Faktoren dienen keineswegs der Förderung des Wohnungsbaus. Wenn man den Wohnungsbau vorwärtsbringen will, wird es eine der wesentlichsten Aufgaben sein, daß man sich in diesen Hauptfragen von der bisherigen Politik in Westdeutschland trennt und eine Politik einschlägt, die darauf abzielt, daß unser Volk seine Souveränität und Unabhängigkeit zurückerhält, daß es einen Friedensvertrag erhält und daß die Besatzungsmächte abziehen, damit die hohen Kosten der Besatzung für den Wohnungsbau verwandt werden können.
    Ich habe wenig Vertrauen zu dieser Regierung, daß die groß angekündigten Zahlen im Wohnungsbau erfüllt werden. Auch das vorgelegte Wohnungsbaugesetz unterliegt dem Leitsatz der sogenannten freien Marktwirtschaft. Wenn man den ernstlichen Willen gehabt hätte, im Wohnungsbau wirkungsvoll vorzugehen, dann hätten die Vertreter der Regierungsparteien schon seit langer Zeit auf der Länderbasis die Möglichkeit gehabt, gegen die Kräfte vorzugehen, die Luxusbauten und kostspielige Geschäftsbauten in die Höhe treiben, aber keineswegs Geld für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung gestellt haben. Man hat diesem Treiben tatenlos zugesehen. Im Gegenteil, man hat durch die Nichterfassung der Hortungs- und Preisgewinne diesen Kurs sogar noch begünstigt.
    1396 Deutscher Bundestag -- 41. und 42. Sitzung. Bann, Freitag, den 24. Februar 1950

    (Paul)

    In der Begründung zu diesem Gesetz wird an einer wichtigen Stelle gesagt:
    Es muß das Ziel sein, . . . im Bereich der Wohnungswirtschaft die Grundsätze der sozialen Marktwirtschaft allmählich zur Geltung zu bringen und wieder natürliche Anreize für die Bauherren und das langfristige Kapital zu schaffen, in den Wohnungsbau hineinzugehen.
    Das bedeutet in der Praxis, daß man der Profitjägerei und der Willkür Tür und Tor öffnen will. Auch diesem Gesetz haftet diese Tendenz an. Dieses Gesetz steht keineswegs im Einklang mit der Propaganda, die man seit vielen Monaten um den Wohnungsbau getrieben hat. Man hat kein langfristiges Programm aufgestellt. Der Herr Bundeskanzler hat selbst gesagt, daß die Finanzierungsfrage zu unsicher sei. Damit hat er zum Ausdruck gebracht, daß es hier auf diesem kolonialen Boden Westdeutschlands jetzt und in der Zukunft um den sozialen Wohnungsbau nicht günstig steht. Man 'wollte sich in diesem Gesetz nicht festlegen. Deswegen hat man in dieses Gesetz nicht eine bestimmte Zahl der zu bauenden Wohnungen für eine längere Zeit aufgenommen.
    Ein hoher Beamter des Wohnungsbauministeriums erklärte, als die Frage der Finanzierung zur Debatte stand, die größte Sicherheit ist auf diesem Gebiet die Unsicherheit. Die in diesem Gesetz angesprochene Finanzierung ist keinesfalls gesichert. Der Herr Minister hat dem Ausschuß berichtet, daß er mit den Leitern der Kreditinstitute Besprechungen geführt hat. Man hat ihm versprochen, daß die Kreditinstitute Geld zur Verfügung stellen werden; aber bindende Zusagen, daß man sagen könnte, dieses Geld haben wir bereits, wurden nicht gemacht. So ist es sehr zweifelhaft, ob die Kreditinstitute die hier genannten 800 Millionen Mark überhaupt aufbringen. 100 Millionen Mark will man weiter aus dem Münzgewinn schöpfen. Was sind das denn für Methoden? Sind das sichere Finanzgrundlagen? Ich sage nein. Die Ausgabe von Münzen bedeutet doch. eine Ausweitung des Geldmittelumlaufs, und das ist eine sehr unsichere Finanzquelle. Man rechnet weiter mit den ERP- Mitteln. Vor einigen Monaten wurde bereits gesagt, man hätte 400 Millionen. Jetzt redet man nur noch von 250 Millionen. Jedem dürfte doch bekannt sein, daß sehr viele Mittel aus dem ERP- Plan bereits für die kostspieligen Besatzungsbauten verwandt wurden. In den letzten Tagen wurde mitgeteilt, daß die amerikanische Kommission des Hohen Kommissars nach Bonn kommen will. Man muß also damit rechnen, daß sie auf diese Mittel zurückgreift, um für sich selbst die Bauten aufzuziehen. So gibt es eine ganze Reihe von Unsicherheitsfaktoren in diesem Finanzierungsprogramm. Man muß deshalb umsomehr darauf drängen, daß wir einen Friedensvertrag erhalten, damit wir von den 4,5 Milliarden D-Mark Besatzungskosten herunterkommen und diese Gelder nach unserem Gutdünken im Interesse unserer Bevölkerung verwenden können.
    Man will die Grundsteuer auf die Dauer von zwanzig Jahren streichen. Der Bundesrat hat ja bereits Abstriche gemacht und die Zeit auf zehn Jahre begrenzt. Man will aber auch die Grundsteuer jenen erstatten und schenken, die ohne Förderung im freien Wohnungsbau bauen. Wir können uns dieser Auffassung nicht anschließen. Das gleiche gilt bei den Steuervergünstigungen; auch da soll jeder die Steuervergünstigung erhalten, der im freien Wohnunsbau baut.